Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Jugend

Soweit bei den geistlichen Autoren die Jugend in den Blick genommen wird, geht es um deren Pflichten, um Ratschläge oder Ermutigung.

1. Zur Zeit der Kirchenväter 2. Im Mittelalter 3. in der Neuzeit

1. Pflichten der Jugend: Ambrosius (BKV III, 43f.)

Vernachlässigte Jugend ist wie ein brachliegender Acker: JohannesChrysostomus (BKV III, 98).

Zügellosigkeit ist durch die Eltern verschuldet: JohannesChrysostomus (BKV III, 254f.).

2. Einem jungen Mitbruder erteilt Thomas von Aquin († 1274)lebensnahe Ratschläge für ein rechtes Studieren:

Da du mich gefragt hast, mein lieber Bruder Johannes, wie du studieren musst, um den Schatz der Wissenschaften zu gewinnen, möchte ich dir folgenden Rat geben:

Wähle den Weg über die Bäche und stürze dich nicht gleich in das Meer! Man muss durch das Leichtere zum Schwierigen gelangen.

Das ist also meine Mahnung und Richtlinie für dich. Ich sage dir: Sei bedachtsam im Reden und gehe bedachtsam in ein Gespräch.

Erhalte dir die Reinheit des Gewissens.

Höre nicht auf zu beten.

Liebe deine Zelle, wenn du in den Weinkeller der Weisheit geführt werden möchtest.

Zeige dich liebenswürdig gegenüber allen.

Kümmere dich nicht um das Tun der anderen.

Sei mit keinem zu vertraulich; denn zu große Vertraulichkeit bringt Geringschätzung ein und schafft Gelegenheit, sich dem Studium zu entziehen.

Mische dich nicht in das Reden und Tun der Weltleute ein.

Meide Streitgespräche, was immer auch beredet wird.

Versäume nicht, den Spuren der Heiligen und der Guten zu folgen.

Beachte nicht, von wem du etwas hörst, sondern, wenn Gutes gesagt wird, merke es dir.

Was du liest oder hörst, bemühe dich zu verstehen. In Zweifeln verschaffe dir Gewissheit.

Wenn du etwas in der Schatzkammer deines Geistes verschließen kannst, dann bemühe dich, wie ein Dürstender die Gefäße zu füllen.

Suche nicht, was für dich zu hoch ist.

Wenn du diese Bahn einschlägst, wirst du lebendig bleiben und nützliche Frucht bringen im Weinberg des Herrn der Scharen, solange du lebst. Und wenn du das befolgst, wirst du erreichen können, was du begehrst.

[Thomas von Aquin, Epistola exhortatoria de modo studendi ad Fratrem Joannem. Opuscula theologica, Bd. 1, Rom/Turin 1954, S. 451; eigene Übersetzung]


3. Johannes XXIII. († 1963): "Das Leben ist die Verwirklichung eines Jugendtraums. Jeder Jugendliche sollte einen Traum haben, einen Traum, der dazu bestimmt ist, großartige Wirklichkeit zu werden."

Johannes Paul II. († 2005) besaß bis zuletzt ein besonderes Charisma für Jugendliche. Zum"Internationalen Jahr der Jugend" wandte er sich am 31. März 1985 "an die Jugendlichen in der Welt". Er bezeichnet sie als "Hoffnung der Kirche". Nachdem er auf die vielfältigen Probleme der Welt, etwa auf Hunger, Flüchtlingsströme, Verletzung der Menschenrechte, Konzentrationslager, Terrorismus, Tötung und Folterung so vieler Menschen, hingewiesen und die Frage gestellt hatte, wie es dazu kommen konnte, fährt er fort:

"Ihr Jugendlichen könnt alles das fragen, ja mehr noch, ihr müsst es! Es handelt sich nämlich um die Welt, in der ihr heute lebt und in der ihr morgen leben müsst …

Christus antwortet, wie er schon den Jugendlichen der ersten Generation der Kirche mit den Worten des Apostels geantwortet hat: 'Ich schreibe euch, ihr jungen Männer, dass ihr den Bösen besiegt habt. Ich schreibe euch, ihr Kinder, dass ihr den Vater erkannt habt … Ich schreibe euch, ihr jungen Männer, dass ihr stark seid und dass das Wort Gottes in euch bleibt.' (1 Joh 2,13 f.) …

Es brennt in euch, in euren jungen Herzen, der Wunsch nach echter Brüderlichkeit unter allen Menschen, ohne Spaltungen, Gegensätze und Diskriminierungen … Ist dieser Wunsch nach Brüderlichkeit - der Mensch ist der Nächste des anderen Menschen! der Mensch ist Bruder für den anderen Menschen! - nicht vielleicht ein Zeugnis dafür, dass 'ihr den Vater erkannt habt' …? Denn Brüder gibt es nur dort, wo es einen Vater gibt. Und nur dort, wo der Vater ist, sind Menschen Brüder.

Wenn ihr also in euch den Wunsch nach Brüderlichkeit tragt, dann bedeutet dies, dass 'das Wort Gottes in euch wohnt'. Es wohnt in euch jene Lehre, die Christus gebracht hat und die, die im Evangelium Christi enthalten ist und im Gebet des 'Vater unser' zusammengefasst wird. In der Tat, … wenn 'ihr den Vater erkannt habt', seid ihr stark mit der Kraft menschlicher Brüderlichkeit.

Ihr seid auch stark für den Kampf: nicht für den Kampf gegen den Menschen im Namen irgendeiner Ideologie oder Praxis, die sich von den Wurzeln des Evangeliums entfernt hat, sondern stark für den Kampf gegen das Böse, gegen das wahre übel: gegen alles, was Gott beleidigt, gegen jede Ungerechtigkeit und jede Ausbeutung, gegen jede Falschheit und Lüge … Der Apostel schreibt: 'Ihr habt den Bösen besiegt'! So ist es. Man muss stets zu den Wurzeln des Bösen und der Sünde in der Geschichte der Menschheit und des Universums vordringen, so wie Christus zu ihnen vorgedrungen ist in seinem österlichen Geheimnis von Kreuz und Auferstehung …

Der Apostel sagt: 'Jugendliche, ihr seid stark': Es kommt nur darauf an, dass 'das Wort Gottes in euch wohnt'. Ihr seid also stark: Ihr könnt so zu den verborgenen Mechanismen des Bösen, zu seinen Wurzeln vordringen; so werdet ihr allmählich die Welt erfolgreich verändern, sie verwandeln, sie menschlicher und brüderlicher machen - und sie zugleich näher zu Gott führen. Man kann nämlich nicht die Welt von Gott loslösen und sie zu Gott in Gegensatz bringen; noch kann man den Menschen von Gott loslösen und ihn zu Gott in Gegensatz bringen. Dies ist gegen die Natur der Welt und gegen die Natur des Menschen - gegen die innere Wahrheit, die die ganze Wirklichkeit bestimmt! Wahrhaftig, das Herz des Menschen ist 'unruhig, bis es ruht in Gott'. Diese Worte des großen Augustinus von Hippo verlieren nie ihre Aktualität." [An die Jugendlichen in der Welt. Zum internationalen Jahr der Jugend, am 31.3.1985]


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 06.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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