Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Heiligkeit
Heilig im eigentlichen Sinn ist nur Gott selbst. Wenn wir aufgefordert werden, heilig zu werden (Lev 11,44f.), ist dies im analogen Sinn zu verstehen. Zudem ist es Gott selbst, der die Heiligung an Menschen vollzieht.
1. Was heißt Heiligkeit? 2. Pflicht zur H. 3. Wege zur H. 4. Heiligenverehrung 4.1 Sinn und Bedeutung 4.2 die H. als Vorbilder 4.3 die H. als Fürbitter
1. Paulinus II. von Aquileia († 802): "Heiligkeit besteht in Werken der Gerechtigkeit. Gerechtigkeit aber wird auf zweifache Weise erfüllt, dass wir nämlich das Verbotene nicht tun und das Gebotene tun, wie der Prophet sagt: ‚Meide das Böse und tu das Gute!‛ (Ps 33,15)". [Paulinus, liber exhortationis, in: MPL 99, c. 7-8; eig. übers.]
Nikolaus von Kues († 1464): "Wie an glühenden Kohlen nur Feuer, und an bemaltem Tuche nur Farbe hervortritt, so an den Heiligen nur Gott."(Exc. IX, 644)
Johannes B. Vianney († 1859): "Die Heiligkeit besteht nicht in großen Dingen, sondern in der treuen Beobachtung der Gebote Gottes und in der Pflichterfüllung an dem Platz, an den Gott uns gestellt hat. Wir sehen oft, dass einer, der in der Welt lebt und treu die kleinen Pflichten seines Standes erfüllt, Gott wohlgefälliger ist als die Einsiedler in ihren Wüsten."
Elisabeth von der heiligsten Dreifaltigkeit Catez: († 1906): "Ideal der Heiligkeit: aus Liebe leben."
Adrienne von Speyr († 1967):"Der Heilige und das Licht:
Wie das Licht durch den Heiligen hindurchgeht, ist für ihn selber nicht verstehbar. Er von sich aus hat nur dafür zu sorgen, dass er vollkommen durchsichtig sei: vor Gott wie vor der Kirche (die im Beichtvater konkret wird), und dass das Licht ihn an keiner andern Stelle und in keiner andern Brechung verlasse, als es in der von Gott bestimmten Bahn des Lichtes vorgesehen war. Die Auswahl dessen, was in der Person des Getroffenen wichtig und was unwichtig ist, liegt ganz im Ermessen des Lichtes. Die Person hat weder das Licht zu lenken oder zu gestalten noch gewisse Teile dem Licht zuzuwenden, andere zu entziehen, noch überhaupt von sich aus irgendeinen Plan aufzustellen - und wäre es ein Plan der Heiligkeit -, was aus dem Licht in ihr zu werden hat. Der Plan nicht nur der Aufgabe, sondern letztlich auch der für die Aufgabe werkzeuglich gebrauchten Person liegt ganz im Licht selber, das von sich aus das Vorgefundene, von ihm Durchflutete gestaltet und dem Auftrag dienstbar macht
(zu Apk 21,13)."
"Die Heiligen und die Sendung des Sohnes:
Die meisten Heiligen verkörpern und vermitteln einen Begriff, eine bestimmte Idee; sie sind ein Strahl des Prismas, dessen weißes, vollkommenes Licht der göttliche Sohn ist. Einer von ihnen enthält vielleicht gerade das entsprechende Positiv zu meinem besonderen Negativ. Dieses Amt der Heiligen ist eingeschlossen in der Sendung des Sohnes. Denn niemand hat Gott je gesehen; der erhöhte Sohn und die mit ihm zusammen Erhöhten zeigen ihn uns. Damit wir nicht in das uns schlechthin Unbegreifliche hinaus angezogen werden, gibt es die Stufe des Angezogenwerdens durch Endliches, die aber nie zur Ruhestatt werden darf, sondern immer Durchgang bleiben muss. Die Heiligen sind wie kleine Herbergen unterwegs; sie dürfen erquicken, aber den Gast nicht länger zurückhalten. Gott jagt mit Hunden, die ihm die Beute zu bringen haben; aber die Hunde, die das Wild ins Maul nehmen müssen, dürfen sich an seinem Blut nicht laben, sie müssen rasch die Beute dem Herrn der Jagd zutragen. ( zu Joh 5 ,14-15)."
"Begleitung durch. Heilige:
Die Heiligen sind der Beweis der Möglichkeit des Christentums. Sie können daher Führer sein auf einem sonst unmöglich scheinenden Weg zur vollkommenen Liebe. Und indem Gott jede Art und Form von Heiligkeit begründet hat, hat er unendlich viele Wege eröffnet, von denen wenigstens einige sicher für mich gangbar sind. In der wirklichen Nachfolge der Heiligen ergibt sich das Je-Mehr der christlichen Liebe wie von selbst. Denn ein Heiliger bedeutet nie eine Grenze, einen Halt. Auch in der Nachahmung erreicht man ja nie seine Heiligkeit, weil diese selbst nichts Abgeschlossenes ist. Die Einschiebung der Heiligen ist eine vom Herrn gewährte Erleichterung, eine Konkretisierung seines Gebotes, eine Wegweisung, über die niemand sich täuschen kann. Und es wird nicht so sein, dass man diesen Wegweiser nur am Anfang des Weges befragt und es nachher mit dem Herrn allein macht. Der Heilige begleitet, indem er von selbst immer durchsichtiger wird auf den Herrn; er braucht nicht beiseite geschoben zu werden. Er lässt von selbst den Herrn immer zentraler werden. Denn das Wesen aller Heiligkeit besteht darin, im Herrn zu bleiben, bis er wiederkommt …
Er will die einmalig geprägten, unverwechselbaren Sendungen, deren jede in der Harmonie des Ganzen ihre eigene Farbe behält… Die verschiedenen Farben und Schattierungen ergänzen einander, die eine spiegelt sich in der andern wider, und so dient jede dazu, die andere ins Licht zu stellen. Es gibt auch Farben, die beinahe all ihren Glanz davon erhalten, dass sie mit den andern zusammen sein dürfen. Und wenn die einzelnen Farben und Sendungen auch begrenzt sind, durch das Ineinanderspiegeln erhalten sie eine Art Unbegrenztheit. Sie geben einander gegenseitig das Stichwort; jede kann sich durch die andern und in ihnen entfalten. Das ist ein Werk der Liebe, das sie so einander erweisen. Es liegt in ihrer himmlischen Heiligkeit die Eigenschaft und die Sorge, die Heiligkeit der andern zu unterstreichen und ins Licht zu setzen."
[Barbara Albrecht, Eine Theologie des Katholischen. Einführung in das Werk von Adrienne von Speyr, Bd. 1: Durchblick in Texten, Johannes Verlag Einsiedeln 1971, S. 250-56]
Erich Przywara († 1972):"Der Heilige als Ruf Gottes:"
"Der Heilige hat
eine doppelte Beziehung zum Bild des Menschen. Von unten her, ethisch
und anthropologisch gesehen, stellt er sich als das Idealbild des
Menschen dar. Von oben her religiös und theologisch gesehen,
erscheint in ihm ein besonderer Ruf Gottes an die Menschheit. Der
Heilige als Idealbild liegt in der Richtung des Aufstieges des
Menschen: bis zu einer Höhe, die ihm dem Heiligen Gott
vergleichbar macht. Der Heilige als Ruf Gottes ist nach seiner
menschlichen Seite restlose Durchlässigkeit und
Werkzeuglichkeit, durch die je immer mehr das Unvergleichliche des
allein Heiligen Gottes ersichtlich wird und wirksam. Im Heiligen als
Idealbild wird darum die Kraft des Menschen anschaulich, in der der
Allmächtige sich ihm mitteilt. Im Heiligen als Ruf Gottes atmet
das ganze Geheimnis der Leidentlichkeit [sic!] des Menschen, darin er
zu Gottes Leben hin empfänglich sein darf. Darum eben aber ist
der Heilige als Ruf Gottes die bestimmende Tiefe des Heiligen
als Idealbilds: wie gemäß Thomas von Aquin die Tiefe aller
Mächtigkeit
(potentia) im Menschen seine
Horchens- und Gehorchens-Mächtigkeit
(potentia
obedientiails) ist. So wird ein kommender Heiliger
ahnungshaft ablesbar sein an dem besonderen Ruf Gottes, der in einer
bestimmten Zeit erscheint und an Menschheit und Kirche ergeht."
[Erich Przywara, Humanitas. Der
Mensch gestern und morgen, Glock und Lutz, Nürnberg 1952, S.
840]
Teresa von Kalkutta († 1997):
"Wahre Heiligkeit besteht darin, den Willen Gottes lächelnd zu tun."
2. Johannes vom Kreuz († 1591): "Denken Sie immer daran, dass Sie zu nichts anderem gekommen sind, als um heilig zu werden."
Alfons Maria von Liguori († 1787):
Es
ist ein großer Irrtum, wenn einige sagen: Gott will nicht, dass
alle heilig werden. Im Gegenteil, versichert Paulus: ‚Das ist
es, was Gott will: eure Heiligung
(1 Thess 4,3). Das gilt für
jeden Stand: Der Ordenschrist soll als Ordenschrist heilig werden,
der Laie als Laie, der Priester als Priester, der Verheiratete als
Verheirateter, der in der Wirtschaft Tätige als
Wirtschafttreibender, der Soldat als Soldat und entsprechend in jeder
anderen Lebensform, in jedem Beruf und jedem Stand."
"Sie müssen sich dort zu heiligen suchen, wo Gott will, und nicht dort, wohin Sie gehen wollen. Der Wunsch, den Platz zu wechseln, kommt von der Eigenliebe und dem Verlangen, dem Kreuz zu entfliehen.
[Alfons von Liguori, Die Berufung zur Heiligkeit, aus: Die Kunst, Jesus Christus zu lieben, aus: Pratica di amar Gesú Cristo, Milano 1986, S. 98-107; zitiert nach: Greshake / Weismayer, Quellen, Bd. 3, S. 229-32]
Elisabeth Anna Bayley Seton († 1821):
"Wir wissen sicherlich, dass unser Gott uns zu einem heiligen Leben ruft. Wir wissen, dass er uns jede Gnade dazu gibt, jede Gnade im überfluss, und obwohl wir so schwach sind, ist Seine Gnade fähig uns durch jedes Hindernis und jede Schwierigkeit hindurchzutragen."
Nach Johannes B. Vianney († 1859)sind alle Menschen berufen zur Heiligkeit:
Seid heilig,
weil ich heilig bin, sagt uns der Herr. Warum gibt uns Gott solch ein
Gebot? Weil wir seine Kinder sind, und wenn der Vater heilig ist,
müssen es auch die Kinder sein. Nur die Heiligen können
hoffen, sich einst der Gegenwart Gottes zu erfreuen, die die
Heiligkeit selbst ist. In der Tat, ein Christ sein und in der Sünde
leben ist ein ungeheuerlicher Widerspruch. Ein Christ muss ein
Heiliger sein."
Luigi Guanella († 1915):
"Wer die andere heilen will, denke vor allem daran, sich selbst zu heiligen."
Viktrizius Weiß († 1924):
"Du musst nach Heiligkeit trachten. Mittelmäßigkeit ist nicht dein Beruf."
Rafael Arnáiz Barón († 1938): "Nützen wir die kleinen Dinge des täglichen Lebens, des gewöhnlichen Lebens! Um große Heilige zu sein, bedarf es nicht großer Dinge; es genügt, die kleinen Dinge auf großartige Weise zu tun."
Maximilian Maria Kolbe
(† 1941): Deine Heiligkeit besteht nicht
in irgendwelchen außergewöhnlichen Taten, sondern in der
getreuen Erfüllung deiner Pflichten Gott, dir selbst und anderen
gegenüber. Kein Stand, auch der erhabenste nicht, kann dir die
Heiligung deiner Seele in Aussicht stellen, wenn du selbst deine
Standespflichten vernachlässigst.
Alois Andritzki († 1943):
"Heiligkeit ist ja die übereinstimmung des Menschen in allem Denken und Tun mit Gott, dem allein Heiligen. Heiligkeit bedeutet die ganze Hingabe unseres Willens an den Willen Gottes … Zur Heiligkeit gehört der eigene freie und bejahende Wille, der dem Willen des Höheren zugetan ist, und das vor allem dann, wenn auch damit Leid und Entsagung verbunden ist."
[Alojs Andritzki, Briefe, Ratibor 2011; Brief vom 3.3.1941 aus dem Untersuchungsgefängnis]
Max JosEpheserbrief Metzger († 1944):
" Die Welt braucht Heilige! Keine Mahnung ist so zeitgemäß wie diese. Nur durch Heilige, die den Alltag heiligen, wird unser Glaube glaubwürdig für die Welt." [Brief v. 07.09.1943]
3. Dominikus († 1221): "Das Kreuz ist die königliche Pforte, durch die man in den Tempel der Heiligkeit eingeht. Wer anderswo Heiligkeit sucht, der sucht vergebens."
"Der wahre Heilige weiß nichts von seiner Heiligkeit, und je heiliger einer ist, desto weniger glaubt er, es zu sein."
Brief an eine Frau, in demJohannes von Ávila († 1569) ihr mitteilt, was Heiligkeit bedeutet:
"Das Erste, wodurch du große Heiligkeit erlangen kann, ist die überlegung, dass du [selbst] böse bist, Gott aber unendlich gut, und dass es nur durch Seine Gnaden geschieht, dass Sünder zu guten Christen und gute Christen noch besser werden …
Du musst ihn auch mit glühender Liebe umfangen, wenn du vollkommen sein willst, denn Heiligkeit kommt von der Liebe, und je größer die Liebe, umso größer der Heilige. Der beste Beweis unserer Liebe zu Christus besteht im Gehorsam gegenüber seinen Geboten und in der Bereitschaft für Ihn das Kreuz zu tragen; je größer die Abtötungen und Mühsale sind, die dieses [Kreuz] mit sich bringt, umso mehr zeugt es von der Echtheit unserer Liebe.
Die Verachtung des eigenen Selbst und die Verleugnung unseres Willens sind ebenso Zeichen dieser Liebe, denn unser Herr sagt: ‚Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst!‛ (Mt 16,24)." [Letter XV To a lady, on what constitues true holiness: S. 98
Full text of "Letters of Blessed John of Avila" - Internet Archive
https://archive.org/stream/lettersofblessed00johnuoft/lettersofbles… (eigene Übersetzung)]
Philipp Neri († 1595): "Man wird kein Heiliger in vier Tagen."
"Die Leute, die in der Welt leben, sollen sich bemühen, in ihren eigenen Häusern heilig zu werden. Denn weder das Leben am Hof, im Beruf oder bei der Arbeit ist ein Hindernis, wenn man Gott dienen will."
JosEpheserbrief von Copertino († 1663):
"Wer Gutes tut nur aus Laune, wird weder heilig noch gerecht."
Bruder Lorenz von der Auferstehung († 1691):
"Man wird nicht im Schnellverfahren heilig."
Veronika Giuliani († 1727): "Alle Heiligen sind dort oben durch die Verdienste und das Leiden Jesu; doch an allem, was unser Herr getan hat, haben sie mitgewirkt, so dass ihr Leben ganz durch eben diese Werke geordnet und geregelt wurde. (Tagebuch III, 203)
Johannes B. Vianney († 1859):
"Die Heiligkeit besteht nicht in großen Dingen, sondern in der treuen Beobachtung der Gebote Gottes und in der Pflichterfüllung an dem Platz, an den Gott uns gestellt hat. Wir sehen oft, dass einer, der in der Welt lebt und treu die kleinen Pflichten seines Standes erfüllt, Gott wohlgefälliger ist als die Einsiedler in ihren Wüsten.
Wollt ihr noch mehr wissen, was ein Heiliger in den Augen Gottes ist? Er ist ein Mensch, der Gott fürchtet, der ihn ehrlich liebt und ihm in Treue dient. Er ist ein Mensch, der sich nicht vom Hochmut aufblähen und nicht von der Eigenliebe beherrschen lässt, der wirklich demütig ist und klein in seinen eigenen Augen. Wenn er der Güter dieser Welt entbehrt, wünscht er sie nicht zu haben, wenn er sie besitzt, hängt er sein Herz nicht daran. Er ist ein Feind jedes ungerechten Gewinns, er besitzt seine Seele in der Geduld und Gerechtigkeit und ärgert sich nicht über eine Ungerechtigkeit, die ihm widerfährt. Er liebt seine Feinde, er sucht sich nicht zu rächen. Er erweist seinem Nächsten alle Dienste, die er kann. Gern teilt er seine Habe mit den Armen. Er sucht Gott allein und verachtet die Güter und Ehren dieser Welt. Er schaut allein auf die Güter des Himmels, er hat keinen Geschmack an den Vergnügungen dieses Lebens und sucht sein Glück allein, indem er Gott dient. Er besucht gern den Gottesdienst, er empfängt häufig die Sakramente und befasst sich ernsthaft mit seinem Heil. Er verabscheut jede Unreinheit, und er flieht schlechte Gesellschaft, so gut er kann, um seinen Leib und seine Seele rein zu erhalten. Er unterwirft sich dem Willen Gottes in allen Kreuzen und Widrigkeiten, die ihn treffen. Er klagt niemanden an, aber er bekennt, dass er selbst in seiner Sündhaftigkeit mit der Gerechtigkeit Gottes beschenkt wurde.
Als guter Vater sucht er nur das Heil seiner Kinder, indem er ihnen ein gutes Beispiel gibt, und er tut nie etwas, was ihnen ein ärgernis sein kann. Als gütiger Herr liebt er seine Diener, als wären es seine Brüder und Schwestern. Als Sohn ehrt er Vater und Mutter und sieht sie so an, wie wenn sie den Platz Gottes selbst einnähmen. Als Hausangestellter sieht er in der Person seiner Herrschaft Jesus Christus selbst, der ihm durch ihren Mund seine Aufträge gibt … Wir können Heilige werden, weil Gott uns dazu seine Gnade niemals verweigern wird."
[G. Rossé, Der Pfarrer von Ars / Lebensweg - Gedanken - Predigten, übersetzt von H. Beyrink, München-Zürich-Wien 1999]
Kaspar Stanggassinger († 1899): "Die Treue im Kleinen ist die Hauptsache. Die Heiligen sind nicht deshalb heilig geworden, weil sie Wunder gewirkt haben, sondern deswegen, weil sie treu waren im Kleinen." (Exerzitien 1895)
Hermann JosEpheserbrief Wehrle († 1944):
"Wenn Gott spricht - auch durch anscheinend natürliche Zulassungen -, dann versagen die gewöhnlichen menschlichen Begriffe, dann stehen wir dem Unfassbaren gegenüber, für das es keine natürliche landläufige ‚Erklärung‛ gibt. Dann muss sich der Glaube bewähren! Das lehrt die Erfahrung, das lehrt das Vorbild aus dem Leben der Heiligen. Die besten Menschen aller Zeiten zu Brüdern und Schwestern haben zu dürfen, die, bereits am Ziele angelangt, kein anderes Interesse mehr haben, als uns auch dorthin zu bringen, wo sie bereits wohnen dürfen. Sie waren Menschen wie wir, behaftet mit Schwächen und Fehlern, aber aus der Kraft der Gnade ihres Königs haben sie alles überwunden: Des Königs Gebot war ihr Gebot, des Königs Weg war ihr Weg, der königliche Weg des Kreuzes; des Königs Ehre war ihre Ehre, darum ist das Sitzen an der Tafel des Königs ihr Glück für alle Ewigkeit."
[Franz J. Morschhäuser, Hermann JosEpheserbrief Wehrle (1899-1944). Zeuge des Glaubens in bedrängter Zeit, St. Ottilien 2000, S. 112f.]
Eustachius Kugler († 1946): "Willst du heilig sterben, so musst du heilig gelebt haben."
[Frater Magnus Morhardt, Gottvertrauen und Nächstenliebe. Ein geistliches Profil von Frater Eustachius Kugler, München 2008]
Zdenka Schelingová († 1955):
"Die Heiligkeit hängt nicht von verschiedenen übungen ab, sondern von der Neigung des Herzens, die uns demütig macht und überzeugt von der eigenen Schwäche. Wir haben immer die Gewissheit, dass wir in Gottes Händen sind und können uns ganz auf seine väterliche Güte verlassen." [Selige Schwester Zdenka, Ihr Leben - Gebete - Gedanken, Bratislava 2003]
Johannes XXIII. († 1963): "Man kann mit einem Hirtenstab in der Hand heilig werden, aber ebenso gut mit einem Besen!"
"Wir Leute von
der Straße": Dieser 1938 in den Etudes
Carmelitaines
veröffentlichte Text ist ein Schlüsseltext
für das Verständnis von Madeleine Delbrêl
(† 1964) eine Art Manifest ihrer Spiritualität
und ihrer kleinen Gemeinschaft. Die Gegebenheiten des Lebens mitten
in der Welt
, auf den Straßen der Stadt
sind für sie der Ort der Heiligung:
"Es gibt Orte, an denen der Geist weht, aber es gibt einen Geist, der allerorten weht
Es gibt die Leute, die
Gott nimmt und beiseite stellt. Andere gibt es, die lässt er in
der Masse, die zieht er nicht aus der Welt zurück
.
Es sind die Leute, die eine gewöhnliche Arbeit verrichten, eine
gewöhnliche Wohnung haben und gewöhnliche Ledige sind.
Leute, die gewöhnliche Krankheiten, gewöhnliche
Traueranlässe haben. Leute, die ein gewöhnliches Haus
bewohnen und gewöhnliche Kleider tragen. Es sind Leute des
gewöhnlichen Lebens. Leute, die man in einer beliebigen Straße
antrifft. Sie lieben ihre Tür, die sich zur Straße hin
öffnet, wie ihre der Welt unsichtbaren Brüder die Tür
lieben, die sich endgültig hinter ihnen geschlossen hat. Wir
andern, wir Leute von der Straße, glauben aus aller Kraft, dass
diese Straße, dass diese Welt, auf die uns Gott gesetzt hat,
für uns der Ort unserer Heiligkeit ist. Wir glauben, dass uns
hier nichts Nötiges fehlt, denn wenn das Nötige fehlte,
hätte Gott es uns schon gegeben." [Madeleine
Delbrêl, in: Quellen geistlichen Leben ;B. 4, hrsg. v. Gisbert
Greshake u. Josef Weismayer. Matthias-Grünewald-Verlag,
Ostfildern 2008, S. 160f.]
4.1 Wer den Herrn ehrt, ehrt auch die H.: Epiphanius (BKV 258).
Gegen übertriebene H.-Verehrung: Epiphanius (BKV 258)
Warum und wie wir die H. verehren sollen: Johannes von Damaskus (BKV 223-27)
Heilige bedeuten Heil für viele Menschen: Ambrosius (BKV II 32).
Radbod von Utrecht († 917):
"Lasst uns den Herrn unseren Gott in seinen Heiligen loben und dieselben wechselweise in ihm loben und verehren; denn Gott und seinen Heiligen zu dienen, heißt wahrhaft leben, und alle Zeit dabei zu verbleiben, heißt klug die Schlingen der Vergehen zu meiden."
Franz Stock († 1948)sprach am 26. April 1947 zu den etwa 165 deutschen Priesterseminaristen im Gefangenenlager u. a. Folgendes:
Eine Zahl von
der Vorsehung gewollter Heiliger wird genügen, unsere Epoche zu
retten. Heilige, die sich ganz dieser Aufgabe hingeben und die Werte
unserer Zeit in Tugenden umsetzen werden, … Heilige, die ihre
Bindung an das Vaterland mit der Liebe zur gesamten Menschheit zu
versöhnen wissen, hinweg über alle Ländergrenzen,
Nationen, Rassen oder Klassen. Es ist die Vorsehung, die uns diesen
Anruf zur Heiligkeit entgegenschleudert durch die Stimme der
Geschichte, und wir müssen ihn hören, und der Welt die
Botschaft von Freiheit und Frieden, Heil und Liebe zu bringen.”
[Hanns Cornelissen, Abbé
Franz Stock. Dreiklang einer Freundschaft. Deutscher
Spurbuchverlag, Baunach 2001, S. 132]
4.2 - Gott hat uns die H. als Beschützer und Vorbilder an die Seite gestellt: Leo (BKV II 258).
Johannes „Chrysostomus” († 407)vergleicht die Heiligen mit einem Spiegel. Beim Friseur verwenden wir einen Spiegel, mit dem wir unseren Haarschnitt überprüfen:
"Wenn aber unsere Seele nicht nur unförmig, sondern geradezu tierförmig wie die einer Skylla oder einer Chimäre geworden ist, wovon uns heidnische Mythen berichten, dann nehmen wir dies nicht im geringsten wahr. Und doch gibt es auch hierfür einen geistigen Spiegel, der noch viel besser und nützlicher ist als jener [materielle]; denn er zeigt uns nicht nur unsere Missgestalt, sondern verwandelt sie auch in unvergleichliche Schönheit, wenn wir nur wollen.
Dieser Spiegel aber ist das Andenken an edle Männer, die Geschichte ihres vorbildlichen Lebens, ist die Lesung der Hl. Schrift, sind die von Gott gegebenen Gesetze. Ja, wenn du nur ein einziges Mal die Bilder jener Heiligen sehen wolltest, wirst du das Unansehnliche deiner eigenen Gesinnung sehen, und du wirst nichts anderes mehr brauchen, um dich von dieser Hässlichkeit zu befreien. Gerade dafür dient uns dieser Spiegel, er erleichtert uns die änderung." [hom. in Mt 1,1.21: MPG 57, Sp. 13-14. 49 f.; BKV2 23, S.12. 74f. b]
Athanasios von Alexandria († 373) äußert sich über das Verstehen der Heiligen:
"Ohne reinen Sinn und Nachahmung des Lebens der Heiligen kann wohl niemand die Sprache der Heiligen verstehen. Denn wie einer, der das Licht der Sonne sehen möchte, gewiss das Auge abwischt und reinigt und sich durch die Reinigung dem Sehobjekt fast ähnlich macht, damit das Auge, so gleichsam Licht geworden, das Sonnenlicht schaue, oder wie einer, der eine Stadt oder ein Land sehen möchte, sich ganz sicher an die Stätte begibt, um seine Beobachtung zu machen, so muss der, welcher die Gedanken der Gottesgelehrten verstehen will, seine Seele im Leben zuvor abwaschen und reinigen und durch gleichartige Handlungen den Heiligen selbst nahe kommen, damit er durch einen gleichen Lebenswandel mit ihnen verbunden auch das verstehe, was diesen von Gott geoffenbart worden ist."
[Athanasios von Alexandria, MPG 25, Sp. 195-98]
Julian von Speyer († um 1250) stellte in der Einleitung zum Leben des heiligen Franziskus fest, dass die Hl. Schrift von den Schwächen und Verfehlungen mancher Heiliger vor ihrer Bekehrung berichtet. Dadurch sollen die gerechten und unschuldigen Leser von Stolz und Eigendünkel abgehalten und die Sünder vor Verzweiflung bewahrt werden:
"In der Heiligen Schrift wird von den früheren Schwächen mancher Heiliger, die Gott mit dem Vorzug besonderer Verdienste auszuzeichnen beschloss, deshalb berichtet, weil in der Verwunderung und dem Lobpreis über die unerforschliche Tiefe des göttlichen Ratschlusses, durch den sie als Gefallene wegen ausgezeichneter Verdienste über die meisten Gerechten erhoben werden, weder die Unschuldigen, sich gleichsam auf die Gerechtigkeit verlassend (Ez 33,13), die in den tiefsten Lastern Niedergeworfenen verachten, noch auch die Sünder, die über ihre Untaten verzweifelt sind und nicht wagen, um der Vergebung willen zur Quelle der Gnade zu eilen, Gott zu sehr fürchten." [Julian von Speyer, Leben des heiligen Franziskus, übersetzt von Jason M. Miskuly, OFM, Franziskanische Quellenschriften, Bd. 10, Werl / Westf. 1989]
Johann Vianney († 1859):
"Die Heiligen haben nicht alle gut angefangen, aber sie haben alle gut geendet."
"Die Heiligen sind wie kleine Spiegel, in denen Jesus Christus sich selbst betrachtet."
Papst Johannes Paul II.
(† 2005): "Die Heiligen haben diese Worte
[d. h. die Seligpreisungen] Jesu ernst genommen. Sie glaubten, dass
sie die Glückseligkeit
durch die konkrete
Umsetzung dieser Worte in ihrem Dasein erreichen würden. Und sie
haben deren Wahrheit in der täglichen Konfrontation mit dem
Erlebten erfahren: Trotz der Prüfungen, der Dunkelheit und der
Misserfolge haben sie bereits hier auf Erden die tiefe Freude der
Gemeinschaft mit Christus gekostet. In Ihm haben sie den Urkeim der
künftigen Herrlichkeit des Reiches Gottes, der in der Zeit
gegenwärtig ist, entdeckt."
4.3 Gewaltige Macht der Gebete der H.: Johannes „Chrysostomus” (BKV I 93f.)
Anrufung von H. um ihre Fürbitte: Syrische Didache (BKV 11. 15. 96f. u. ö.)
Leo († 461): "Erwerbt euch durch löbliche Nacheiferung ihre Fürbitte!" [BKV II 248. 252. 258]
P. Petrus (Otto) Pavliček († 1982):
"Im Gebet finde ich das Geheimnis aller Heiligen, dass sie immer erhört werden, weil sie niemals um etwas bitten, was gegen den Willen Gottes wäre."
"Das Geheimnis der großen Erfolge mancher Heiliger liegt darin, dass sie die Macht des Gebetes erkannt haben. Wer die Allmacht hinter sich hat, dem gelingen die wunderbarsten Werke, weil man nichts sich selbst, sondern alles Gott zuschreibt, was man Gutes tun darf."
zurück zur vorherigen Seite
Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 07.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.