Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Spiritualität der Heiligen - Vorbemerkungen
Der Mensch als Arbeiter
Der Mensch als Arbeiter
Arbeit, vor allem körperliche, wurde in der griechisch-römischen Antike eher als etwas Negatives verstanden und vor allem den Sklaven zugewiesen. Sowohl das griechische (pónos) wie das lateinische Wort (labor) für Arbeit bedeuten zugleich auch "Mühsal, Kummer, Leiden". Dagegen gehört Arbeit trotz aller Mühsal nach jüdischem und christlichem Verständnis zum Wesen des Menschen dazu (vgl. Gen 2,17-19; 2 Thess 3,10).
1. Pflicht zur Arbeit 2. Recht auf A. 3. Art und Weise der Verrichtung von A. 4. Gebet und A. 5. A. als Gottesdienst
1. Jeder Christ soll arbeiten (vgl. 2 Thess 3,6-12), dabei ist aber die Gefahr der Verweltlichung zu berücksichtigen: Apostolische Väter (BKV 14).
Die Ameise ist uns hierin Vorbild: Ambrosius (BKV I 243f.).
Benedikt von Nursia († 547 oder um 560):
"Müßiggang ist der Seele Feind. Deshalb sollen die Brüder zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit, zu bestimmten Stunden mit heiliger Lesung beschäftigt sein … Sie sind dann wirklich Mönche, wenn sie wie unsere Väter und die Apostel von ihrer Hände Arbeit leben. Alles aber geschehe der Kleinmütigen wegen maßvoll." " [Regula Benedicti c. 48]
Lanfrank von Bec († 1089):
"Einem müßigen Geist flößen böse Geister schlechten Gedanken ein, so dass dieser, wenn er von seiner Arbeit ruht, keine Ruhe findet vor der Verlockung böser Taten."
Johannes Paul II († 2005): "So wahr es ist, dass der Mensch zur Arbeit bestimmt und berufen ist, so ist doch in erster Linie die Arbeit für den Menschen da und nicht der Mensch für die Arbeit." [Laborem exercens Nr. 6]
2. Schon zu Kriegsbeginn, im September 1918, plädierte Hildegard Burjan († 1933)
für einen angemessenen Platz der Frauen in der modernen Arbeitswelt. Dieses Recht der Frau auf Arbeit resultiere aus dem Recht eines jeden Menschen auf Entwicklung und Entfaltung seines Wesens, was ohne Arbeit nicht möglich sei:
"Die Entwicklung der Nation wird zum großen Teil davon ab hängen, dass wieder tüchtige, mit religiöser überzeugung, Begeisterung und Opferfreudigkeit arbeitende Frauen und Mädchen die alten und neuen Arbeitsstätten ausfüllen. Die Frau muss in dieser wirtschaftlich neu gestalteten Welt ihren vollen Anteil an sozial nützlicher Tätigkeit bekommen, wir alle müssen es als Schande empfinden, wenn in ernsten Zeiten ein großer Teil unserer Schwestern ein Parasitenleben führt, die materiellen Güter aufbraucht und die Kulturwerte mit Füßen tritt, die andere Menschen mit blutigem Schweiß verdienen und erkämpfen. Die Frauenfrage besteht nicht nur darin, dass unbemittelten Frauen und Mädchen eine anständige Existenz geschaffen wird, sie wird auch nicht allein dadurch gelöst, dass der Mann materiell besser gestellt wird und die Frau nicht mehr mitverdienen muss, sondern es ist unbedingt nötig, dass wieder die Frauen aller Stände einen hohen seelischen und nützlichen Lebensberuf bekommen, das ist ihr gutes Frauenrecht. Dieses Recht legt ihnen aber auch tiefe und dringliche Pflichten auf und von den Frauen wird es in erster Linie abhängen, ob und wie die Frauenfrage und zum großen Teil auch die Menschheitsfrage gelöst wird. Wir katholischen Frauen, die wir das unvergleichliche Glück besitzen, in unserer heiligen Religion für alle Fragen die beste und einzige Orientierung zu haben, müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Werden wir einerseits unserer gottgewollten Bestimmung als Frau und Mutter unbeirrt von allen Zeitströmungen und Scheinerfolgen, treu bleiben, anderseits die neuen Arbeitsformen mit tätiger Kraft und mütterlicher Zartheit ganz ausfüllen, so werden die Veränderungen, die das moderne Wirtschaftsleben hervorgerufen hat, am besten ihren Ausgleich finden."
"Der Religion verdanken wird den Maßstab und die Richtschnur für unsere Arbeit, sie bewahrt uns davor, uns von einseitigen momentanen Urteilen hinreißen zu lassen. Sie führt uns auch zu jener höheren sozialen Gerechtigkeit, die uns nicht ruhen lässt, bis wir den Schwachen und Armen geholfen, bis das sprichwörtliche Heimarbeitelend aufgehört und die Forderung Leos XIII., dass alle, die von ihrer Hände Arbeit leben, auch ein Recht haben, durch diese ihre Existenz zu finden, erfüllt worden ist."
"Gott gibt uns den Verstand, damit wir die Not einer Zeit, die Ursachen der Not, die Mittel, die zur Abhilfe führen, erkennen. Er stellt uns nicht zufällig mit unseren äußeren Verhältnissen zusammen, spricht nicht zufällig mit unserem Herzen, legt nicht zufällig den Zug zu dieser Arbeit hinein."
Sozial arbeiten heißt auch vorbeugen, heißt Kluften, die innerhalb der Gesellschaft entstehen, mit christlicher Liebe und mitfühlendem Herzen zu überbrücken suchen."
[Texte: Hildegard Burjan Reden und Schriften / Quellen zum Studium des geistigen Erbes der Gründerin der Caritas Socialis Dr. Hildegard Burjan. 1883-1933, 1.Teil, Selbstverlag der Caritas Socialis, Wien 1970, S. 126f. 70. Zitate: https://www.hildegardburjan.at/zitate/zitate.html (11.11.2019)]
3. Philippina Duchesne († 1852):
"Lerne es, andere zur Arbeitsteilung anzuhalten: Dann werden die Dinge vielleicht weniger gut getan, aber du wirst mehr Frieden im Herzen haben und gesünder leben."
Johannes Bosco († 1888): "Man muss arbeiten, als bräuchte man nicht zu sterben, und leben, als könnte man jeden Tag sterben."
Johannes XXIII († 1963):
"Ich habe noch nie einen Pessimisten nützliche Arbeit für die Welt tun sehen."
4. Nach Antonius († 356 ?) ist christliches Leben ist geprägt vom Wechsel zwischen Arbeit und Gebet:
Als der Altvater
Antonios einmal in verdrießlicher Stimmung und mit düsteren
Gedanken in der Wüste saß, sprach er zu Gott: ‚Herr,
ich will gerettet werden, aber meine Gedanken lassen es nicht zu. Was
soll ich in dieser meiner Bedrängnis tun? Wie kann ich das Heil
erlangen?
Bald darauf erhob er sich, ging ins Freie und sah
einen, der ihm glich. Er saß da und arbeitete, stand dann von
der Arbeit auf und betete, setzte sich wieder und flocht an einem
Seil, erhob sich dann abermals zum Beten; und siehe, es war ein Engel
des Herrn, der gesandt war, Antonios Belehrung und Sicherheit zu
geben. Und er hörte den Engel sprechen: ‚Mach es so und du
wirst das Heil erlangen. Als er das hörte, wurde er von
großer Freude und mit Mut erfüllt und durch solches Tun
fand er Rettung. [Weisung
der Väter, eingel. u. übersetzt von B. Miller, Sophia / Quellen
östlicher Theologie, Bd. 6, Freiburg i. Br. 1965, Nr. 1, S. 15]
Auf die Frage, ob unter dem Vorwand des persönlichen und gemeinschaftlichen Gebets die Arbeit vernachlässigt werden darf, antwortetBasilius „der Große” († 379)Folgendes:
Der Apostel
befiehlt uns zu arbeiten und mit den eigenen Händen Gutes zu
schaffen, um den Bedürftigen geben zu können. Daraus geht
klar hervor, dass man fleißig arbeiten muss. Wir dürfen
nicht glauben, dass der Vorrang der Frömmigkeit ein Vorwand für
Faulheit oder Arbeitsscheu ist, vielmehr bietet sie gerade die
Gelegenheit zum Kampf, zu größter Anstrengung und zu
Geduld in der Bedrängnis.
Dabei müssen sich Arbeit und Gebet nicht gegenseitig ausschließen:
Denn während
die Hände bei der Arbeit sind, kann man mit der Zunge, wenn das
möglich und zur Auferbauung der Gläubigen auch passend ist,
oder wenigstens mit dem Herzen Gott durch Psalmen, Hymnen und
geistliche Lieder preisen, wie geschrieben steht (vgl. Kol 3, 16). So
kann man während der Arbeit die Pflicht des Gebetes erfüllen.
Auf diese Weise können wir dem Dank sagen, der unseren Händen
die Kraft zur Arbeit gegeben hat, dazu die Weisheit des Verstandes,
um Kenntnis zu erwerben, der uns auch das Material geschenkt hat für
die Werkzeuge und für die Handwerkserzeugnisse, die wir
anfertigen. Dabei wollen wir beten, dass das Werk unserer Hände
zu seinem Ziele kommt, nämlich Gott zu gefallen. Wir werden aber
auch dann unsere Seele gesammelt halten, wenn wir bei jeder Arbeit
Gott um ihren guten Fortgang bitten, ihm dafür danken, dass er
uns zu arbeiten gegeben hat, und den Zweck, nämlich ihm zu
gefallen, … nicht aus dem Auge lassen."
[Basilius von Cäsarea, Die Mönchsregeln / Hinführung
und übersetzung von K. S. Frank, St. Ottilien 1981, S. 161 ff.,
Fr. 37]
Thomas von Aquin († 1274):
"Für Wunder muss man beten, für Veränderungen muss man arbeiten."
Aloisius Guanella († 1915): "Es genügt nicht zu arbeiten, man muss zuerst beten."
Chiara Lubich († 2008): "Ein Christ betet, als würde alles von Gott abhängen. Und er arbeitet, als würde alles von ihm abhängen."
5. „Meister” Eckart († 1327/8):
"Wenn du Gott bei der Arbeit im Stalle weniger hast als im Hochamt, dann hast du ihn nicht."
Bei seiner Predigt über die Gemeinde als Leib Christi (1. Korintherbrief 12) spricht Johannes Tauler († 1361)von der Berufung des gewöhnlichen Christen:
"Wir gewöhnlichen Christen sollen gut prüfen, was unsere Aufgabe ist, zu der uns der Herr gerufen und eingeladen hat, und welches die Gnade ist, die der Herr uns zugeteilt hat. Denn jede noch so geringe Fertigkeit oder Arbeit ist Gnade; derselbe Geist wirkt sie zum Nutzen und zum Wohl der Menschen. Beginnen wir mit dem Geringsten: Einer kann spinnen, ein anderer Schuhe machen, wieder andere verstehen sich gut auf mancherlei äußere Dinge und sind darin tätig, während ein anderer das nicht kann. Alles das sind Gnaden, die der Geist Gottes wirkt. Wisset, wäre ich nicht Priester und lebte ich nicht in einem Orden, ich erachtete es für etwas Großes, Schuhe machen zu können; die wollte ich lieber machen als alles andere, und ich wollte gerne mein Brot mit meinen Händen verdienen. Meine Lieben! Fuß und Hand sollen nicht Auge sein wollen. Jeder soll den Dienst tun, zu dem ihn Gott bestellt hat, wie schlicht er auch sein mag; ein anderer könnte ihn vielleicht nicht tun. So soll auch jede unserer Schwestern die ihr zugewiesene Tätigkeit ausüben. Die einen können gut singen, die sollen ihre Psalmen singen. All dies kommt von Gottes Geist. Sankt Augustinus von Hippo sprach: Gott ist ein einförmiges, göttliches, einfaches Wesen und wirkt doch alle Vielfalt und alles in allen Dingen, einer in allem, alles in einem. Es gibt keine noch so geringe Arbeit, keine noch so verachtete Fertigkeit, die nicht ganz von Gott kommt und ein Erweis seiner besonderen Gnade ist. Und jeder soll für seinen Nächsten das tun, was dieser nicht ebenso gut tun kann, und jeder soll aus Liebe ihm Gnade um Gnade erweisen. Und seid euch bewusst: Wer nicht etwas für seinen Nächsten tut, ausgibt und wirkt, der muss darüber Gott Rede und Antwort stehen; so sagt ja das Evangelium, dass jeder Rechenschaft über seine Verwaltung geben muss (vgl. Lukasevangelium 16,2) . Was jeder von Gott empfangen hat, das soll und muss er einem anderen weitergeben, so gut er nur kann und wie es ihm Gott gegeben hat …
Der Mensch soll gute, nützliche Arbeit verrichten, wie sie ihm zufällt; die Sorge aber soll er Gott anheimstellen und seine Arbeit sehr behutsam und im Stillen tun. Er soll bei sich selbst bleiben, Gott in sich hineinziehen und oft in sich hineinschauen mit einem gesammelten Gemüt, ganz innerlich und andächtig; immer soll er auf sich selbst achten und auf das, was ihn bei seiner Arbeit jagt und antreibt. Auch hat der Mensch innerlich darauf zu achten, wann ihn der Geist Gottes zum Ruhen oder zum Wirken treibt. Er folge jedem Antrieb und handle gemäß der Weisung des Heiligen Geistes: Jetzt ruhen, jetzt wirken! So soll er seine Arbeit voll guten Willens und in Frieden tun." [Tauler, Die Predigten Taulers Nr. 42: über: "Es gibt verschiedene Dienst, aber nur denselben Geist"]
Petrus Faber († 1546):
"Je mehr man sich mit Gott vereinigt, desto reicher ist der Segen, den Gott auf diese Arbeiten ausgießt, in dessen Abhängigkeit und nach dessen Willen diese Arbeiten getan werden."
Maria Maria Kreszentia Höß († 1744):
"Wenn auch eine Arbeit an sich nur gering und verächtlich zu sein scheint, so ist sie doch vor den Augen Gottes nicht klein und gering, wenn sie durch die gute Meinung groß gemacht wird und aus purer, reinster Liebe zu Gott geschieht."
Paul Joseph Nardini († 1862):
"Tun wir gewissenhaft das Unsere. Gott wird dann auch das Seinige in uns vollbringen."
"Unser ist die Arbeit. Der Erfolg aber steht in dessen Händen, der die rechte Zeit und Stunde zur Reife kennt."
Ulrika Nisch (1913)arbeitete als Küchenschwester:
"Dem Heiland zuliebe müssen wir [all]es schön, recht und sorgfältig machen!"
"Je reiner die Absicht von jeder Eigenliebe und Eigennutz frei ist, desto ruhiger und in Gott gesammelt arbeiten wir."
Marcel Callo († 1945)skizziert in einem Vortrag am 31. März 1940 sein Ideal der Christlichen Arbeiter-Jugend:
"Wir sind die Christliche Arbeiter-Jugend. Wir haben den Blick auf Christus, unser Vorbild, gerichtet und wollen die Arbeiterklasse zu einem christlichen Leben zurückführen, ohne das kein Glück Bestand hat … Wir verachten die Egoisten, die nur an sich selber denken, an ihre eigenen Interessen und Vorteile und - wenn sie es können - auf die andern die Schwierigkeiten der Arbeit und die Lasten des Lebens abwälzen. Wir sind keine Glücksjäger und Emporkömmlinge, die bereit sind, die anderen zu opfern, wenn sie sich nur selber einen Weg bahnen und irgendeine Goldader finden: Alle Arbeiter sind für uns Brüder, und deshalb wollen wir, dass Vertrauen, Friede und Brüderlichkeit unter uns herrschen …
Schließlich sind wir Christen … Vereint mit Christus durch ein echt christliches Leben, bemüht sich der CAJler, in all seinen Handlungen dem göttlichen Vorbild, Christus dem Arbeiter, nachzueifern. Er weiß, dass die Leiden und Mühen der Arbeit in Gottes Augen einen großen Wert haben. Er weiß, dass sein Leben sehr kostbar ist, wenn er leidet, und deshalb lacht und singt er immer, selbst wenn er in Not ist …
Eine machtvolle und starke Christliche Arbeiter-Jugend tut not, die fähig ist, sich Achtung und Gehör zu verschaffen, um auf den Arbeitsstellen die Rechte und die Freiheit aller zur Geltung zu bringen: machtvoll durch die Zahl ihrer Mitglieder - stark durch die Qualität ihrer Vorkämpfer. Eine solche CAJ wird in der Arbeitswelt. Brüderlichkeit, Gerechtigkeit und Liebe verbreiten - mit dem Ergebnis, dass der Arbeiterstand in jeder Hinsicht aufgewertet wird, dass er den Frieden und das Glück findet, das er erwartet …
Das ist unser Ideal und unser Programm. Wir sind zu jedem Opfer bereit, um
es zu verwirklichen.
Davon lassen wir uns durch nichts abbringen. Wir werden,
wenn es
nötig ist, dafür bis ans Ende unserer Kräfte, bis zum
äußersten gehen."
[Marcel Callo / Zeuge des Glaubens und der Versöhnung - eine Dokumentation -, hrsg. v. Rosemarie Pabel, Franz-Sales-Verlag, Eichstätt 1991, S. 13. 22-28]
Johannes XXIII († 1963): "Man kann mit einem Hirtenstab in der Hand heilig werden, aber ebenso gut mit einem Besen!"
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 05.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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