Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Das Amt des Bischofs
Der Begriff
Bischof
leitet sich ab vom griechischen Wort epískopos
.
Dieses bedeutet: Aufseher, Hüter. Späher, ist also kein
sakraler, sondern ein Funktionsbegriff. Zunächst amtierten
Bischöfe kollegial (vgl. Philipperbrief 1, 1; Apostelgeschichte 20, 28), in der Zeit der
Pastoralbriefe deutet sich ein übergang zum Monepiskopat an
(vgl. 1. Timotheusbrief 3, 1 - 7; Titusbrief 1,7 - 9). Die Klärung des Verhältnisses
von Episkopat und Presbyterium ist späterer Zeit vorbehalten.
1. Notwendige Eigenschaften und Voraussetzungen
2. Pflichten und Aufgaben bei der Ausübung des Bischofsamtes
3. Geforderte Eigenschaften eines guten Bischofs
4. Verhältnis von weltlicher und geistlicher Obrigkeit
1. Notwendige Eigenschaften und Voraussetzungen
Voraussetzungen für das Bischofsamt und notwendige Eigenschaften:
Jeder, der ein geistliches Amt anstrebt, muss sich selbst zuerst reinigen: Gregor von Nazianz (BKV I, 405 - 407)
Hohe sittliche Anforderungen an die Bischöfe: Gregor von Nazianz (ebd., I, 405 - 407)
Die Eigenschaften des idealen Bischofs: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV P 92 - 94. 168f. 228)
Er muss alle an Seelenadel übertreffen Johannes „Chrysostomus” (ebd., 120)
Beherrschung des Zorns Johannes „Chrysostomus” (ebda., 156-58)
Der Bischof darf sich vor Drohungen und Schmähungen nicht fürchten: Cyprian von Karthago (BKV II, 218f. 238 - 240)
Er darf nicht an seinem Amt hängen: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV (P) 153f.)
Klugheit und Geduld bei Tadel und Verdächtigung Johannes „Chrysostomus” (ebda., IV 236f)
Wichtiger als die Redekunst ist für ihn die Fähigkeit zur Lehre: Johannes „Chrysostomus” (ebd., IV P 193 - 206)
Der Bischof hat ein werktätiges Amt, kein Ehrenamt: Augustinus von Hippo (BKV III, 242)
Didache (Lehre der zwölf
Apostel) (110 - 120): Wählt euch Bischöfe
und Diakone würdig des Herrn, Männer voll Milde und frei
von Geldgier, voll Wahrheitsliebe, erprobte; denn sie sind es, die
für euch versehen den Dienst der Propheten und Lehrer!
[K. 15]
Papst Coelestin I. (†
432): Es werde kein Bischof ernannt gegen den Willen
[der Betroffenen]. Es werde vielmehr der übereinstimmende Wunsch
des Klerus, des Volkes und des Mönchsordens berücksichtigt.
Dann [erst] werde ein anderer aus einer anderen Kirche [Diözese]
gewählt, wenn von den Klerikern der Gemeinde, für die ein
Bischof zu bestellen ist, - meiner Meinung nach unmöglich - kein
würdiger gefunden werden konnte.
Papst Leo „der Große”
(† 461): Ein treu besorgter Hirte sucht seinen Ruhm
in den Fortschritten der Herde des Herrn.
[BKV
10]
2. Pflichten und Aufgaben bei der Ausübung des Bischofsamtes
Die Anforderungen an das Bischofsamt sind hoch: Seine Pflichten und Aufgaben:
Der Bischof sorge nicht nur für die guten Schüler, sondern auch in Sanftmut für die Bösartigen: Ignatius von Antiochia (Brief an Polykarp)
Er sei weniger Vorsteher der Gläubigen als Beförderer ihres Heils: Augustinus von Hippo (BKV X, 43).
Pflichten des B.: Apostolische Väter (BKV 153f.); vgl. Irenäus von Lyon (BKV II, 406 - 408); Basilius „der Große” (BKV I, 182f); Ambrosius von Mailand (BKV III, 194f.)
Der Bischof sei auch
Vorsteher der Wohltätigkeit
: Cyprian von Karthago (BKV
I, 15)
Papst Anastasius I.
(† 402)schreibt an Simplicianus, den
Bischof von Mailand:
Dem Herrn Bruder
Simplicianus [enbietet] Anastasius [seinen Gruß].
Durch große
Sorgfalt und Wachsamkeit über seine Herde bewährt sich der
Hirt. So auch hält von einem hohen Turm aus ein vorsichtiger
Wächter um der Stadt willen Tag und Nacht seine Beobachtungen.
Ein kluger Schiffsmeister erbringt in der Stunde des Sturmes und der
Gefahr große Geistesanstrengung, damit das Schiff durch die
Stürme und ungestümen Wellen nicht an die Felsen
geschleudert werde So fordert Anastasius weiter, [dass wir] unter großen Bitten gefordert haben, dass
die evangelische Lehre, welche die Stimmer Gottes und Christi mit
eigenem Mund verkündigte, (bewahrt werde und) von ihr
keinesfalls abgewichen werden dürfe, sondern ins Gedächtnis
gerufen werden solle, was der ehrwürdige Apostel Paulus
vorhersagte und einschärfte:
.Wenn jemand etwas
verkündigte außer dem, was euch verkündigt worden
ist, der sei verflucht!
(Galaterbrief 1,8)
Anastasios spricht
weiter von seiner Sorge um die Reinerhaltung des Glaubens:
Niemals wird es
in der Tat geschehen, dass wir auf irgend eine Weise zulassen, was
wir nach Recht und Gebühr verurteilen. Deshalb wird jene
Vorsehung Christi, unseres Gottes, welche sich über die ganze
Erde erstreckt, es rechtfertigen, dass wir durchaus nichts billigen
können, was die Kirche befleckt, gute Sitten zerstört, die
Ohren der Umstehenden verletzt, Streit, Hass und Zwietracht
verursacht.
[ep. 1 u. 2;
MPL 20, Sp.68-76; eigene Übersetzung]
An alle Bischöfe
des Erdkreises richtet sich die Ermahnung von Papst Felix IV. (III.)
(† 530):
Durch die große
Gnade und Barmherzigkeit Gottes sind die Freuden der ganzen
katholischen Kirche vielfach, wenn der Zustand der Kirchen in der
Ordnung lebt, den ihr die Nachfolger der Apostel gegeben haben. Wenn
wir aber erkennen müssen, dass dieser Zustand durch die
Verschlagenheit des Feindes in Unordnung gerät, dann werden wir
von ganz großer Trauer erfüllt. Deshalb (ermahnen wir die
Brüder dringend, niemals vom Pfad der apostolischen Unterweisung
abzuweichen) und auch, dass ihr euch nicht vom Haupt abspaltet,
sondern den Glauben und die Ordnung, die die Apostel und die
apostolischen Nachfolger [eig. Männer] festgelegt haben,
entschlossen festhaltet. Denn wenn die Säulen irgendeines großen
Hauses zusammenstürzen, wird das Haus danach keinesfalls mehr
Bestand haben. So auch, wenn ihr, die ihr die Säulen der Kirche
seid, zu wanken beginnt, wird [das Gebäude der] heilige[n]
Kirche, die durch euch gelenkt wird, morsch werden und ins Wanken
geraten. Dies, Brüder, ist sehr zu fürchten und in höchstem
Maße zu bedenken und zu verhindern. Die Weisheit selbst sagt
nämlich: Ihr seid das Salz der Erde; wenn aber das Salz schal
geworden ist, womit kann es dann noch gesalzen werden? [Matthäusevangelium 5, 13]
[Felix
papa IV ad omnes episcopos, ep. II, MPL 65, Sp. 15-22; eigene Übersetzung]
3. Geforderte Eigenschaften eines guten Bischofs
Basilius „der Große” († 379):
Wie ein erfahrener Steuermann halte hoch
den Kopf bei jedem Sturm, den die stürmischen Ketzer entfachen,
und rette das Schiff vor dem Versinken in den salzigen und bitteren
Wellen der Irrlehre!
Klage nicht über
die Bürde, als ginge sie über deine Kraft! Wenn du selbst
es wärest, der diese Bürde zutragen hätte, dann wäre
sie nicht einmal so schwer, sondern ganz erträglich. Wenn aber
der Herr dir tragen hilft, so wirf deine Sorge auf den Herrn und er
wird es machen
.
[an
Bischof Amphilochius von Ikonium, K. 2]
Ambrosius von Mailand († 397):
Habsucht meiden; Gerechtigkeit in allem; Eintracht; Demut
wie ein kluger Arzt vorgehen mit verschiedenen Mitteln: nur das
ausschneiden, was unheilbar ist.
[über
die Pflichten II, 27. K.]
Bischof Egbert von York hatte
Beda „Venerabilis” († 735) eingeladen,
ihn wie im vorausgegangenen Jahr zu einem geistlichen Gespräch
im Kloster aufzusuchen. Aus gesundheitlichen Gründen - Beda
starb wenige Wochen später - sah sich dieser dazu nicht mehr in
der Lage. So teilte ihm Beda schriftlich seine Gedanken zum
Bischofsamt mit:
So spreche ich,
viel geliebter Bischof in Christus, deiner Heiligkeit gegenüber
folgende Ermahnungen aus: Denke daran, den heiligen Stand, den dir
der Urheber der Stände und geistlichen Gaben anzuvertrauen
geruhte, sowohl durch ein heiliges Wirken wie durch heilige Lehre zu
bekräftigen. Keiner dieser beiden Werte kann ordnungsgemäß
ohne den anderen erfüllt werden; [es ist also verkehrt,] wenn
entweder der, der ein rechtschaffenes Leben führt, die Pflicht
des Lehrens vernachlässigt, oder wenn ein Bischof zwar die
rechte Lehre verkündet, aber keinen Wert legt auf die übung
rechten Tuns.
Wer aber beides
aufrichtig erfüllt, ein solcher Diener darf in der Tat die
Ankunft des Herrn freudig erwarten und hoffen, dass er alsbald sein
Wort hören wird: Du guter und getreuer Diener, weil du
über weniges getreu warst, will ich dich über vieles
setzen! Geh ein in die Freude deines Herrn!
(Matthäusevangelium 25, 21).
Wer aber, was ferne
sei, den Rang des Bischofsamtes empfängt und sich nicht darum
kümmert, sich durch ein rechtschaffenes Leben von schlechten
Taten fernzuhalten und auch nicht das ihm unterstellte VoLukasevangelium durch
Zucht und Ermahnung zu bessern bestrebt ist: was diesem zuteil wird,
wenn der Herr zu einer Stunde, in der er es nicht erwartet, wieder
kommt, das spricht das Wort des Evangeliums deutlich aus; es richtet
sich an den unnützen Diener: Werft ihn hinaus in die
Finsternis, dort wird Heulen und Zähneknirschen sein!
(Matthäusevangelium
25, 30).
Vor allem aber gebe ich
dir, heiliger Vater, folgenden Rat: Halte dich in der Würde als
Bischof fern von müßigem Geschwätz, vor Verleumdungen
und den übrigen Einflüsterungen einer zügellosen
Zunge; beschäftige vielmehr sowohl deine Zunge wie deinen Geist
mit heiligem Gespräch und mit der Betrachtung der [heiligen]
Schriften, ganz besonders mit der Lesung der Briefe des hl. Paulus an
Timotheus und Titus, aber auch der Worte des heiligsten Papstes
Gregor; denn dieser stellt, sei es in seiner Pastoralregel, sei es in
den Homilien zu den Evangelien, überaus gründliche
überlegungen an über Leben und Laster der [Gemeinde-]
Leiter. So wird deine Rede immer mit dem Salz der Weisheit gewürzt
sein, über alles vulgäre Gerede herausragen und sich so
auch für die Ohren Gottes würdiger erweisen. Denn wie es
sich nie geziemt, heilige Altargeräte durch alltägliche
Verwendung und nichtige Verrichtungen zu entweihen, so ist es völlig
verkehrt und übel, wenn einer, der für den sonntäglichen
Vollzug des Altarsakraments bestellt ist, zwar jetzt am Altar steht,
um dem Herrn durch den Vollzug der Sakramente zu dienen, aber
sogleich nach Verlassen der Kirche beginnt, den Herrn zu beleidigen,
indem er gerade mit dem Mund und mit denselben Händen, mit denen
er kurz zuvor die heiligen Sakramente verwaltet hatte, Nichtsnutziges
zu reden oder zu tun anfing.
>Um aber die Lauterkeit
des Redens und Tuns zu wahren, ist es äußerst hilfreich,
neben der geistlichen Lesung auch die Gemeinschaft mit denen zu
pflegen, die Christus in treuer Ergebung dienen, so werde ich, wenn
mir einmal die Zunge zu entgleiten, oder eine verkehrte Handlung zu
unterlaufen droht, sogleich durch die Hand treuer Gefährten vor
dem Fallen bewahrt. Diese Vorsorge für sich selbst ist für
alle Diener Gottes überaus nützlich, aber noch viel mehr
für die Würdenträger, die nicht nur für sich
selbst Sorge tragen müssen, sondern auch um das Heil der ihnen
anvertrauten Kirche verantwortlich sind.
[Beda,
ep. Ecgb.: MPL 94, Sp. 637f.; eigene Übersetzung]
Bonifatius (†
754/55):
Der eifrige
Hirte, der über die Herde Christi wacht:
Die Kirche fährt
über das Meer dieser Welt wie ein großes Schiff und wird
von den Wogen -das sind die Anfechtungen dieses Lebens - hin und her
geworfen. Wir dürfen das Schiff nicht verlassen, wir müssen
es lenken.
Als Vorbilder haben wir
dafür die früheren Väter, Klemens,
Kornelius und die
vielen andern in der Stadt Rom, Cyprian
in Karthago, Athanasius in
Alexandrien. Sie haben unter heidnischen Kaisern das Schiff Christi
gesteuert. Sie haben die Kirche geleitet, sie gelehrt und verteidigt,
für sie gearbeitet und gelitten bis zum Vergießen des
Blutes. Diese überlegungen erschrecken mich, Furcht und
Zittern erfassen mich
[Psalm 55, 6], die Finsternis meiner Sünden
drückt mich nieder. Wie gerne hätte ich das Steuer der
Kirche, das ich übernommen habe, aus der Hand gegeben, wenn ich
nur geeignete Beispiele bei den Vätern oder in der Heiligen
Schrift hätte finden können.
Die Wahrheit kann zwar
niedergehalten, aber weder besiegt noch getäuscht werden. So
flüchtet unser Geist zu Gott, der durch Salomo spricht: Mit
ganzem Herzen vertrau auf den Herrn, bau nicht auf eigene Klugheit;
such ihn zu erkennen auf all deinen Wegen, dann ebnet er selbst deine
Pfade
[Sprüche 3, 5f], und anderswo: Ein fester Turm ist der
Name des Herrn, dorthin eilt der Gerechte und ist geborgen.
[Sprüche 18, 10]
Lasst uns feststehen in
der Gerechtigkeit und unser Herz auf die Versuchung vorbereiten,
damit wir das Zögern Gottes ertragen und sprechen: Herr,
du warst unsere Zuflucht von Geschlecht zu Geschlecht.
[Psalm
90, 1]
Lasst uns auf ihn
vertrauen, der uns die Last aufgelegt hat. Was wir aus eigener Kraft
nicht tragen können, das wollen wir tragen durch ihn. Er ist
allmächtig und spricht: Mein Joch drückt nicht, und
meine Last ist leicht.
[Matthäusevangelium 11, 30]
Lasst uns am Tag des
Herrn im Kampf feststehen, denn ein Tag der Not und
Bedrängnis
[Zefanja 1, 15] kam über uns. Wenn Gott es so
will, wollen wir sterben für die heiligen Gesetze unserer Väter,
damit wir mit ihnen das ewige Erbe erlangen.
Wir wollen nicht stumme
Hunde sein [vgl. Jesaja 56, 10] und schweigend zuschauen, nicht
Mietlinge, die vor dem Wolf fliehen, sondern eifrige Hirten: über
die Herde Christi wollen wir wachen und allen Menschen jeden
Ratschluss Gottes verkünden, den Großen und den Kleinen,
den Reichen und den Armen, jedem Stand und jedem Alter, soweit Gott
uns Kraft dazu gibt, gelegen und ungelegen [vgl. 2. Timotheusbrief 4, 2], wie es
uns der heilige Gregor in seiner Pastoralregel vorgeschrieben hat.
[Bonifatius,
Epistola 78. MGHEp 3. S. 354, zitiert nach Monastisches Lektionar zum 5.6.]
Rede des Papstes
Urban II. († 1099) an einen neugeweihten
Bischof:
Nach Gottes
Willen haben dich, wie wir glauben, Klerus und VoLukasevangelium jener Stadt
einstimmig zu ihrem Leiter gewählt, und sie führten dich zu
uns mit der Bitte, dass du zum Bischof geweiht wirst und darum bist
du nach Gottes Willen durch unsere Handauflegung zum Bischof geweiht
worden; so sollst du liebster Bruder, wissen, dass du mit der Bürde,
Seelen zu leiten, eine gewaltige Arbeitslast auf dich genommen hast
und nun dem Wohl vieler dienen und der Geringste und Diener aller
werden und für das dir anvertraute Talent einmal am Tag des
göttlichen Gerichts Rechenschaft ablegen musst. Denn unser
Heiland sagte: Ich bin nicht gekommen, mich bedienen zulassen,
sondern um zu dienen, und er gibt sein Leben für seine Schafe
hin
(Matthäusevangelium 20,28). Um wie viel mehr müssen wir träge
Knechte des höchsten Hausvaters mit größter
Anstrengung danach trachten, die uns vom höchsten Hirten
anvertrauten Schafe mit Hilfe der göttlichen Gnade ohne Fehler
und Krankheit zum Schafstall des Herrn zu führen? Wir ermahnen
dich also, Geliebter, dass du den Glauben, den wir zu Beginn deiner
Weihe kurz und klar dargelegt haben, ungeschmälert und
unversehrt bewahrst; denn der Glaube ist die Grundlage aller
Tugenden. Wir wissen zwar, dass du von Kindheit an in den heiligen
Schriften und den Weisungen des Kirchenrechts unterwiesen wurdest,
aber dennoch soll sich unsere Rede kurz an dich richten:
Kein Beifall soll dich
hochmütig machen, kein Unglück dich anfechten, d. h. im
Glück soll dein Herz sich nicht erheben, noch im Unglück
niedergedrückt werden, sondern wir wollen, dass du alles und in
allem mit Vorsicht und Unterscheidung handelst, so dass dein Leben
ohne Tadel bei allen Anerkennung findet. Die Heilige Dreifaltigkeit
möge dich, Bruder, unter ihren Schutz nehmen, so dass du, wenn
du bei solcher Leitung in unserem Herrn die übernommene Last
ausführst, am Tag der Vergeltung zu hören verdienst: Wohl
dir, du guter und treuer Knecht, weil du über weniges treu
gewesen bist, will ich dich über vieles setzen; geh ein in die
Freude deines Herrn!
(Matthäusevangelium 25,21)
[oratio
ad Ivonem consecratum, MPL 151, Sp.563 - 566; eigene Übersetzung]
Mahnung des Herrn
durch Birgitta von Schweden († 1373) an den
Bischof bezüglich der Auswahl von Priestern:
Sage …
dem Bischof folgendes:
Hochwürdiger Herr, ich beginne
zuerst von dem zu reden, was das ewige Heil vieler Seelen betrifft:
Ich rate Euch, sofern Ihr Gottes Freundschaft bewahren wollt, dass
Ihr weder selbst, noch durch einen anderen Bischof Leute zu den
heiligen Weihen zulassen sollt, die nicht zuvor durch gute Priester
sorgfältig geprüft und in ihrem Lebenswandel so geeignet
befunden wurden, dass sie nach dem Zeugnis kluger, wahrhaftiger
Männer als würdig bewährt sind, ein so hohes Amt zu
übernehmen. Gebt auch gewissenhaft darauf Acht, dass auch alle
anderen Euch untergebenen Bischöfe und Suffragane Eures
Erzbistums ähnlich verfahren! Niemand kann glauben, wie groß
der Zorn Gottes gegen jene Bischöfe ist, die keine Sorge dafür
tragen und nicht mit Eifer zu prüfen wissen, wie diejenigen
beschaffen sind, die sie zur Würde der heiligen Weihen in ihren
Bistümern zulassen.
[F. Holböck, Gottes Nordlicht / Die heilige Birgitta von Schweden
und ihre Offenbarungen, Stein am Rhein 21988,
S. 122]
4. Verhältnis von weltlicher und geistlicher Obrigkeit
Aus einem
Brief des Papstes Gelasius I. († 496) an
die orientalischen Bischöfe:
Sagst du jedoch:
Aber der Kaiser ist Katholik!
so wollen wir,
ohne demselben nahezutreten, erwidern, er ist ein Sohn, aber nicht
ein Vorsteher der Kirche; in Angelegenheiten der Religion geziemt es
ihm zu lernen, nicht zu lehren: Er hat die Privilegien seiner Macht
zur Verwaltung der Staatsangelegenheit von Gott empfangen, und wolle
sich nicht im Undank gegen dessen Wohltaten an der von oben
eingesetzten Ordnung vergreifen. Denn Gott wollte, dass die
kirchlichen Anordnungen den Bischöfen zustehen, nicht den
weltlichen Obrigkeiten.
Gelasius führt
aus, wie der Hirt einer Kirche beschaffen sein solle: wie er
die heilige Kirche leiten solle, wie er sich selbst in guten Werken
üben solle, wie er sich beobachten und täglich alle
Bestrebungen seines Herzens erwägen solle, wie oder auf welche
Weise er zur höchsten Stufe der Herrschaft gelangen könne,
oder wie er das Lehramt ausüben solle, und wie sehr, indem er
recht lehrt, seine eigene Schwäche täglich erkennen und
beherzigen, der verrichteten guten Werke sich erfreuen möge:
…
Er muss tadellos sein, keusch, züchtig, heilig, mäßig,
in allen heiligen Schriften unterrichtet
(1. Timotheusbrief 3,2), sich
selbst täglich züchtigen, auf dass er sich in guten Werken
seinen Untergebenen als einen solchen darstellen kann, dass die guten
Beispiele, die von ihm ausgehen, die Untergebenen mehr belehren als
seine Worte. Auch dies vvvvv [durch Worte zu belehren] bemühe
er sich nebst dem guten Lebenswandel täglich zu erfüllen.
Jeder soll auch den ihm anvertrauten Klerus mit Aufopferung lieben,
achten, belehren in aller Demut und größter Liebe, die
Priester nach ihren Stufen, die Diakone seiner Kirche, wie viele
ihrer sind, je nach den Kräften oder der Armut des Ortes.
[Brief
an Kaiser Anastasios, Die Briefe der Päpste 7, BKV1
1880, S. 22]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 11.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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