Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Umkehr und Vergebung
Die Sünderliebe und Vergebungsbereitschaft Gottes ist Kern des Evangeliums Jesu. Sie ist aber geknüpft an unsere Bereitschaft, unsern Schuldnern zu vergeben.
1. Voraussetzungen für Vergebung 2. Vergebung leichter u. 3. schwerer Sünden 4. Sünde wider den Hl. Geist 5. die Sünderliebe und Vergebungsbereitschaft Gottes
1. Die rechte Buße: Armenische Väter (BKV II 52f. 55-57. 66)
Mildtätigkeit: Cyprian (BKV I 260-64 u. ö.); Armenische Väter (BKV II 91f. u. ö.)
Reue: Athanasios von Alexandria (BKV I 72. 276f.)
Durch Versöhnlichkeit: Gregor von Nyssa (BKV 138-40 u. ö.); Johannes „Chrysostomus” (BKV II 14-16)
Durch Barmherzigkeit: Augustinus von Hippo (BKV VI 386; X 91); Leo (BKV II 6f. u. ö.)
Folgende Mahnung richtetCyprian von Karthago († 258)an Christen, die in der Verfolgungszeit ihrem Glauben abgeschworen haben, sie hat aber auch darüber hinaus Geltung: "Ich bitte euch, liebe Brüder [und Schwestern], jeder bekenne seine Sünde, solange er, der gesündigt hat, noch auf der Welt ist, solange sein Bekenntnis noch angenommen werden kann, solange noch seine Genugtuung und die durch die Priester gewährte Vergebung dem Herrn genehm ist! Wenden wir uns von ganzem Herzen an den Herrn, verleihen wir der Reue über unsere Sünde in aufrichtigem Schmerz Ausdruck und flehen wir [in solcher Gesinnung] Gottes Barmherzigkeit an! Vor ihm beuge sich unsere Seele, ihm leiste unsere Trauer Genugtuung, auf ihn werfe sich all unsere Hoffnung!" [laps. 29: CSEL v. 3, p. 1; BKV2 34, S. 118 b]
Methodios von Olympos († 251 ? oder 312): "Dann beseitigt die Umkehr jede Sünde, wenn sie bei einer Versündigung der Seele keinen Aufschub duldet und der [bösen] Begierde keine lange Zeit einräumt; so wird das übel keine Spur in uns hinterlassen können, da es wie frisches [Un-]Kraut, schon bei Beginn ihres Einwurzelns ausgerissen wurde."
Hieronymus († 420 ?): "Wo Bekenntnis ist, da ist auch Verzeihung."
Papst Gregor III. († 741) erstellte für die Bischöfe eine detaillierte Bußordnung und leitete diese mit folgenden allgemeinen Erwägungen ein:
"Reue ist abgeleitet von bereuen, dass nämlich einer im Herzen Reue empfindet und vor Gott sich schämt über seine Sünden; denn mit Gottes Gnade kann der Teufel in seiner Bosheit nichts gegen uns ausrichten, wenn wir echte Reue üben, d. h. dass wir zu den [alten] Wunden nicht neue hinzufügen, und unsere schon geheilten Wunden wieder aufreißen, weil die späteren Wunden schlimmer sind als die früheren. Auch folgendes ist zu bemerken: Wenn schon die für das Fleisch [d. h. den Leib] zuständigen ärzte gegen die körperlichen Krankheiten verschiedene Arzneien festsetzen, um wie viel mehr müssen dann die Priester Gottes die verbotenen Früchte fleischlichen Tuns mit unzähligen Heilmitteln wieder ausgleichen? Wir sagen es mit gewaltiger Furcht, dass es einige unseresgleichen gibt, die so stumpf und träge sind, dass sie weder ihre eigenen Verirrungen noch die ihrer Untergebenen bereinigen können und es in keiner Weise verstehen, durch das Heilmittel der Buße die Gefallenen wieder aufzurichten. über solche steht, wie wir meinen, geschrieben: ‚Stumme Hunde, die nicht zu bellen vermögen‛ [Jes 56,10]. Und wenn ungenügend Ausgebildete zum Priesteramt zugelassen werden, dann ist zu bedenken, was mit den Herden geschieht, wenn Wölfe zu ihren Hirten ernannt werden …
Und am meisten ist dafür zu sorgen, dass jedem Sünder gegenüber die Barmherzigkeit des Herrn walte; denn es steht geschrieben: 'Mein Sohn, sei beim Richten barmherzig!' [vgl. Tob 4,5ff.]. Daher sagt auch der Apostel: 'Ein unbarmherziges Gericht kommt über den, der nicht Barmherzigkeit geübt hat' [Jak 2,13] …
Der Tröstergeist erleuchte mit aller Tugendkraft und einer mit dem Wissen der Liebe vollendeten Lehre unsere Herzen, liebste Brüder. Herr, Gott, König des Himmels, der du uns unwürdige Diener zu Vorstehern deiner heiligen Kirche machen wolltest, damit wir denen, die [über ihre Sünden] Reue und Trauer empfinden, mit angemessenem Heilmittel Trost spenden, gibt gnädig, dass wir fähig werden, hier [in diesem Leben] Körper und Seele zu heilen und schließlich in Glückseligkeit am Lohn des Himmelreichs teilzuhaben."
Möglichkeiten der Sündenvergebung: "Die erste [Möglichkeit der] Sündenvergebung ist die Wassertaufe; die zweite ist die Wirkung der Nächstenliebe; die dritte die Frucht der Almosen; die vierte das Vergießen von Tränen; die fünfte die seelische und körperliche Betrübnis [über seine Sünden]; die sechste die sittliche Besserung, d. h. die Absage an die Laster; die siebte die Fürsprache der Heiligen; die achte das Verdienst der Barmherzigkeit und des Glaubens; die neunte die Bekehrung und Rettung anderer; die zehnte unsere Nachsicht und Vergebungsbereitschaft; die elfte das Leiden des Martyriums, die einzigartige Hoffnung auf Rettung, wenn der Gott [selbst] vergibt und dem gekreuzigten Schächer antwortet: ‚Amen ich sage dir: noch heute wirst du mit mir im Paradies sein‛ [Lukasevangelium 23,43]."
"Friede vertreibt den Hass. Wer immer seinen Bruder hasst, soll sich mit ihm versöhnen. Ein jeder wisse, dass er, solange er im Herzen einen Hass trägt, bei Brot und Wasser buße tun soll. ‚Denn wenn ein Mensch einem anderen zürnt und daran festhält, kann er von Gott keine Hilfe bekommen‛ (vgl. Koh 28,5), sagt doch der Herr. ‚Liebt eure Feinde, tut denen Gutes, die euch hassen!‛ (Lukasevangelium 6)." [Excerptum de diversis criminibus et remediis eorum, MPL 89, Sp. 587-89; eigene Übersetzung]
Johannes Tauler († 1361): "Eine wahre Reue ist eine zweite Unschuld."
Rulman Merswin († 1382):
"Das ist eine vorausschauende Warnung an alle Menschen, dass niemand seine Reue und seine Besserung zu lange aufsparen soll und sich nicht säumen soll, sich dem Erbarmen Gottes und seiner ehrwürdigen Mutter und aller Engel und Heiligen Hilfe und Gegenwart in der Not des Sterbens anzuvertrauen, wenn uns die bösen Geister erschrecken werden mit vielen, ungeheuerlichen Bildern und Vorwürfen."
Franz von Paola († 1507)schreibt an seine Ordensbrüder:
"Legt Hass und Feindschaft ab, seid sparsam mit harten Worten, die aus eurem Mund kommen. Er hat Wunden geschlagen und soll auch Mittel zur Heilung hervorbringen. Verzeiht einander, damit ihr nicht weiterhin an das Unrecht denkt, das ihr einander zugefügt habt.
An die Bosheit zurückdenken bedeutet neues Unrecht, ist die Vollendung des Zorns, Festhalten an der Sünde, Hass gegen die Gerechtigkeit, Zerstörung der Tugend, Verwirrung im Gebet, Zerrissenheit beim Bitten, das wir vor Gott bringen, Entfremdung von der Liebe, Nagel, der in der Seele steckt, niemals schlafende Bosheit, nie endende Sünde, täglicher Tod.
Liebt den Frieden! Er ist ein Schatz, den wir uns am meisten wünschen sollen. Ihr wisst, dass unsere Sünden Gott zum Zorn reizen. Ihr müsst also Buße tun, damit Gott euch in seinem Erbarmen verschont. Was wir Menschen verbergen, für Gott liegt es offen; bekehrt euch also mit aufrichtigem Herzen! Lebt so, dass ihr den Segen des Herrn erntet, und der Friede Gottes, unseres Vaters, sei allezeit mit euch. [A. Galucci, Origini dell' ordine dei Minimi, Rom 1967, epistola, S. 121f., zitiert nach Mon. Lekt. zum 2.4.]
Philipp Neri († 1595) empfiehlt einem, der sich vornahm, große Bußwerke zu vollbringen: "Wenn Sie unbedingt übertreiben wollen, dann übertreiben Sie darin, besonders sanft, geduldig, demütig und liebenswürdig zu sein!"
Jacinta Marto († 1910):
"Wenn ihr den Rosenkranz betet, dann sagt nach jedem Geheimnis: O mein Jesus, verzeih uns unsere Sünden; bewahre uns vor dem Feuer der Hölle, führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen!"
"Opfert euch auf für die Sünder und sagt oft, wenn ihr ein Opfer bringt: 'O Jesus, ich tue das aus Liebe zu Dir, für die Bekehrung der Sünder und zur Sühne für all die Sünden gegen das Unbefleckte Herz Mariens'!"
am 19. August 1917: "Betet, betet viel und bringt Opfer für die Sünder, denn viele Seelen kommen in die Hölle, weil sich niemand für sie opfert und für sie betet!"
[Fatima kathpedia: http://www.kathpedia.com/index.php/Fatima (22.10.2019);
26. Juni 2000 … KONGREGATION FüR DIE GLAUBENSLEHRE. DIE BOTSCHAFT VON FATIMA. http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc… (22.10.2019)]
2. Die täglichen S. und ihre tägliche Vergebung: Augustinus von Hippo (BKV VI 9f. 11-13. 176)
Wie die S. durch die Schlüsselgewalt der Kirche vergeben werden: Augustinus von Hippo (BKV VIII 26f.]
3. Gott nimmt die schlimmsten Sünder auf, wenn sie sich bessern: Origenes (BKV II 285).
Dies geschieht besonders durch Werke der Liebe: Johannes „Chrysostomus” (BKV II 62; VI 88-92).
Jede S. kann durch Buße getilgt werden: Hieronymus (BKV I 203f.).
Wer nicht die S. des Unglaubens an Christus hat, dem werden alle S. vergeben: Augustinus von Hippo (BKV VI 154.183.188).
Auch die schwersten S. werden vergeben, wenn man entsprechend Buße tut: Augustinus von Hippo (BKV VII 452); Armenische Väter (BKV II 202-05).
Mittel, um Vergebung schwerer S. zu erlangen: Johannes „Chrysostomus” (BKV II 358-60)
Augustinus von Hippo († 430): "Was wird dem Bekehrten nicht verziehen, wenn sogar die Vergießung des Blutes Christi verziehen wird?" [BKV V 167]
Jesaja der Anachoret († um 370 oder um 490): "Das Zeichen dafür, dass eine Sünde vergeben wurde, ist, dass sie keine Gemütsbewegung im Herzen mehr auslöst und so weit in Vergessenheit geraten ist, dass Du im Gespräch darüber keinerlei Reiz mehr verspürst, sondern diese Sünde eher als etwas Fremdes ansiehst. Dies ist das Zeichen, dass Dir vollständig verziehen wurde."
4. Die S. wider den Hl. Geist wird in einem späteren äon vergeben: Origenes (BKV I 109).
Erklärung des Wortes von der unvergebbaren Lästerung gegen den Hl. Geist: Athanasios von Alexandria (BKV I 479-97); Johannes „Chrysostomus” (BKV II 356f.)
5. Nach Pacianus († vor 393)ist auch für den getauften Sünder Vergebung möglich. Das Gleichnis vom verlorenen Schaf und der verlorenen Drachme gilt auch innerhalb der Kirche:
"‚So wird im Himmel Freude sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über die 99 Gerechten, die keine Buße nötig hatten‛ (Lukasevangelium 15,7). Denn all das ist zu unserer Belehrung geschrieben; mit wem wird denn jenes niedrige sündige VoLukasevangelium verglichen, wenn nicht mit dem VoLukasevangelium , das Buße tut? Und wenn wir die Bilder ordnungsgemäß in Beziehung setzen, [so gilt doch:] die 99 gesunden Schafe, das ist die gesamte Kirche; doch das eine in die Irre gegangene ist der kleine Teil derer, die sich verfehlen; und die Drachme, die verloren ging, ist jener arme Sünder; der nach seinem Lasterleben zurückkehrende Sohn erweist sich jenem ähnlich, der erlöst wurde. Du siehst schon, dass mit Recht von mir festgestellt wurde, als ich die Heilung der Büßer behandelte, dass der Herr gesagt hat: ‚Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die, denen es schlecht geht‛ (Mt 9,12); mit Recht [gilt] auch jener Ausspruch: ‚Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden‛ (Mt 5,5). Alles, was von den Zöllnern und Sündern gesagt ist, wird sich doch auf alle Kranken und alle Elenden beziehen." [MPL 13: Sancti Paciani sermo de baptismo, Sp. 1072f.; eigene Übersetzung]
Es heißt vonMakarios dem ägypter († um 390), "dass er, wie es in der Schrift heißt [Ps 82,6 griech. Bibel], ein Gott auf Erden war; denn wie Gott die Welt schützend deckt, so bedeckte der Altvater Makarios die Schwächen, die er sah, als sähe er sie nicht, und was er hörte, als hörte er es nicht."
Mit Vorliebe predigteFranz Xaver Seelos († 1867) über die Vergebungsbereitschaft Gottes:
"Ja, meine lieben Leute, Gott ist gnädig und seine Gnade ist, wie der Prophet sagt, über allen seinen Werken … Oh Sünder, betrachte die Gnade Gottes. Nachdem du ihn beleidigt hast, nachdem du ihn verlassen hast, nachdem du es vorgezogen hast, dich gegen ihn zu versündigen, hat er dich doch nicht gänzlich aufgegeben, denn er spricht zu dir, er wendet sich dir zu, er lädt dich ein zur Umkehr und bietet dir seine Gnade: ‚Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an!‛
Menschen, sagt der heilige Chrysostomus, sind langsam im Aufbauen und schnell im Abreißen … Ganz anders ist das bei Gott: Er war sehr schnell, als er das gesamte Universum aufbaute, und es brauchte nur ein Wort, und die Welten waren geschaffen … Aber die gleiche Schnelligkeit des Aufbauens finden wir bei Gott [auch] in seiner Gnade. Der heilige Daniel, der heilige Paul, die heilige Magdalena, der reuige Schächer am Kreuz: nur ein Augenblick war nötig, sie zu Heiligen zu machen und sie aus dem tiefsten Stand der Sünde und Leidenschaft in einen sehr hohen Grad der Vollkommenheit und Heiligkeit zu heben."
[Carl W. Hoegerl, Alicia von Stamwitz, Ein fröhlicher Heiliger Franz Xaver Seelos, aus d. Engl. übersetzt von Hermann Wagner, Bonn 2000, S.134-38]
Giuseppe Pignatelli SJ († 1811)wendet sich gegen Jansenisten, die eine rigorosere Bußpraxis fordern: "Ich denke, dass Gott die Verwaltung des Sakraments der Buße den Menschen und nicht den Engeln anvertraut hat, und dass er sie für ihr Heil einrichtete. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um sie [die Beichtenden] gut vorzubereiten, und dann werde ich sagen: Herr, ich habe für das Heil dieser Seele getan, so viel ich konnte, tu jetzt du deinen Teil; und ich gebe ihm die Absolution; und ich versichere dir, dass ich mehrmals das Werk Gottes in ihrer Bekehrung deutlich gesehen habe, während ich die Absolution gab." "Gott, sagte er, hat unendliche Mittel vor uns verborgen, um eine Seele zu bekehren, dies noch am Ende ihres Lebens: Und warum wollen wir ihm den Ruhm nehmen, viele Male den Triumph seiner Barmherzigkeit zu feiern? als Triumph seiner Barmherzigkeit zu dienen? Wird Gott jemals etwas Größeres tun, als ein Mensch zu werden und zu sterben, um uns zu retten?" [Celestino Testore S. I., II. restauratore della Compagnia di Gesù in Italia S. Giuseppe Pignatelli S. I. (1737-1811), Roma 1954, S. 173; eigene Übersetzung]
Gertrud von le Fort (†1971): "In der Verzeihung des Unverzeihlichen ist der Mensch der göttlichen Liebe am nächsten."
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 07.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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