Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Glauben

Das griechische Wort für glauben: "pisteúein" bedeutet sowohl glauben wie vertrauen, ist also kein rein intellektueller, sondern ein menschlich ganzheitlicher Akt.

1. Wesen und Bedeutung 2. Rechtfertigung aus G. 3. Wirkung 4. Gnade und freier Wille 5. G. und Vernunft 6. rechter G. 7. Folgen des G. 8. Lohn des G. 9. Herkunft und Ausbreitung des G.

1. G. gehört zur Tugend der Gerechtigkeit: Augustinus von Hippo (BKV I 212).

G. ist das Fundament der Gerechtigkeit: Ambrosius (BKV III 78f.).

G. ist die Seele deiner Seele: Augustinus von Hippo (BKV V 317).

G. ist Zustimmung ohne Grübelei: Johannes von Damaskus (BKV 203).

Heilsnotwendigkeit des rechten G.: Cyprian (BKV I 223); Petrus „Chrysologus” (BKV 274f.)

Notwendigkeit des G. auch im gewöhnlichen Leben: Origenes (BKV II 17f.); vgl. Johannes von Damaskus (BKV 203)

Ephräm († 373): "Zwischen Gott und dem Menschen gibt es nur Glaube und Gebet." [BKV I 26]

Emo von Wittewierum († 1237) unterscheidet verschiedene Bedeutungen des Wortes "Glauben" (fides):

"Der katholische Glaube ist eine Tugend [im Menschen] einer Kraft der Seele entsprechend, … einer vernünftigen Kraft entsprechend, ihrem höchsten Teil entsprechend, der höher ist als die Vernunft, und so ist der Glaube höher als die Vernunft (ratio), ja auch als die Einsicht (intellectus), weil der Glaube dorthin vordringt, wohin die Einsicht nicht hinreicht. Höher also als Vernunft und Wissen (scientia) und sicherer und fester und wahrer ist der Glaube einer einfachen alten Frau, insofern er eine Tugend ist, [einer alten Frau,] die glaubt, dass Christus gelitten hat, als mathematisches Wissen etwa darum, dass ein Dreieck drei gleiche Winkeln hat …

Glaube (fides) wird das genannt, was geglaubt wird (creditur) [d. h. der Gegenstand des Glaubens ist], das nämlich, was dem Glauben zugrunde liegt wie das Leiden Christi oder, [die Tatsache,] dass Christus gelitten hat. Glauben heißt auch: (an) Christus glauben, weshalb Augustinus von Hippo sagt: Was heißt Glaube anderes als das zu glauben, ‚was man nicht sieht‛.

Manchmal ist auch vom Gebrauch (usus) des Glaubens die Rede, man nennt dies auch Sakrament des Glaubens; daher wird berichtet, das [der Hauptmann] Kornelius [Apostelgeschichte 10] durch seine Werke [nämlich Gebet und Almosen] zum Glauben gelangte.

Auch der Zustand (habitus) des Geistes wird [Glaube] genannt, und von solchen Zuständen ist der eine Tugend, ein anderer nicht. Von der Tugend des Glaubens sagt der Apostel: "Glaube ist: Festigkeit (substantia) in dem, was man erhofft, überzeugtsein (argumentum: eig. Beweismittel) von Dingen, die man nicht sieht." (Hebräerbrief 1,1). Substanz wird etwas genannt, das durch sich selbst existiert, und wird manchmal durch die Theologen für die Schöpfung, manchmal für das Wesen Gottes, manchmal für eine Hypostase bzw. Person, dann eigens für eine in sich selbst existierende Wesenheit [bzw. Substanz verwendet]. Substanz heißt auch das Göttliche, das umsonst Gegebene, die Tugend, nämlich das, wodurch das Leben der Gnade besteht. Ebenso wird auch das ewige Leben Substanz genannt; darum heißt es auch: ‚Meine Substanz ist bei dir‛ [Ps 39,8 Vulgata]. Ebenso wird [der Glaube auch] Fundament genannt, weshalb der Glaube [auch] Substanz ist, oder Glaube ist das, wodurch die erhofften Dinge bestehen. [So ist der Glaube] Festkleid (stola) der Seele und des Leibes, denn mag auch [das Erhoffte] noch nicht anwesend sein, so existiert es in der Gewissheit des Glaubens doch schon in uns. Der Glaube ist auch Tugend, Beweis, d. h. ein scharfsinniger Erweis ewiger Dinge. Der katholische Glaube besteht darin; den einen Gott in Dreiheit und dreifaltigen Gott in Einheit zu verehren." [Kronijken van Emo en Menko, Utrecht 1866, S. 141-43; eigene Übersetzung]

Nach Johannes vom Kreuz († 1591) gleicht der wahrhaft Glaubende einem völlig Blinden:

Der Blinde lässt sich vom Blindenführer nicht richtig führen, wenn er nicht ganz blind ist, sondern weil er ein bisschen sieht, denkt er, dass es besser sei, dorthin zu gehen, wo er etwas sieht, denn andere, bessere Wege sieht er nicht. So kann er den, der ihn führt und mehr sieht als er, in die Irre führen, da er ja schließlich mehr zu sagen hat als der Blindenführer. Und so geht der Mensch leicht in die Irre oder lässt sich aufhalten, weil er im Glauben nicht ganz blind bleiben will, der doch sein wahrer Führer ist, sobald er sich auf sein eigenes Wissen oder auf das Verschmecken und Wissen Gottes verlegt, insofern als das, auch wenn es noch so viel sein mag, um auf diesem Weg zu gehen, doch nur sehr gering und dem sehr unähnlich ist, was Gott ist.

[Johannes vom Kreuz, Aufstieg auf den Berg Karmel, 1. Buch, Kap. 2, in: Gesammelte Werke, Bd. 2, K. 4, hrsg., übers., eingel. v. U. Dobhan, E. Hense, E. Peeters, Freiburg-Basel-Wien 1999, S. 133f.]

Charles de Foucauld († 1916):

"In manchen Situationen bedeutet glauben: gehorchen, ohne zu verstehen."

Johannes XXIII. († 1963): "Christlicher Glaube heißt: Heiterkeit, innere Ruhe vieles übersehen und weniges zurechtrücken."

Karl Rahner († 1984):

"Glauben heißt: Die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang aushalten."

2. Rechtfertigung nicht durch Werke (Apostolische Väter, BKV 46), nicht durch das Gesetz (Irenäus von Lyon, BKV II 607f.), sondern durch G. (vgl. Basilius, BKV II 335; Johannes „Chrysostomus”, BKV V 35-38).

Sinn der Lehre des Paulus: Augustinus von Hippo (BKV VIII 345-48)

Schrift "vom G. und von den Werken": Augustinus von Hippo (BKV VIII 316-85)

Rechter G. und rechte Werke sind wesentlich: Cyrill v. Jerusalem (BKV 62).

Papst Leo I. „der Große” († 461): "Wie im Glauben der Grund zu guten Werken liegt, so liegt auch in den guten Werken die Kraft des Glaubens." [BKV I 37]

3. G. gibt Gewissheit, auch wenn wir Lehren der Hl. Schrift nicht ergründen können: Irenäus von Lyon (BKV I 179-84).

Wer den G. besitzt, besitzt das Himmelreich: Ambrosius (BKV II 424).

Wo G., da ist das Sakrament, die Heimstätte der Heiligkeit: Ambrosius (BKV II 494)

Ephräm († 373): "Wer glaubt, grübelt nicht, wer aber grübelt, glaubt nicht." [BKV I 32]

Nikolaus von Kues († 1464): "Glauben können ist die größte Kraft."

Glauben und Vertrauen heißt nach Petrus Faber († 1546) Gott das unmöglich Scheinende zutrauen: "Als ich heute nach der Messe die Unterschiede zwischen den Geistern erwog, die mich oft bewegt hatten, und die meine Meinung, ob ich in Deutschland Frucht bringen könne oder nicht, schwanken ließen, da vermerkte ich, dass wir auf keinen Fall den Worten jenes Geistes beipflichten dürfen, der alles für unmöglich erklärt und immerfort Unzuträglichkeiten aufzeigt. Wir müssen vielmehr den Worten und Anregungen des anderen Geistes Gehör schenken, der die Dinge als möglich darstellt und Mut macht." (Memoriale)

[Klaus Schatz, Deutschland und die Reformation in der Sicht Peter Fabers (1506–1546). In: Geist und Leben. Band 69, Nr. 4, 1996, S. 259]

Josef von Copertino († 1663): "Die Menschen, die glauben, sind wie große Bäume. Auch wenn du sie zurückschneidest, sprießen sie immer wieder. Das Gegenteil zeigt sich bei dem, der keinen Glauben hat. Er ist wie ein Baum ohne Wurzeln oder eine schwächliche Pflanze, sie wird schon vom kleinen Windhauch umgeknickt."

Sr. Restituta Kafka († 1943):

"In solchen Lebensschicksalen da lernt man erst so richtig den Wert unseres hl. Glaubens. Mag man auch noch so entfernt von allem sein, mag man einem alles nehmen, den Glauben, den man im Herzen trägt dem vermag einem niemand zu nehmen. So schlägt man sich in seinem Herzen einen Altar auf und dies geht so gut, denn unser himmlischer Vater versteht uns ja am besten und weiß auch, was uns am meisten drückt." (24.5.1942)

4. Der G. hängt ab vom freien Willen des Menschen: Irenäus von Lyon (BKV II 458); Cyprian (BKV I 342).

G. kommt zustande durch Licht von oben: Origenes (BKV III 99f.); vgl. Gregor von Nyssa (BKV 60-62. 74); Hieronymus (BKV I 339).

G. an die Wahrheit ohne vorausgegangenes Verdienst, allein durch Gnade: Augustinus von Hippo (BKV VI 322f.)

G. ist Werk der Gnade: Augustinus von Hippo (BKV X 151 u. ö.); Leo (BKV I 175f.).

G. ein Geschenk dessen, der das Maß des G. mitteilt: Augustinus von Hippo (BKV VIII 147f.).

Ephräm(† 373): "Dein G. versinkt nicht, wenn nicht dein Wille es will." [BKV I 43]

Augustinus von Hippo(† 430): "Wenn es auch etwas Großes ist, freue dich, dass du geglaubt hast, aber überhebe dich nicht, denn was hast du, das du nicht empfangen hast?" [BKV V 50]

Simon Fidati († 1348): "Jede christliche Seele wisse und zweifle keinesfalls, dass jede Tugend ein einzigartiges Geschenk Gottes ist, das über unseren Verdienst hinausgeht. Dies gilt besonders vom Glauben, der nicht durch unsere eigenen Verdienste gegeben oder eingegossen wird, sondern allein durch die Gnade Christi. Für eine solches große Gabe sollen wir nicht undankbar sein." [Simon Fidati de Cassia OESA, L'ordine della vita cristiana. Tractatus de vita christiana (CASSICIACUM Suppl. 19), ed. Willigis Eckermann O.S.A., Augustinus von Hippo-Verlag, Würzburg 2006, S. 147; eigene Übersetzung]

Johann M. Verweyen († 1945):

"Hütet eure angestammten Glaubensgüter, das religiöse christkatholische Erbe eurer Väter als das kostbarste Kleinod, das ihr besitzt! Rettet es hinüber in die Zukunft eurer Kinder, um deren zeitliches und ewiges Glück gleichermaßen zu sichern. ‚Steht fest im Glauben!‛ und lebt diesen Glauben in euerem täglichen Leben vor, damit sein hoher Wert andere, die ihn nicht teilen oder irre an ihm geworden sind, nachdenklich stimmt! Betrachtet es gleich mir als ein großes Lebensglück, als ein hohes Gnadengeschenk des Himmels, wenn ihr an Sonn- und Festtagen aus dem Munde eurer Seelenhirten buchstäblich ‚Worte des ewigen Lebens‛ vernehmen dürft und Kunde von Dem empfangt, der als Einziger in der ganzen Geschichte der Menschheit von sich zusagen wagte: ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!‛ (Joh 14,16)." [Johannes M. Verweyen, Heimkehr, eine religiöse Entwicklung, Breslau 1941, S. 222]

5. Wortkünsteleien führen nicht zum G., Einfalt schaut die Wahrheit: Ephräm (BKV I 175).

Unser G. ruht auf der Autorität inspirierter Männer: Gregor von Nazianz (BKV I 140).

Der schlichte G. an Gottes Wort geht über alles Vernünfteln der Philosophen: Ambrosius (BKV I 28. 31. 51f.)

Der G. muss ohne Beweise angenommen werden: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 15).

Zum G. braucht es Demut, die Vernünfteleien der Weltweisen führen ins Verderben: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 36-38).

G. ist klarer als ein Vernunftbeweis: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 144).

Der G. geht dem Erkennen voraus: Augustinus von Hippo (BKV V 52. 73 u. ö.).

Verhältnis von G. und Vernunft: Augustinus von Hippo (BKV IX 464-68. 469f. 474)

Warnung vor dem Grübeln über Glaubenswahrheiten: Ephräm (BKV I 10-33 u. ö.)

Schwierigkeiten in der Hl. Schrift dürfen nicht zum Zweifel im G. führen: Augustinus von Hippo (BKV IV 301f.).

Klemens von Alexandrien († 215 ?)sieht in der - vor allem im griechischen Raum entwickelten - Philosophie keinen Gegensatz zu den christlichen Glaubenswahrheiten, sondern "eine Vorstufe der auf Christus beruhenden Philosophie". Philosophie und Theologie sind also durchaus vereinbar:

"Philosophie nennen wir … nicht die in jeder einzelnen Philosophenschule verkündete Lehre, sondern das, was in Wahrheit Philosophie ist, ein Verhalten, das in richtiger Weise nicht nach einer fachmännischen Weisheit strebt, die eine Fertigkeit in den Dingen des täglichen Lebens gibt, sondern nach einer Weisheit, die eine unerschütterliche Kenntnis göttlicher und menschlicher Dinge und ein sicheres und unwandelbares Verstehen ist, das Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft umfasst, so wie es uns der Herr durch seine Ankunft und durch die Propheten gelehrt hat." [strom 6, c. 7, Nr. 54 in: BKV 2 2. R., Bd. 19, S. 274]

Augustinus von Hippo († 430):"Glaube, um zu erkennen; erkenne, um zu glauben."

Nach Albert dem Große († 1280) schließen sich (Natur-) Wissenschaft und Offenbarung nicht gegenseitig aus: Kein Wissen, auch nicht das naturwissenschaftliche, ist, richtig verstanden, zu verwerfen. Dem, der die Naturwissenschaft von Grund aus recht versteht, sind die Worte des Herrn kein Anlass zum Zweifel. Weltliche Weisheit und Klugheit sind gut, wenn sie gut verwendet werden. Ob das Streben nach Wissen sittlich gut oder schlecht ist, hängt vom Beweggrund ab, der uns bei diesem leitet. Aus Ruhmsucht oder um reich zu werden, Wissenschaft zu treiben, ist verwerflich, gut dagegen ist es, nach Wissen zu streben, um gut zu werden und sich zu erbauen; denn das ist Klugheit, gut auch, dies zu tun, um andere zu erbauen; denn das ist Liebe. Wissen zu wollen, damit du wissest, ist eine ernste Beschäftigung und kein eitles Beginnen. [Rh. Liertz, Albert der Große / Gedanken über sein Leben und aus seinen Werken, Münster 1948, S. 253]

Blaise Pascal († 1662 ) zu Vernunft und Herz:

"Es ist der letzte Schritt der Vernunft, anzuerkennen, dass es eine Unendlichkeit von Dingen gibt, die sie übersteigen; sie ist nur dann schwach, wenn sie nicht bis zu dieser Erkenntnis gelangt."

"Wenn schon die natürlichen Dinge sie übersteigen, was soll man dann von den übernatürlichen sagen?"

"Nichts ist der Vernunft so angemessen wie diese Aberkennung der Vernunft."

"Das Herz hat seine Gegengründe, die die Vernunft nicht kennt: das erfährt man bei tausend Anlässen. Ich behaupte, dass das Herz das allumfassende Wesen von Natur aus liebt und von Natur aus sich selbst, je nachdem es sich ihm hingibt; und es verhärtet sich in eigener Entscheidung gegen das eine oder das andere. Sie haben das eine abgelehnt und das andere bewahrt: lieben Sie sich nun aus Gründen der Vernunft?"

"Nicht die Vernunft, sondern das Herz erfährt Gott. Darin besteht der Glaube, dass Gott im Herzen und nicht von der Vernunft erfahren wird."

"Der Glaube ist eine Gabe Gottes; meinen Sie nur nicht, wir würden sagen, er sei eine Gabe des Vernunftdenkens. Die anderen Religionen sagen das nicht von ihrem Glauben; um zum Glauben zu gelangen, gaben sie nur das Vernunftdenken an, das dennoch nicht dahin führt."

"Wir erkennen die Wahrheit nicht allein mit der Vernunft, sondern auch mit dem Herzen; auf diese zweite Art erkennen wir die ersten Prinzipien, und vergeblich versucht das Vernunftdenken, das daran nicht beteiligt ist, sie zu bekämpfen. Die Skeptiker, die nur dies zum Ziel haben, bemühen sich hier vergeblich. Wir wissen, dass wir nicht träumen; unsere Ohnmacht, es mit der Vernunft beweisen zu wollen, läßt nur auf die Schwäche unserer Vernunft schließen, nicht aber auf die Ungewissheit aller unserer Erkenntnisse, wie die Skeptiker behaupten. Denn die Erkenntnis der ersten Prinzipien wie beispielsweise, dass es Raum, Zeit, Bewegung und Zahlen gibt, ist in gleicher Weise gesichert wie irgendeine von jenen Erkenntnissen, die uns unser Vernunftdenken vermittelt. Und auf diese Erkenntnisse des Herzens und des Instinkts muss die Vernunft sich stützen, und darauf muss sie ihre Rede gründen. Das Herz spürt, dass es drei Dimensionen im Raume gibt und dass die Zahlen unendlich sind; und die Vernunft beweist dann, dass es nicht zwei Quadratzahlen gibt, von denen die eine doppelt so groß ist wie die andere. Die Prinzipien werden erfahren, die Lehrsätze erschlossen; und das alles mit Gewissheit, wenn auch auf verschiedenen Wegen. Und es ist sinnlos und lächerlich, dass die Vernunft, um zustimmen zu können, vom Herzen Beweise für seine ersten Prinzipien fordert, wie es auch lächerlich wäre, wenn das Herz, um ihnen zustimmen zu können, von der Vernunft für alle Sätze, die sie beweist, eine Erfahrung verlangen würde,

Diese Machtlosigkeit soll also nur dazu dienen, die Vernunft zu demütigen, die über alles urteilen möchte, keineswegs aber dazu, unsere Gewissheit zu bekämpfen, gleichsam als gäbe es nur die Vernunft, die uns belehren könnte. Gebe Gott, dass wir sie im Gegenteil niemals nötig hätten und dass wir alle Dinge durch Instinkt und Erfahrung erkennen könnten! Aber die Natur hat uns dieses Gut versagt; sie hat uns im Gegenteil nur sehr wenige Erkenntnisse dieser Art geschenkt; alle anderen können nur im Vernunftdenken erworben werden.

Und darum sind jene, denen Gott die Religion in der Erfahrung des Herzens geschenkt hat, sehr glücklich und durchaus rechtmäßig überzeugt. Aber denen, die sie nicht haben, können wir sie nur auf dem Wege des vernünftigen Denkens vermitteln, in der Erwartung, dass Gott sie ihnen in der Erfahrung des Herzens schenkt; sonst ist der Glaube nur menschlich und zwecklos für das Heil."

"Das Herz hat seine vernünftigen Gründe, die die Vernunft nicht kennt."

"Wir erkennen die Wahrheit nicht allein mit der Vernunft, sondern auch mit dem Herzen."

"Das Herz ist es, das Gott spürt, und nicht die Vernunft."

"Es ist Licht genug vorhanden für die, die glauben wollen,

und Dunkelheit genug für die, die nicht glauben wollen."

[Blaise Pascal, Die Vernunft des Herzens, ausgew. u. übersetzt von Fritz Paepcke, München 2010]

Nach Edith Stein - Teresia Benedicta vom Kreuz, Teresia Benedicta a cruce († 1942) ist der Glaube der Weg zu Gott:

Unser Ziel ist die Vereinigung mit Gott, unser Weg der gekreuzigte Christus, das Einswerden mit Ihm im Gekreuzigtwerden. Das einzig entsprechende Mittel dazu ist der Glaube. Denn der Verstand kann sich … mit seiner Einsicht keinen angemessenen Begriff von Gott bilden, das Gedächtnis mit seiner Phantasie keine Formen und Bilder schaffen, die Gott wiedergeben könnten, der Wille keine Lust und Wonne kosten gleich jener, die Gott selber ist. … Der Glaube … ist das einzige Mittel, das zur Vereinigung führt, denn er stellt uns Gott vor Augen, wie Er ist: als unendlichen, dreieinen. Der Glaube gleicht Gott darin, dass beide den Verstand blenden und ihm als Finsternis erscheinen.

[Kreuzeswissenschaft / Studie über Joannes a cruce, Edith Stein - Teresia Benedicta vom Kreuzs Werke, Bd. 1, hrsg. v. L. Gelber u. R. Leuven, Louvain-Freiburg 1950, S. 56f.]

6. Kennzeichen des rechten G. ist die übereinstimmung der Lehre mit den apostolischen Kirchen: Tertullian (BKV II 324-335. 345f.).

Zeno von Verona († um 380): "Das ist die wahre Größe des Glaubens, dass der Mensch Gott treu dient; dass er auf ihn allein sein Vertrauen setzt; dass er erkennt, dass er seine Bezeichnung Fidelis (der Gläubige) von Fidelitas (Glaubenswilligkeit) und Fiducia (gläubiges Vertrauen) trägt; dass er ein schuldloses Leben führt; dass er nur mit einem guten Gewissen, aber nicht mit Geschwätzigkeit, die in Wirklichkeit die Mutter von Sünde ist, Gott zu erkennen wagt; dass er die eine Fülle der Macht der Dreifaltigkeit, die als eine im Geist, als eine im Glauben erfasst wird, nicht verletzt, sondern verehrt." [Des heiligen Bischofs Zeno von Verona Traktate, aus d. Lat. übersetzt von Andreas Bigelmair, BKV 2. R. Bd. 10, München 1934, S. 65f.]

Bonifatius († 754/5): "Wahrhaft selig ist, wer durch den rechten Glauben tugendhaft lebt

und durch das tugendhafte Leben den rechten Glauben bewahrt." [aus Rede 7]

Laut Johanna-Franziska von Chantal († 1641) ist Glaube ist nicht auf Gefühle angewiesen: Gott lehrte mich, dass Er nicht viel von dem Glauben hält, wenn man ihn durch die Sinne und durch Gefühle erfährt. Darum will ich kein Gefühl, trotz meiner Widrigkeiten. Nein, ich will keines, weil mein Gott mir genügt. Ich hoffe auf Ihn, ungeachtet meines unendlichen Elendes. Ich hoffe, dass Er mich noch ertragen wird, damit Sein Wille geschehe.

[Briefe der heiligen Johanna Franziska von Chantal an den heiligen Franz von Sales, übertr. v. E. Heine, München 1929, S. 31f.]

7. Wenn der G. in uns ist, ist Christus in uns: Augustinus von Hippo (BKV V 319f.).

Aufforderung, in den Leiden um des G. willen, auszuharren: Basilius (BKV I 296f.)

Man muss bereit sein, für den G. Vermögen, Leib und Leben zu opfern: Johannes „Chrysostomus” (BKV II 236).

Mahnung zum Bekenntnis des G. mit freiem Blick und offener Stirn: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 33)

G. an Gott ist G. mit Hingebung: Augustinus von Hippo (BKV V 73f.).

Der Weg des G. ist eng und steil: Leo I (BKV 102).

Lanfrank von Bec († 1089): "Ein wahrer Tempel Christi ist die Seele eines Glaubenden."

8. G. an Christus ist Genuss des Lebensbrotes: "Glaube und du hast gegessen." (zu Joh 6,29): Augustinus von Hippo (BKV V 18.29)

Ewige Ruhe: "Ihm glauben heißt nämlich seinen Willen tun": Irenäus von Lyon (BKV II 339).

G. ist Bürgschaft für unser Heil, darum ist Sorgfalt nötig: Irenäus von Lyon (BKV II 585).

Lohn des G., dass wir schauen werden, was wir glauben: Augustinus von Hippo (BKV IV 48)

Augustinus von Hippo († 430): "Am Anfang steht der Glaube, am Ziel die Schau."

JosEpheserbrief von Copertino († 1663): "Wer den Glauben hat, ist Herrscher der Welt, weil er den besitzt, der wahrhaft Herr der Welt ist."

Pierre Giorgio Frassati († 1925): "Wie arm sind die Unglückseligen, die keinen Glauben haben: Leben ohne Glauben, ohne ein Erbe zu verteidigen, ohne in einem beständigen Kampf die Wahrheit zu verfechten, das heißt nicht leben, sondern sich recht und schlecht durchzuschlagen."

9. Rasche Ausbreitung des G. trotz aller Schwierigkeiten: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 20f.)

Das Wunder, dass die Welt die Lehre der Apostel annahm: Augustinus von Hippo (BKV III 436-39)

Laurentius von Brindisi († 1619):

"Die Waffen, mit denen der Glaube verteidigt sein will, sind: das heilige Leben derer, die den Glauben predigen und lehren, und die Geduld in Leiden und Verfolgung."

Romano Guardini (†1968): "So wie eine Kerze an der Flamme einer anderen angezündet wird, so entfacht sich Glaube am Glauben."


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 06.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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