Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Armut

Der Begriff Armut umfasst verschiedenen Aspekte. Es gibt eine äußere und innere, eine freiwillige und eine unfreiwillige Armut.

1. Wesen der A. 2. Beurteilung 3. Verpflichtung gegenüber den Armen 4. Armut im Geiste 5. freiwillige A.

1. Arm ist nicht, wer nichts begehrt: Apologeten (BKV II 198).

Die Not der A.: Basilius (BKV II 232f.)

Armut und Reichtum sind nach Johannes „Chrysostomus” († 407) nicht eine Sache der äußeren Umstände, sondern der inneren Gesinnung:

"Nicht derjenige ist arm …, welcher nichts hat, sondern derjenige, welcher viel begehrt. Nicht derjenige ist reich, welcher viel besitzt, sondern derjenige, welcher nichts bedarf. Denn was nützt es, wenn du die ganze Welt besitzt, dabei aber in größerem Missmut dein Leben verbringst als einer, der nichts hat?

Die Gesinnung schafft Reiche und Arme, nicht der überfluss an Geld oder der Mangel. Willst du reich werden, du Armer? Du kannst es, wenn du nur willst, und niemand vermag es dir zu wehren. Verachte die Güter dieser Welt; achte sie für nichtig, wie sie es tatsächlich sind; verbanne die Begierde nach Reichtum: und du bist reich geworden. Derjenige ist reich, welcher nicht reich sein will; wer nicht arm sein will, dieser ist arm. Denn gleichwie jener krank ist, welcher bei voller Gesundheit sich unwohl fühlt, nicht jener, welcher die Krankheit leichter erträgt als jede Gesundheit: so ist auch derjenige arm, welcher die Armut nicht ertragen kann, ja mitten im Reichtum sich für ärmer hält als die [wirklich] Armen, nicht derjenige, welcher die Armut leichter erträgt als die Reichen den Reichtum; denn dieser ist der reichere." [hom. 3 in Philipperbrief 1: MPG 62, Sp. 196f.; BKV2 45, S. 40 b]

2. A. kann zur Versuchung werden: Origenes (BKV I 12f.).

Nicht alle A. werden selig: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV 72).

A. ist kein Grund zur Trauer: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV 119f.).

Nicht A. ist schlimm, sondern der Widerwille gegen sie: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV 235-37).

Die unfreiwillige A. ist ein übel voll Unzufriedenheit u. Undankbarkeit: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV P 170).

Mit A. kommt man leichter in den Himmel als mit Reichtum: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 162f.).

Preis der A.: Armenische Väter (BKV II 114-23)

NachVinzenz von Paul († 1660) ist Armendienst Gottesdienst:

Die Armen sind unsere Herren, sie sind unsere Könige. Man muss ihnen gehorchen. Es ist keine übertreibung, sie so zu bezeichnen; denn in den Armen ist unser Herr gegenwärtig.

Wenn ihr also das Gebet um eines Armen willen verlasst, dann bedenkt, dass gerade das Gottesdienst ist. Die Liebe, auf die alles ausgerichtet sein muss, steht über den Regeln. Sie ist die Herrin. Also muss man alles tun, was sie befiehlt.

[Vinzenz von Paul, Worte des Erbarmens, Freiburg-Basel-Wien 1980, S. 47. 52]

Rosa Flesch († 1906):

"Nur in der Armut ist mir die Hilfe Gottes versprochen, nicht im überfluss."

3. Hartherzigkeit gegenüber A.: Basilius (BKV II 365-69)

Den A. um Christi willen helfen: Ambrosius (BKV II 282f.)

Schwere Schuld ist, den A. nicht zu helfen: Ambrosius (BKV III 82).

A. ist ein Feuerofen, in den die Besitzenden helfend hinabsteigen müssen: Johannes „Chrysostomus” (BKV I 81-83).

In den A. Christus speisen: Johannes „Chrysostomus” (BKV III 77-79)

Warnung vor Lieblosigkeit: Johannes „Chrysostomus” (BKV VI 144-49)

Sorge für verschämte A.: Leo (BKV I 31)

Basilius „der Große” († 379):

"Dem Hungernden gehört das Brot, das du zurückhältst,
dem Nackten das Kleidungsstück, das du im Schrank verwahrst,
dem Barfüßigen der Schuh, der bei dir verfault,
dem Bedürftigen das Silber, das du vergraben hast.
Du tust also vielen Unrecht, denen du hättest helfen können."

[https://www.aphorismen.de/suche?f_autor=556_Basilius+der+Große (16.10.2019)]

Paulinus von Nola († 431) über den wahren Kirchenschatz:

Wir müssen uns davor hüten, Schaden an der Seele und den Verlust des Heiles zu erleiden, wenn wir in der Kirche den Tisch vernachlässigen, den der Herr für die Bedürftigen aufgestellt hat, wenn wir ihn mit verächtlichen Augen betrachten oder mit unseren verdorrten Händen an ihm vorbeigehen. Eine solche Seuche sei, so bitte ich, von unseren Seelen ferne. Denn leicht kriecht der Krebs des Geizes in unser Inneres, das nicht durch einen barmherzigen Kern geschützt ist, und fesselt die gefangene Seele mit Fesseln aus Vipern, wenn die feindliche Schlange jemanden findet, der ohne gute Werke ist. …

Wir wollen auch bei uns überlegen, warum dieser Tisch und auf wessen Veranlassung er in den Hallen des Hauses des Herrn aufgestellt worden ist im Anblick seines ganzen Volkes und, was besonders zu erwägen ist, wem zum Nutzen, durch welche Gnade und zu welchem Lohn er nach seiner Aufstellung hervorstrahlt und zugänglich ist. Befrage gerade die Weissagungen der Wahrheit, und der Prophet wird dir antworten: ‚Wer sich eines Armen erbarmt, macht sich den Herrn zum Schuldner (Spr 19,17). Einem himmlischen Bankier gehört also dieser Tisch, der den Schatz des Lebens aufhäuft und mit Gott Zinsgeschäfte macht, um die Perle zu kaufen (Mt 13,44-46). Denn wer an die Armen des Herrn ausleiht, erwartet vom Herrn die Vergeltung durch den ewigen Lohn. …

Wir wollen also den Herrn zum Schuldner machen durch die Gaben des Herrn. Wir besitzen seine Zustimmung. Und wir vor allem - was könnten wir für unser Eigentum halten, die wir durch eine größere und besondere Schuld nicht uns gehören: und zwar nicht nur, weil wir von Gott geschaffen, sondern weil wir auch erkauft sind. Wir wollen aber freudig danken, weil wir teuer erkauft sind (1. Korintherbrief 6,20), natürlich durch das Blut des Herrn selbst. … Eile also, Bruder, dir den so reichen Schuldner zu verpflichten, damit er dich von einem Sklaven zu einem Freund beruft (Joh 15,15) und dich mit seinen himmlischen Schätzen reich macht, nachdem er erfahren hat, dass du mit deinen irdischen Münzen zuverlässig bist. Zittere nicht, zögere nicht, sei nicht sparsam! Sei gewalttätig gegenüber Gott, raube die Reiche der Himmel! (Mt 11,12). Er, der es verbietet, Fremdes anzurühren, freut sich darüber, dass man in sein Eigentum eindringt, und der die Raubsucht des Geizes verurteilt, lobt den Raubzug des Glaubens. Deine Gäste stehen lange vor deinen Türen und erwarten den Herrn der Tafel. Du hältst die Tischgenossen hin. Eile besorgt, damit sie nicht länger Hungernde bleiben und durch das Unrecht an ihnen der aufgeschreckt wird, der sie geschaffen hat und der die Armen zu deinem Vorteil geschaffen hat (vgl. Spr 14,31). Denn, überaus geliebte Christen, der allmächtige Herr hätte in gleicher Weise alle reich machen können, so dass niemand des anderen bedürfte. Aber nach dem Plan seiner unendlichen Güte hat der barmherzige und erbarmende Gott es so eingerichtet, dass er deine Gesinnung ihnen (den Armen) gegenüber prüft. Er hat den Unglücklichen erschaffen, um den Barmherzigen zu erkennen. Er hat den Armen geschaffen, um den Reichen in Bewegung zu bringen. Der Grund des Reichtums ist für dich die Armut des Bruders, wenn du etwa an den Bedürftigen und Armen denkst und nicht nur für dich behältst, was du empfangen hast (vgl. Ps 41,2). Denn Gott hat dir in dieser Welt deswegen auch dessen Los übertragen, damit er dir schulde, was du von seinen Gaben durch deine freiwillige Zuwendung den Bedürftigen angeboten hast, und dich umgekehrt am ewigen Tage mit ihrem Los reich macht. Denn jetzt ist Christus gerade durch sie (die Armen) der Empfänger (der Almosen), und alsdann wird er ihretwegen die Vergeltung verschaffen.

[Brief Nr. 34 über den Kirchenschatz: Paulinus von Nola, Epistulae / Briefe, übersetzt von M. Skeb, Fontes christiani, Bd. 25/I, Freiburg-Basel-Wien 1998, S. 809-19]

Cäsarius von Arles († 542):

"Wenn wir Geld an die Armen verteilen, so lasst uns … unsere Seele Gott schenken, damit dort, wo unser Schatz ist, auch unser Herz sein kann. Warum wohl verlangt Gott von uns Geld? Doch gewiss deswegen, weil er weiß, dass wir es besonders gerne haben und dauernd daran denken, und weil da, wo unser Geld ist, auch unser Herz ist. Deshalb ermahnt uns Gott, durch Gaben an die Armen Schätze im Himmel zu sammeln. Es soll unser Herz dorthin folgen, wohin wir unseren Schatz schon geschickt haben."

[Predigt 32,1-3: SC 243: Cäsarius von Arles bei: http://www.kirchlich.net/]

Dominicus († 1221): "Wie kann ich über toten Häuten [Pergamenten] studieren, wenn hier die Menschen an Hunger sterben."

Franziskus von Assisi († 1226): "Nur in den Armen können wir Gott etwas schenken."

Johannes von Gott († 1550):

Wenn wir recht bedenken würden, wie groß das Erbarmen Gottes ist, so würden wir nie unterlassen, das Gute zu tun. Wenn wir um seiner Liebe willen den Armen das weitergeben, was Er uns gibt, verspricht er uns das Hundertfache in den Seligpreisungen. O seliger Besitz und heiliger Wucher! Wer gäbe nicht alles, was er hat, diesem göttlichen Kaufmann, der mit uns einen so guten Handel macht und uns mit ausgebreiteten Armen bittet, uns zu bekehren und unsere Sünden zu beweinen; und zuerst unsren Seelen und dann denen unserer Mitmenschen Liebe zu erweisen. Wie das Wasser das Feuer zum Erlöschen bringt, genauso ist es mit der Liebe und der Sünde.

[http://www.barmherzige-brueder.at/site/barmherzigebrueder/quelle/… (13.09.2019)]

Joseph von Calasanca († 1648):

Der für seinen Nächsten betet, tut wohl, der ihm aber hilft, tut besser.

"Das Bewusstsein, viel Gutes getan zu haben, ist tröstender, als alle Schätze der Welt."

Maria Anna Josepha a Jesu Lindmayr († 1726):

"Es ist mir einmal Christus in der Mitte des Chores erschienen und hat zu mir gesprochen: Nehmt mich auf! Alsdann verschwand er, und ich erkannte, dass jene Seelen im Kloster, welche eine große Liebe zu den Armen haben, glücklich sind; denn ihrer Barmherzigkeit wegen werden auch sie Barmherzigkeit erlangen. Weil aber der Mensch nichts mehr nötig hat als die Barmherzigkeit Gottes, muss er darauf bedacht sein, sich mit seiner Liebe, Güte und Barmherzigkeit die Liebe, die Güte und Barmherzigkeit Gottes zu erringen. Wer Barmherzigkeit übt, soviel als sein Stand erlaubt, wird Barmherzigkeit erlangen. Ich habe klar verstanden, dass man nicht Mangel haben, noch in Not kommen wird, wenn man ohne Unterlass große Liebe gegenüber den Armen trägt und mitleidig mit diesen ist, ja, dass dieses sogar ein Mittel sei, reich zu werden; denn Gott lässt sich nicht übertreffen." [Bonifatius Günther, Maria Anna Josefa Lindmayr. Prophetin Gottes, Helferin der armen Seelen, Miriam-Vl., Jestetten 1976, S. 189]

Antoine-Frédéric Ozanam († 1853) über "eine Hilfe, die demütigt und eine Hilfe, die Ehre erweist (1848):

Wir glauben, dass es zwei Arten der Hilfe gibt. Die eine demütigt diejenigen, die Hilfe empfangen und die andere erweist ihnen Respekt. Nicht nur allein die Regierung, alle ehrenhaften Menschen, die sich aus Gründen der Religion oder der Humanität dem Dienst an den Armen in so schwierigen Zeiten widmen, müssen zwischen diesen beiden Arten, den Menschen zu Hilfe zu kommen, wählen.

Ja, die Hilfe demütigt, wenn sie den Menschen von unten betrachtet und nur auf seine irdischen Bedürfnisse schaut, wenn sie nur die körperlichen Leiden berücksichtigt, den Schrei des Hungers und der Kälte, das was Mitleid erregt, dem man Hilfe bringt auch bei den Tieren: denn [auch] die Indianer haben "Hospitäler" für die Hunde, und das englische Gesetz erlaubt nicht ungestraft, die Pferde schlecht zu behandeln. Die Hilfe demütigt, wenn sie nicht Elemente der Gegenseitigkeit aufweist, wenn ihr euren Brüdern nur ein Stück Brot, ein Kleidungsstück, eine Handvoll Stroh gebt, Dinge, die ihr wahrscheinlich nie eurerseits erbitten werdet, wenn man euch in die für ein rechtschaffenes Herz schmerzhafte Notlage versetzt, nur zu empfangen, ohne zurückzugeben …

Aber die Hilfe erweist Ehre, wenn sie den Menschen als höheres Wesen betrachtet, wenn sie sich zuerst einmal mit seiner Seele beschäftigt, mit seiner religiösen, moralischen und politischen Erziehung, mit allem, was ihn von seinen Leiden befreit und einem Teil seiner Bedürfnisse, mit all dem, was ihn frei macht, und all dem, was ihm Größe verleihen kann. Die Hilfe erweist Ehre, wenn sie mit der Not, der sie abhilft, einen Besuch verbindet, der tröstet, einen Rat, der erhellt, sowie einen Händedruck, der der Mutlosigkeit wieder aufhilft; wenn sie den Armen mit Respekt behandelt. nicht nur wie einen Gleichberechtigten, sondern wie einen Vorgesetzten, denn er leidet das, was wir selber gar nicht erleiden könnten, weil er unter uns wie ein Gesandter Gottes ist, um unsere Gerechtigkeit und unsere Liebe zu erproben und uns durch unsere Werke Heil zu verschaffen.

Dann wird die Hilfe ehrenvoll, weil sie auf Gegenseitigkeit beruhen kann, weil jeder, der heute ein Wort, einen Rat, einen Trost schenkt, morgen schon ein Wort, einen Rat, einen Trost nötig haben kann, weil die Hand, die ihr drückt, wiederum eure drücken kann, weil diese bedürftige Familie, die ihr geliebt habt, wiederum euch lieben wird, und weil sie mehr als entschädigt wird, wenn dieser Greis, diese fromme Familienmutter, diese kleinen Kinder für euch gebetet haben.

Deswegen stellt die Christenheit die geistlichen Werke der Barmherzigkeit über die leiblichen, deswegen fordert sie, dass erstere die zweiten begleiten sollen … Deswegen schließlich hat die Kirche einer derartigen Hilfe, die sie wünschte, den schönen Name der Caritas gegeben, den man nicht zurückweisen darf, wie es allzu oft geschehen ist, ein Name, der mehr ausdrückte, als der so populäre Name der Brüderlichkeit: denn nicht alle Brüder lieben sich, und Caritas bedeutet Liebe."
[
Œuvres choisies de A. F. Ozanam, Paris 1850; S. 328. 330; eigene Übersetzung]


Jacques-Desiré Laval († 1864)schreibt an die Mitglieder der Vinzenzkonferenz:

Meine lieben Freunde, Sie sorgen für die Armen. Eine schöne Aufgabe! Fahren Sie fort, sich Sorge zu machen; denn die Armen sind die Lieblinge Jesu. Vergessen Sie nie, dass ein Glas Wasser nicht ungelohnt bleibt, wenn es gereicht wird in Jesu Namen. Was mich betrifft, meine Freunde, ich sage es Ihnen, wenn ich mit Hoffnung dem Augenblick entgegengehe, wo ich vor Gott erscheinen muss, dann nur, weil ich die Armen geliebt und immer für sie gearbeitet habe." [P. Josef Theodor Rath, Der Sklaven Knecht. Jakob Desiderius Laval, der Apostel von Mauritius, Donauwörth 1949, S. 170f.]

Die folgenden Texte entstammen Briefen von Albert Peyriguère († 1959) an eine Ordensschwester im Lehrberuf:

"Kbab, den 28. Januar 1934

Ich war in letzter Zeit sehr beschäftigt … Und zudem sind die Kranken und Armen, die meine Tür belagern, zahlreicher denn je. Es kostet etwas - und doch ist es gut; es tut dem Herzen wohl; denn jeder Kranke, jeder Unglückliche, der an meine Tür klopft, ist Christus, der mich ruft. Dann empfinde ich es nicht mehr als Störung. Man kann ja nicht gut sagen, dass man sich von Christus gestört fühlt. So findet man Christus, indem man ihn verlässt; das tut gut. Darum wollen wir Christus überlassen, auf welche Weise er zu uns kommen will, und nicht selbst die Wege wählen, auf denen wir Christus zu uns kommen lassen möchten. Das ist wohltuend und tausendmal besser, nicht wahr?"

[Albert Peyriguère, in: Quellen geistlichen Lebens, Bd. 4, hrsg. v. Gisbert Greshake u. Josef Weismayer. Matthias Grünewald Verlag, Ostfildern 2008, S. 57]

Oscar Romero († 1980):

"Transzendenz bedeutet nicht: zum Himmel schauen, an das ewige Leben denken und über die Probleme der Erde hinweggehen. Vielmehr handelt es sich um eine Transzendenz, die dem menschlichen Herzen gilt. Sie bedeutet, sich auf das Kind, auf den Armen, auf den in Lumpen Gekleideten, auf den Kranken einzulassen, in die Elendshütten und Häuser zu gehen und mit ihnen allen zu teilen. Transzendenz bedeutet, aus der Mitte des Elends selbst diese Lage zu überschreiten, den Menschen zu erheben, ihn voranzubringen und ihm zu sagen: Du bist kein Abfall. Du gehörst nicht an den Rand. Das Gegenteil ist der Fall: Du hast eine große, große Bedeutung." (23. September 1979) [Oscar Romero, gefunden bei Adveniat]

Teresa von Kalkutta († 1997):

"Trenne niemals Jesus in der Eucharistie und Jesus in den Armen!"

4. "A. im Geist" bedeutet Demut: Gregor von Nyssa (BKV 158f.); Johannes „Chrysostomus” (BKV I 239; VI 129); Makarios (BKV 101)

Erklärung: Leo (BKV II 294f.)

Katharina von Schweden († 1381):

"Selig sind die Armen im Geist; denn ihrer ist das Himmelreich (Mt 5,3) …

Wer wird auf Erden Armer genannt? Arm ist, wer nichts besitzt oder doch nicht genug hat, um anständig und sorgenfrei leben zu können. Preist etwa der Herr diese Armen glücklich, die so oft Hunger und Durst ertragen müssen und die sich oftmals gegen Sturm und Unwetter nicht schützen können? Nein, nicht alle Armen, sondern nur die Armen im Geist preist Jesus glücklich, d. h. jene Menschen, welche arm in ihrer Gesinnung, arm ihrem Willen nach sind. Es gibt viele Arme, welche mit ihrem Los unzufrieden sind, wider Gott murren, dass er ihnen nicht so viele und so große Schätze gegeben hat wie anderen und die den Reichen um seinen Reichtum beneiden. Diese Menschen sind keineswegs arm in der Gesinnung, arm ihrem Willen nach; ihr Herz hängt an Geld und Gut und läge es an ihnen, sie würden sich in Purpur kleiden, aus silbernen und goldenen Gefäßen speisen, eitlen Freuden und Lustbarkeiten nachjagen und darüber Gott und ihr Seelenheil vergessen. Solche Arme schließt der Gottessohn von seiner Seligkeit aus.

Dagegen gibt es Arme, welche sich um Gottes willen in ihr Schicksal fügen, zufrieden mit ihrem Los sind, so schwer es auch sein mag, nicht nach irdischen Gütern Verlangen tragen, sondern Herz und Auge nach der ewigen Heimat richten, wo sie nach den Verheißungen der Heiligen Schrift überreichen Lohn finden werden für alle Not und Entbehrung, für alle Demütigung und Schmach, die sie hienieden erduldet haben: Diese sind arm im Geist.

Auch treffen wir Reiche, die viele und große Schätze besitzen, allein ihr Herz hängt nicht daran; sie wissen nur zu gut, dass alles, was sie haben, ihnen von Gott nur geliehen ist, und deshalb besitzen sie viel, wie der Apostel sagt [1. Korintherbrief 7,30] doch gerade so, als ob sie nichts besäßen. Sie geben … den Armen reichliche Almosen und betrachten dieselben als ihre Brüder, da sie ja auch von dem nämlichen Gott erschaffen, von dem nämlichen Gott erlöst, von dem nämlichen Gott geheiligt und zu der nämlichen Seligkeit berufen sind …

Endlich gibt es auch Menschen, welche, gleichviel ob arm oder reich, erkennen und bekennen, dass sie hilflos und elend sind, dass ihr Herz zum Bösen geneigt ist und dass sie ohne Gott und ohne die göttliche Gnade nichts vermögen als zu sündigen. Auch diese sind arm im Geist …

Was wir auch sind im Leben, im Tod werden wir alle gleich, und wenn man nach Jahren einmal unsere Gräber öffnen und unsere Schädel betrachten würde, dann könnte man nicht erraten, ob dieser oder jener der Schädel eines Fürsten oder eines Bettlers gewesen sei. Haben wir einmal die Grenze der Ewigkeit überschritten, dann hört aller Unterschied der Person und des Standes auf, dann gibt es nur noch Geschöpfe gegenüber dem Schöpfer - vor Gott sind wir alle gleich." [Seelentrost. Aufzeichnungen der hl. Catharina, nach einem schwedischen Manuscripte, übersetzt von Heinrich Ruhe, Oedenburg 1892, S. 117ff.]

5. Wert der freiwilligen A.: Gregor von Nyssa (BKV 163f.)

Freiwillige A. ist Zwang zum Streben nach dem Himmel: Makarios (BKV 91f.).

Klara von Assisi († 1253): Lobpreis der Armut
O selige Armut! Denen, die sie lieben und umfangen, gewährt sie den ewigen Reichtum!
O heilige Armut! Wer sie besitzt, sich nach ihr sich verzehrt, dem wird von Gott das Himmelreich verheißen (vgl. Matthäusevangelium 5, 3) und ewiger Ruhm and seliges Leben ohne Zweifel verliehen.
O gottgefällige Armut! Sie hat der Herr Jesus Christus, der Himmel und Erde regierte und regiert, auf dessen Wort hin sie geworden sind (vgl. Psalm 33, 9), vor allem anderen an sich ziehen wollen …
Es ist freilich ein großer und lobenswerter Tausch, das Zeitliche um des Ewigen willen zu verlassen, Himmlisches für Irdisches zu gewinnen, Hundertfaches für eines zu bekommen (vgl. Matthäusevangelium 19, 29) und das selige ewige Leben zu besitzen.

[1. Brief an Agnes von Böhmen: M. Schlosser u. E. Grau. In: Leben und Schriften der heiligen Klara von Assisi, Kevelaer 8 2001, S. 189 - 191]


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 10.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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