Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Erziehung
Entsprechend dem lateinischen educare bedeutet Erziehen ein "Herausziehen" eines jungen Menschen aus Kindheit, Unwissenheit und Unmündigkeit, damit er fähig wird, in der Gesellschaft selbständig sein Leben zu bewältigen.
1. Was heißt erziehen? 2. Wichtigkeit der E. 3. Eigenschaften des Erziehers 4. Wie soll erzogen werden?
1. Klemens von Alexandria († 215 ?)vergleicht die Tätigkeit eines Erziehers mit der eines Steuermanns:
"Wie nun der Steuermann sich nicht immer von den Winden treiben lässt, sondern manchmal auch die Spitze seines Schiffes den hereinbrechenden Stürmen gerade entgegenrichtet und sich ihnen entgegenstellt, so lässt sich auch der Erzieher nicht von den in dieser Welt wehenden Winden treiben und überlässt ihnen nie das Kind, so dass es wie ein Kahn in ein rohes und ausschweifendes Leben verschlagen würde, sondern lässt sich bei seiner Fahrt nur von dem günstigen Wind der Wahrheit führen und hält dabei in starker Hand ganz fest die Steuerruder des Kindes, ich meine damit seine Ohren, bis er das Kind unversehrt in den himmlischen Hafen hat einlaufen lassen." [paed 1, c. 7, Nr. 54 in: BKV2 2. R. Bd. 7, S. 252]
Theodosius Florentini († 1865):
"Erziehen heißt absichtlich auf die Entwicklung der vorhandenen leiblichen und geistigen Anlagen des Kindes einwirken, dass sein ganzes Leben ein Abbild des Lebens Christi werde."
2. Viele Autoren betonen die Wichtigkeit des Erziehens:
Es gibt keine größere Kunst als die E.: Johannes „Chrysostomus” (BKV III, 256):
Gregor „der Große” († 604): "Die Kunst, die Jugend zu führen und zu bilden, ist die Kunst der Künste und Wissenschaft der Wissenschaften."
Petrus Canisius
(† 1597),der auch selbst pädagogisch
und katechetisch tätig war, betont die Wichtigkeit religiöser
Kindererziehung: Andere mögen ihre Arbeiten
vorschützen, sie mögen nach höheren Funktionen
trachten, welche der Kirche größeren Gewinn eintragen, sie
mögen diesen Dienst als geringfügig und als mühselig
bezeichnen, sie mögen sich auch damit herausreden, dass sie
nicht mit den Kindern selber zu Kindern werden wollten. Christus, die
Weisheit Gottes selber, hat sich nicht gescheut, mit den Kindern ganz
vertraulich umzugehen … Wollen wir Christus und seinem hl.
Evangelium glauben, so ist es von solcher Bedeutung, sich um die
Kleinen verdient zu machen und sich abzumühen bei ihrem
Unterricht und mit deren Anleitung zur Frömmigkeit, wie bewährte
Katecheten [es] tun, dass wir dabei nicht nur ein christliches,
sondern sozusagen ein Engelsamt ausüben.
[J. Oswald u. P. Rummel (Hrsg.), Petrus Canisius - Reformer der Kirche, Augsburg 1996, S. 195]
Johannes Leonardi († 1609):
"Was nun die Heilmittel anlangt, so betreffen sie natürlich die ganze Kirche, weil die Erneuerung ebenso bei den Höchsten wie bei den Niedersten, bei den Häuptern ebenso wie bei den Kleinen einsetzen muss. Dennoch muss sich das Augenmerk zuerst auf all jene richten, die den übrigen vorstehen, damit die Erneuerung dort beginnt, von wo sie auf die anderen übergehen soll.
Am stärksten muss dafür Sorge getragen werden, dass die Kardinäle, die Patriarchen, Erzbischöfe, Bischöfe und Pfarrer, denen die Seelsorge unmittelbar anvertraut ist, ihrer Leitungsaufgabe über die Herde des Herrn gewachsen sind. Aber wir wollen auch von den Höchsten zu den Niedersten, von den Häuptern zu den Kleinen hinabsteigen. Sie dürfen nicht außer Acht gelassen werden, denn bei ihnen muss die Erneuerung der kirchlichen Sitten den Anfang nehmen. Wir dürfen nichts unversucht lassen, wodurch die Kinder von früher Jugend an in einem aufrichtigen christlichen Glauben und in heiligen Sitten erzogen werden. Für die Verwirklichung dieses Zieles ist nichts so gut wie religiöse Institutionen, in denen der christliche Glaube gelehrt wird und die Kinder nur guten und gottesfürchtigen Erziehern anvertraut werden.
[Epistola: Pro universali totius Ecclesiae reformatione, Archivum Ordinis Clericorum Regularium Matris Dei, vgl. Liturgia horarum, Bd. 4, Rom 1977, S. 1199f.; zitiert nach: Monast. Lekt. zum 9.10.]
Alix le Clerc († 1622):
"Für eine große Zahl von jungen Schülerinnen, die - wenn auch altersmäßig jung - dennoch kein kleiner und unbedeutender Teil der Kirche Gottes sind, und die, schon ab jetzt und in wenigen Jahren, fähig sein können, große Dinge zu vollbringen, ist es doch wichtig und sogar notwendig, zu ihrem eigenen Wohl und dem ihrer Väter und Mütter, ihrer Familien und der Gesellschaft, dass sie sehr früh gut ausgebildet und sorgfältig unterrichtet werden in der Gottesfurcht und gleichzeitig, wenn es möglich ist, in manch anderen Dingen, die ihnen helfen können zu leben und zwar gut zu leben."
"Alle Mädchen seien eingeladen, hierher [in unsere Schulen] zu kommen, keines soll ausgeschlossen sein und die armen [unter ihnen] sollen liebvoll aufgenommen und gut unterrichtet werden und dadurch vor Gefahren geschützt werden, in die sie ihr Elend und die Verderbnis dieses Zeitalters sie sonst stürzen könnten. Und für uns, die wir unterrichten, soll Gott allein unser Gehalt und Zahlmeister sein und so mehr Gelegenheit haben unsere Mühen zu segnen und ihnen Erfolg zu verschaffen."
[IFS; préambule. les matières; [Règlement provisionnel 1598; eig. übers.
Quelle: www.alix-pierre-associated.org/…/SourceVivante ]
In einer Denkschrift an Kardinal Tonti setzt sich Joseph von Calasanza († 1648) für eine verantwortungsvolle Erziehung der Kinder ein:
Es ist ein
heiliger Dienst, Kinder zu erziehen, besonders die Kinder der Armen,
und sie so zu belehren, dass sie das ewige Leben erlangen können.
Dieser Dienst besitzt eine hohe Würde und findet großen
Lohn; jedermann weiß es.
Wenn wir nämlich die Kinder unterrichten und sie vor allem in christlicher Frömmigkeit und Lehre erziehen, sorgen wir für ihr Heil an Leib und Seele, und wir leisten ihnen gewissermaßen den nämlichen Dienst wie ihre Schutzengel.
Dieser Dienst ist für die jungen Menschen, welchen Geschlechtes und Standes sie auch sein mögen, eine ausgezeichnete Hilfe. Er zieht sie vom Bösen ab und hält sie zu guten Taten an. Junge Menschen werden mit solcher Hilfe derart zum Guten verwandelt, dass man in den so Erzogenen die Zöglinge von früher nicht mehr wiedererkennt. Junge Menschen kann der Erzieher leicht dahin führen, wohin er ihren Geist führen möchte; wenn wir sie erst verhärten lassen, wird die Möglichkeit, sie zu biegen, stark verringert oder zuweilen ganz aufgehoben. Wenn wir den Kindern, besonders den armen, eine passende Erziehung angedeihen lassen, mehrt das ihre menschliche Würde. Die ganze menschliche und christliche Gesellschaft stimmt unserem Tun zu: die Eltern, denn in erster Linie freuen sie sich, dass ihre Kinder auf guten Wegen geführt werden; die Lenker der Staaten, weil sie rechtschaffene Untertanen und gute Bürger gewinnen; vor allem aber die Kirche, denn die Kinder werden auf diese Weise mit größerer Reife und besserem Erfolg als Freunde Christi und Anhänger des Evangeliums in das vielfältige und vielgestaltige Leben der Kirche eingefügt."
[Josef von Calasanza, Memoriale al Card. M. A. Tonti; Ephem. Calas. 36,9-10, Rom 1967, S. 473f.; zitiert nach Monast. Lekt. zum 25.8.]
Marcellin Joseph Benoit Champagnat († 1840)hebt die Notwendigkeit der Erziehung hervor:
"- Die Erziehung ist für das Kind, was der Anbau für die Erde ist; so gut auch die Erde sein mag, wenn sie ohne Anbau bleibt, bringt sie nur Gestrüpp und Dornen hervor …
- Die Erziehung ist für das Kind das, was das Zuschneiden für einen Obstbaum bedeutet; es ist der Zuschnitt, der dem Baum seine Schönheit gibt und ihm die Quantität und die gute Qualität der Früchte verschafft; außerdem gilt: Je mehr ein Baum gepflegt und beschnitten wird, umso mehr sind seine Früchte überreich und hervorragend. Jeder Baum, der nicht beschnitten wird, bringt letztendlich nur Holz oder entartete Früchte hervor …
- Ein Strauch kann alle möglichen Formen annehmen; wenn man ihn von allen Seiten her biegt, nimmt er ohne Schwierigkeit die Richtung an, die man ihm gibt, und er behält sie beständig bei; aber wollte man ihn wieder geradebiegen, wenn er groß geworden ist, statt ihn zu biegen, würde er abbrechen. Dies ist ein getreues Bild des Kindes und der guten Wirkungen, die die Erziehung in ihm hervorbringt. Solange das Kind jung ist, berichtigt man leicht seinen Willen, korrigiert man ohne Mühe seine schlechten Neigungen, verbessert man unschwer seine Charakterfehler, wohingegen man, sobald es groß geworden ist, kein Mittel mehr hat, es zu ändern …
- Die Erziehung ist für ein Kind das, was ein zuverlässiger Führer für einen unerfahrenen Reisenden ist. Wenn der Reisende gut geführt wird, kommt er glücklich und ohne viel Mühe an das Ziel seiner Reise. Wenn er aber auf einem Irrweg geht, wird er in einem Abgrund landen, oder durch das Schwert eines Mörders oder die Zähne wilder Tier zugrunde gehen …
- Die Erziehung ist für das Kind auch das, was ein Lotse für das Schiff ist. Ein Schiff ohne Lotsen wird an den Klippen zerschellen oder in den Tiefen des Ozeans untergehen …
- Die Erziehung ist für das Kind das, was die Fundamente für ein Gebäude sind. Wird ein Haus ohne Fundamente je Bestand haben? Wenn die Fundamente brüchig sind, wenn sie nicht auf festem Boden, auf Fels gegründet sind, wird das Gebäude durch den Wind oder auch durch die ersten Regenfälle, die die Erde aufweichen, zum Einsturz gebracht …
- Schließlich ist die Erziehung für das Kind das, was der Samen für die Erde ist. Man erntet auf einem Feld nur das, was man dort gesät hat; wenn es sich um einen Weizensamen handelt, wird man Weizen ernten; wenn es sich um Unkrautsamen handelt, dann wird man Unkraut einbringen und nicht gutes Korn. Das Herz der Kinder ist ein jungfräuliches Land, das seine ersten Samen empfängt; wenn die Herzen gut bereitet, gut gepflegt sind, wenn der Samen, den man dort ausstreut, von guter Qualität ist, wird es reiche und dauerhafte Früchte bringen."
[Bienheureux Marcellin Champagnat; Textes choisis et présentés par Josse Alzin, Les èditions du Soleil Levant, Namur (Belgique) 1959, S. 99f. 135-40; eigene Übersetzung]
3. Die Anforderungen an die Erzieher und Lehrer sind hoch:
Joseph von Calasanza († 1648):
"Wer das Amt eines Lehrers annimmt und es mit Eifer und Gewissenhaftigkeit ausüben will, braucht viel Liebe, größte Geduld und vor allem eine tiefe Demut. Dann ist er wert, dass der Herr ihn auf sein demütiges Gebet hin zu einem tüchtigen Mitarbeiter der Wahrheit macht, ihn in der Ausübung der Aufgabe stärkt und ihn schließlich mit der Gabe vom Himmel beschenkt nach dem Wort: ‚Die Männer, die viele zum rechten Tun geführt haben, werden immer und ewig leuchten wie die Sterne (Dan 12,3).
[Josef von Calasanza, Memoriale al Card. M. A. Tonti; Ephem. Calas. 36,9-10, Rom 1967, S. 473f.; zitiert nach Monast. Lekt. zum 25.8.]
Pierre Fourier († 1640)formulierte eine Art zehn Gebote, die eine gute Lehrerin und Erzieherin beherzigen sollte: [Als solche brauchst du]
1. "die Achtung und Liebe der Kinder: … Denn nur dann werden die Zöglinge zum Guten angeleitet werden, wenn sie ihre Lehrerin hochschätzen."
2. "weise Zurückhaltung, welche dich lehrt, mit Mäßigkeit, mit Besonnenheit jederzeit zu reden und zu handeln. Dieses zurückhaltende Wesen besteht also vorzugsweise darin, dass du dich mäßigst, wenn Gelegenheit zur Ereiferung oder zum ärger vorkommt."
3. "die Schweigsamkeit oder den vorsichtige Gebrauch der Zunge: Diese Tugend lehrt dich die Kunst, zur rechten Zeit zu reden und zur rechten Zeit zu schweigen. Eine schweigsame Lehrerin fördert in wunderbarer Weise Ordnung und Stille in ihrer Schule und fördert dadurch wesentlich das Voranschreiten ihrer Schülerinnen."
4. "die Klugheit: Mittels der christlichen Klugheit wirst du die geeigneten Mittel erkennen, um am sichersten zum vorgesetzten Ziel zu gelangen. Die Klugheit lehrt dich, von deinem Verstand den rechten Gebrauch zu machen und in allem nur solcher Mittel dich zu bedienen, welche dem heiligen Glauben und der Frömmigkeit entsprechen. Das Ziel der Schulen und des Schulunterrichts sowie des Pensionats ist die Erziehung des Kindes für Gott und seine ewige Bestimmung."
5. "Wachsamkeit: … Du musst vor allem wachsam sein auf dich selbst, auf all deine Gedanken, auf alle Bewegungen deines Herzens, auf den Gebrauch deiner Sinne, kurz auf deine ganze Person, um einerseits deine Pflichten genau zu erfüllen und andererseits den Kindern niemals Anstoß zu geben."
6. "Seeleneifer: … Dieser strebt dahin, vor allem Gottes Ehre zu fördern und das Seelenheil der Kinder. Wie Jesus Christus anfing zu handeln, ehe er lehrte, so muss auch die erste Lektion einer guten Lehrerin das gute Beispiel sein."
7. Demut und Bescheidenheit: Sie werden "dich lehren, alle Widerwärtigkeiten und Unannehmlichkeiten, alle Beschwerden und Mühen, die mit dem Unterricht der Kinder unausweichlich verbunden sind, mutvoll zu ertragen."
8. "Geduld, welche sie anleitet, alle übel dieses Lebens, sowie alle mit der Jugenderziehung verbundenen Mühen und Beschwerden ohne Murren, mit Unterwerfung unter Gottes heiligsten Willen und aus Liebe zu Gott zu ertragen."
9. "Sanftmut verbunden mit Festigkeit verschafft der Erzieherin Ansehen unter ihren Zöglingen, flößt denselben Achtung und Liebe ein und schlingt das festeste Band des Gehorsams."
10. "Frömmigkeit und Gottesfurcht , … um das leuchtende Muster und Vorbild für die Zöglinge zu sein."
[Schrift über die "mystische Gegenwart Christi beim Unterricht", zitiert nach: Walther Tritsch (Hrsg.), Einführung in die Mystik / In Quellen und Zeugnissen. Weltbild Verlag, Augsburg 1990, S. 314]
3. Johannes-Baptist de La Salle († 1719):
Erwägt im
Herzen, liebe Brüder, was der Apostel Paulus sagt: Gott habe in
seiner Kirche Apostel, Propheten und Lehrer bestellt (1. Korintherbrief 12,28),
und seid überzeugt, dass Gott auch euch in euer Amt eingesetzt
hat. Das bezeugt euch derselbe Heilige, wenn er erklärt, es gebe
verschiedene Dienste und verschiedene Kräfte und derselbe
Heilige Geist zeige sich in jeder dieser Gaben zum gemeinsamen
Nutzen, das heißt zum Nutzen der Kirche (vgl. 1. Korintherbrief 12,5.11).
Ihr sollt also nicht an der großen Gnade zweifeln, die ihr
erhalten habt: die Knaben zu lehren, ihnen die Frohe Botschaft zu
verkünden und sie im Geist der Religion zu erziehen. Es ist ein
großes Geschenk Gottes, dass er euch zu einer so heiligen
Aufgabe berufen hat.
Die Schüler, die eurer Sorge anvertraut sind, sollen an eurer ganzen Lehrtätigkeit sehen, dass ihr Diener Gottes seid, da ihr die Aufgabe mit ungeheuchelter Liebe und echter Sorgfalt erfüllt. Auch darum sollt ihr euch eurem Amt verpflichtet fühlen, weil ihr nicht nur Diener Gottes, sondern auch Diener Jesu Christi und der Kirche seid.
So sagt der heilige Paulus mahnend, alle seien als Diener Christi zu betrachten, die das Evangelium verkündigen, die den Brief schreiben, den Christus diktiert, ‚nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf Tafeln aus Stein, sondern - wie auf Tafeln - in Herzen von Fleisch (2 Kor 3,3), die Herzen der Knaben. Deswegen dränge euch die Liebe Gottes (vgl. 2 Kor 5,14), weil Jesus Christus ‚für alle gestorben ist, damit die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb und auferweckt wurde (2 Kor 5,15). Möge daher eure Sorgfalt und euer Eifer die Schüler bewegen. Mögen sie fühlen, dass Gott sie durch euch ermahnt, weil ihr Gesandte Christi seid.
Ferner müsst ihr der Kirche zeigen, wie sehr ihr sie liebt, und ihr sollt ihr Beweise eurer Gewissenhaftigkeit geben. Denn ihr arbeitet durch die Kirche, den mystischen Leib Christi. Durch eure Arbeitsfreudigkeit zeigt, dass ihr die Menschen, die Gott euch anvertraut hat, liebt wie Christus die Kirche geliebt hat. [Johannes-Baptist de La Salle, Text 1: Meditatio 201: vgl. Liturgia horarum, Bd. 2, Rom 1977, S. 1332f., zitiert nach Mon. Lekt. zum 7.4.]
Rosa Venerini († 1728):
"Bei der Frömmigkeit der Lehrerinnen, die sich im Weinberg des Herrn abmühen werden, mit dem einzigen Ziel, die Jugend auf den Pfad des christlichen Lebens zu führen, indem sie sie die einfachen Grundlagen unseres heiligen Glaubens lehren und sie auch an die Handarbeiten gewöhnen und sie so dem Müßiggang entgehen, vertraue ich darauf, dass auch die armen Mädchen ihre entstandenen Bedürfnisse erfüllen können; und dass die, welche kleine Kinder haben werden, aufgrund ihrer eigenen guten Erziehung auch diese zur heiligen Gottesfurcht erziehen können, und dass so die schuldhafte Unwissenheit gänzlich beseitigt wird und alle genügend Kenntnisse ihres Schöpfers und Erlösers haben. Ich vertraue, so sage ich, dass bei einem solchen Werk der Frömmigkeit auch die, die sie betätigen, nicht der notwendigen Hilfen entbehren werden, nicht nur, was die Schule betrifft, die ich hinterlasse, sondern auch die anderen Schulen, die noch eröffnet werden, so viele ihrer nötig sein werden, und sie so Grund haben, unserem allergütigsten Herrn Jesus überaus dankbar zu sein, " Sira Serenella Macchietti, Rosa Venerini all' origine della scuola popolare femminile. L' azione educativa del suo Istituto dal 1685 ad oggi, Livorno 1986, S. 172. 170; eigene Übersetzung]
Georg Michael Wittmann († 1833):
"Lehrern, die zu stolz sind, um zu beten, werden die Engel der Kinder widerstehen. Pfarrer aber, die die Schule vernachlässigen, haben sich selbst das Himmelreich verschlossen."
Marcellin Joseph Benoit Champagnat († 1840) beschreibt, welche Eigenschaften ein idealer Erziehers braucht:
"Eine Autorität, die alle notwendige Freiheit für die Entwicklung des Charakters gewährt, die zurückweist, was ihm schaden könnte; Sanftheit ohne Schwäche, eine Strenge ohne Härte; einen Ernst ohne Rohheit; eine Gefälligkeit und ein Wohlwollen ohne Vertraulichkeit; ein glühendes Verlangen nach Erfolg, gemäßigt durch eine Geduld, die nichts barsch abweist und die die Hoffnung nicht aufgibt; eine Wachsamkeit, der nichts entgeht, verbunden mit einer Weisheit, die oft unwissend zu sein scheint; eine Zurückhaltung, die dem Freimut, nicht entgegensteht; eine Festigkeit, die niemals halsstarrig ein darf; ein Scharfsinn, der die Neigungen durchschaut, es sich aber niemals anmerken lässt; eine Klugheit, die erkennen lässt, was man entschuldigen oder bestrafen muss, und die dafür die günstigen Augenblicke ergreifen lässt; ein Geschick, das niemals abgleitet zu bloßer Listigkeit, die sich in den Geist [der Zöglinge] einfügt, ohne ihn zum Widerstand zu reizen; eine Freundlichkeit, die die Anweisungen angenehm macht, ohne ihnen die Festigkeit zu nehmen; eine Nachsichtigkeit, die die Zuneigung erwirbt, verbunden mit einer Genauigkeit und Gerechtigkeit, die Furcht einzuflößen vermag; eine Herablassung, die sich den Neigungen [der Schüler] anpasst, ohne sie allzu sehr zu begünstigen; eine Geschicklichkeit, um die einen [Neigungen] durch die anderen zu bekämpfen, die guten zu stärken, die schlechten zu schwächen; eine Voraussicht, die gefährliche Gelegenheit voraussieht; eine Geistesgegenwart, welche nicht unerwartete Ereignisse und die Verlegenheit verursachende Fragen der Kinder nicht aus der Fassung bringen. Um ein guter Lehrer zu sein, … muss man ein vollkommener Mensch sein."
[Bienheureux Marcellin Champagnat; Textes choisis et présentés par Josse Alzin, Les èditions du Soleil Levant, Namur (Belgique) 1959, S. 99f. 135-40; eigene Übersetzung]
Anton Maria Slomšek († 1862)unterstreicht die hohe Bedeutung des Lehrerberufs:
Der Lehrerstand
ist schwierig und positiv; jener, der ihn kennt, schätzt ihn
besonders. Ein kluger und fleißiger Schulmann nützt dem
Menschengeschlecht mehr als der glorreichste Feldherr, der die Feinde
das Fürchten lehrt und Königreiche wie Städte besiegt.
Ein Lehrer in einem stillen Orte setzt das Gute und im Gießen
sorgt er für bessere Menschen und Zeiten. Auch wenn die Welt das
nicht erkennt und großteils schlecht für diesen Dienst
zahlt, wird in den Büchern des ewigen Lebens des Lehrers Name
strahlen und unter den Heiligen wird sein Lohn sein. Den mies
unterrichtenden und nachlässigen Lehrern solle es jedoch schlimm
ergehen, wenn durch sie die Welt ärgernis nimmt! Für sie
wäre besser, wenn sie Erdreich ausheben und Holz hacken würden,
als das Kostbarste, das Kind, verantwortungslos zu unterrichten und
zum Wilden zu züchten."
Eine gute Erziehung sollte nach Slomšek ganzheitlich und religiös fundiert sein:
"Viel zu wissen und unverantwortlich handeln, beleidigt Gott und schadet dem Menschen. Nur Wissen allein macht den Geist zu kalten Rationalisten. Den Verstand zu vernachlässigen und nur dem Herzen zu folgen, führt zur Phantasterei. Beides ist Produkt einer verderblichen Erziehung. Es ist schade, dass in unseren Schulen zu sehr auf die rationale Entwicklung und zu wenig auf die Herzensbildung geschaut wird."
"Den neuen Propheten der Schule ist das Wissen die wichtigste Sache, religiöse übung aber nur eine Nebensache. Diese denken nicht darüber nach, dass jedem VoLukasevangelium wissenschaftliche Bildung ohne Spiritualität einem geschmückten Grab als Zeichen des Wohlstandes gleichkommt."
"Eltern und Erzieher, lest die Zeichen der Zeit und erkennt, dass der Mensch, der des Glaubens verlustig ging, kein Gesetz und keine Grenzen kennt. Und wenn es für die Zeitgenossen kein Heilmittel gibt, sollten zumindest zukünftige Geschlechter erkennen, was ihnen standfestes Wohl bedeuten könnte."
"Aus einer guten Schule entwickeln sich bessere, aus schlechten schlechtere Zeiten. Bessere Menschen wird es nicht geben, solange es keine besser erzogenen Kinder geben wird. Eine verfehlte Erziehung ist die Mutter schlimmer Zeiten. Mies erzogene Kinder sind stechende Dornen für jede Nachbarschaft und verheißen nur schlimme Zeiten. Eine verfehlte Erziehung ist eine fürchterliche Grube, die sich die Erzieher selbst graben."
"Jene Gesetzgeber, Eltern und Lehrer versündigen sich, wenn sie nur profane Schulen wollen, die die Kinder primär für die vergängliche Welt und nicht auch für die Ewigkeit ausbilden wollen. Die Väter blicken nur auf gescheite Köpfe, die Mütter auf die anmutigen Körper und die hübschen Kleider. Die weltlichen Machthaber wollen vor allem gute Staatsbürger. Ehrliche Männer und Frauen, fromme Christen zu bilden ist aber den weltlich denkenden Menschen die letzte oder gar keine Sorge."
[Josef Till, Bildung und Emanzipation. Das Leben und Wirken Anton Martin Slomšeks, Klagenfurt/Ljubljana/Wien 2012, S. 218. 273-77]
4. Das Wie einer guten Erziehung:
Gregor „der Große” († 604): "Strenge und Milde verlieren ihren Wert, sobald die eine ohne die andere angewendet wird."
Folgender Abschnitt aus den Ricordi von Angela Merici († 1540) gilt nicht nur für das Verhältnis der Vorgesetzten gegenüber ihren Mitschwestern, sondern auch für diese selbst im Umgang mit den ihnen zur Erziehung anvertrauten Mädchen:
"Seid gütig und freundlich gegen eure lieben Töchter, und bemüht euch darum, dass nur die Liebe zu Gott und der Eifer für die Seelen euch bewegen, wenn ihr sie ermahnt, beratet, zum Guten ermuntert oder vom Bösen abhaltet. Denn durch liebreiche Freundlichkeit werdet ihr mehr erreichen als durch Härte und strengen Tadel, die man nur für eine wirkliche Notwendigkeit vorbehalten soll. Und selbst dann tadle man nie ohne Rücksicht auf Ort, Zeit und die jeweilige persönliche Eigenart. Nur die Liebe, die in allem auf die Ehre Gottes und das Heil der Seelen sieht, lehrt diese Unterscheidung und lenkt das Herz, jeweils dem Ort und der Zeit entsprechend mit mehr Milde oder Strenge zu verfahren, wie es gerade notwendig ist."
"Liebt eure jungen Töchter gleichmäßig; zieht nicht eine der anderen vor; denn alle sind Geschöpfe Gottes, und ihr wisst nicht, was er aus ihnen machen will."
[K. Seibek-Royer, Die heilige Angela Merici / Gründerin des ersten weltlichen Säkularinstituts, Graz-Wien-Köln 1966, S. 133-43]
Der folgende Text vonMaria Theresia von Jesus Gerhardinger († 1879)hat an Aktualität nicht verloren. Er spricht die hohen Anforderungen an den Lehrberuf an. Aber auch die Kinder sollen nicht unterfordert werden. Das wichtigste Erziehungsmittel ist die Liebe und Zuwendung zu den Kindern:
"Das Schulehalten wird mit jedem Tag schwerer; Kinder sollen mehr als je können, dabei aber sich nicht anstrengen, nichts lernen dürfen; sie sehen und hören allenthalben nur Schlimmes, kommen voll Fehler und Unarten zur Schule, sollen da erzogen, ordentliche Leute, aber ja nicht gestraft werden!
Bedürfen wir in solcher Lage nicht des allmächtigen Beistandes Gottes, um das rechte zu treffen und durchzukommen? … auf dass wir die Kinder mehr durch unser Beispiel als durch schale Worte für das Gute gewinnen, wie die hl. Missionäre getan und dadurch selbst die Wilden in sanfte hl. Christen umwandelten und bekehrten.
Durch Strenge, Härte, Strafen die Schuldisziplin herstellen oder aufrecht erhalten wollen, hieße öl ins Feuer gießen, da heutzutage Groß und Klein dagegen sich sträubt; das gäbe den lauernden Feinden erwünschte Gelegenheit, uns zu stürzen und dann über uns zu frohlocken.
Tun wir uns demnach, liebe Schwestern, eine heilige Gewalt an; uns selbst zu überwinden, sanft zu werden, um durch liebevollen Ernst die rohen und leichtsinnigen Kinder im Zaume zu halten - die hl. Engel werden uns dabei zu Hilfe kommen und beistehen und ersetzen, was wir in unserer Ohnmacht nicht vermögen.
Glauben wir's doch, liebe Schwestern, nur durch Liebe werden wir die Liebe der Kinder gewinnen, ihre Herzen zu Gott hinziehen; durch die Kinder auf die Mütter und durch die Mütter auf die Väter gut einwirken und sie uns geneigt machen.
Andererseits ist es ebenso unabweislich, dass wir mit Eifer uns fortbilden, um den in unserer Zeit überhoch gesteigerten Anforderungen an die Schule, so viel möglich, notwendige Rechnung zu tragen. Wie werden wir aber das, wenn wir uns, liebe Schwestern, nicht Tag für Tag eifrigst für die Schule auf jede Lektion vorbereiten und das nicht treu benützen und anwenden, was vom Mutterhaus in dieser Beziehung mitgeteilt wird?" (um das Jahr 1869)
[Text um das Jahr 1869 aus dem Klosterarchiv]
Pauline von Mallinckrodt († 1881)
Die Liebe zu den
Kindern ist die beste Lehrmeisterin der Erziehung; nur jemandem, der
die Kinder liebt, darf man sie anvertrauen. Liebe im Herzen, Liebe im
Ton, Liebe im Betragen gegen die Kinder, das zieht sie an und zieht
Gottes Segen auf sie und uns herab.
(1851)
Liebe weckt
Liebe, Vertrauen weckt Vertrauen.
Auch mit Freude
müssen wir die Kinder erziehen und ihnen dienen; sie ist das
Merkmal einer warmen Liebe.
(1852)
Kein Kind
schließ je aus deinem Herzen aus; Gott trägt
s im
Herzen, trag du es auch darin, und wer weiß, vielleicht wird
eben deine Liebe es gewinnen. (1847)
Liebe und Güte
sind die erfolgreichen Kräfte in der Erziehung, aber beide
müssen gepaart sein mit konsequentem Festhalten an dem einmal
Geforderten.
Konsequenz und
Ernst, mit Liebe gepaart, richten bei der Erziehung gar viel aus.
äußere
Ordnung und Ruhe sind nötig als Mittel zum Zweck, wer aber bei
ihnen stehen bleibt und meint, nun das Ziel erreicht zu haben, dem
wird das wirkliche Leben, die Zukunft der Kinder bittere Erfahrungen
bringen.
[www.kinderheim-pauline.de/wir-stellen-uns-vor/pauline-von. (23.09.2019)]
Johannes Bosco († 1888)gibt folgende Empfehlungen für die Erziehung Jugendlicher:
"Wenn wir eifrig für das wirkliche Glück unserer Zöglinge sorgen und sie zur Erfüllung ihrer Pflichten anleiten möchten, dürfen wir vor allem nie vergessen, dass wir Elternstelle an den lieben jungen Menschen vertreten. Ich habe immer in Liebe für sie gearbeitet, mich um sie bemüht und das Priesteramt ausgeübt, nicht ich allein, sondern die ganze salesianische Gesellschaft.
Liebe Söhne, wie oft musste ich mich in meinem langen Leben durchringen zu der großen Wahrheit: Leichter ist es zornig zu werden, als zu ertragen, einem Knaben zu drohen, statt ihm eindringlich zuzureden. Ja, ich sage es: es ist bequemer für unsere Ungeduld und unseren Hochmut, die Fehlenden zu strafen, als sie fest und freundlich zu ertragen und so zu bessern.
Ich empfehle euch die Liebe des Paulus, die er gegenüber den Neugetauften an den Tag legte. Oft führte sie dazu, dass er weinte und inständig betete, wenn er sah, wie wenig gelehrig sie waren und wie sie seiner Liebe widerstanden.
Gebt acht, dass euch niemand vorwerfen kann, ihr ließet euch durch heftige Gemütsbewegungen leiten. Es ist schwer, beim Strafen die Standhaftigkeit des Herzens zu bewahren, die nötig ist, wenn es nicht scheinen soll, wir handelten nur, um unsere Autorität zu zeigen oder um der Erregung des Gemüts ihren Lauf zu lassen.
Wir müssen sie als Söhne betrachten, über die wir eine Vollmacht auszuüben haben. Wir wollen uns zu ihren Dienern machen wie Jesus, der kam, um gehorsam zu sein, nicht zu befehlen, und wir sollten uns schon des Anscheins der Herrschsucht schämen; wir wollen nicht über sie herrschen, es sei denn, um ihnen zu dienen. So machte es Jesus mit den Aposteln. Sie waren unwissend und ungebildet, ja auch ihr Glaube war klein. Aber er ertrug sie. Gegenfiber den Sündern bewies er eine so gütige und vertraute Freundschaft, dass die einen staunten, die andern Anstoß nahmen, andere schließlich Hoffnung schöpften, von Gott Verzeihung zu erlangen. Deswegen forderte er uns auf, gütig und von Herzen demütig zu sein.
Sie sind unsere Söhne. Wenn wir daher ihre Irrtümer unterdrücken wollen, müssen wir allen Zorn ablegen oder doch so mäßigen, als hatten wir ihn ganz ausgelöscht.
In besonders schweren Fallen empfiehlt es sich, mehr inständig und demütig zu Gott zu beten, als einen Wortschwall loszulassen, der nur das Gemüt der Hörer beleidigt, den Schuldigen aber keinen Nutzen bringt. [aus einem Brief: Monast. Lektionar zum 31.1.]
Johannes Bosco propagiert in der Erziehung das Präventivsystem:
Worin besteht
das Präventivsystem und warum ist es vorzuziehen?
Zu allen Zeiten wurden in der Jugenderziehung zwei Systeme angewandt: das präventive und das repressive. Das Repressivsystem besteht darin, dass man das Gesetz den Untergebenen bekanntmacht und dann seine Befolgung überwacht, um die übertreter festzustellen und ihnen nötigenfalls die verdiente Strafe zu geben. Bei diesem System müssen Worte und Haltung des Vorgesetzten immer streng, fast drohend sein; er muss jeden vertrauten Verkehr mit seinen Untergebenen meiden. …
Verschieden und, ich möchte sagen, entgegengesetzt ist das Präventivsystem. Es besteht darin, dass man die Vorschriften eines Instituts bekanntmacht und dann die Jugendlichen derart überwacht, dass das achtsame Auge des Direktors oder der Assistenten immer auf ihnen ruht. Wie gütige Väter sollen sie mit ihnen sprechen, bei jedem Anlass als Führer dienen, gute Ratschläge erteilen und sie liebevoll zurechtzuweisen. Mit einem Wort: Die Jugendlichen in die Unmöglichkeit versetzen, Fehltritte zu begehen.
Dieses System stützt sich ganz auf Vernunft, Religion und liebevolles Wesen. Deshalb schließt es jede gewaltsame Züchtigung aus und sucht auch leichtere Strafen fernzuhalten. Es scheint aus folgenden Gründen den Vorzug zu verdienen:
- Wenn der Jugendliche im Voraus aufmerksam gemacht wurde, ist er ob der begangenen Fehler nicht verzagt, was geschieht, wenn sie dem Oberen angezeigt werden. Auch wird er niemals über eine erhaltene Zurechtweisung, über eine angedrohte oder auferlegte Strafe böse; denn in ihr liegt stets ein freundschaftliches und zuvorkommendes Wort. Man redet ihm dadurch vernünftig zu und gewinnt dabei meistens sein Herz. …
- Das Repressivsystem kann wohl eine Ausschreitung verhindern, wird aber kaum die Schuldigen bessern …
- Das Präventivsystem hingegen macht den Jugendlichen zum Freund. … Hat der Erzieher einmal das Herz seines Schutzbefohlenen gewonnen, so kann er über ihn großen Einfluss ausüben, ihn aufmerksam machen, beraten und zurechtweisen, sogar noch, wenn er sich im bürgerlichen Leben in Amt und Stellung befindet.
Aus diesen und vielen anderen Gründen scheint das Präventivsystem vor dem Repressivsystem den Vorzug zu haben.
[Giovanni Bosco, Pädagogik der Vorsorge, besorgt v. K. G. Fischer, Paderborn 1966, S. 94f.]
Aloisius (Luigi) Guanella († 1915)
"Die Oberen sind mehr Väter, Brüder und Freunde als Obere; sie sollen mit aller Einfachheit die vertrauensvolle Liebe begünstigen, die patriarchalischen Familien zu eigen ist. Sie sollen die von ihnen Abhängigen mit ihrem Namen ansprechen so wie Söhne, liebe Freunde und zuinnerst ihre Neigungen kennen lernen, um ihnen gerecht werden zu können. Ihre eigene Autorität sollen sie nur in seltenen und notwendigen Fällen zeigen, damit es nicht soweit kommt, dass die Autorität zu einem Mangel an Liebe führt. Das, was man nicht mit einer liebenswürdigen Vorgehensweise erreicht, erreicht man selten mit der Gewalt eines Befehls. Man fängt mehr Fliegen mit einem Löffel Honig, als mit hundert Fässern öl."
"Präventivsystem einer angemessenen Erziehung nennt man jene Methode der Liebe, des Umgangs, der Angemessenheit, aufgrund derer die Oberen ihre eigenen Untergebenen mit väterliche Liebe umgeben und die Brüder sich um die eigenen Brüder sorgen, auf dass bei ihren täglichen Arbeiten keinem etwas Schlechtes zustößt und alle auf ihrem Lebensweg das Ziel des Glücks erreichen." "In der Praxis muss man das Präventivsystem im Herzen und im Verstand haben, man muss es ausüben bei den Gleichgestellten, bei den Nieder- und den Höhergestellten, bei jeder Gelegenheit und immer."
[Carlo Lapucci, La figura, il pensiero e l´azione di Don Luigi Guanelle nei suoi scritti (Centro Studi Guanelliani - Roma / Saggi storici 10), Roma 1995, S. 63; 55f.; eig. übers.]
Philipp Smaldone († 1923) propagiert statt eines repressiven das präventive Erziehungssystem von Don Bosco:
Die erziehenden Schwestern "dürfen keine Vorliebe für irgendeine Taubstumme haben, sondern dollen alle in gleicher Weise lieben.
Sie sollen alle taubstummen Mädchen durch Jesus Christus und Jesus Christus ganz in gleicher Weise lieben …
Sie sollen ihnen die auserlesenste Erziehung zuteil werden lassen.
Sie sollen immer ein Auge auf sie haben, ihnen immer helfen, sie immer erleuchten, d. h. unterweisen.
Sie sollen sie an eine beständigen Fleiß gewöhnen, der aber abwechslungsreich und angenehm ist.
Sie sollen ihnen bei jeder Gelegenheit den Gedanken an die Gegenwart Gottes und an seine Güte und Gerechtigkeit ins Herz einprägen …
Sie sollen immer bei allen gerecht sein, und was die leidigen Strafen betrifft, sollen sie zur Nachsicht neigen und gleichzeitig, wenn sie sie bezüglich der begangenen Schuld aufklären, sollen sie noch eher lehren, wie sie sie in Zukunft vermeiden und wie sie entgegengesetzte Tugend verwirklichen können.
Sie sollen auf keinen Fall bei irgendeinem Mädchen ihre Mängel übertreiben, statt dessen ihrer Unwissenheit die Schuld geben, die gewöhnlich die Ursache für jede Schuld darstellt.
Bei ihrem Tadel sollen sie keinerlei Zorn walten lassen und den betroffenen und allen Mädchen den einzigen Zweck, der sie wirklich dazu treibt, durchscheinen lassen.
Schließlich sollen sich die Schwestern selbst davon überzeugen, wie unsere liebe taubstummen Mädchen mehr vom Wirken im Umgang mit ihnen lernen als von ihren erzieherischen mündlichen Belehrungen: sie sollen die Gedanken der Gerechtigkeit, des Verdienstes, der Schuld, der Verhältnismäßigkeit, der Strafe für eine Schuld und den Lohn für eine Tugend lernen, usw. in allem, was Moral und Recht betrifft.
Dafür sollen sie bei ihrem Handelns bei den Taubstummen immer Vorbilder der Gerechtigkeit und Billigkeit sein und immer aufbauend und nicht zerstörerisch wirksam sein."
"Das Präventivsystem behandelt den männlichen und weiblichen Zögling so, dass der Erzieher oder die Erzieherin zu ihnen immer mit der Sprache des Herzens spricht uns zwar in der Zeit, wo es um Erziehung geht, und außerhalb dieser." "Die Sprache des Herzens ist der Schlüssel, der es erlaubt, in das Geheimnis der kleinen Tauben einzutreten, um die Mauer, die sie von der äußeren Welt trennt, niederzureißen. Das Herz sprechen zu lassen bedeutet fähig zu werden, ihre Gewohnheiten zu entdecken, die inner Bedeutung ihrer Gesten kennenzulernen, ihre kleinen und großen ängste zu heilen; nur die Sprache des Herzens erlaubt es, ihnen zu helfen ihre natürliches Misstrauen zu überwinden und sie sich zum Vertrauen öffnen zu lassen und ihre soziale Interaktion zu fördern."
[Angelo Montonati, Due cuori una voce. Il beato Philipp Smaldone, apostolo dei sordomuti, Edizioni 1997; Text: S. 58f; Zitate: S. 64f. 75; eigene Übersetzung]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 07.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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