Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Das Amt des Priesters
Das Wort "Priester" leitet sich ab vom griechischen "presbyteros" (älterer, älteste, Senior) und wurde übernommen aus dem Disporajudentum, in dem die Gemeindeleiter als Presbyter bezeichnet wurden. Die Bezeichnung "hiereus", wie der heidnische Sakralpriester als Mittler zwischen den Göttern und Menschen genannt wurde, wurde für den Amtsträger bewusst vermieden, wohl aber für das GottesvoLukasevangelium insgesamt verwendet: (vgl. 1 Petr 2,5.9; Off 1,6; 5,10; 20,6). Im lateinischen Wort "sacerdos" und später auch im deutschen Wort "Priester" fiel diese strenge Unterscheidung zwischen hiereus und presbyter weg, was für das Amtsverständnis des Presbyters nicht ohne Folgen blieb.
1. Allgemeines Priestertum 2. besonderes Priestertum 3. geforderte Eigenschaften und Verhaltensweisen 4. Pflichten und Aufgaben eines P. 5. Gebet
1. Den Kirchenvätern war das allgemeine Priestertum noch bewusst. Im II. Vaticanum wurde diese alte überzeugung neu belebt (LG 31f.).
Allgemeines Priestertum aller Gerechten: Irenäus von Lyon (BKV II, 345)
Der priesterliche Schmuck und das Opfer des Christen kraft des allgemeinen Priestertums: Gregor von Nyssa (BKV 113-15)
Tatsache und Pflichten des allgemeinen Priestertums: Leo I. (BKV 11f.)
2. In einer Schrift gegen M. Luther verteidigte John Fisher († 1535) die katholische Lehre vom besonderen Priestertum gegen die protestantische Auffassung, es gebe nur ein allgemeines Priestertum aller Gläubigen.
"Dies wurde in sehr gerechter Weise von Gott bestimmt; das VoLukasevangelium [Gottes] nimmt die Gestalt der Herde ein, zu ihrer Leitung werden die Priester wie Hirten eingesetzt. Deshalb sagte auch Christus schon ein drittes Mal zu Petrus: ‚Weide meine Schafe! (Joh 21,17). Und in der Tat, wie sehr werden Schafe bei Abwesenheit von Hirten in mehrfacher Weise geschädigt: Denn einige verirren sich und werden von der übrigen Herde versprengt, einige verfallen in Krankheiten, die ohne sofortige Behandlung unheilbar werden. Andere werden von Wölfen und den anderen derartig grausamen Tieren verschlungen. Manche gehen des öfteren, weil sie nicht zu festgesetzten Zeiten zu Wasserstellen geführt werden, an Durst und Hunger zugrunde.
So verhält es sich ohne Zweifel auch mit dem VoLukasevangelium [Gottes], wenn die Hirten nicht mit größter Sorgfalt wachsam sind: Einige verfallen dann in seelische Krankheiten und stürzen in jede Art von Verbrechen, einige werden durch Häretiker und Schismatiker zugrunde gerichtet und jämmerlich zerfleischt. Viele gehen aus Hunger und Durst zugrunde, weil das Wort Gottes fehlt. Unzählige geraten schließlich auf Abwege und kommen weiter vom rechten Weg ab, so dass das eintritt, was Salomon im Buch der Sprichwörter (11,14) zum Ausdruck bringt: ‚Wo kein Lenker ist, wird das VoLukasevangelium zerstreut werden.
Das wagte vielleicht ein allzu Schamloser völlig in Abrede zu stellen, wenn wir es nicht Tag für Tag mit unseren eigenen Augen wahrnähmen. Doch haben wir die offenkundige Erfahrung gemacht: Dort wo Priester die ihnen anvertraute Herde in gleicher Weise mit Wort und Beispiel weiden, wird das VoLukasevangelium von vielen Irrtümern ferngehalten. Und im Gegensatz dazu stürzt das VoLukasevangelium , wenn Priester ihre Pflichten allzu nachlässig wahrnehmen, jählings in den Abgrund aller übel. Deshalb hat Christus zweifellos, als er eine noch ganz kleine Herde besaß, die zwölf Apostel eingesetzt, denen er noch die siebzig Jünger zur Seite stellte, und beiden Gruppen aufgetragen, das VoLukasevangelium zu lehren. Doch dem Petrus, den er seiner Herde als obersten Hirten hinterließ, legte er diese Aufgabe noch eingehender ans Herz, nämlich, er möge seine Herde, wenn er ihn liebe, sorgsam weiden. Außerdem wurde den Aposteln auch, sei es durch Christus [selbst] oder durch den Geist Christi, die Vollmacht verliehen, nach ihrem eigenen Ermessen Presbyter zu weihen und sie an die Spitze der Gemeinden zu stellen. Dabei fehlte auch nicht die Verheißung künftiger Gnade, sooft sie irgendjemand zu diesem Zweck ihre Hände auflegen würden …
Es steht [also] hinreichend fest, dass das Priestertum nicht etwas ist, das allen Christen gemeinsam ist, und dass es von Gott eingesetzt wurde."
[Johannes Fisher, Sacri sacerdotii defensio contra Lutherum (1525), hrsg. v. H. Klein Schmeink, CCath. 9, Münster i. W. 1925, S. 82f.; eigene Übersetzung]
3. Die Anforderungen an das besondere Priestertum sind hoch:
Das Priesteramt darf man nicht anstreben, wenn es aber angetragen wird, soll man es nicht ablehnen: Gregor von Nazianz (BKV I, 63f.)
Studium der Hl. Schrift als Vorbereitung auf das P.: Augustinus von Hippo (BKV IX, 41f.)
Das P. darf man nur annehmen, wenn man einen Eifer wie der Apostel Paulus hat:
Johannes „Chrysostomus” (BKV IV (P), 147-49).
Der P. muss in der Tugend gefestigter sein wie ein Mönch: JohannesChrysostomus (ebda., 92. 222-26. 228-35).
Ehrsucht ist eine seiner größten Versuchungen: JohannesChrysostomus (ebda., 149-51).
Fehler der P. können nicht verborgen bleiben: Johannes „Chrysostomus” (ebda., 159-61. 234f.).
Gregor „der Große” († 604) beschreibt, welche Eigenschaften jemand besitzen soll, der ein geistliches Amt übernehmen wird:
"Dieser nun muss
in jeder Weise in seinem Leben ein Vorbild werden, indem er, allen
Leidenschaften des Fleisches abstirbt und bereits ein geistliches
Leben führt, das Glück der Welt hintansetzt, vor keiner
Widerwärtigkeit zurückschreckt und sein Verlangen nur aufs
Innerliche richtet. Mit der darauf gerichteten Absicht stimmen Leib
und Seele überein, wobei dem keineswegs der Leib durch Schwäche
noch der Geist durch unehrenhafte Gesinnung entgegenstehen darf. Er
lässt sich nicht von der Gier nach fremdem Gut verleiten,
sondern gibt das Seinige [gerne] her. In barmherziger Gesinnung ist
er recht schnell zum Verzeihen bereit, lässt sich aber nie durch
zu billiges Verzeihen von der Höhe seiner Grundsätze
herabziehen. Er tut nichts Unerlaubtes, weint aber wie über
eigene Schuld, wenn andere solches tun. Er hat herzliches Mitleid mit
fremder Schwäche und freut sich über das Wohl des Nächsten
genauso wie über sein eigenes Wohlergehen. In all seinem Tun
erweist er sich den anderen als Vorbild, dass er vor niemandem, auch
nicht in Bezug auf seine Vergangenheit, zu erröten braucht. Er
bemüht sich so zu leben, dass er auch die trockenen Herzen
seiner Mitmenschen durch die Ströme seiner Belehrung zu
bewässern vermag. Durch übung und Erfahrung im Gebet hat er
schon erkannt, dass er vom Herrn alles erlangen könne, um was er
bittet, da ihm durch den Erfolg gleichsam eigens bedeutet wird: Noch
während du redest, werde ich sprechen: Siehe, ich bin da!
(Jes 58,9)."
[Pastoralregel 1,10: MPL 77,3; BKV2 2. R., Bd. 4,1, S. 80f. b]
NachJohannes von Capistrano († 1456) strahlt das Leben bewährter Kleriker Liebe und Heiterkeit aus:
Die an den Tisch
des Herrn berufen sind, müssen sich von allem Schmutz und von
aller Unreinheit der Sünde befreien. Das Ganze ihres
lobenswerten sittlichen Lebens muss in beispielhaftem Glanz leuchten.
Als Salz der Erde für sich selbst und für die übrigen
Menschen müssen sie in Ehren zusammenleben, sich von den
Mitmenschen unterscheiden und ihnen als Licht der Welt erstrahlen.
Von dem erhabenen Lehrer Christus sollen sie lernen, dass er nicht
nur zu den Aposteln und Jüngern, sondern auch zu all ihren
Nachfolgern, den Priestern und Klerikern, gesagt hat: ‚Ihr seid
das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit
kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; es wird
weggeworfen und von den Leuten zertreten
(Mt 5,13). Er wird
wirklich wie Unrat von den Menschen zertreten, der unreine und
schmutzige Kleriker, von der Jauche der Laster durchtränkt und
in den Netzen der Sünde verfangen. Keiner glaube, er tauge noch
etwas für sich oder andere. Darum sagt Gregor: ‚Wenn unser
Leben verachtet wird, dann auch unsere Predigt.
‚älteste, die das Amt des Vorstehers gut versehen, verdienen doppelte Anerkennung, besonders solche, die sich mit ganzer Kraft dem Wort und der Lehre widmen (1. Timotheusbrief 5,17). Würdige Priester sind doppelter Ehre wert: einmal wegen ihrer Stellung in der Gemeinde, sodann wegen ihres persönlichen Verhaltens, das ist aus einem zeitlichen und darum vorübergehenden Grund einerseits und aus einem geistlichen und darum ewig bleibenden Grund andererseits. Wenn sie auch wie alle sterblichen Geschöpfe, die der Naturnotwendigkeit unterworfen sind, auf der Erde leben, so geht doch ihr ganzes Streben dahin, ihr Leben in Gemeinschaft mit den Engeln im Himmel zu gestalten, damit sie als kluge Diener des Königs gefallen. Wie die Sonne, die bei Gott in der Höhe für die Menschen aufgeht, ‚so soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen (Mt 5,16).
‚Ihr seid das Licht der Welt (Mt 5,14). Denn wie das Licht nicht sich selbst erleuchtet, sondern seine Strahlen ringsumher auf alles übrige ergießt, um es sichtbar und hell zu machen, so macht auch das lichte Leben guter Kleriker alle, die es sehen, mit dem Glanz der Heiligkeit hell und heiter. Wer also berufen ist, für andere zu sorgen, der soll an sich selbst zeigen, wie wir im Haus des Herrn zu leben haben.
[Tractatus de Speculo Clericorum, p. 1, Venedig 1580, S. 2, zitiert nach: Mon. Lekt. zum 23.10.]
In der Predigt auf seiner letzten Synode fordert Karl Borromäus († 1584) Worte und Leben eines Priesters sollen zusammenstimmen:
Ich gestehe: Wir
alle sind schwach. Aber Gott, der Herr, hat uns Mittel gegeben, die
uns leicht helfen können, wenn wir nur wollen. Da ist ein
Priester, er weiß, dass von ihm Unversehrtheit und
Enthaltsamkeit verlangt wird und dass er, wie es sich gehört,
das Leben eines Engels führen muss. Er wollte das alles
vielleicht. Aber er denkt nicht daran, die Mittel zu gebrauchen: zu
fasten, zu beten sowie schlechte Unterhaltungen, schädliche und
gefährliche Vertraulichkeiten zu meiden.
Er beklagt sich: Wenn er zum Chorgebet schreitet, wenn er die Messe feiert, begegnen ihm tausend Dinge, die seine Gedanken von Gott ablenken. Aber was macht er vorher in der Sakristei, ehe er zum Chor oder zur Messe geht? Wie bereitet er sich vor, welche Mittel wählt und wendet er an, um seine Aufmerksamkeit zu wahren?
Soll ich dich lehren, wie du von Kraft zu Kraft fortschreiten (vgl. Ps 84,8) und, wenn du schon im Chor aufmerksam warst, wie du das nächste Mal noch aufmerksamer sein kannst und dein Dienst Gott noch wohlgefälliger werden kann? Höre, was ich sage! Wenn in dir schon ein kleines Feuer der Gottesliebe brennt, zeig es nicht gleich und setze es nicht dem Wind aus; halte den Ofen geschlossen, dass er nicht abkühlt und seine Glut verliert; fliehe - natürlich, wenn du kannst - die Zerstreuungen; bleibe gesammelt bei Gott und meide unnütze Gespräche.
Hast du die Aufgabe zu predigen und zu lehren? Studiere und bemühe dich um all das, was zur rechten Amtsführung nötig ist; mach, dass du vor allem durch Leben und Tat predigst; man soll nicht sehen müssen, dass du anders sprichst, als du tust, und darum über deine Worte spotten und den Kopf schütteln.
Bist du Seelsorger? Vernachlässige darüber nicht die Sorge für dich selbst und sei anderen gegenüber nicht so freigebig, dass für dich selbst nichts übrig bleibt. Du musst zwar an die Seelen denken, deren Vorsteher du bist, aber nicht so, dass du dich selbst vergisst.
Erkennt, Brüder, dass nicht allen Männern der Kirche in gleicher Weise dasselbe notwendig ist. Es gibt das innere Gebet, das allen unseren Handlungen vorausgeht, sie begleitet und ihnen folgt: ,Ich will dir singen, sagt der Prophet, ‚und erkennen (vgl. Ps 101,1). Spendest du die Sakramente, lieber Bruder, so bedenke, was du tust. Feierst du die Messe, so bedenke, was du darbringst. Singst du im Chor, bedenke, mit wem du sprichst und was du sagst. Leitest du Seelen, so bedenke, mit wessen Blut sie rein gewaschen sind, und ‚alles, was ihr tut, geschehe in Liebe (1. Korintherbrief 16,14). Alle Schwierigkeiten, die wir notwendig Tag für Tag in großer Zahl erfahren - wir sind ja in sie hineingestellt - werden wir leicht überwinden können. Auf diese Weise gewinnen wir die Kraft, Christus in uns und in anderen zu gebären.
[Predigt
des Karl Borromäus, Zum Herrenmahl bei der Fußwaschung
über das 13. Kapitel bei Johannes: Es war vor dem
Osterfest
, 27. März 1567, nach: H. Bach, Karl Borromäus,
Köln 1985; Sermo in ultima synodo habitus: Acta Ecclesiae
Mediolanensis, Mailand 1599, S. 1177f: zitiert nach Monastisches Lektionar zum
4.11.]
Nach Josef Maria Tomasi († 1713) braucht ein Pfarrer dem entsprechend folgende Eigenschaften für seinen Dienst:: "Die Hauptqualitäten [eines Pfarrers] müssen folgende sein: Güte in seiner Lebensführung, Eifer für das Heil der Seelen, wünschenswert wäre die Lehrfähigkeit eines Theologen, oder zumindest eines Kirchenrechtlers, und die Fähigkeit, das Evangelium erklären zu können und den Menschen an allen Sonn- und Feiertagen im Zeitraum einer gesungenen Messe dem VoLukasevangelium leichte und verständliche Unterweisung zu geben und nach dem Mittagessen eine Kinderkatechese zu halten."
[Brief vom 15. Februar 1707 an einen höheren Geistlichen]
Ratschläge vonMaria Maria Kreszentia Höß († 1744)an einen jungen Ordenspriester:
Sie wollen schon
lange Jahre in die Mission gehen; dazu rate ich Ihnen, dass Sie Ihren
Wunsch den Oberen andeuten und von Ihrer Begierde, für Gott
Seelen zu gewinnen, erzählen. Was die Oberen dann verordnen, das
nehmen Sie hin als göttlichen Willen. Schicken Sie die Oberen in
die Mission, wird Gott seine Gnade und seine Kräfte dazu geben.
Verlassen Sie sich völlig auf Ihre Oberen, dann wird geschehen,
was Gottes Wille ist; denn der Wille unserer Oberen ist der Wille
Gottes.
Was die Vorbereitung zur ersten heiligen Messe betrifft, kann ich Ihnen nichts Besseres raten, als dass Sie alle Ihre Verrichtungen und Studien mit größtem Eifer betreiben und sich so am besten vorbereiten. Sie sollten auch nicht vergessen Gott zu bitten, er möge Sie selbst würdig zubereiten zu diesem heiligen Werk. …
Sie möchten ferner den kürzesten Weg zur Vollkommenheit wissen: Der besteht in der Selbstverleugnung, in der rechten Verdemütigung und im vollkommenen Gehorsam. Diese drei Dinge üben bringt uns am raschesten zur vollkommenen Liebe.
Was die gute Meinung betrifft, dass wir alles Gott zuliebe tun und das Böse um Gottes willen meiden, so sollten wir nicht nur des Morgens allein eine gute Meinung machen, sondern untertags öfter das Gemüt zu Gott erheben. Das gibt viel Antrieb zum Guten und hält uns ab vom Bösen, wenn man sich Gottes öfter erinnert.
Was den Beichtstuhl betrifft, so rate ich Ihnen, mit den Sündern liebreich und mitleidig zu sein, das gewinnt die Herzen am meisten.
Was endlich Ihre Frage betrifft, wie Sie im Weinberg des Herrn nützlich und fruchtbar arbeiten könnten, kann ich Ihnen nichts anderes sagen, als dass das gute Beispiel eines tugendhaften Lebens am wertvollsten ist. Was man in der Predigt lehrt, muss man selbst im Werk vollbringen.
[J. Gatz, Leben der sel. Crescentia von Kaufbeuren (1682-1744), München 1930, 31978, S. 121f.]
Nach Antonius Maria Claret († 1870)kann der Motor des missionarischen und pastoralen Wirkens nur die Liebe sein, die Liebe zu Gott, zu Jesus Christus, zu Maria und zu den Menschen. Dementsprechend lautete auch sein Wappenspruch: Caritas Christi urget nos (Die Liebe zu Christus drängt uns).
"In der Tat wirkt das Feuer der Liebe bei einem Diener des Herrn so wie das Feuer in der Lokomotive der Eisenbahn und wie die Maschine in einem Dampfschiff, die alles mit größter Leichtigkeit in Bewegung setzt. Wozu nützte die ganze Maschinerie, wenn kein Feuer darin wäre und kein Dampf? Zu gar nichts nützte sie. Wozu kann es einem Priester nützlich sein, dass er seine ganze Ausbildung gemacht hat und zum Doktor der Theologie und beider Rechte promoviert wurde, wenn er das Feuer der Liebe nicht hat? Zu gar nichts. Es hat keinen Nutzen für andere, denn er wäre dann wie eine Lokomotive der Eisenbahn ohne Feuer; anstatt eine Hilfe zu sein, wäre er eher ein Hindernis."
[Autobiografie des hl. Antonius Maria Claret, Nr. 438, 441]
Nach Josef Benedikt Dusmet († 1894) ist es Aufgabe des Priester, "sich über die irdischen Ereignisse zu erheben, seinen Durst an der Quelle der göttlichen Gnaden zu stillen, sich im Zentrum des Lichts aufzuhalten, das ist die Aufgabe des Priestertums. Wenn der Priester mit der feierlichen Ruhe des Himmels den ohrenbetäubenden Lärm der Erde verwechselt, wenn er hinabsteigt, um sich in der Arena des Kampfes zu tummeln, wenn er dem Banner der Kinder des Zeitgeists folgt, wenn er am Programm und an den Passionen des Marktplatzes teilnimmt, wird man ihm heute applaudieren, nachdem er aber Gott verloren hat, wird die einzige Belohnung, die er zu erwarten hat, nichts weniger als Hohn und Spott sein."
[Aus seinem ersten Hirtenbrief vom 14.März 1867]
"In der Einsamkeit der Gefängniszelle" in Glatz, am 19. November 1941, vier Wochen vor seiner Einlieferung in das KZ, beginnt Gerhard Hirschfelder († 1942) seine Gedanken über "das Priestertum des hl. Völkerapostels Paulus" niederzuschreiben.
Wichtige Gesichtspunkte sind:
- Einsatz voll Eifer: "Von einem Tagewerk ‚mit heißem Bemühen‛ müssten wir an jedem Abend reden können. Nichts dürften wir scheuen, selbst das eigene Opfer des Lebens nicht, nicht die Leiden und Misshandlungen, nicht den äußeren Misserfolg, nicht die Mühe der Kleinarbeit, an jedem Einzelnen zu arbeiten wie ein Vater an seinen Kindern."
- Vorbild sein: "Es ist doch eigentlich recht gefährlich, etwas predigen oder im Beichtstuhl fordern zu müssen, was man selbst nicht hält, oder vielleicht ist es noch gefährlicher, wenn ‚man‛ es sagt und die Leute wissen genau, wie schlimm es damit beim Priester selbst steht."
- Nächstenliebe: "Gerade die, die niedergedrückt seien, brauchten den Priester, der aufrichte und ihnen ‚geistige Kost‛ gebe, ja den sie selber als geistige Kost erleben."
"Den anderen selbstlos lieben, ohne dass er es weiß und danke sagen kann."
- Liebe zur Gemeinde: "Wir dürfen den Menschen weder Herz noch Hand verschließen. Unsere Augen müssen stets voll Liebe blicken, auch wenn vorher unsere eigene Sorge übergroß wurde. jeden mit derselben Freundlichkeit, ja wie ein Vater (1 Thess 2,11), wie eine Mutter (Gal 4,19) müssen wir den Ersten wie den Letzten aufnehmen."
- Tadel aus Liebe: "Oft verschweigt ein Priester, der seine Gemeinde nicht beleidigen will, manches, was gesagt werden müsste. Das ist falsch, die Gemeinde hat so den größten Schaden. Tadelnde Worte müssen freilich sehr überlegt werden, dann werden sie zwar der Gemeinde wehtun, aber nicht verletzen."
- Leid: "Christsein ist … stärkstes Selbstloswerden. Kann man das, ohne im Leid zu stehen? Also sind wir doch Gott zu höchstem Dank verpflichtet, wenn er uns durchs Leid herauszieht aus der Leidenschaft der Ich-Kultur. Wenn wir darum durch Leid ‚äußerlich‛ aufgerieben werden, können wir ‚innerlich‛ erneuert werden."
"Gott hat den Menschen viele Kräfte gegeben, die aber erst geweckt werden müssen: Glaube, Hoffnung, Liebe werden nicht zur Tugend, wenn sie nicht erprobt werden. Glaubenshelden sind geworden in der Zeit der Prüfungen."
- Fröhlichkeit: "Unseren wirklichen seelischen Reichtum kann ja die Welt nicht erkennen. Man denkt, man nehme uns alles, wenn man uns irdische Besitztümer raubt, aber gerade damit erwerben wir uns ja den großen Reichtum. Und so kann der Christ, besonders der Priester, der immer fröhliche Mensch sein, weil Christus, für den wir leben, nicht zu töten ist."
[Hugo Goeke, Gerhard Hirschfelder. Priester und Märtyrer. Ein Lebensbild mit Glaubenimpulsen für heutige Christen, Münster 2 2011, S. 163ff.]
Hermann Josef Wehrle († 1944): "Der Priester weiß, dass er nicht für sich da ist, und nur, wer sich selbst vergisst, wird ein glücklicher Priester."
4. Die Kirchenväter befassen sich immer wieder mit den Pflichten und Aufgaben der Priester:
P. nicht anstreben aber auch nicht ablehnen, wenn es angetragen wird: Gregor von Nazianz (BKV I, 63f.)
Falsche und rechte Auffassung über das Priesteramt: Augustinus von Hippo (BKV IX, 40f.)
Einsatz des Lebens: Augustinus (BKV V, 277f.)
Aus Liebe zu Christus, nicht aus Selbstsucht: Augustinus von Hippo (BKV VI, 375-78)
Pflichten der Presbyter gegenüber den Gläubigen: Apostolische Väter (BKV 166)
Pflicht des Gehorsams gegenüber Bischof und Presbyterium (ebda., 118-20 u. ö.)
Hohe Anforderungen an den P.: Vorbild, Seelsorge. Lehre: Gregor v. Nazianz (BKV I, 10-58)
Der P. soll mehr durch überzeugung gewinnen als mit Gewalt (ebda., I, 131. 269).
Paulus als Vorbild des Seeleneifers: Chrysostomus (BKV VII, 56-61)
Pflichten des P.: Ambrosius (BKV III, 184f. 188-91)
Pflicht zum guten Beispiel: Epiphanius (BKV 165)
Eifrige Ausübung des Hirtenamts als Beweis der Liebe zu Christus: Chrysostomus (BKV IV(P), 117-20)
Die schwere Aufgabe und Verantwortung: Chrysostomus (BKV IV, 120-26)
Er soll 1000 Augen haben, da er für eine so große Volksmenge zu leben hat. (ebda., 155)
Strenge Rechenschaft für die ihm anvertrauten Seelen (ebda., 221f.)
Pflichtgemäße Heiligkeit (ebda., 22f. 226-28)
Beter für alle (ebda., 226)
Aufgaben im Rahmen der kirchlichen Hierarchie: Dionysius (BKV 169-72. 179. 181)
In seiner Ansprache an die Priester gibt Leo IV. († 855) genaue Verhaltensanweisungen, die teils zeitgebunden, teils heute noch gültig sind:
"Brüder, älteste und Priester des Herrn, ihr seid für mich Mitarbeiter … Wir vertreten die zwölf Apostel, ihr gleicht den siebzig Jüngern. Wir aber sind eure Hirten, ihr aber seit Hirten der euch anvertrauten Seelen …
Vor allem geben wir die Mahnung und feste Vorschrift, dass euer Lebenswandel untadelig sei …
Besucht die Kranken und ermahnt sie, ihre Angelegenheiten vernünftig zu ordnen; dann spendet ihnen das Sakrament der Versöhnung und salbt sie gemäß der Weisung des Apostels mit dem heiligen öl! …
Keiner von euch fordere für die Taufe von Kindern oder für die Versöhnung der Kranken oder die Bestattung der Toten einen Preis oder ein Geschenk! …
Keiner von euch sei dem Trunk ergeben, keiner streitsüchtig, da es sich für einen Diener Gottes nicht ziemt zu streiten. Keiner von euch trage Waffen [auch nicht] bei einem Aufruhr, denn eure Waffen sollen geistlicher Art sein.
Keiner widme sich dem Vergnügen mit Hunden oder Vögeln! Keiner trinke in den Tavernen! Ein jeder von euch verkünde, soweit es ihm gegeben wird und es an ihm liegt, am Tag des Herrn und an Festtagen seinem [ihm anvertrauten] VoLukasevangelium einen Abschnitt aus dem heiligen Evangelium oder aus den Apostelbriefen. Ihr sollt das Wort Gottes aus der Tiefe eures Herzens dem VoLukasevangelium verkünden und nicht leere Fabeleien. Tragt Sorge für die Armen, die Pilger und die Waisen und ladet sie zu euren Mahlzeiten ein. Seid gastfreundlich, damit andere an euch ein gutes Beispiel nehmen können … Keiner soll mehrere Kirchen innehaben ohne die Hilfe anderer Priester …
Geliebte Brüder, wir wollen, dass ihr danach strebt das, was ihr von uns überliefert bekommen habt, mit guten Werken zu erfüllen, soweit es die menschliche Schwäche zulässt. Dies geschehe mit der Hilfe des Herrn Jesus Christus, der mit dem Vater lebt in der Einheit mit dem Heiligen Geist in Ewigkeit." [Homilia, in: MPL 115, Sp. 675-84; eigene Übersetzung]
5. Zum Priester geweiht bittet Johannes von Damaskus († 754) Gott um seinen Beistand:
"Herr, Du hast mich jetzt durch die Hände deines Bischofs zum Dienst für deine Kinder berufen. Weshalb du dies aber gemäß deiner Vorsehung getan hast, weiß ich nicht: du allein weißt es.
Herr, mache aber die schwere Last meiner Sünden, mit denen ich mich schwer verfehlt habe, leicht! Reinige meinen Geist und mein Herz!
Führe mich wie ein leuchtendes Licht auf dem rechten Weg! So kannst du bei mir sein und immer auf mich blicken.
öffne meinen Mund und gib mir das [rechte] Wort! Gewähre mir eine klare und gewandte Zunge durch die feurige Zunge deines Geistes!
Sei du mein Hirte, Herr, und sei mit mir Hirte, damit mein Herz mich nicht weder zur Rechten noch zur Linken abweichen lässt, sondern dein guter Geist lenke mich auf den rechten Weg! Was ich tue, so bitte ich inständig, geschehe nach deinem Willen! Amen."
[Aus der Erklärung des Glaubens, Monastisches Lektionar vom 4. Dezember]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 06.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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