Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Auferweckung, Heil und Ewiges Leben
Da Auferweckung, Heil und ewiges Leben die irdische Wirklichkeit überschreiten, sind hier nur analoge Aussagen möglich.
1. die Tatsächlichkeit (das Dass)
2. die Notwendigkeit (das Warum / Wozu)
3. die Beschaffenheit (das Wie)
1. die Tatsächlichkeit (das Dass)
Athenagoras von Athen über die Auferweckung der Toten: Apologeten (BKV I 326 - 365).
Gespräch mit Makrina über die Seele und Auferweckung: Gregor von Nyssa (BKV 243 - 334).
Gott, der dem Leib das irdische Leben gab, kann ihn auch auferwecken: Irenäus von Lyon (BKV II 480 - 483, 485).
Methode des Beweises der Auferweckung: Apologeten (BKV I 347f).
Die Auferweckung zur Unsterblichkeit und Gottschauung: Apologeten (BKV II 18f).
Die Auferweckung des Fleisches ist möglich: Apologeten (BKV I 85f und öfter); Tertullian (BKV II 171 - 173).
Die Auferweckung ist eine feststehende Tatsache: Tertullian (BKV I 48).
Erweis der Auferweckung aus dem Gegensatz des Menschen zu Tier und Pflanze: Ephraem der Syrer (BKV I 298 - 300).
Möglichkeit und Tatsächlichkeit der Auferweckung: Cyrill von Jerusalem (BKV 77f, 337 - 349).
Die Auferweckung des Leibes ist nicht zu hindern durch Vernichtung des Leibes: Augustinus von Hippo (BKV I 44 - 46).
Natursymbole der Auferweckung: Apostolische Väter (BKV 42f); Apologeten (BKV II 22 - 24, 196); Epiphanius von Pavia (BKV 133 - 135); Petrus „Chrysologus” (BKV 281).
Die erste Auferweckung ist die der Seelen, die zweite die der Leiber: Augustinus von Hippo (BKV III 273 - 276 und öfter).
Die mit Christus auferstandenen Heiligen legten ihre Leiber nicht wieder ab: Epiphanius von Pavia (BKV 154f).
Jesu Auferweckung und unsere Auferweckung: Papst Leo „der Große” (BKV II 193).
Irenäus von Lyon (†
um 202)
Gott will unser Heil,
weil er gut ist, er kann
es, weil er mächtig ist, er tut es, weil er unendlich gut ist.
[BKV I 186]
Cyprian von Karthago († 258):
Wir dürfen
um unsere Brüder nicht trauern, wenn sie durch den Ruf des Herrn
von der Welt befreit worden sind. Wissen wir doch: Sie gehen [uns]
nicht verloren, sondern nur voraus, sie schreiten uns mit dem
Abscheiden nur voran; wir dürfen uns zwar, wie es beim Aufbruch
zu einer Land- oder Seereise üblich ist, nach ihnen sehnen, aber
nicht um sie klagen, noch hier schwarze Kleider anlegen, wenn sie
dort bereits weiße Gewänder angetan haben; denn man darf
den Heiden keine Gelegenheit geben, uns mit Fug und Recht zu tadeln,
weil wir die, die doch nach unseren Worten bei Gott leben, als tot
und verloren betrauern und so den Glauben, den wir in Wort und Rede
kundtun, nicht auch mit dem Zeugnis unseres Herzens und unserer Seele
erweisen.
[mort. 12.13.18.20: CSEL 3,1; BKV II 34, S. 242f, 247 - 249 b]
Athanasios von Alexandria († 373):
Für den
Gerechten gibt es keinen Tod, sondern nur einen übergang.
Damasus I. (†
384) hat in Hexametern seine eigene Grabinschrift
verfasst:
Der über die
rauen Fluten des Meeres geschritten ist,
Der den sterbenden
Samen der Erde neues Leben gewähre,
Der Lazarus seine
Fesseln lösen konnte,
nachdem er des Todes
Finsternis geschaut und
zum dritten Mal das
Licht der Sonne bei den Erdenbewohnern erstrahlte,
den Bruder wiederum
seiner Schwester Maria zu schenken vermochte,
wird, nachdem er zu
Staub geworden,
[auch] Damasus zum
Leben erwecken ob meines Glaubens daran.
[Carmen 34: MPL 13, Sp. 408f; eigene Übersetzung]
Entsprechungen in
der Natur erleichtern uns nach Cyrill von Jerusalem (†
386 ?) den Glauben an unsere Auferstehung von den
Toten:
Schau von der
Natur der Dinge her auf die Tatsachen: Nehmen wir an, es werde Weizen
oder eine andere Samenart gesät. Ist der Same in die Erde
gefallen, dann stirbt er und fault und wird ungenießbar. Obwohl
er verfault ist, wird er wieder erweckt und grünt. Und war er
auch klein, da er [in die Erde] fiel, wird er überaus schön,
da er aufersteht. Nun ist aber der Weizen unseretwegen erschaffen
worden; denn zu unserem Gebrauch und nicht seiner selbst wegen sind
der Weizen und die [anderen] Samen entstanden. Wenn nun das, was
unseretwegen erschaffen worden ist, stirbt und wieder lebend wird,
sollten dann wir, derentwegen [all] dies entstanden ist, nach unserem
Tode nicht auferweckt werden?
Es ist jetzt Winter,
wie du siehst. Die Bäume stehen jetzt wie abgestorben da. Wo
sind die Blätter des Feigenbaums? Wo sind die Trauben des
Weinstocks? Doch was im Winter tot ist, grünt im Frühling.
Kommt die Zeit, dann wird neues Leben gegeben, gleichsam eine
Auferstehung von den Toten. Da Gott deinen Unglauben kennt, wirkt er
Jahr für Jahr in diesen Erscheinungen eine Auferstehung, damit
du auf Grund dessen, was du in der unbeseelten Welt wahrnimmst, auch
eine Auferstehung der beseelten, vernunftbegabten Wesen glaubst.
[catech. 13.33: MPG 33, Sp. 1023 - 1025; BKV II 41,
S. 340f b]
Nach Fulgentius von Ruspe († 532 ?)
feiern wir zu Weihnachten und
Ostern die zweifache Geburt Christi:
Es ziemt sich,
Brüder, am Tag der Geburt des Herrn auch feierlich die Botschaft
vom Tag seiner Auferstehung zu vernehmen. Denn wie der eingeborene
Gott sich herabließ, für uns geboren zu werden, so ließ
er sich auch herab, für uns im Fleisch zu sterben und wieder
auferweckt zu werden. Dies ist ja der Tag des Besuchs [der
Herabkunft], jener der Tag der Erlösung. Das Werk der Gnade
nämlich, durch welches uns der eingeborene Gott gerettet hat,
hat er bei seiner Empfängnis im Mutterschoß begonnen;
dieses Werk der Gnade hat er nach seiner Auferweckung aus dem Grab
vollendet. Durch die Empfängnis im Mutterschoß wurde er
teilhaftig unseres Todes; durch die Auferstehung aus dem Grab hat er
uns teilhaftig gemacht seines Lebens, Nun also wollen wir alle den
Herrn bitten, dass er, wie er an diesem Tag seinem Volk Freude
verleiht, er auch alle in Freude und Frieden zu jenem Tag geleite und
sein Volk im Glauben und in der Liebe behüte. Amen.
[Fulgentius von Ruspe: Predigt
über die zweifache Geburt Christi, übersetzt aus dem Lateinischen von
Leo Kozelka. In: BKV, München 1934, S. 206]
Der deutsch-italienische Priester, Jugendseelsorger, Religionsphilosoph und Theologe Romano Guardini
(† 1968):
Der Tod ist die uns zugewandte
Seite jenes Ganzen, dessen andere Seite Auferstehung heißt.
Der Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte Karl Rahner (†
1984):
Der Tod ist für
den gläubigen Christen ein Fallen in die Hände des
lebendigen Gottes.
Unsere
Verstorbenen sind nicht die Vergangenen, sondern die
Vorausgegangenen.
2. die Notwendigkeit (das Warum / Wozu)
Die Auferweckung ist Frucht des christlichen Lebens im Heiligen Geist: Irenäus von Lyon (BKV II 611f).
Durch die Auferweckung nimmt auch der Leib an der Vergeltung teil: Apologeten (BKV I 324).
Die Auferweckung ergibt sich aus der Bestimmung des Menschen: Apologeten (BKV I 343 - 346).
Das Wesen des Menschen ist Grund der Auferweckung: Apologeten (BKV I 348 - 352, 363f).
Die Auferweckung ist nötig zur gerechten Vergeltung: Apologeten (BKV I 354 - 362).
Die Auferweckung vermehrt die Freude der Guten und die Qual der Bösen: Augustinus von Hippo (BKV V 312).
Bei der Auferweckung geht Finsternis bzw. Licht auch auf den Leib über: Makarius der Ägypter (BKV 15 und öfter).
Die verschiedene Herrlichkeit des Auferstandenen: Makarius der Ägypter (BKV 282f).
Hilarius von Arles († 449) lässt bei seiner Leichenrede auf
Bischof Honoratus, seinen Vorgänger auf dem Bischofsstuhl von
Arles, diesen nochmals selbst zu Wort kommen,
drückt dabei aber selbstverständlich auch seine eigene Überzeugung aus:
Als bei ihm [dem
im Sterben liegenden Honoratus] die Beamten, der Präfekt und die
Leute des Präfekten zusammenkamen, welch leidenschaftliche
Anweisungen gab er da, obwohl ihn schon Kälte des Todes
erfasste, dabei begann er von seinem eigenen Ende ausgehend eine
zutiefst berührende Mahnrede. Und es war völlig angemessen,
dass er, der beständig Beispiel für ein [gelingendes] Leben
gegeben hatte, auch nun seinen Tod zum Vorbild machte. Er sagte:
Ihr
seht, welch zerbrechliche Herberge wir bewohnen. Wohin wir im Leben
aufstiegen sind, von dort werden wir im Tode wieder abgezogen werden.
Von diesem unvermeidlichen Schicksal erlösen keinen Ehrenämter,
keine aufgehäuften Schätze. Dies Schicksal ist Gerechten
und Ungerechten, Mächtigen und Niedrigstehenden gemeinsam.
Wir
schulden Christus großen Dank, der durch seinen eigenen Tod und
seine Auferstehung unseren Tod mit der Hoffnung auf Auferstehung Mut
gegeben hat, indem er uns ewiges Leben anbot und den Schrecken ewigen
Todes beseitigt hat. Führt also so euer Leben, dass ihr nicht
das Ende eures Lebens fürchten müsst; und erwartet das, was
wir Tod nennen, gleichsam als Übersiedelung. Der Tod ist keine
Strafe, wenn er nicht zur Todesstrafe führt. Zwar ist die
Trennung von Fleisch und Seele hart; aber viel härter ist, wenn
Fleisch und Seele zusammen in den Flammen der Hölle schmachten;
es sei denn der Geist erkennt in seinem ganzen Leben seine edle
Gesinnung wieder und hat seinem Leib den Krieg und seinen leiblichen
Lastern den Kampf angesagt; dann dürfte er bei der glückseligen
Trennung vom Unrat des Fleisches beide Wesenheiten [nämlich Leib
und Seele] für den ewigen Frieden unbefleckt bewahren, um sie
dort auf glückselige Weise zu vereinen, wo die Heiligen in
Herrlichkeit jubeln werden und sich in ihren Gemächern freuen
werden, d. h. in ihren [verklärten] Leibern wie in ihren [neuen]
Heimstätten; dann werden sie das, was ihre Glieder gemeinsam der
Gerechtigkeit geweiht haben, als ihre vertrauten Herbergen
wiedererkennen. Das sollt ihr also tun! Nun hinterlässt euch
euer Bischof Honoratus das Erbe: Mit seinem letzten Atemzug lädt
er euch in das Erbe des himmlischen Reiches ein. Keiner soll zu sehr
von der Liebe zu dieser Welt festgehalten werden. Am besten ist, dass
du freiwillig verschmähst, was du offensichtlich mit
Notwendigkeit einmal entbehren musst. Niemand soll aufgrund seiner
Schätze in Saus und Braus leben, keiner diene dem Geld, keinen
soll der leere Prunk des Reichtums verderben. Es ist ein Frevel, sein
Heil für Verderben bringendes Materielles zu verkaufen, und dass
jemand von dem gefangengenommen wird, wovon er erlöst werden
kann.
[S. Hilarii sermo de vita S. Honorati, Nr. 32, c.7, MPL 50, Sp. 1266f;
eigene Übersetzung]
3. die Beschaffenheit (das Wie)
Materielle Identität des auferweckten mit dem irdischen Leib: Apologeten (BKV I 336 und öfter); Gregor von Nyssa (BKV 301f, 315); Epiphanius von Pavia (BKV 138 - 156).
Wie die stoffliche Identität des auferstandenen Leibes mit dem irdischen möglich ist: Gregor von Nyssa (BKV 281 - 285).
Die Beschaffenheit des auferstandenen Leibes der Gerechten: siehe Origenes; Ephraem der Syrer; Augustinus von Hippo; Papst Leo „der Große”; der nach dem in Apostelgeschichte 17, 34 erwähnten Dionysius benannte Pseudo-Dionysios „der Areopagite”
Nach Makrina „der Jüngeren”
(† 379/380) bedarf die Seele, um mit Gott vereint zu
werden, der Läuterung:
Wie nämlich diejenigen,
welche die dem Gold beigemischte Schlacke in reinigendem Feuer
ausscheiden wollen, nicht bloß das Unreine, sondern mit
unausweichlicher Notwendigkeit auch das Gold im Läuterungsfeuer
zur Schmelze bringen, und wie dabei das edle Metall erhalten bleibt,
alles Unedle aber verzehrt wird, so muss auch das Böse nach
einem Gesetz der Notwendigkeit durch ein Reinigungsfeuer verzehrt
werden; hierbei muss aber auch die Seele so lange im Feuer aushalten,
bis die beigemischte unechte Schlacke und unsaubere Materie im Feuer
ganz verbrannt ist.
[Gregor von Nyssa:, Gespräch mit Makrina über Seele und
Auferstehung, in: Des heiligen Bischofs Gregors Schriften,
BKV II 56, München 1927, S. 296]
Simon Fidati da Cascia (†
1348):
Über das ewige Leben kann und soll man
nicht zu ausführlich reden, denn die mehr darüber zu sagen
versuchen, sind eher Schwätzer als Redner zu nennen.
Die französische Mystikerin Lucie Christine
(† 1908):
Die Ewigkeit ist keine Zeit,
die sich endlos in Vergangenheit und Zukunft erstreckt. Sie hat weder
Vergangenheit, noch Gegenwart, noch Zukunft. Sie ist das einfache
Dasein, ohne irgendwelche Zeitlichkeit.
(27. November 1883)
Johannes Tauler († 1361):
Unsere Seligkeit
liegt nicht an unseren Werken, sondern an der Größe der
Liebe.
Thomas von Kempen
(† 1471):
Um eine geringe
Stelle läuft man meilenweit, aber um des ewigen Lebens willen
heben viele den Fuß nicht auf.
Was der Zeit
unterworfen ist, das gebrauche; was ewig ist, danach strebe.
Wie weise und
glücklich ist der, welcher so lebt, wie er am Ende wünschen
wird, gelebt zu haben.
Viele Menschen
erkaufen sich die Hölle mit so großer und schwerer Arbeit,
dass sie sich mit der Hälfte dessen hätten den Himmel
erkaufen können.
[Thomas von Kempen: Imitatio Christi]
Robert Bellarmin
(† 1621):
Wenn Du weise
bist, verstehst du, dass du zur Ehre Gottes und für dein ewiges
Heil geschaffen bist. Das ist Dein Ziel, das ist das Zentrum deiner
Seele, das ist der Schatz deines Herzens. Daher schätze das als
wahrlich gut für dich, was dich zu deinem Ziel führt, und
das als wahrlich schlecht, was dich hindert, es zu erreichen.
Glückliche oder widrige Ereignisse, Reichtum und Armut,
Gesundheit und Krankheit, Ehre und Schmach - der Weise soll sie weder
um ihrer selbst willen suchen, noch vor ihnen fliehen. Sie sind nur
gut und wünschenswert, wenn sie zur Ehre Gottes und zu deinem
ewigen Glück beitragen, sie sind schlecht und zu meiden, wenn
sie dies behindern.
[Der
Aufstieg der Seele zu Gott 1: Welches Gebot ist das erste von
allen?
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 27.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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