Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Freude

Wahre Freude ist göttlichen Ursprungs: So nennt sie Paulus eine Frucht des Hl. Geistes (Gal 5,22). Sie ist aufs engste verbunden mit der Liebe.

1. Berechtigte Trauer und Freude 2. die geistliche Freude

1. Wert der rechten F.: Apostolische Väter (BKV 220)

Der Wert der F. bestimmt sich nach dem Gegenstand der F.: Johannes „Chrysostomus” (BKV III 235).

Leo IX. († 1054)fingiert einen Dialogs zwischen Laster und Tugend:

"Die Traurigkeit sagt: Was hast du für einen Grund, dich zu freuen, wenn du so große übel von deinen Nächsten tragen musst? Erwäge doch, mit welcher Trauer alle anzuschauen sind, die sich mit bitterer Galle gegen dich wenden!

Die geistliche Freude antwortet: Ich kenne eine zweifache Trauer, vielmehr ich weiß, dass es zwei Arten von Traurigkeiten gibt: nämlich eine, die das Heil, eine andere, die das Verderben wirkt, eine, die zur Reue hinzieht, eine andere, die zur Verzweiflung führt. Du freilich wirst als die eine von ihnen entlarvt, als die, die du gänzlich den Tod wirkst. Man darf also nicht über das trauern, was du anrätst, sondern im Gegenteil soll man sich eher freuen, bei dem, was du noch nicht kennst, da der Geber der ewigen Freude gesagt hat: ‚Wenn euch die Menschen verfolgen, wenn sie in Lüge Schlechtes gegen euch reden wegen meines Namens, dann freut euch und jubelt an jenem Tag, denn siehe, ihr werdet im Himmel belohnt werden.‛ (Mt 5) … Trauer darf also da nicht Platz haben, wo so große Freude folgt." [Leo IX., De conflictu vitiorum atque virtutum, MPL 143, Sp. 567; eigene Übersetzung]

Simon Fidati († 1348):

"Du Seele, lass nur dann über etwas und mit etwas Freude aufkommen, wenn es dem Wohlgefallen Gottes, dem sittlichen Verhalten und dem Gott wohlgefälligen Wirken entspricht und [dafür] Zeit geopfert wurde. Und im Gegensatz dazu lass nur dann über etwas und in etwas und mit irgendeiner Person Trauer aufkommen, wenn es Gott missfällt und es mit Laster oder Sünde verbunden ist und die guten Werke unterlassen und Zeit sinnlos vergeudet wurde." [Simon Fidati de Cassia OESA, L'ordine della vita cristiana. Tractatus de vita christiana (CASSICIACUM Suppl. 19), ed. Willigis Eckermann O.S.A., Augustinus von Hippo-Verlag, Würzburg 2006, S. 162; eigene Übersetzung]

Blaise Pascal († 1651): "Der Mensch ist für die Freude geboren."

Madeleine Delbrel († 1964): "Miss deine Freude nicht am körperlichen Wohlbefinden."

2. Die christliche F. im Leiden: Basilius (BKV II 196-203. 208f. 216. 220)

Gründe der F. für den Christen: Basilius (BKV II 200. 221f.)

Die ewige F. Gottes über seine Auserwählten: Augustinus von Hippo (BKV VI 129f.)

Elisabeth von Thüringen († 1231): "Wo man Liebe sät, wächst Freude empor."

Thomas von Celano († 1260):

"Das sicherste Mittel gegen tausenderlei Nachstellungen und Listen des bösen Feindes ist, wie unser Heiliger zu versichern pflegte, die geistliche Freude. Er sagte nämlich: 'Dann hüpft der Teufel am meisten vor Freude, wenn er einem Knecht Gottes die Freude des Geistes entreißen kann. Er trägt Staub bei sich, den er nach Belieben in die kleinen Falten des Gewissens hineinwirft, um die Sauberkeit des Gewissens und die Lauterkeit des Lebens zu beschmutzen. 'Wenn aber', sagte er, 'die geistliche Freude die Herzen erfüllt, dann spritzt die Schlange vergeblich das tödliche Gift aus. Die bösen Geister können einem Knecht Christi nichts anhaben, wenn sie ihn mit heiliger Fröhlichkeit erfüllt sehen. Wenn jedoch der Geist in kläglicher Stimmung trostlos und traurig ist, wird er leicht entweder von der Traurigkeit aufgesogen oder eitlen Freuden überlassen … Der Knecht Gottes, der, wie es vorkommen kann, aus irgendeinem Grund verwirrt ist, muss sich sofort zum Gebet erheben und so lange vor dem höchsten Vater verharren, bis er ihm die Freude seines Heiles wiedergibt'."

[Thomas von Celano, Leben und Wunder des heiligen Franziskus von Assisi, übersetzt von Engelbert Grau, Dietrich-Coelde-Verlag, Werl /Westf. 1988, K. 88, S. 333f.]

Bonaventura († 1274):

"Die geistige Freude ist das sicherste Merkmal der in uns wohnenden Gnade Gottes."

Nikolaus von Kues († 1464)beschäftigt sich mit der Frage: Was ist wahre Freude?

"Die Freude wohnt im vernünftigen Geiste, in dem die Liebe ist, denn aus dem Feuer der Liebe kommt die Freude, denn sie ist ein Ergötzen, das die Wärme der Liebe begleitet. Diese Wärme ist der Seele gleichsam die Ausbreitung einer ihr zusagenden Begeisterung, die sie durch den Einfluss des geliebten Gegenstandes, dem sie eine gastliche Wohnung in sich bereitet, erweckt In den Tieren ist eigentlich keine Freude, obwohl sie sich an dem ergötzen, was ihnen zusagt. Die Freude entsteht aus dem Bewusstsein der Gegenwart des geliebten Gegenstandes; es ist, als ob sich die Seele erweitere, um das Geliebte, das sie schon erfasst hat, noch fester zu umfassen. Die Traurigkeit verengt, um das dem Leben nicht Zusagende auszustoßen, die Freude dehnt sich aus, um das dem Leben Zusagende festzuhalten. Der Traurige schließt die Augen und schränkt den Blick ein; der Freudige öffnet und erweitert ihn, sein Auge strahlt. Die vernünftige Freude ist ein gewisses Gefühl des Geistes, der seine Lebensfülle empfindet. Die Seele, von der Liebe berührt, erweichet, wie das von der Wärme berührte Wachs …

Welche Seele wird nicht zum Jubel hingerissen, wenn sie die Quelle des Lebens in sich fühlt? Wenn sich die freuen, welche Beute unter sich verteilen oder das Verlorene wieder erhalten, verborgene Schätze finden, oder das Augenlicht wieder erlangen, so ist die Freude des Geistes unendlich größer bei dem, der die Quelle des Lebens in sich findet, ein nie mangelndes Leben, die Weisheit, die Schöpferin von allem. Dies ist der belebende Geist, der notwendig Freude schafft, weil er der Geber unsterblicher Freude ist. Die Seele, deren Fassungskraft unendlich ist, bleibt immer leer, solange der fehlt, der sie allein mit Freude erfüllen kann. Ich bin gesättigt, wenn deine Herrlichkeit erscheint. Von der sinnlichen Freude leitet uns der Herr durch Vergleichung zu der geistigen. Nun ist die sinnliche Freude zeitlich, mangelhaft, vergänglich, trügerisch. Die geistige, die unsichtbar ist, ist somit ewig; denn das Unsichtbare ist ewig. Und diese Freude ist notwendig rein, denn die leere vergängliche Freude ist mit vielem Widrigen verbunden und ihr Ende ist Trauer. Wie die Traurigkeit dieser Welt Grade zur vollen absoluten geistigen Freude, außer wenn der Geist in die Freude des unsterblichen Lebens eingeht In dieser Welt ist also keine reine Freude, wie keine absolut größte Traurigkeit … In dieser Welt, wo Gegensätze sind, ist nichts gesichert. Nur die größte Freude, über die hinaus keine größere gedacht werden mag, ist gesichert. Denn sie ist über allen Gegensatz erhaben und frei von aller Traurigkeit, wie der Himmel von aller Dunkelheit frei ist, weil die Sonne, die Ursache des Lichts, dort immer scheint. So ist in der himmlischen Freude die Ursache der Freude, Gott, die Sonne der Gerechtigkeit, immer gegenwärtig, und die Wirkung hört nie auf, da die Ursache immer wirkt. Das ist die wahre Freude, während die Freude dieser Welt nur (vorübergehende) Erscheinung, nicht Wahrheit ist. Wie trügerisch die Freude der Welt sei, erhellt aus ihrem Ende und den Strafen, die ihr folgen. Sie ist wie die Freude des Trinkers, auf welche verdummende Betrunkenheit folgt, oder wie die Freude des Turniers und Tanzes, welche Ermüdung bis zur Entkräftung zur Folge hat, oder wie die Freude derer, welche die ersten noch sauren Trauben beim Beginne der Tafel essen und dadurch die Zähne abstumpfen, dass sie für schmackhaftere Speisen nicht mehr tauglich sind. So sind die Weltfreuden ein Hindernis für die Freuden des Geistes. Der Geschmack an diesen geht verloren und bleibt, wenn nicht die Gnade Gottes noch zur richtigen Einsicht führt, ganz unerkannt. Daher lehrt uns das Gesetz Christi die Weltfreuden fliehen, damit wir unbefleckt durch dieselben die große Süßigkeit Gottes verkosten mögen.

Die Freude in Gott ist immer neu, weil sie sich immer wiederholt, wie das Sonnenlicht, das Licht der Kerze, die rieselnde Quelle immer neu ist, weil sie sich beständig erneuert. Die himmlische Freude ist daher immer neu, ohne Mangel, ohne nachzulassen oder zu altem. Das Immerwährende darf nicht als ein Altwerden gedacht werden; denn es geht nie in Vergangenheit oder Zukunft über, es ist ein beständiges Heute." [Exc. VIIII. 618-20]

Thomas von Kempen († 1471):

"Freude wird jedes Mal dein Abendbrot sein, wenn du den Tag nützlich verbracht hast."

Caterina de Ricci († 1590):

"Wer geistliche Freuden ersehnt, denke oft an Leben, Leiden und Tod Jesu: Hier wird er alle Freuden finden und darum denkt oft an ihn, bietet ihm alles an!" (20. Juni 1552)

Philipp Neri († 1595): "Der Heilige Geist ist der Lehrer des Gebets. Er verleiht uns, in ständigem Frieden und Freude zu leben, die ein Vorgeschmack des Paradieses sind."

Philipp Jeningen († 1704):

"In diesem Tal der Tränen und in dieser Armseligkeit haben wir einen doppelten Reichtum zu Gebote und im Unglück wie im Glück eine doppelte Freude: zu allererst die heiligste Gegenwart des besten, gütigsten, liebevollsten, geliebten Gottes. Er bleibt, wenn alles übrige vergeht, er verlässt uns nicht, wenn alles uns verlässt. Im allgegenwärtigen Gott besteht das Gegenwärtige, vergeht das Vergangene nicht und ist das Kommende gleichsam schon gegenwärtig … Zu diesem ersten Reichtum, der alles in sich schließt, kommt hinzu Christus Jesus im Himmel und im heiligsten Sakrament. Auch wenn wir ferne sind, ist er uns da ganz nahe. Er kommt auch hinzu eine doppelte Freude, die große Liebe der dreimal wunderbaren Mutter und die dauernde himmlische Huld der Himmelsbewohner."

["Auch auf Erd ist Gott mein Himmel" / Pater Philipp Jeningen SJ / Missionar und Mystiker, Leben und Briefe hrsg. v. Julius Oswald SJ, Ostfildern 2004, S. 63f.]

Johannes Bosco († 1888):

Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen! (X, 540)

Der Teufel hat Angst vor fröhlichen Leuten. (X, 648)

Pier Giorgio Frassati († 1925) schreibt an seine Schwester Luciana:

"Du fragst mich, ob ich fröhlich bin. Und wie könnte ich es nicht sein? Solange der Glaube mir die Kraft dazu geben wird, werde ich immer fröhlich (heiter) sein. Jeder Katholik kann nicht anders als fröhlich sein; die Traurigkeit muss aus den Herzen der Katholiken verbannt sein: Schmerz bedeutet nicht Traurigkeit, denn diese ist die allerschlimmste Krankheit. Diese Krankheit ist fast immer ein Erzeugnis des Atheismus; aber der Zweck, wofür wir geschaffen sind, zeigt uns den Weg, der, wenn er auch von vielen Dornen umwuchert, doch kein trauriger Weg ist. Er ist froh machend auch durch die Dornen hindurch." [Pier Giorgio Frassati, Lettere / A cura die Luciana Frassati. Queriniana Editrice, Brescia 2 1976, S. 197f; http://vivetenellagioia.altervista.org/citazioni/gioia_citazioni.html (15.11.2019; eigene Übersetzung)]

Gerhard Hirschfelder († 1942)über Fröhlichkeit:

"Unseren wirklichen seelischen Reichtum kann ja die Welt nicht erkennen. Man denkt, man nehme uns alles, wenn man uns irdische Besitztümer raubt, aber gerade damit erwerben wir uns ja den großen Reichtum. Und so kann der Christ, besonders der Priester, der immer fröhliche Mensch sein, weil Christus, für den wir leben, nicht zu töten ist."

Georges Bernanos (†1948):

"Seine Freude in der Freude des anderen finden können: das ist das Geheimnis des Glücks.

Joseph Kentenich († 1968):

"Alle unsere Werke werden fruchtbarer, wenn wir sie mit frohem Herzen verrichten."

Paul VI. († 1978): "Die Freude ist die Grundlage unserer letzten und höchsten Botschaft: Christus ist die Freude."

Magdeleine Hutin († 1984):

"Von anderen wird man im Namen der geistlichen Sittsamkeit verlangen, die Augen niederzuschlagen. Und das wird sicher für sie eine Erziehungsmethode sein. Von Dir aber wird man verlangen, dass Du sie ganz weit aufmachst, um all das Elend, aber auch all die Schönheit des Menschenlebens um Dich und der ganzen Schöpfung gut zu sehen. Verbanne jede strenge und abweisende Miene wie auch alle Empfindlichkeit und alle Reibungen. Bemühe Dich, Dich immer freundlich und liebenswürdig zu zeigen, munter und guter Laune, damit Deine Freudigkeit Zeugnis gebe von dem, der die Ursache aller Freude und der Quell aller Seligkeit ist. Aus Liebe zu ihm wirst Du Deine Müdigkeit und Deinen Verdruss unter einem Lächeln zu verbergen wissen."

[Magdeleine von Jesus, in: Quellen geistlichen Lebens, Bd. 4, Die Gegenwart, Ostfildern 2008, S. 129]

"Die Freude zu lieben" strahlte aus dem Gesicht von Teresa von Kalkutta († 1997) und sie will, dass auch wir lächelnd Gutes tun:

"Lass uns die Freude, Jesus zu lieben, im Herzen behalten und diese Freude mit allen, mit denen wir in Berührung kommen, teilen. Diese strahlende Freude ist echt, denn wir haben keinen Grund, nicht glücklich zu sein, denn wir haben Christus mit uns, Christus in unseren Herzen, Christus in den Armen, die wir antreffen, Christus im Lächeln, das wir geben, und dem Lächeln, das wir bekommen. Lass uns das zur Aufgabe machen, dass kein Kind ungewollt sein wird und auch dass wir einander immer mit einem Lächeln begegnen, besonders wenn es schwer ist zu lächeln."

Denn "Freude ist Gebet. Freude ist ein Zeichen von Großzügigkeit. Wenn du voller Freude bist, bewegst du dich schneller, und du willst es angehen, jedem Gutes zu tun. Freude ist das Zeichen dieser Einheit mit Gott, der Gegenwart Gottes. Freude ist Liebe, das natürliche Ergebnis eines vor Liebe brennenden Herzens, in deinem Herzen behalten und diese Freude mit allen, mit denen du in Kontakt kommst, teilen. Diese strahlende Freude ist echt, denn ihr habt keinen Grund, nicht glücklich zu sein, denn ihr habt Christus mit euch: Christus in euren Herzen, Christus in der Eucharistie, Christus in den Armen, die ihr antrefft, Christus im Lächeln, das ihr gebt, und dem Lächeln, das ihr bekommt. Ja, ihr müsst das Leben schön leben und dürft nicht dem weltlichen Geist, der aus Macht, Reichtum und [weltlichen] Freuden Götter macht, erlauben, dass ihr vergesst, dass ihr für größere Dinge geschaffen seid: zu lieben und geliebt zu werden." - "Am meisten schenkt, wer Freude schenkt."

[Mutter Teresa / Wo die Liebe ist, da ist Gott / Die Aufzeichnungen der Heiligen von Kalkutta, hrsg. v. B. Kolodiejchuk, aus d. Engl. übersetzt von Marie Czernin. Pattloch Verlag, München 2011, S. 378ff.]


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 07.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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