Ökumenisches Heiligenlexikon

Leserkommentare zu Thomas von Aquin



Web 3.0 - Leserkommentare:

Da es bei dem oft gerühmten großen Theologen der Scholastik auch meist weniger bekannte Negativa gibt, erlaube ich mir, Ihnen eine kurze Beschreibung der Schattenseiten des Thomas von Aquin zum allfälligen Gebrauch zu übermitteln.

Thomas von Aquin hatte ein großes Ziel: Erkenntnis und Anschauung Gottes.

Seine Werk bestehen vor allem aus:
1. Aristoteles-Kommentaren
    Erkenntnis des monotheistischen Charakters des aristotelischen Denkens.
2. Philosophische Schriften,
    vor allem gegen Averroës, der die Unsterblichkeit der Seele leugnete, in der Philosophie die höhere Wahrheit als in der Theologie fand und statt von der Schöpfung von der Ewigkeit der Welt sprach.
3. Hauptwerk Summa theologica (unvollendet),
    hier findet sich die Formulierung der Merkmale der Gesellschaft, die sowohl mit der Bibel als auch mit der Vernunft vereinbar sein soll. Thomas nahm dabei die christlichen Grundlehren über Gott, Welt und Mensch zum Ausgangspunkt und nannte die Philosophie als Mittel, diese zu beweisen. Die Vernunft sah er als notwendige Vorstufe des Glaubens an, der Glaube ist der Vernunft bei Thomas stets überlegen.
4. Das staatspolitische Werk De regimine principum,
    hier schloss er sich eng an Aristoteles an: Der Mensch ist ein zoon politikon, ein soziales Lebewesen. Das macht staatliche Ordnung notwendig. Letzter Zweck des menschlichen Lebens ist nach Thomas von Aquin die Erlangung der himmlischen Seligkeit. Aufgabe der Kirche ist es, dorthin zu führen, d. h., in Fragen des Seelenheils der Gläubigen hat die Kirche Gewalt über den Staat. Im weltlichen Leben dagegen muss man dem Herrscher mehr gehorchen als dem Papst.

Mit seinem epochalen Werk legte Thomas die bis heute gültige Ausprägung katholischer Theologie; seine Ehrentitel Doctor angelicus, engelgleicher Lehrer, Doctor sanctus, heiliger Lehrer, Doctor communis, Lehrer der Gemeinschaft, und Doctor humanitatis, Lehrer der Menschlichkeit, bezeugen die große Wertschätzung.
1879 wurden seine Lehren zur offiziellen Philosophie der katholischen Kirche erklärt. Thomas ließ sich aber auch ganz unbefangen ein auf weltliche Fragestellungen, Impulse anderer Kulturen und Religionen, Anfragen von Nicht-Glaubenden. Seine Kirche galt ihm als unfehlbare Führerin, dennoch blieb er auch ihr gegenüber vernunftgeleitet-kritisch: Die Autorität einer Kirchenführung allein genüge nicht, wichtig seien Argumente, Gründe, die Ergebnisse eines strengen und systematischen Denkens.
Der katholische Schriftstelle und Journalist Walter Dirks (1901 – 1991) urteilte über Thomas: Thomas hört zu, prüft, nimmt an und verwirft. Er ist ein neuer Denker, ein selbständiger Denker.

Interessant ist, was Thomas von Aquin über Ketzer, Juden, Krieg, Betrug, Frauen, Sexualität und Geisterglaube dachte, lehrte und schrieb.

Ketzer

Was die Ketzer anlangt, so haben sie sich einer Sünde schuldig gemacht, die es rechtfertigt, dass sie nicht nur von der Kirche vermittels Kirchenbannes ausgeschieden, sondern auch durch die Todesstrafe aus dieser Welt entfernt werden. Ist es doch ein viel schwereres Verbrechen, den Glauben zu verfälschen, der das Leben der Seele ist, als Geld zu fälschen, das dem weltlichen Leben dient. Wenn also Falschmünzer oder andere Übeltäter rechtmäßigerweise von weltlichen Fürsten sogleich vom Leben zum Tode befördert werden, mit wieviel größerem Recht können Ketzer unmittelbar nach ihrer Überführung wegen Ketzerei nicht nur aus der Kirchengemeinschaft ausgestoßen, sondern auch billigerweise hingerichtet werden. (Summa theologica; IIa IIae q XI, a. 3)

Das Christentum bekämpfte Ketzer von allem Anfang an mit heiligem Zorn. Das Wort bzw. der Begriff Ketzer entstand um die Mitte des 11. Jahrhunderts, als die ersten Radikalchristen einer neuen Glaubensbewegung von sich reden machten.
Die Ketzerchronik zwischen 1050 und 1650 hat eine klare Tendenz. In diesem Zeitraum betrat der Dritte Stand, wie er später genannt wurde, die weltgeschichtliche Bühne und führte seinen langen Kampf gegen Adel und KlerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien.. Zerstört wurde dabei eine Ordnung der Dinge, die 5000 Jahre lang in den landwirtschaftlich nutzbaren Klimazonen der Erde, unter der Herrschaft der Könige und Priester, schlecht und recht funktioniert hatte.

Judenfeindlichkeit

Der christliche Kampf gegen die Juden begann mit dem so genannten Neuen Testament und wurde von den Kirchenvätern des 2. bis. 4. Jahrhunderts fortgesetzt. Seit dem 3. Jahrhundert waren die Juden über das ganze Römische Reich verstreut. Die Germanen der Völkerwanderungszeit - Goten, Burgunder, Franken – gewährten ihnen völlige rechtliche Gleichstellung mit den provinzial-römischen Völkern. Auch die arianischen Germanenstämme, die in Italien, Spanien und Nordafrika saßen, begünstigten das Judentum und förderten seine Entwicklung. Mit der Katholisierung der Germanen aber setzte die Judenfeindlichkeit ein.

Im beginnenden Spätmittelalter, in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, wuchs die Judenfeindschaft beträchtlich an, wozu die Heiligen Väter Innozenz III., Honorius III. und Gregor IX. wesentlich beitrugen. Der Name jedes dieser Päpste, schrieb der jüdische Jurist und Rechtshistoriker Guido Kisch, verrät ein ganzes antijüdisches Programm.
Fast alle Hierarchen des Mittelalters dachten im Grunde wie Nikolaus IV., der erste Franziskanerpapst, dessen antijüdische Bulle von 1288 die Inquisitoren, die geistlichen und weltlichen Potentaten aufforderte, vorzugehen gegen die Juden und gegen alle, die Juden verteidigen oder begünstigen. Bestraft sie, wie sie es verdienen.

Ähnlich judenfeindlich waren auch die meisten Kaiser, Könige und Fürsten orientiert, die ja ebenso wie die ganze Christenheit dauernden judenfeindlichen Parolen ausgesetzt und davon geprägt waren.
Und gerade aus der kirchlichen Lehre und Gesetzgebung, der theologischen Servitus Judaeorum, ging dann jenes Rechtsinstitut hervor, das die Bezeichnung Kammerknechtschaft bekam.

Insbesondere deutsche Monarchen hatten damit die Verpflichtung übernommen, die Juden zu schützen, gewiss nicht in uneigennütziger Weise. Sie dachten kein Jota besser über jene als die Päpste und der ganze christliche KlerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien.. Selbst der aufgeklärteste Kopf seines Jahrhunderts, Kaiser Friedrich II., verfügte 1237 in seinem Privilegium für die Stadt Wien: Getreu den Pflichten eines katholischen Fürsten schließen wir die Juden von öffentlichen Ämtern aus, damit sie nicht die Amtsgewalt zur Bedrückung der Christen missbrauchen; denn die kaiserliche Machtfülle hat von alters her zur Bestrafung des jüdischen Verbrechens den Juden immerwährende Knechtschaft auferlegt.

Allerdings war es nicht die kaiserliche Machtfülle, sondern die kirchliche. Von der ewigen Knechtschaft der Juden, der Servitus Judaeorum, hatte schon Augustinus gesprochen, vielleicht mehr im theologisch-spirituellen Sinn, wenn auch der Satz Der Jude ist der Sklave des Christen nicht gerade dafür spricht.

Und Thomas von Aquin, für den, wie seine Summa theologica (die als Eingebung des Heiligen Geistes galt und die 1879 Leo XIII. zur stets maßgebenden Philosophie, philosophia perennis, der Kirche erklärte) lehrt, die Juden Sklaven der Kirche sind, verstand ihre Knechtschaft eindeutig materiell. Da die Juden ewiger Knechtschaft überliefert sind, können die Fürsten über deren irdische Güter wie über ihr Eigentum verfügen.

Von dieser generösen Erlaubnis des Aquinaten machten die Fürsten auch ausgiebig Gebrauch, obwohl sie sich natürlich schon früher allerlei gestatteten, nachdem allmählich mit den Schutzbriefen der spätkarolingischen Kaiser und Könige ein Abhängigkeitsverhältnis der Juden entstanden war, das sich bis zur Kammerknechtschaft steigerte.

Der gerechte Krieg

Im Urchristentum ist der Kriegsdienst mit Berufung auf die Evangelien grundsätzlich verweigert worden. Augustinus von Hippo ist später für den gerechten Krieg eingetreten; es überrascht daher nicht, dass auch Thomas von Aquin für den gerechten Krieg war.
Gerecht war der Krieg für Thomas dann, wenn er von einer dazu legitimierten Regierung zur Verteidigung einer potentiell für alle gültigen Rechtsordnung mit Aussicht auf ein positives Ergebnis, auf weniger statt mehr Sünde, und ohne eigensüchtige Motive geführt werden konnte. Er wandte diese Kriterien jedoch nicht auf bestimmte Kriege seiner Zeit an und verbot Angriffs- und Missionskriege nicht ausdrücklich. So ließ er offen, ob das Heil für alle – das Christentum – notfalls auch kriegerisch verbreitet werden durfte oder nicht.

Lug und Betrug

Frommer Betrug war im Christentum schon von Anfang an erlaubt. Doch neu war dies so wenig wie vieles andere. Die Meinung, dass der Zweck die Mittel heilige, dass Fiktion und Unwahrheit im Dienst der Religion, des Heiligsten und der Glaubensverteidigung, erlaubt seien, dass es sich da eher um Notlügen und um eine Art Notwehr handle, sowie die Lehre, dass die Masse wie Kinder oder Geistesschwache zu ihrem eigenen Besten getäuscht werden müsse, war bereits in vorchristlicher Zeit geläufig, besonders unter Pythagoräern und Platonikern.

Bereits der älteste Autor des Neuen Testaments, der hl. Paulus, steht unter dem Verdacht, die christliche Wahrheit durch Lügen erhärtet zu haben, meinte er doch: Wenn aber Gottes Wahrhaftigkeit durch meine Lüge sich in ihrer ganzen Fülle gezeigt hat zu seiner Ehre, was werde ich dann noch als Sünder gerichtet? (Römerbrief 3, 7). Für Clemens von Alexandria waren Lüge und Täuschung unter bestimmten Umständen erlaubt, etwa in strategischem Zusammenhang oder des Seelenheils und der Heilsgeschichte wegen.
Der Kirchenlehrer Johannes „Chrysostomus” plädierte energisch für die Notwendigkeit der Lüge zum Zweck des Seelenheils.
Für Bischof Augustinus von Hippo war eine Lüge in der Bibel, etwa die Jakobs im Alten Testament, keine Lüge, sondern Mysterium. Ausdrücklich erlaubte Augustinus fromme Erfindungen zum Vorteil der Kirche. Denn wird eine Erdichtung (fictio) auf irgendeinen Sinn bezogen, so ist sie keine Lüge mehr, sondern Ausdruck (figura) der Wahrheit..

Thomas von Aquin stützte sich auf Augustinus. Da es nach ihm die größte Wohltat ist, jemand vom Irrtum zur Wahrheit zu führen, erlaubte er auch großzügig Fiktionen, wenn sie sich auf eine res significata, eine bedeutsame Angelegenheit, bezogen.
Also: um des Katholizismus willen darf gelogen und betrogen werden.

Bemerkenswert erscheint die Tatsache, dass Thomas von Aquin selbst auf eine berühmte Fälschung eines Syrers hereinfiel, der um 500 vier große Abhandlungen und zehn meist kurze Brief verfasst hatte, denen ein durchschlagender und dauerhafter Erfolg beschieden war. Dieser Christ gab sich als der von Paulus in Athen bekehrte Dionysios „der Areopagite” (Apostelgeschichte 17, 34) aus. Das Machwerk des Pseudo-Dionysius wurde von den berühmtesten Theologen wie Maximus „der Bekenner”, Hugo von St-Victor, Albertus Magnus und natürlich auch von Thomas von Aquin wie die Bibel studiert, ausgelegt und für ein Werk des Heiligen Geistes gehalten.
Thomas von Aquin schrieb zum Werk des Syrers De divinis nominibus, von den Namen Gottes, einen Kommentar und nahm für seine eigenen Werke rund 1700 Zitate aus der Fälschung auf.

Frauenfeindlichkeit und Sexualmoral

In der Sexualmoral ist Thomas von Aquin neben Augustinus bis heute die Autorität geblieben.
In seiner Summa theologica hielt er u. a. fest: Immerwährende Enthaltsamkeit ist zur vollkommenen Frömmigkeit erforderlich … Darum ist auch Jovinian, der die Ehe auf die gleiche Stufe wie die Jungfräulichkeit stellte, verdammt worden.
Mehrfach wiederholte Thomas, was schon Hieronymus im 4./5. Jahrhundert ausgerechnet hatte, dass nämlich die jungfräulichen Menschen hundert Prozent himmlischen Lohn erhalten, die verwitweten sechzig Prozent und die verheirateten dreißig Prozent.

Dass alles Menschenunglück mit der Frau, nämlich Eva, begonnen hatte, dass durch sie die Vertreibung aus dem Paradies erfolgte, hielt schon Augustinus fest.
Der alten augustinischen Frauenverachtung wurde im 13. Jahrhundert von den Theologen, vor allem von Albertus Magnus und Thomas von Aquin Aristoteles als Verstärker hinzugefügt. Aristoteles öffnete die Augen der Mönche für den tiefsten Grund der Minderwertigkeit der Frau: Die Frau dankt ihr Dasein einer Fehlsteuerung und Entgleisung in ihrem Entstehungsvorgang, sie ist nämlich ein missglückter Mann, ein defekter Mann. Obwohl diese Erkenntnis des Aristoteles in das Konzept der augustinischen Männerkirche so hervorragend passte wie der fehlende Deckel zum Topf, verlief die Annahme dieser aristotelischen biologischen Entdeckung nicht ohne Widerspruch.
Die Befürchtung der Kirchenmänner, mit dem Griechen Aristoteles zugleich die frauenfeindliche griechische Hochschätzung der Homosexualität zu übernehmen, war schwächer als der Wunsch, endlich eine einleuchtende Erklärung für die Unterordnung der Frau unter den Mann zu finden.
Nachdem die Männer (Heiden und Christen) die Frau zu den Kindern in die Küche gedrängt und alle anderen Aktivitäten, sofern sie interessant schienen, für sich beschlagnahmt hatten, fiel ihnen auf, dass der Mann aktiv und die Frau passiv ist. Diese männliche Aktivität und die frauliche Passivität beziehen sich nach Aristoteles auch auf den Zeugungsakt: Der Mann zeugt, die Frau empfängt. Der Sprachgebrauch ist bei uns bis heute von der Tatsache unberührt, dass 1827 durch K. E. Baer das weibliche Ei entdeckt und damit der hälftige Anteil der Frau an der Zeugung nachgewiesen wurde. Die Vorstellung, dass der männliche Same das allein aktive Zeugungsprinzip ist, hat sich dank Thomas von Aquin derart behauptet, dass man auch heute noch in der kirchlichen Hierarchie die Entdeckung des weiblichen Eis ignoriert, sobald sich daraus theologische Folgerungen ergäben, z. B. für die Empfängnis Jesu.
Nachdem man bis 1827, bis zur Entdeckung des weiblichen Eis, sagen konnte, Maria habe Jesus vom Hl. Geist empfangen, kann man das nun nicht mehr, ohne das weibliche Ei zu leugnen. Akzeptiert man es aber, so würde man die Alleinwirksamkeit Gottes leugnen, und die Empfängnis vom Hl. Geist wäre dann eine Empfängnis nur noch von fünfzig Prozent.

Die geringschätzige Vorstellung von der Frau als einer Art Blumentopf für den männlichen Samen wurde für eine Jahrtausende überdauernde Theorie aufbereitet. Aristoteles, Albertus und Thomas sahen die Sache so: Nach dem Grundsatz: jedes Aktive bewirkt etwas ihm Ähnliches müssten eigentlich immer Männer geboren werden. Denn an sich will die aktive Kraft im männlichen Samen etwas gleich Vollkommenes hervorbringen, nämlich wieder einen Mann. Doch durch ungünstige Umstände entstehen Frauen, das sind missglückte Männer. Aristoteles nannte die Frau arren peperomenon, einen . Thomas übersetzte das mit mas occasionatus; es bedeutete für ihn etwas, das nicht in sich beabsichtigt ist, sondern von einem Defekt herrührt.

Die widrigen Umstände, die dazu führen, dass der Mann nicht etwas gleich Vollkommenes, wie er selbst ist, zeugt, sind z. B. feuchte Südwinde mit viel Niederschlag, wodurch Menschen mit größerem Wassergehalt entstehen, schrieb Thomas. Und er wusste auch, was dieser missliche Umstand für Folgen hat: Weil in den Frauen mehr Wassergehalt ist, darum sind sie leichter durch die Geschlechtslust zu verführen. Der Geschlechtslust zu widerstehen fällt ihnen umso schwerer, als sie weniger Geisteskraft als Männer besitzen.

Die Frau entspricht nicht, meinte Thomas in seiner nicht so sehr ökologisch-anschaulichen als vielmehr philosophisch-abstrakten Ausdrucksweise, der ersten Absicht der Natur, die auf Vollkommenheit (Mann) zielt, sondern der sekundären Absicht der Natur, wie Fäulnis, Missbildung und Altersschwäche.
Göttlicherseits ist auch dieser Fehlschlag Frau irgendwie eingeplant, zwar nicht primär, aber sekundär, denn die Frau ist zur Zeugung bestimmt. Damit erschöpft sich auch der Nutzen der Frau in des Thomas mönchischen Männeraugen.

Thomas zitierte Augustinus, etwas abgewandelt, ohne ihn zu nennen: Die Hilfe, zu der Gott dem Adam die Frau schuf, beziehe sich lediglich auf eine Hilfe bei der Zeugung, da zu allen anderen Tätigkeiten ein Mann dem Mann eine bessere Hilfe wäre. (Necessarium fuit feminam fieri, sicut Scriptura dicit in adiutorium viri, non quidem in adiutorium alicuius alterius operis, ut quidam dixerunt, cum ad quodlibet aliud opus con-venientius iuvari possit vir per alium virum quam per mulierem; sed in adiutorium generationis.)

Für das Geistesleben des Mannes hat die Frau keine Bedeutung. Thomas meinte, die Seele des Mannes falle durch die Berührung der Frau – wie Augustinus lehre – von ihrer erhabenen Höhe herab, und sein Leib gerate unter die Herrschaft der Frau und damit in eine Sklaverei, die bitterer ist als jede andere.

Da die Frau eine geringere Körperkraft und auch eine geringere Geisteskraft besitzt, versagte ihr das Kirchenrecht, gestützt auf Thomas von Aquin, die Zeugenschaft in Testamentsangelegenheiten und Kriminalprozessen.

Auch die Kinder hatten die vorzüglichere Qualität ihres Vaters zu beachten: Der Vater ist mehr zu lieben als die Mutter, weil er das aktive Zeugungsprinzip ist, die Mutter jedoch das passive. (Summa theologica, II/II q. 26 a. 10)

Selbst beim ehelichen Akt gibt es Unterschiede: Der Mann hat den edleren Part beim ehelichen Akt, und darum ist es natürlich, dass er weniger zu erröten braucht, wenn er die eheliche Pflicht fordert als seine Frau. Denn der eheliche Akt besitzt immer etwas Schändliches und verursacht Erröten
Frauen neigen auch mehr zur Unenthaltsamkeit als die Männer, meinte Thomas mit Berufung auf Aristoteles. Der Hexenhammer sah später in diesem Tatbestand die Begründung dafür, dass es mehr Hexen als Hexer gab.

Da Frauen Mängelwesen seien, sollte nach Thomas nur der Vater für die geistige Erziehung der Kinder zuständig sein. Die Unauflöslichkeit der Ehe wurde von Thomas weitgehend damit begründet, dass zur Erziehung der Nachkommenschaft die Frau keineswegs genügt. Der Vater ist nach ihm für die Erziehung wichtiger als die Mutter.
Auch noch aus einem anderen Grund war nach Thomas die Unauflöslichkeit der Ehe angesagt: Die Frau hat den Mann nämlich nicht nur zur Zeugung und Kindererziehung nötig, sondern auch als ihren eigenen Gebieter, denn der Mann ist, wie Thomas wiederholte, von vollkommender Vernunft und bzw. Tugendkraft.

Weil die Frauen im Zustand der Unterordnung sind, können sie auch nicht die Priesterweihe empfangen, meinte Thomas.
Die Tatsache der Unterordnung unter die Männer war für Thomas der eigentliche Grund der Verweigerung des kirchlichen Amtes für die Frau. Er widersprach sich allerdings selbst, wenn er andererseits von Frauen redete, die nicht im Zustand der Unterordnung unter die Männer existierten: Dadurch, dass sie das Gelübde der Jungfräulichkeit oder des Witwenstandes ablegen und so Christus anverlobt werden, werden sie zur Würde des Mannes erhoben, wodurch sie nämlich von der Unterordnung unter den Mann befreit und Christus unmittelbar verbunden sind
Auf die Frage warum nun auch diese Frauen nicht Priesterinnen werden dürfen, blieb Thomas die Antwort schuldig.

Nicht nur in puncto Frauenherabsetzung, sondern auch in puncto Lust- und Sexualfeindlichkeit fühlte sich Thomas von Aquin durch Aristoteles unterstützt. Die Bemerkung Aristoteles’, dass die geschlechtliche Lust das Denken behindert, war Wasser auf seine Mühle, bestärkte ihn in seinem Sexualpessimismus augustinischen Gepräges.

Es ist heute nicht mehr nachvollziehbar, mit welcher fanatischen Ablehnung Thomas dem Geschlechtsakt gegenüberstand, und zwar mit der Begründung, dass dieser den Geist verdunkelt, ja auflöst. Thomas behauptete, dass häufiger Geschlechtsverkehr zu Geistesschwäche führe.

Die Verbindung von Sexualität und Erbsünde und das Herabziehen des Geistes durch die Geschlechtslust waren für Augustinus die Hauptgründe gewesen, seine Lehre von den Ausgleichsgütern, derentwegen die Ehe entschuldbar wird, zu entwickeln. Thomas von Aquin übernahm diese Lehre. Er bezeichnete – wie Augustinus – die Lust des ehelichen Aktes zwar nicht als unbedingt sündhaft, aber doch als Straffolge des Sündefalls. Darum sind Eheentschuldigungsgüter erforderlich, deren hauptsächliches das Kind ist. Ganz im Sinn von Augustinus meinte er: Kein vernünftiger Mann darf irgendeinen Verlust auf sich nehmen, wenn dieser nicht durch einen gleichen oder höheren Wert wieder aufgehoben wird.

Dass die Geschlechtslust die Erbsünde überträgt, erscheint kurios, heißt aber nicht, dass jemand, der nichts empfinden, nichts überträgt, denn sonst wären die Kinder von Frigiden ohne Erbsünde. Thomas führte dazu aus: Wenn durch die Kraft Gottes jemandem geschenkt wird, dass er beim Zeugungsakt keine ungeordnete Lust empfindet, dann würde er trotzdem die Erbsünde auf das Kind übertragen. Denn es handelt sich bei der Geschlechtslust, die die Überträgerin der Erbsünde ist, nicht um die aktuelle – im Augenblick der Zeugung empfundene -, sondern um die habituelle – im Zustand des Menschen begründete - Geschlechtslust, und die ist bei allen Menschen gleich.

Aus dem Fallstrick der Theologen kommt kein Elternpaar heraus. Dass einzig Marias Eltern hier eine Ausnahme bilden, wurde erst 1854 im Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens festgestellt. Gemäß Thomas von Aquin galt die Erbsündenlosigkeit nur für Jesus, nicht für Maria.

In den frühmittelalterlichen Bußbüchern und in der mittelalterlichen Theologie wurden die natürlichen Stellungen beim Beischlaf ausführlich behandelt. Ist für Zölibatäre auch ernorm wichtig.
Dass auch Thomas den Eheverkehr mit Abweichung von der normalen Lage unter die widernatürlichen Sünden rechnete, passt nicht ganz in sein Schema, denn alle anderen widernatürlichen Laster, die er aufzählte, haben gemeinsam, dass sie die Zeugung ausschließen, was man beim Abweichen von der normalen Lage nicht sagen kann.
Eine Ausnahme gestattete Thomas, wenn nämlich Eheleute aus medizinischen Gründen, z. B. wegen ihres Leibesumfangs, nicht anders verkehren konnten.

Die anderen schwerstsündhaften, weil widernatürlichen Laster, die schlimmer als Inzest, Vergewaltigung und Ehebruch sind, sind nach Thomas Selbstbefriedigung, Verkehr mit Tieren, Homosexualität, Anal- und Oralverkehr sowie Coitus interruptus.

Für Thomas war Eheverkehr ein zielgerichtetes Ausscheiden des Samens zum Zweck der Kinderzeugung. Dieses zielgerichtete Ausscheiden war bei ihm natürlich an eine bestimmte Form gebunden. Der Geschlechtsakt wurde und wird dann als sittlich angesehen, wenn er der rechten Ordnung entspricht.
Dass der Zeugungsverkehr in der vorgeschrieben kirchlichen Weise nicht ohne Ehe stattfinden durfte, sah Thomas von der Natur vorgeschrieben.

Verzauberungsimpotenz und Teufelsbuhlschaft

Des Thomas von Aquin Bedeutung für die Sexualethik liegt nicht darin, dass er hier der Theologie eine Wende gegeben hätte, sondern im Gegenteil darin, dass er der große Angepasste war, der die Lehre seiner Zeit – vor allem konservativer Richtung – festschrieb und gegen Liberalisierung verteidigte. Sein schwerwiegendster Irrtum, der bei seiner Autorität schließlich die verheerendsten Folgen haben sollte, war, dass er sich gegen solche wandte, die bezweifelten, dass die Teufel im Sexualbereich eine besondere Wirksamkeit entfalten, dass sie z. B. Verzauberungsimpotenz bewirken.

Am 5. Dezember 1484 erließ Papst Innozenz VIII. die Hexenbulle, in der er zu Beginn behauptete, die Hexen beiderlei Geschlechts betrieben neben der Verzauberungsimpotenz noch eine andere Ungeheuerlichkeit, nämlich Unzucht mit den Teufeln.
Die Hauptquelle für die Hexenbulle und den Hexenhammer, der sich als Kommentar der Hexenbulle verstand, war die Vorstellung des Thomas von Aquin von der Teufelsbuhlschaft mit den aufliegenden und untenliegenden Teufeln.
Auf niemand berief sich der unselige Hexenhammer von 1487 so ausgiebig wie auf Thomas von Aquin, der klipp und klar erklärt hatte, wie der Geschlechtsverkehr mit dem Teufel und das Erzeugen von Teufelskindern funktioniert, indem er eine Samenvermittlungstheorie entwickelte: Ein und derselbe Teufel kann sich männliche Samen besorgen, indem er in Frauengestalt - als succubus - mit einem Mann Verkehr hat, und kann dann anschließend in Männergestalt - als incubus - diesen Samen beim Geschlechtsverkehr an die Frau bringen. Die so erzeugten Teufelskinder – sie zeichnen sich durch besondere Größe aus – sind eigentlich Menschenkinder, weil es sich um einen menschlichen Samen handelt.
Details, auf welche Weise der Same, den der Teufel sich vom Mann besorgte, bis zum Verkehr mit der Hexe frisch und zeugungsaktiv bleibt, behandelte Thomas nicht. Solche Lücken füllte dann der Hexenhammer.

Beseelung des Embryos

Die Frage der Beseelung des Embryos war immer umstritten. Die Kirchenväter Basilius der Große und Gregor von Nyssa erklärten – im Anschluss an die Stoa -, die Beseelung des menschlichen Keims erfolge im Augenblick der Empfängnis, weil die Seele zusammen mit dem Samen in den Uterus eingegossen werde. Auch Albertus Magnus war ein Gegner der Sukzessivbeseelung, während sein Schüler Thomas von Aquin sie vertrat. Er war der Meinung, dass die Beseelung des männlichen am vierzigsten, des weiblichen Fetus am achtzigsten Tag erfolge.

Der Geisterglaube

Der Dämonenglaube spielte schon im Altbabylonischen Reich (1831 – 1100 v. Chr.) eine große Rolle.
Zur Zeit Jesu stand er in voller Blüte und er war später für die Apologeten in der Antike und die Scholastiker im Hochmittelalter von großer Bedeutung.
Für den Kirchenvater Justinus und andere frühchristliche Autoren gingen die Dämonen aus der Verbindung von gefallenen Engeln mit Jungfrauen hervor.
Nach Tertullian, der behauptete, die Existenz der Dämonen bewiesen zu haben, lagen sie gerne auf dem Wasser, um den göttlichen Geist nachzuahmen, der vor der Erschaffung der Welt über den Wassern schwebte.
Kirchenlehrer Hieronymus bewies aus der Bibel, dass die Luft voller Dämonen sei.
Kirchenlehrer Augustinus führte alle Krankheiten der Christen auf Geister zurück; auch war der Bischof von Hippo, der sich eingehend mit Dämonen beschäftigte, vom Dasein von Faunen überzeugt, die den Weibern nachstellten.

Nach Thomas von Aquin wurden auch Regen und Wind sowie andere Wettererscheinungen durch Dämonen verursacht. Im Mittelalter empfand man nämlich die ganze Natur als vom Teufel verseucht. Damit ist eine Verbindung mit dem Hexenglauben gegeben, der im Katholizismus von Thomas von Aquin besonders gestützt wurde.

Prof. Helmut Bouzek über E-Mail, 15. Dezember 2011


Ich habe den informativen Artikel über Thomas von Aquin gelesen. Bitte gestatten Sie dazu einige Anmerkungen.

Nirgendwo konnte ich die Geschichte darüber finden, dass Thomas selbst berichtete, er sei gegürtet worden. In seiner Jugend verführte er ein Mädchen, woraufhin dessen Bruder zusammen mit ein paar Kumpanen den Übeltäter entmannte. 1 Dies war auch der physiologische Grund für den mächtigen Bauch, den Thomas bekam. Im Florentiner Orsanmichele sah ich 1967 seine Lehrkanzel, die deswegen weit ausgeschnitten werden mußte. Die Wahrheit schmälert seine geistige Leistung in keiner Weise; jeder kann mal einen Fehler machen. Allerdings geht seine Devise uti, ne frui, verwenden, nicht genießen, wohl darauf zurück. Sie hatte jahrhundertelang die falsche Lehre der katholischen Kirche über den ausschließlichen Gebrauch der Sexualität in der Ehe zwecks Erzeugung von Nachkommenschaft zur Folge. Man könnte sagen: Das ist der Fluch der bösen Tat … (Schiller).

Seine Darlegungen sind zumeist von einer wohltuenden logischen Klarheit im Gegensatz zum vielfältigen unlogischen Geschwätz von heute. Seine Disputation über die Frage, wieviele Engel auf einer Nadelspitze Platz haben, mutet heute allerdings etwas komisch an. Seine Rechtfertigung der Hinrichtung von Häretikern ist ebenso wie die Bezeichnung der Monarchie als der besten Regierungsform seiner Zeit geschuldet. Dagegen hätte er, statt für das Verbot des Zinsnehmens einzutreten, auf die Idee kommen können, dass ohne Zins der Schuldner einen Vorteil hätte, weil er aus der Investition geliehenen Geldes einen Ertrag erzielen kann, auf den der Gläubiger verzichten muß. Seine Lehre, der Glaube an Gott widerspreche nicht der Vernunft, ist allerdings logisch nicht haltbar: statt Gott könnte ebenso die Materie ewig sein. Beide Auffassungen beenden den unendlichen Regreß unlogisch mit einem bloßen Postulat, wobei der Theismus einen Schritt weiter geht, und wegen der im Westen vorherrschenden personalen Auffassung (im Gegensatz zum Weltgesetz des Ostens) von einem persönlichen Gott ausgeht. Selbst Thomas ist zuweilen unlogisch, wohl weil ihn die bestehende Lehre dazu veranlaßte. Seine Lehre zur Ausbildung künftiger Theologen in Philosophie zu bevorzugen, erscheint mir als Mißgriff, weil letztere nicht mehr die ancilla theologiae - die Magd der Theologie - ist, sondern sich mit den Problemen der heutigen Zeit auseinandersetzen muß.

Mit freundlichen Grüßen
Wilhelm Kratochwil, E-Mail vom 28. November 2021

1 Wilhelm Kratochwil verwechselt hier Thomas von Aquin mit dem Frühscholastiker Petrus Abaelardus. Dieser war es, der seine Schülerin Heloise verführte und einen Sohn mit ihr bekam, sich aber mit Rücksicht auf seine geistliche Laufbahn nicht öffentlich zu ihr bekennen wollte, sie daher nach Bekanntwerden der heimlich geschlossenen Ehe in ein Kloster brachte und infolgedessen im Auftrag von deren Onkel kastriert wurde, um ihn auf diese Weise von den klerikalen Würden auszuschließen.
Quelle: ABAELARD, Peter. C. S.


Es ist absolut ungerecht, wenn Herr Bouzek dem heiligen Augustinus dort vorwirft, Lügen zu billigen. Das tut Augustinus auf keinen Fall! Für ihn ist eine Lüge immer verwerflich und hassenswert, siehe die Zusammenfassung von Alfons Städele: Contra mendacium verdankt seine Entstehung der zu Augustins Zeit vor allem in Spanien verbreiteten Sekte der Priszillianisten. Diese vertraten die Auffassung, um unentdeckt zu bleiben, müsse man im Notfall sogar einen Meineid leisten. Rechtgläubige Eiferer versuchten sie mit ihren eigenen Mitteln, Lüge und Verstellung, zu schlagen. Einer von ihnen berichtete Augustinus stolz von einem entsprechenden Unternehmen zur Aufdeckung eines priszillianistischen Zirkels. Statt ihn zu loben, betont Augustinus jedoch nachdrücklich, Lüge sei immer verwerflich und in Glaubensfragen dürfe man unter keinen Umständen lügen.
Selbst zur Rettung von Menschenleben lehnt Augustinus sie ab, siehe Was Augustinus über das Lügen dachte: Da man also durch Lügen das ewige Leben verliert, darf man niemals um des zeitlichen Lebens einer Person willen lügen. … Als Resultat ergab sich bei dieser Schlussbetrachtung: Keine der von Augustinus definierten acht Stufen der Lüge ist für ihn sittlich erlaubt. Besonders im Kontext der Vermittlung von Heilswahrheiten lehnte er Lügen strikt ab.
Man muß schon eine grobe Unkenntnis literarischer Gattungen haben, wenn man die von Augustinus in Bezug genommenen frommen Erdichtungen, die auf irgendeinen Sinn bezogen werden (also z.B. die so beliebten Gleichnisse vom verlorenen Sohn, vom barmherzigen Samariter oder vom armen Lazarus und dem reichen Prasser, deren Protagonisten allesamt fiktive Personen sind), als Lügen bezeichnet. Letztlich unterstellt Herr Bouzek damit demjenigen, aus dessen Mund diese Gleichnisse stammen und der von sich selbst sagt Ich bin … die Wahrheit (Johannesevangelium 14, 6), Lügen zu verbreiten.

Und nachdem Herr Bouzek in der selben E-Mail dem heiligen Thomas von Aquin immer noch seinen von Aristoteles übernommenen Irrtum über die vermeintlich erst nach der Empfängnis erfolgende Beseelung des Menschen vorwirft, sollte auch erwähnt werden, daß Thomas bereits vor Jahren in einer Reihe von bemerkenswerten Erscheinungen gegenüber einem serbischen Abtreibungsarzt diesen Fehler wiedergutzumachen suchte, siehe Ein Mann im schwarz-weißen Habit sah mich an.

Herr Bouzek erschwert bzw. verunmöglicht die Auseinandersetzung dadurch, daß seine Anklagen weder juristischen noch wissenschaftlichen Mindestanforderungen genügen, indem er für sie entweder gar keine Belege bringt wie bei seinem unmittelbar vor seinem Angriff auf Augustinus vorgebrachten Vorwurf: Der Kirchenlehrer Johannes „Chrysostomus” plädierte energisch für die Notwendigkeit der Lüge zum Zweck des Seelenheils. – wie soll man das widerlegen? Man müßte ja das Gesamtwerk des Heiligen zitieren, um nachzuweisen, daß sich darin kein solches Plädoyer findet, und selbst dann würde Herr Bouzek vielleicht noch behaupten, man hätte unvollständig zitiert und gerade diese Stelle ausgelassen – oder falsch und aus dem Zusammenhang gerissen und somit sinnentstellend zitiert wie bei dem im unmittelbar vorangehenden Absatz geäußerten Verdacht gegen Paulus, die christliche Wahrheit durch Lügen erhärtet zu haben, indem er in seinem Zitat zunächst das in der offiziellen deutschen Übersetzung stehende Wort Unwahrheit durch das Wort Lüge ersetzt und dann auch noch völlig unterschlägt, daß Paulus am Ende seiner Ausführungen im nächsten Vers (Römerbrief 3, 8) klipp und klar schreibt, daß Leute, die so denken und meinen, man solle Böses tun, damit Gutes entstehe, für diese Haltung mit Recht verurteilt werden. Durch diese unredliche, um nicht zu sagen böswillige und verleumderische Vorgehensweise verdreht Herr Bouzek die Aussageabsicht des heiligen Paulus in ihr genaues Gegenteil. Ich denke, eine solche Argumentationsweise gerade in einem Text, in dem anderen ihre vermeintliche Neigung zu Lüge und Betrug vorgehalten wird, verurteilt sich selbst.
Die Einstellung des heiligen Thomas zu Lüge und Wahrhaftigkeit mag hingegen eine Anekdote aufzeigen, die Weihbischof Laun auf seiner Internetseite berichtet: Von Thomas von Aquin, dem großen Kirchenlehrer des Mittelalters, wird erzählt, es sei leicht gewesen, ihm einen Bären aufzubinden, und so habe ein Mitbruder ihn überrascht, indem er plötzlich zum Himmel zeigte und rief: Schau, da fliegt ein Ochse! Thomas drehte den Kopf in die angegebene Richtung und schaute, aber sein Mitbruder lachte: Wie kannst Du nur glauben, dass ein Ochse wirklich fliegt? Thomas aber antwortete: Mein Freund, ich glaube eher, dass ein Ochse fliegen kann, als dass ein Mitbruder mich in die Irre führt., siehe Weihbischof Dr. Andreas Laun - Heiteres unter Der gläubige Thomas.

C. S., E-Mail vom 1. Dezember 2021




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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 29.10.2023

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