Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Begriffe und Bilder für Jesus Christus
Aufgrund des alttestamentlichenWir verwenden den Begriff Altes Testament, wissend um seine Problematik, weil er gebräuchlich ist. Die hebräische Bibel, der „Tanach” - Akronym für „Torah” (Gesetz, die fünf Bücher Mose), „Nevi'im” (Propheten) und „Kethuvim” (Schriften) - hat aber natürlich ihre unwiderrufbare Bedeutung und Würde. Bilderverbots war die frühe Kirche in der Verwendung von Bildern in ihrem Bereich sehr zurückhaltend. Im 8. Jahrhundert kam es in der Ostkirche zum Bilderstreit. In der Synode von Hiereia (754) wurde die Verwendung von Bildern verboten, dagegen im 7. ökumenischen Konzil von Nicäa (787) wurde die Bilderverehrung (Ikonodulie) wieder erlaubt, ja sogar geboten. Auch später flammte der Bilderstreit immer wieder auf, in der Westkirche besonders in der Zeit der Reformation.
Nach Johannes von Damaskus († um 754)
kann und darf Gott
selbst nicht in Bildern dargestellt werden, wohl aber Gottes Sohn,
der Mensch geworden ist daher auch als Mensch bildlich dargestellt
werden darf:
Da aber nicht
alle die Buchstaben kennen und sich mit dem Lesen beschäftigen,
schien es den Vätern geraten, diese Begebenheiten wie
Heldentaten in Bildern darstellen zu lassen, um sich daran kurz zu
erinnern. Gewiss erinnern wir uns oft, wo wir nicht an das Leiden des
Herrn denken, beim Anblick des Bildes der Kreuzigung Christi, des
heilbringenden Leidens, und fallen nieder und beten an, nicht den
Stoff, sondern den Abgebildeten, gleichwie wir auch nicht den Stoff
des Evangeliums und den Stoff des Kreuzes, sondern das dadurch
Ausgedrückte anbeten.
Darum bin ich mutig und bilde
den unsichtbaren Gott nicht als einen unsichtbaren ab, sondern als
einen, der um unseretwillen sichtbar geworden ist durch die Teilhabe
an Fleisch und Blut. Nicht die unsichtbare Gottheit bilde ich ab,
sondern das sichtbar gewordene Fleisch Gottes. Denn wenn es unmöglich
ist, eine Seele abzubilden, um wie viel weniger Gott, der auch der
Seele das Nichtstoffliche gegeben hat.
[fid.
orth. 4,16, MPG 94, Sp. 1169-72; BKV2
44, S. 228 b und:
Johannes von Damaskus: Drei Verteidigungsschriften gegen diejenigen,
welche die heiligen Bilder verwerfen 1,4; hrsg. v. G. Feige, übersetzt von W. Hradsky, Leipzig 2
1996, S. 29]
Kein Problem stellte in der Kirche von Anfang an die sprachliche Verwendung von Bildern dar. Irgendwie musste das Göttliche ja den Menschen vermittelt werden. So gibt es für Jesus Christus ein Vielzahl sprachliche Bilder:
ARZT:
Ivo von Chartres († 1115):
Es erkannte der
Kranke [in Christus] den liebevollen und erfahrenen Arzt, er
bewunderte seine Demut, bewunderte auch seine Weisheit und schätzte
seine [eigene] Gesundung …
Er erkannte die Demut,
weil unser Arzt selbst wegen der Krankheit unseres Fleisches
gleichsam auf dem Krankenbett lag, um zu erkunden, was zur Heilung
seiner Kranken notwendig sei. Auch die Weisheit dieses Arztes erkennt
der Kranke, weil er nach den Regeln der Heilkunst bei einigen die
Gesundheit durch ähnliche [homöopathische] Mittel die
Gesundheit wieder herstellte, bei einigen wurde die Krankheit durch
gegenteilige [allopathische] Mittel geheilt: und zwar durch ähnliche
Mittel, weil er geboren wurde, damit wir wiedergeboren würden;
er wurde schwach, indem er die Leidensfähigkeit unserer
Sterblichkeit auf sich nahm, um uns vor aller Leidensfähigkeit
zu bewahren; er ließ sich kreuzigen, damit wir nicht der ewigen
Pein unterworfen würden; er starb den zeitlichen Tod, damit wir
nicht für die Ewigkeit sterben; er wurde auferweckt, damit wir
mit ihm auferweckt würden; er stieg [in den Himmel] auf, damit
er durch sein Sitzen zur Rechten des Vaters seine demütig
ergebene Herde mit sich führe. Wenn man aber beachtet, mit welch
gegensätzlichen Mitteln er die Krankheiten geheilt hat, wird man
sehen, dass er in der Person eines Sklaven unsere Freiheit
wiederhergestellt hat, durch seine Demut den Hochmut des alten
Feindes herabgestürzt hat, durch seinen Gehorsam unseren
Ungehorsam geheilt hat.
[D.
Ivonis Carnotensis episcopi sermo 8, De Nativitate Domini, MPL 162,
Sp. 568-71; eigene Übersetzung]
Bernhard von Clairvaux († 1153):
Wir Menschen,
die wir immer noch von unseren Wünschen und Leidenschaften, die
uns locken und fangen, gefährlich in Versuchung geführt
werden, suchen Gott nicht als Bräutigam, sondern als Arzt.
Deshalb werden wir von ihm keine Umarmungen und Küsse empfangen,
sondern Heilmittel für die Wunden, öle und Salben.
Von welch großer
Not hat mich doch, guter Jesus, oft schon dein Kommen befreit! Wie
oft hast du mein verwundetes Gewissen mit dem Salböl deines
Erbarmens bestrichen und mit dem öl der Freude übergossen!
Wie oft bin ich fast verzweifelt zum Gebet gegangen, und wie oft hat
mich dann die erlangte Vergebung frohlocken und Trost finden lassen!
Wer das schon erfahren hat, der weiß, dass Jesus, der Herr,
wirklich der Arzt ist, der die zerknirschten Herzen heilt und ihre
schmerzenden Wunden verbindet.
Die es noch nicht erfahren haben, sollen ihm glauben, wenn er spricht:
Der Geist des Herrn hat mich gesalbt, um alle zu heilen, deren
Herz zerbrochen ist
(Jesaja 61, 1). Wenn sie immer noch zweifeln,
sollen sie doch kommen, es versuchen und dann an sich selbst
erfahren, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht
Opfer
(Matthäusevangelium 9, 13).
[Bernhard von Clairvaux: Über das Beten. Zisterziensische Spiritualität
für den Alltag, Heft 3. Regensburg 2003, S. 16 - 18
Der französische Dominikaner und Apostel der Gefängnisse
Jean-Joseph Lataste
(† 1869): Kommt zu Jesus, er hat Balsam für
alle Wunden.
BRäUTIGAM:
Bernhard von Clairvaux († 1153):
Wenn ein Mensch
die Gabe empfangen hat, mit Gott verbunden zu leben, wenn er ein Mann
der Sehnsucht ist, wenn er heftig begehrt, brennend danach dürstet
und unablässig darauf sinnt, bei Christus zu sein, dann wird er
das Wort Gottes als Bräutigam bei sich aufnehmen dürfen.
Wenn die Stunde gekommen ist, fühlt er sich in seinem Inneren
wie von den Armen der Weisheit umschlungen und nimmt wahr, dass sich
beglückende Liebe in ihn ergießt. Was sein Herz verlangt,
wird ihm gewährt, wenn auch in diesem irdischen Leben nur
teilweise und nur für kurze Zeit, für einen Augenblick.
Denn wenn der in innigem Gebet Gesuchte sich eingefunden hat und wenn
man glaubt, ihn festhalten zu können, entschwindet
er plötzlich wieder, um dem, der sehnsüchtig nach
ihm verlangt, wieder von Neuem zu begegnen. Er lässt sich
ergreifen, aber nicht festhalten, indem er plötzlich den Händen
zu entgleiten scheint. Wenn jedoch der Mensch in seinem
Glauben und in seinem Gebet nicht nachlässt, wird er wieder
zurückkehren und ihm nicht versagen, was seine Lippen
begehren. So dürfen wir uns immer wieder über die
Anwesenheit
des Bräutigams freuen, doch nicht in ungetrübter Fülle,
denn wenn auch der Besuch
beglückt, so ist doch der Wechsel leidvoll. Dies muss die
Geliebte so lange erdulden, bis
sie einmal den irdischen Leib abgelegt hat, ungehindert
in der Anschauung Gottes weilt und dem Geliebten mit freiem Herzen
folgen kann, wohin er geht.
[Bernhard von Clairvaux: Über das Beten, Zisterziensische Spiritualität
für den Alltag, Heft 3, Regensburg 2003, S. 20 f.]
vgl. Apologeten (BKV II 258-60); Syrische Didache (BKV 347-50)
BRüCKE:
Katharina von Siena († 1380):
Da zeigte mir
Gott, mit welcher Liebe er den Menschen geschaffen hatte und sagte: …
Aus ihm [Jesus, meinem Sohn] habe ich eine Brücke
gemacht, damit ihr alle hinüber gelangen könnt, um die
Frucht eurer Mühen zu empfangen und zu genießen. Wisset,
Kinder, dass der Weg abgebrochen war durch Adams Sünde des
Ungehorsams, und auf diese Weise niemand zu seinem Ziel gelangen
konnte. So verwirklichte sich meine Wahrheit nicht, denn ich hatte
ihn geschaffen nach meinem Bild und Gleichnis, damit er das ewige
Leben erlange und an meiner höchsten und ewigen Güte
teilhabe und von ihr koste. Jene Schuld brachte Dornen und Disteln
der Drangsal hervor und einen Fluss, der ständig seine Wellen
schlägt: Deshalb habe ich euch die Brücke meines Sohnes
gegeben, auf dass ihr, wenn ihr den Fluss überschreitet, nicht
ertrinkt. Doch öffnet das Auge des Geistes und seht, wie er vom
Himmel zur Erde reicht; denn von der Erde aus hätte man sie
nicht von solcher Länge machen können, dass sie zur
überquerung des Flusses hingereicht und euch das Leben verliehen
hätte. So verband er, das heißt die göttliche Natur,
die Höhe des Himmels mit der Erde eurer Menschheit. Ihr müsst
euch also an diese Brücke halten, indem ihr die Verherrlichung
meines Namens im Heil der Seelen sucht, in Pein die großen
Mühen aushaltet, den Spuren jenes süßen und
liebevollen Wortes folgend. Ihr seid meine Arbeiter, die ich in den
Weinberg der heiligen Kirche zur Arbeit geschickt habe: ihretwegen
will ich der Welt Barmherzigkeit widerfahren lassen. Habt aber Acht,
dass ihr nicht unten durch gehen wollt, denn dort geht nicht der Weg
der Wahrheit. Weißt du, wer jene sind, die unterhalb dieser
Brücke durchgehen? Dies sind die schändlichen Sünder,
für die ich euch bitte, zu mir zu beten, und für die ich
euch Tränen und Schweiß zu vergießen heiße;
denn sie liegen in der Finsternis der Todsünde danieder. Diese
gehen durch den Fluss und langen in der ewigen Verdammnis an, wenn
sie nicht endlich mein Joch annehmen und auf sich legen. Es gibt
einige, die sich aus Furcht vor der Strafe ans Ufer absetzen und aus
der Todsünde auftauchen; sie spüren nun zwar die Dornen der
vielen Bedrängnisse, sie sind aber dem Fluss entkommen. Bleiben
sie jedoch nicht träge und in ihrer Eigenliebe eingeschlafen,
halten sie sich an der Brücke fest und beginnen, die Tugendkraft
liebend, aufzusteigen. Verharren sie aber in der Eigenliebe und
Lauheit, tut ihnen alles zu weh. Sie halten nicht durch und ein
Gegenwind, der sie anbläst, lässt sie zu ihrem Auswurf
zurückkehren.
Nachdem sie gesehen
hatte, auf wie viele verschiedene Weisen die Seele untergehen konnte,
sprach die ewige Wahrheit: Blicke auf jene, die über die
Brücke des gekreuzigten Christus gehen. Und sie sah
viele, die liefen ohne jegliche Mühe, denn sie waren frei vom
Gewicht des Eigenwillens; und dies waren die wahren Kinder. Sie
hatten sich selbst gelassen und gingen in sehnsüchtigem
Verlangen dahin, nur die Ehre Gottes und das Heil der Seelen suchend.
Am Fuße ihrer Liebesneigung - sie hielten ihn umfangen und
gingen über Christus den Gekreuzigten, der ihnen Brücke war
- sprudelte Wasser hervor und die Dornen waren durch ihre Füße
niedergetreten, ohne dass es ihnen weh getan hatte, das heißt,
sie achteten in ihrem Sinn nicht auf die Dornen der zahlreichen
Verfolgungen, sondern fanden sich in wahrer Geduld ab mit dem
Wohlstand der Welt; er besteht aus jenen grausamen Dornen, die der
Seele den Tod geben, besitzen sie ihn [den Wohlstand] in ungeordneter
Liebe. Sie missachteten ihn wie Gift und waren nur darauf bedacht,
sich am Kreuze mit Christus zu verweilen, denn er war ihr einziges
Vorbild.
[L.
Gnädinger (Hrsg.), Caterina von Siena. Olten-Freiburg 1980, S.
202-05]
FISCH: (ICHTHYS: Akrostichon - Sprachform, bei der die Anfänge von Worten hintereinander gelesen einen eigenen Sinn ergeben - für Iesous Christos theou hyios soter: Jesus Christus, Gottes Sohn, Retter):
Tertullian (BKV I 275); Augustinus von Hippo (BKV III 123-26 u. ö.)
FREUND:
Paulinus II. von Aquileia († 802):
Mag mich eine
Ortsveränderung auch körperlich weit von euch entfernt
haben, so doch keineswegs von der Liebe [zu euch]: denn eine Liebe,
von der man ablassen kann, war niemals eine wahre Liebe. Daher wollen
wir uns, soweit möglich, mit innigster Freundschaftsliebe mit
unserem Herrn Christus verbinden; denn er selbst sagt:
Ihr
seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch vorschreibe
(Johannesevangelium 15, 14) …
Und wenn wir den Lohn
des ewigen Lebens verdienen wollen, müssen wir uns mit unseren
ganzen Kräften bemühen, seine Gebote zu halten. Denn seine
Gebote sind für die Unwilligen schwer, dagegen für die
Willigen leicht, wie er selbst sagt: Mein Joch ist angenehm
und meine Last ist leicht
(Mt 11,30) …
Die Freundschaft mit
der Welt besteht nämlich entweder im Streben nach Gewinn,
Privilegien oder verschiedenen Ehren; die Freundschaft zum Erlöser
dagegen besteht in der Liebe zu ihm und den Nächsten. Sooft wir
also mit guten Werken die Gebote Christi erfüllen, sooft können
wir Freunde Christi heißen. Dieser lädt uns immer ein zu
seiner Freundschaft, während der Teufel uns in den Abgrund der
Hölle zu stürzen sucht. Der Retter liebt uns, während
der Verräter uns hasst: Darum sollen wir nicht ablassen vom
Erlöser und dem Räuber [der Seelen] nicht folgen! Lieber
sei uns der, der befreit hat, als der, der uns gefangengenommen und
der Knechtschaft unterworfen hat! Stelle dir immer vor die Augen
deines Herzens, dass nicht die Schar der Freunde, nicht die Größe
des Gesindes, nicht die Aufhäufung von Gold, nicht glänzende
Edelsteine, nicht reiche Weinlesen, nicht dicht bewachsene
Saatfelder, nicht ausgedehnte üppige Wiesen der Seele, die den
Körper verlässt, irgend einen Schutz bieten können;
vielmehr haben die, die derartiges lieben, mehr Anlass zur Trauer.
Darum sollen wir den wahren Freund lieben, unseren Herrn Jesus
Christus, der uns schon in der Gegenwart Glück und in der
Ewigkeit Seligkeit verleihen wird.
Unser Erlöser wird
er deshalb genannt, weil er uns aus der Gefangenschaft des Teufels
losgekauft hat; Retter, weil er uns von unseren Sünden errettet;
Helfer, weil er uns in günstiger, wie in bedrängter Lage
hilft; Beschützer, weil er uns beschützt, damit wir unter
unseren Feinden unverletzt bleiben; Aufnehmer, weil er uns in die
ewigen Zelt aufnimmt. Lasst uns darum der Liebe, den Geboten, der
Zuneigung eines so großen Freundes mit all unseren Kräften
entsprechen und sein edles Abbild in uns bewahren!
[Paulinus, liber
exhortationis, in: MPL 99, Text: c. 7-8, Sp. 203f; eigene Übersetzung]
HOHERPRIESTER:
Cyrill von Jerusalem (BKV 154-56; vgl. Hebräerbrief 2, 17 u. ö.)
KöNIG:
siehe Christkönig; vgl. Origenes (BKV II 84f.); Athanasios von Alexandria (BKV I 133f.); Cyrill von Jerusalem (BKV 282-85); Ambrosius von Mailand (BKV II 72-74. 148-51)
LEHRBUCH:
Johannes Tauler
(† 1361):
Das einzige wirkliche Lehrbuch
ist unser Herr Jesus Christus.
Elisabeth von der heiligsten Dreifaltigkeit Catez
(† 1906):
Mein
Lieblingsbuch: die Seele Christi, sie offenbart mir alle Geheimnisse
des himmlischen Vaters.
LEHRER:
Johannes Gabriel Perboyre († 1880):
Jesus Christus
ist der große Lehrer der Wissenschaft; er allein gibt wahres
Licht. Alle Wissenschaft, die nicht von ihm kommt und nicht zu ihm
führt, ist eitel, unnütz und gefährlich." "Bitten
Sie Ihn also oft, dass Er Sie erleuchte; gehen Sie nie ohne [diese]
Ihre Fackel, wenn Sie sich nicht verirren wollen. Wenn Sie studieren,
so bitten Sie Ihn, dass Er selbst Sie lehre; wenn Sie mit jemand
reden, so bitten Sie Ihn, dass Er Ihnen das eingebe, was Sie sagen
sollen; wenn Sie irgend etwas zu tun haben, so beschwören Sie
Ihn, das Er Sie erkennen lasse, was Er von Ihnen verlangt!
[Franz
Vauris, Leben des ehrwürdigen Joh. Gabriel Perboyre,
Missionspriesters und Martyrers, Deutsch v. Johann Peter Stollenwerk,
Regensburg 1889, S. 251-53]
MITTLER:
Epiphanios von Konstantia († 403):
Es ist e i n
Gott und e i n Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch
Jesus Christus
(1. Timotheusbrief 2 ,5) … Hier wird er also als Mensch
bezeichnet, aber nicht als bloßer Mensch. Denn Mittler zwischen
Gott und den Menschen wird er deswegen genannt, weil er vor Gott
inmitten beider steht. Im Verhältnis zum Vater betrachtet ist er
Gott von Natur, aus seinem Wesen gezeugt; im Verhältnis zu den
Menschen ist er natürlicher Mensch, echter Sohn Mariens, ohne
eines Mannes Samen gezeugt. Denn so nur ist er Mittler zwischen Gott
und den Menschen, indem er Gott ist und Mensch geworden ist, ohne
seine Natur zu verändern, sondern nach seinen beiden Naturen in
Bezug auf beide vermittelnd.
[Epiphanios, Der Festgeankerte, BKV2
Bd. 38, c. 45, S. 76]
MUTTER:
Die Reklusin und Mystikerin Juliana von
Norwich († um 1430):
Gott ist in der
ersten Person unser Vater, in der zweiten Person auch unsere Mutter:
Eine
Charakteristik Gottes ist es, das Gute über das Böse siegen
zu lassen. Deshalb ist Jesus Christus unsere wahre Mutter, er, der
das Böse mit dem Guten besiegte, indem er Widerstand leistete:
Wir empfangen unser
Sein
von ihm. Hier beginnt seine
Mutterschaft und zusammen mit ihr der liebliche Schutz und die
Fürsorge der Liebe, die nie aufhören wird uns zu umgeben.
So wie es wahr ist, dass Gott unser Vater ist, so ist es auch wahr,
dass Gott unsere Mutter ist.
Diese Wahrheit hat er
mir in allem gezeigt, aber besonders in den sanften Worten, mit denen
er sagt: Ich bin es
, was gleichbedeutend ist mit, ich
bin die Stärke und Güte des Vaters; ich bin die Weisheit
der Mutter; ich bin das Licht und die Gnade, die selige Liebe ist;
ich bin die Dreifaltigkeit; ich bin die Einheit; ich bin die höchste
Güte aller Dinge; ich bin derjenige, der dich lieben lässt;
ich bin derjenige, der dich wünschen lässt; ich bin die
Befriedung aller wahren Wünsche. …
Unser höchster
Vater, der allmächtige Gott, der das Sein
ist,
kennt uns und liebt uns seit Anbeginn: In diesem Bewusstsein wollte
er, in seiner wunderbaren und tiefen Liebe und im vollen
Einverständnis der ganzen seligen Dreifaltigkeit, dass die
zweite Person unsere Mutter wird, unser Bruder, unser Retter.
Es ist deshalb logisch,
dass Gott, der unser Vater ist, auch unsere Mutter ist. Unser Vater
will, unsere Mutter wirkt und unser guter Herr, der Heilige Geist,
bestätigt. Deshalb ist es zu unserem Guten, unseren Gott, in dem
wir das Sein haben, zu lieben, ihm durch Ehrerweisung zu danken und
ihn dafür zu preisen, dass er uns erschaffen hat, zu unserer
Mutter mit brennendem Herzen um Barmherzigkeit und Frömmigkeit
zu beten, und unseren Herren, den heiligen Geist um Hilfe und Gnade
zu bitten.
[https://www.vatican.va/spirit/documents/spirit_20010807_giuliana-norwich_ge.html
abgerufen am 13.10.2019
Lady
Julian of Norwich. Offenbarungen von göttlicher Liebe, übersetzt von Elisabeth Strakosch, Trier 1960, S. 37]
SONNE:
Die wahre Sonne und der wahre Tag: Cyprian von Karthago (BKV I 195f.; II 319)
Sonne der Gerechtigkeit: Ambrosius von Mailand (BKV I 151-53); Johannes „Chrysostomus” (BKV I 174. II 37); Hieronymus (BKV I 216)
Sonne der Wahrheit: Syrische Didache (BKV 358f.)
SPIEGEL:
Klara von Assisi
(† 1253) ermuntert Agnes von Assisi, täglich den
himmlischen Bräutigam zu betrachten als Spiegel für ihr
eigenes Leben:
In diesen
Spiegel schau täglich, o Königin, Braut Jesu Christi, und
schaue in ihm dein eigenes Gesicht. So wirst du ganz, außen und
innen, geschmückt und umgeben mit den schönsten Stoffen,
mit den Blumen und Kleidern aller Tugenden, wie es geziemt, Tochter
und liebste Braut des höchsten Königs.
In diesem Spiegel
blitzt wider die selige Armut, die heilige Demut und die
unaussprechliche Liebe. Mit der Gnade Gottes kannst du ihn schauen
durch den ganzen Spiegel hindurch.
Schau am Anfang des
Spiegels die Armut dessen, der in die Krippe und in die Windeln
gelegt ist. O wundervolle Demut! O erstaunliche Armut! Der König
der Engel, der Herr des Himmels und der Erde - in die Krippe gelegt!
Schau in der Mitte des
Spiegels die Demut und die Armut, die unzähligen Mühen, die
er erduldet hat zur Erlösung des Menschengeschlechts.
Schau am Ende des
Spiegels die unaussprechliche Liebe, mit der er leiden wollte am
Schandmal des Kreuzes, mit der er sterben wollte den schändlichsten
Tod überhaupt.
Der Spiegel ans Kreuz
geheftet, mahnt die Vorübergehenden: Sie sollen hinschauen! O
die ihr vorübergeht auf diesem Weg schaut und seht, ob ein
Schmerz ist wie meiner!
[4.
Brief an Agnes 15 - 24: A. Rotzetter, Klara von Assisi,
Freiburg-Basel-Wien 21993,
S. 248f.]
Der Mönch und Erbauungsschriftsteller Ludolf von
Sachsen († 1377/8):
Es ist für
uns gleichsam ein Spiegel:
In allem, in den
Tugenden und im vollkommenen Lebenswandel, stelle dir immer jenen
klarsten aller Spiegel und jenes Vorbild aller Heiligkeit, nämlich
das Leben und den Lebenswandel des Sohnes Gottes, unseres Herrn Jesus
Christus, vor Augen. Er ist aus dem Grund vom Himmel herab zu uns
gesandt worden, dass er uns vorangeht auf dem Weg der Tugenden und
uns sein Beispiel gibt, nämlich das Gesetz des Lebens und der
Lehre, der Zucht und Disziplin, und dass er uns dazu erzieht, zu
werden wie er selbst. Da wir ja von Natur aus ihm zum Bilde und nach
seinem Bild geschaffen sind, sollen wir auch - je nach unseren
Fähigkeiten und nach unseren Möglichkeiten - zur
Nachvollziehung, zum Nach-Leben seiner Tugenden geführt werden,
wir, die wir sein Abbild in uns durch Sünde verdunkelt und
verdorben haben.
Aber in dem Maß,
wie ein jeder sich anstrengt, ihm im Nachleben der Tugenden
gleichzukommen, um so viel wird er im ewigen Vaterland in der
Klarheit des Ruhmes ihm näher sein, umso mehr wird dieser
erstrahlen.
Durchlaufe also alle
einzelnen Abschnitte des Lebens Christi; gehe in Gedanken jede
einzelne seiner Tugenden durch, damit du dich dann abmühst,
beides wie ein treuer und zuverlässiger Schüler
nachzuvollziehen, so gut du es kannst. Darum: in äußeren
und inneren Nöten, Drangsalen und Mühen gedenke der
Feindseligkeiten und Widerwärtigkeiten, die Christus ertragen
hat; und wann auch immer du durch irgend etwas bedrückt wirst,
dann eile sofort zu ihm, dem treuen, milden Vater aller Armen und
Angefochtenen, so wie ein kleines Kind auf den Schoß seiner
Mutter flieht. Eröffne dich ihm ganz, vertraue dich ihm völlig
an, wirf dich vor ihm nieder, ganz so wie du bist, und er selbst wird
jeden Sturm stillen und dich wieder aufrichten.
Du sollst nicht nur im
Wachen nach dem Herrn Jesus dich hinwenden, nach ihm dich
ausstrecken, sondern auch dann, wenn du den Leib auf das Lager
niederlegst und den Kopf auf das Kissen zurücklehnst, dann soll
das so geschehen wie damals der heilige Johannes sich an die Brust
Jesu zurücklehnte. Und so gelehnt an die Brust Jesu sauge von
seinem überfluss, und du wirst in seinem Frieden schlafen und
dich ausruhen. Und überhaupt, in allen deinen Worten und Taten,
blicke stets auf das Vorbild Jesu, ob du fällst oder stehst, ob
du sitzest oder liegst, ob du issest oder trinkst, ob du sprichst
oder schweigst, ob du allein bist oder in Gesellschaft anderer: Je
mehr du ihn liebst und seine vertraute Freundschaft und sein
Wohlgefallen und sein größeres Vertrauen erstrebst, desto
vollkommener wirst du in jeder Tugend sein. Und das soll deine
Weisheit und dein Studium, deine Bemühung sein: immer in
irgendeiner Weise über Jesus nachzudenken; von daher wirst du
zum Nachleben seiner aufgerufen, und daher wird dir erwirkt werden,
dass du ihn selbst liebst.
Darüber muss der
Mensch nachdenken, nachsinnen. Und du wirst die Zeit nutzbringend
verbringen, wenn du mit guten und förderlichen, nämlich mit
göttlichen Studien beschäftigt bist, die um den Herrn Jesus
kreisen. So wirst du deine Gewohnheiten bessern und vervollkommnen
und die Art deines Lebens selbst: In allem, das du vollbringst und
vollbringen musst, blicke immer auf ihn, den Spiegel und das Beispiel
der Vollkommenheit. Je häufiger und tiefer du dieser Betrachtung
dich hingibst, desto inniger und fester wirst du dir sein Beispiel
freundschaftlich vertraut machen, desto leichter und schneller wird
er dir entgegeneilen und desto angenehmer und Freude bringender
werden diese Betrachtungen dich kräftigen und stärken.
[Mystische Texte des
Mittelalters, hrsg. v. Johanna Lanczkowski. Philipp Reclam
jun. Stuttgart 2007, S. 294-97]
In einer Vision
sieht Mechthild von Hackeborn († 1299) Christus
als Spiegel für unser menschliches Leben:
Da fiel sie
dem Herrn zu Füßen. Und als sie sich wieder erhob, schien
ihr, als sähe sie zwei Spiegel vor den Knien Gottes, und als sei
sein Gewand übersät von Spiegeln, und als trage seine Brust
einen besonders hellstrahlenden Spiegel, von welchem alle jene vorher
gesehenen ausgeströmt zu sein schienen. Sie begriff darin, dass
alle Glieder Christi in ihren Verrichtungen uns wie Spiegel
vorleuchten, und alle seine Werke aus Liebe von seinem Herzen
ausgingen. Seine Füße leuchten uns, nämlich sein
Eifer, aus dem wir wahrnehmen sollen, wie lau unser Begehren nach dem
Göttlichen ist, wie eitel auf Menschliches gerichtet. Die Knie
Christi sind uns Spiegel der Demut, sie, die so oft im Gebet für
uns sich beugten, zuletzt noch, als die Füße der Apostel
gewaschen wurden. Dort können wir unseren Hochmut ablesen, der
nicht duldet, dass wir verdemütigt werden, die wir doch Staub
und Asche sind. Das Herz Christi ist uns der Spiegel glühender
Liebe, in welchem wir erschauen können, wie kalt unsere Herzen
sind gegen Gott und den Nächsten. Der Mund Christi ist uns der
Spiegel lieblicher Rede in Lobpreis und Danksagung, in ihm erkennen
wir die Eitelkeit unserer Worte und unsere Versäumnisse in
Gotteslob und Gebet. Die Augen des Herrn sind uns Spiegel der
göttlichen Wahrheit, dort können wir die Finsternisse
unserer Untreue wahrnehmen, und wie sie uns von der Erkenntnis der
Wahrheit abhalten. Die Ohren des Herrn sind uns Spiegel des
Gehorsams; denn wie er immer bereit war, Gott dem Vater zu gehorchen,
so ist er geneigt, unser Gebet zu hören …
Ferner soll der Mensch,
bevor er beichtet, das Gesicht seiner Seele im Spiegel der Vorzüge
Christi betrachten. Im Spiegel der Erniedrigung Christi betrachte er
also achtsam seine Demut, ob er sie durch Hochmut und Hochfahrenheit
verletzt habe. Im Spiegel der Geduld Christi erprobe er seine Geduld,
ob er in sich finde Makel der Ungeduld. Im Spiegel des Gehorsams
Christi erforsche er seine Züge, ob er nicht darauf die Schuld
des Ungehorsams entdecke. Im Spiegel der Liebe Christi suche er zu
sehen, wie liebevoll er zu seinen Obern sei, wie friedliebend zu
seinen Gleichgestellten, wie sanftmütig zu den ihm Untergebenen.
Und wenn er in solchen oder ähnlichen Dingen etwas am
Seelenantlitz zu Tadelndes wahrnimmt, so wische er es ab mit dem
zarten Tuch der Menschheit Christi. Er rufe sich ins Gedächtnis,
dass Christus unser Bruder ist, und dass er in seiner Gütigkeit
dem Menschen vergibt, der seine Schuld anerkennt.
[Mechthild von Hackeborn, Das Buch vom strömenden Lob, Auswahl, übers.
u. Einführung v. Hans Urs von Balthasar. Verlag Herder,
Freiburg i. B. 2001, S. 68f.]
VORBILD:
Nach Hippolyt von Rom
(† 235) ist durch seine Menschwerdung der Sohn
Gottes Vorbild für unser Leben geworden:
Wir haben über
ihn [folgende] Erkenntnisse gewonnen:
Er hat aus einer
Jungfrau Fleisch angenommen und den alten Menschen in einem neuen
Gebilde getragen, er ist im Leben durch jedes Lebensalter gegangen,
damit er selbst jedem Lebensalter zum Gesetz werde und allen Menschen
sich selbst in seiner Menschheit als Ziel vor Augen halte und durch
sich selbst beweise, dass Gott nichts Böses geschaffen habe, der
Mensch mit freier Selbstbestimmung ausgestattet sei und das Wollen
und Nichtwollen in seiner Gewalt habe und zu beidem fähig sei;
wir wissen, dieser Mensch ist aus demselben Stoffe wie wir
entstanden. Wenn er nämlich nicht aus demselben [Stoff] geworden
wäre, so gäbe er vergeblich das Gesetz, ihn als Lehrer
nachzuahmen. Wenn nämlich jener Mensch eben aus einer anderen
Substanz wäre, wie kann er mir dann, der ich von Natur aus
schwach bin, ähnliches befehlen, wie er es getan, und wieso ist
er [dann] gut und gerecht?
Damit er aber uns
gleich geachtet würde, hat er Arbeit auf sich genommen, wollte
Hunger und Durst erleiden, hungern, hat im Schlafe geruht, sich
Leiden nicht widersetzt, hat dem Tod gehorcht und seine Auferstehung
sichtbar gemacht, und er hat in all diesem seine eigene Menschheit
als Erstlingsopfer dargebracht, damit du im Leiden nicht den Mut
verlierst, sondern dich als Menschen bekennend auch das erwartest,
was du ihm [in der Taufe als Opfer] dargebracht hast.
[refutatio
omn. haeres. 10, 33:
MPG 16, 3, Nr. 33; BKV2 40, S. 289 b]
WEG:
Papst Clemens I. (†
101):
Das ist der Weg,
Geliebte, auf dem wir unser Heil finden:
Jesus Christus, der
Hohepriester unserer Opfergaben, der Anwalt und Helfer unserer
Schwäche.
Durch Ihn streben wir
standhaft nach den Höhen des Himmels.
Durch Ihn schauen wir
sein heiliges und erhabenes Antlitz.
Durch Ihn wurden die
Augen unseres Herzens geöffnet.
Durch Ihn ringt sich
unser unweiser und dunkler Verstand durch zum Licht.
Durch Ihn wollte der
Herr uns vom unsterblichen Wissen kosten lassen, da er der Abglanz
seiner Majestät ist
(Hebräerbrief 1, 3).
[Die
Apostolischen Väter, Neubearbeitung der Funkschen Ausgabe durch
K. Bihlmeyer, 1. Teil, Tübingen 1924, c. 32, S. 46]
Bernhard von Clairvaux († 1153) lässt Christus sprechen:
Folge mir in allen Phasen meines Lebens!
Nicht nur meine
Empfängnis, sondern auch mein Leben will ich dir geben, und zwar
in allen seinen Altersstufen: als Kind, Knabe, Jüngling und Mann
will ich es dir widmen. Noch mehr, ich will dir auch meinen Tod,
meine Auferstehung, meine Himmelfahrt und die Sendung des Heiligen
Geistes geben. Meine Empfängnis soll die deine reinigen, mein
Leben das deine unterweisen, mein Tod den deinen vernichten, meine
Auferstehung der deinen vorausgehen, meine Himmelfahrt die deine
vorbereiten und endlich der Heilige Geist deiner Schwachheit zu Hilfe
kommen. So wirst du also klar den Weg sehen, den du gehen musst, die
Vorsicht, mit der du wandeln musst, und die Wohnung, in die du
eingehen sollst. In meinem Leben wirst du deinen Weg erkennen.
Unabänderlich hielt ich fest den Weg der Armut und des
Gehorsams, der Demut und Geduld, der Liebe und der Barmherzigkeit. In
meine Fußstapfen sollst nun auch du eintreten, ohne zur Rechten
oder zur Linken abzuweichen. In meinem Tod aber will ich dir meine
Gerechtigkeit geben, will ich das Joch deiner Gefangenschaft brechen,
die Feinde auf und neben dem Weg schlagen, damit sie dir kein Leid
antun. Habe ich dies alles erfüllt, so werde ich nach Hause
zurückkehren, von wo ich ausgegangen bin.
[B.
J. Vosicky, Bernhard über Bernhard / Geistliche Lehren des
heiligen Bernhard von Clairvaux, Heiligenkreuz 2008, S. 253f.]
HÄUFUNG VON PRÄDIKATEN:
Der römische Bischof Damasus I. (†
384) verfasste das folgende
Gedicht, ein Hexameter; es hat die zu seiner Zeit bekannten Beinamen des
Erlösers zum Inhalt:
Hoffnung, Leben,
Heil, [Welt-]Vernunft, Weisheit, Licht,
Richter, Tür,
Held, König, Edelstein, Prophet, Priester,
Gesalbter, [Herr der]
Heerscharen, Meister, Gemahl, Mittler,
Stab, Säule, Hand,
Fels, Sohn und Gott mit uns,
Weinberg, Hirte, Schaf,
Friede, Wurzel, Weinstock, ölbaum,
Quelle, Wand, Lamm,
Kalb, Löwe, Versöhner,
Wort, Mensch, Netz,
Stein, Haus, Alles, Christus, Jesus.
[Carmen
6: MPL 13, Sp. 378; eigene Übersetzung]
Einige dieser
Beinamen werden bei einer Synode in Rom im Jahre 382 unter Vorsitz
von Damasus I. näher erläutert:
Vielfältig
aber ist die Verwendung der Namen Christi: Herr, weil er Christus
ist; Wort, weil er Gottes Sohn, weil er der Eingeborene aus dem Vater
ist; Mensch, weil er aus der Jungfrau geboren wurde; Priester, weil
er sich als Opfer dargebracht hat; Hirte, weil er Hüter ist,
Wurm, weil er auferstanden ist; Berg, weil er stark ist; Weg, weil
durch ihn der rechte Weg zum Leben [führt]; Lamm, weil er
gelitten hat; Eckstein, weil er Unterweisung [gibt]; Lehrer, weil er
das Leben zeigt; Sonne, weil er erleuchtet; der Wahrhafte, weil er
vom Vater [stammt]; Leben, weil er der Schöpfer ist; Brot, weil
er [sich als] Fleisch [reicht]; Samariter, weil er Hüter und
barmherzig ist; Christus, weil er Gesalbter ist; Jesus, weil er
Retter ist; Gott, weil er von Gott [stammt]; Bote, weil er Verkünder
ist; Geliebter, weil er Mittler ist, Weinstock, weil wir durch sein
Blut erlöst sind; Löwe, weil er König ist; Fels, weil
er Halt gibt; Blume, weil er erwählt ist; Prophet, weil er
Zukünftiges enthüllt.
[De
explanatione fidei; MPL 13, Sp. 373-75; eigene Übersetzung]
Epiphanios von Konstantia († 403):
Weg wird er
genannt, weil wir durch ihn zum Himmelreich, zu ihm selbst und zum
Vater gelangen; Türe, weil wir durch ihn eintreten; Säule,
weil er das Fundament unseres Glaubens ist; Fels, weil er
unverrückbar ist; Stein wegen seiner Grundlegung; Sonne der
Gerechtigkeit ist er, weil er unsere verfinsterten Geister mit seinem
Lichte erhellt.
[Epiphanios,
Der Festgeankerte, BKV2
Bd. 38, c. 45, S. 76]
Bonaventura († 1274):
Christus ist der
Weg und die Tür, Christus ist die Leiter, er ist das Gefährt,
gleichsam der Gnadenthron auf der Bundeslade; er ist
das
Geheimnis, das seit ewigen Zeiten verborgen war
(Kolosserbrief 1, 26).
Wer diesem Sühnezeichen sein Angesicht zuwendet, wer Christus,
der am Kreuz hängt, anschaut mit Glaube, Hoffnung, Liebe,
Hingabe, Bewunderung und Freude, Wertschätzung, Lob und Jubel,
der begeht mit ihm das Pascha, den übergang: Er durchschreitet
mit dem Stab des Kreuzes das Rote Meer. Er betritt von ägypten
aus die Wüste, wo er das verborgene Manna genießt und mit
Christus im Grabe ruht. äußerlich gleichsam gestorben
erfährt er, soweit es im Pilgerstand möglich ist, was am
Kreuz dem Räuber, der Christus anhing, gesagt wurde: Heute
noch wirst du mit mir im Paradies sein (Lukasevangelium 23,43)
.
[aus: Bonaventura, Der Weg des Geistes zu Gott]
Ambrosius von Mailand († 397):
Christus ist für
uns alles:
Willst du, dass deine Wunde heile: er ist der Arzt.
Glühst du vor Fieberhitze: er ist erfrischende
Quelle.
Sinkst du zusammen unter der Ungerechtigkeit deiner Werke:
er ist die Allmacht.
Fürchtest du den Tod: er ist das
Leben.
Verlangst du nach dem Himmel: er ist der Weg.
Willst du
die Finsternis fliehen: er ist das Licht.
Suchst du Speise: er
ist das Brot des Lebens.
[https://www.aphorismen.de/suche?f_autor=162_Ambrosius]
Maria Bernhardine Soubirous († 1879):
Ich erhob die
Augen und sah nur Jesus allein:
Jesus, mein einziges
Ziel, Jesus, mein einziger Meister,
Jesus, mein einziges
Vorbild, Jesus, mein einziger Führer,
Jesus, meine einzige
Freude, Jesus, mein einziger Reichtum,
Jesus, mein einziger
Freund!
O ja, mein Jesus! Sei
von jetzt an mein Alles und mein Leben;
ich folge Dir überall,
wohin Du gehst.
[aus:
Geistliches Tagebuch]
Teresa von Jesus „de los Andes”
(† 1920):
Gibt es etwas
Gutes oder Schönes oder Wahres, das wir uns außer in Jesus
vorstellen könnten? Er ist Weisheit, für die es kein
Geheimnis gibt; Macht, der nichts unmöglich ist; Gerechtigkeit,
die ihn hat Mensch werden lassen, um für die Sünde zu
sühnen; Vorsehung, die immer vorsorgt und Leben spendet;
Barmherzigkeit, die niemals aufhört zu verzeihen; Güte, die
über die Beleidigungen seiner Geschöpfe hinwegsieht; Liebe,
die die Zärtlichkeiten einer Mutter, eines Bruders und eines
Bräutigams in sich vereint und sie zuinnerst seinen Geschöpfen
mitteilt, da sie dem Abgrund seiner Größe entströmt.
Kann man sich etwas ausdenken, das es in diesem Gott-Menschen nicht
gäbe?
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 09.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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