Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Wesen des Menschen

Der Mensch Krone der Schöpfung oder ein Zufallsprodukt der Evolution? Wie immer man diese Frage beantwortet, Die Antwort darauf ist von entscheidender Bedeutung für sein Gottesverhältnis und für sein ethisches Verhalten. Doch auch rein religiös betrachtet bleibt der Mensch sich selbst ein Geheimnis.

1. Wesen 2. Geschöpf und Abbild Gottes 3. Hinfälligkeit und Sündigkeit

1. Die Kirchenväter sehen im Menschen ein Wesen aus Leib und Seele: so z. B. Apologeten (BKV I, 348-50. 363f,); Irenäus von Lyon (BKV II, 584); Tertullian (BKV I, 228) oder ein Wesen aus Leib, Seele und Geist: Ephräm ( BKV II, 109f. u. ö.) bzw. aus Leib, Seele und : Hieronymus, (BKV I, 217). Nach Laktanz (BKV 277f.) ist und bleibt das Verhältnis zwischen Seele und Geist grundsätzlich ungeklärt. Augustinus von Hippo (BKV II, 242) sieht im Menschen ein Mittelwesen zwischen Engel und Tier. Gregor von Nyssa (BKV 272 f.) erkennt, dass sich im Menschen das Leben von Pflanze und Tier vereinen. Hinzu kommt als Besonderheit seine Vernunft.

Blaise Pascal († 1662):

"Der Mensch in der Natur: Ein Nichts vor dem Unendlichen, ein All gegenüber dem Nichts, eine Mitte zwischen Nichts und All. Unendlich entfernt von dem Begreifen der äußersten Grenzen, sind ihm das Ende aller Dinge und ihre Gründe undurchdringlich verborgen, unlösbares Geheimnis; er ist gleich unfähig, das Nichts zu fassen, aus dem er gehoben, wie das Unendliche, das ihn verschlingt." [Pensées, II. Buch, Frgm. 72]

2. Allgemeingut der Kirchenväter ist der Hinweis auf die Geschöpflichkeit und Gottebenbildlichkeit des Menschen gemäß Gen 1,26f. Dadurch unterscheidet er sich von den Tieren. Insofern ist der Mensch Krone des göttlichen Schöpfungswerks: Laktanz (BKV 101). Darin liegt die Würde des Menschen, die zugleich zu seiner Aufgabe wird, nämlich Gott zu erkennen und zu verehren: Laktanz (BKV 210f.) und sich ihm hinzugeben: Basilius (BKV II, 334).

Nach Irenäus von Lyon († um 202)wird der Mensch nur dann zu einem wahren Kunstwerk Gottes, wenn er sich sein ganzes Leben hindurch von ihm formen und gestalten lässt:

"[Mensch,] es gehört sich, dass du zuerst die Ordnung des Menschen einhältst, dann erst [kannst du] an der Herrlichkeit Gottes teilhaben. Denn nicht du schaffst Gott, sondern Gott schafft dich. Wenn du also ein Werk Gottes bist, dann erwarte die Hand deines Künstlers, die alles zur rechten Zeit macht, zur rechten Zeit aber [auch], was dich betrifft, der du geschaffen wirst. Zeige ihm gegenüber aber dein Herz weich und bildbar und bewahre die Gestalt, die dir der Künstler gegeben hat, behalte in dir die Formbarkeit [eigentlich: Feuchtigkeit], damit du nicht in Verhärtung die Spuren seiner Finger verlierst. Wenn du aber so dein Gefüge bewahrst, wirst du zur Vollkommenheit emporsteigen: Denn durch die Kunstfertigkeit Gottes wird das, was in dir Lehm ist, verborgen. Seine Hand hat in dir den Stoff gestaltet: Sie wird dich von innen und außen mit reinem Gold und Silber zieren und dich so sehr schmücken, dass der König nach deiner Schönheit verlangt (Ps 45,12). Wenn du dich aber verhärtest und seine Kunstfertigkeit zurückweist und dich ihm gegenüber undankbar erweist, dass du [nur] ein Mensch geworden bist, dann hast du in deiner Undankbarkeit gegenüber Gott zugleich mit seiner Kunstfertigkeit auch schon dein Leben verloren. Das Erschaffen gehört nämlich zum Wesen der Güte Gottes, das Geschaffenwerden aber zum Wesen der Natur des Menschen. Wenn du ihm also übergibst, was dein Anteil ist, d. h. Glauben an ihn und Gehorsam, dann wirst du seine Kunstfertigkeit erfahren und ein vollkommenes Werk Gottes sein." [adv. haer. 4,39,2: MPG 7, Sp. 1110; BKV2 4, S. 465f. b]

Gregor von Nazianz († um 390)hält den Menschen für ein ambivalentes Wesen:

"Ich bin klein und doch groß, nieder und doch erhaben, sterblich und doch unsterblich, irdisch und doch himmlisch. Das eine bin ich durch diese Welt, das andere bei Gott, das eine im Fleisch, das andere durch den Geist. Mit Christus muss ich begraben werden, mit Christus auferstehen, mit Christus erben; ich muss Gottes Sohn werden …

So will es Gott, der für uns Mensch geworden ist und sich zur Armut erniedrigt hat, um das Fleisch zu erwecken, das Ebenbild zu retten und den Menschen neu zu schaffen, auf dass wir alle eins werden in Christus, der in uns allen auf vollkommene Weise das geworden ist, was er selbst ist, auf dass nicht mehr die Verschiedenheit des Fleisches besteht und nicht mehr ein Unterschied ist zwischen Mann und Frau, Barbar, Skythe, Sklave, Freiem, dass wir vielmehr nur noch das Merkmal Gottes an uns tragen, von welchem und für welchen wir erschaffen worden sind, und dass wir so von ihm umgestaltet und gezeichnet werden, dass er allein es ist, der uns kenntlich macht" [Trauerrede auf seinen Bruder Caesarius, BKV I, 231]

Petrus „Chrysologus” († um 450)betont die Würde des Menschen:

Du Mensch, warum missachtest du dich so sehr, da du doch für Gott so kostbar bist? Da Gott dich so hoch ehrt, warum entehrst du dich so sehr? Warum suchst du nach dem, woraus du geschaffen bist, und nicht nach dem, wofür du geschaffen bist? Ist nicht dieses ganze Haus der Welt, das du siehst, für dich gemacht? Das Licht dringt in dich ein und vertreibt die Finsternis, die dich umgibt. Für dein Wohl wurde die Nacht eingeführt, für dich der Tag abgemessen. Für dich wurde der Himmel mit den vielfältigen Strahlen von Sonne, Mond und Sternen erhellt; für dich die Erde mit Blumen, Bäumen und Früchten ausgemalt. Für dich wurde eine erstaunliche Menge von Lebewesen geschaffen: in der Luft, auf den Feldern und im Wasser, damit nicht traurige Einsamkeit die Freude an der neu geschaffenen Welt zerstöre.

Noch etwas denkt sich der Schöpfer zusätzlich zu deiner Ehre aus: Er macht dich zum Träger seines Bildes. Dieses sichtbare Ebenbild sollte auf der Erde den unsichtbaren Schöpfer gegenwärtig machen. Dir übergab er die Verwaltung der irdischen Güter, damit ein so weiter Besitz einen Statthalter des Herrn habe. Was Gott in dir erschaffen hatte, das nahm er gütig an. Er wollte in Wahrheit in einem Menschen erkannt werden, nachdem er vorher in ihm gleichsam wie in einem Bilde gesehen worden war. Und er bewirkte, dass ein Mensch im eigentlichen Sinn des Wortes Gott war, nachdem der Mensch es vorher nur in der ähnlichkeit sein durfte." [sermo 148, MPL 52, Sp. 596ff., zit. nach Mon. Lekt. z. 30.7.]

Mamertus († 477 ?)lässt Christus zur Seele sprechen: Der Mensch als Wesen mit Seele und Leib ist mir ähnlich geschaffen.

"Im Schweigen spricht zu mir die Wahrheit und sagt zu mir: Du, der du gewiss glaubst, ein Körper zu sein, woher kommt es dann, dass du ein unkörperliches Wort gebrauchst? Etwas anderes ist doch wohl dein Wort, d. h. deine damit verfolgte Absicht, etwas anderes die Lautgestalt des Wortes; etwas anderes ist das, was ertönt, etwas anderes, was damit gemeint ist. Denn wie ein Laut ohne Wort sein kann, so gibt es auch ein Wort ohne Lautgestalt. Doch verwendet dein Wort gleichsam das Gewand eines Lauts, um in den Ohren zu ertönen, so wie ich das Gewand des Fleisches annehme, um den Menschen sichtbar zu werden. Und wenn du sprichst, geht der Laut dienstbereit bis zum Ohr, doch das Wort dringt, ohne ortsgebunden zu sein, bis zur Seele vor; denn es kommt so zu deinem Gesprächspartner, dass es sich jedenfalls nicht von dir entfernt. Und wenn dich beim Sprechen einer hört, bleibt doch das ganze Wort bei dir, ganz auch bei ihm. Und wenn du zwei Zuhörer hast, hören sie das ganze Wort, und wenn du viele hast, ebenfalls; allen und jedem einzelnen und auch dir wird das ganze [Wort zuteil]. Vernichte also nicht mein so großes Geschenk in dir: die ähnlichkeit mit mir, die ich dir überaus gütig zugeteilt habe, so dass du nicht in deinem Streben nach mir nicht außerhalb von dir suchest."

Der Mensch ist aber auch nach dem Abbild des Dreifaltigen Gottes geschaffen gemäß dem Wort: "Lasst uns den Menschen machen nach unserem Bild und Gleichnis! (Gen 1,26). Blicke in dich selbst, menschliche Seele, was dich selbst betrifft und strebe nach mir! Sieh deinen Geist, sieh dein Wort, sieh deinen Willen [als Abbild des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes]! … Ich und der Vater und die uns verbindende Liebe, wir sind ein Gott: Du, dein vernünftiger Geist und dein Wort und deine Liebe, bist ein Mensch, nach dem Gleichnis deines Urhebers gemacht, nicht ihm gleich, da du doch geschaffen und nicht gezeugt bist, gebildet, aber nicht Bildner. Entferne dich von dem, was unterhalb von dir ist, also weniger gestaltet, d. h. von weniger schöner Gestalt als du! Tritt vielmehr hin zur formenden Gestalt, damit dir eine schönere Gestalt zuteil werden kann, und bleib immer mir ihr verbunden; denn von ihr wirst du umso mehr an Schönheit empfangen, je mehr du dich ihr mit dem Gewicht deiner Liebe einprägst. Denn von ihr wirst du [einmal] den unverlierbaren Zustand der Ebenbildlichkeit empfangen, von dem du schon ihren Anfang erhalten hast." [Mamerti Claudiani de statu animae, lib.1, c. 26, MPL 53, Sp. 734; eigene Übersetzung]

In seiner Abhandlung "über die Erkennbarkeit Gottes" geht Johannes Duns Skotus († 1308), wie es in der mittelalterlichen Philosophie und Theologie üblich ist, zunächst auf die Gegenpositionen ein, die er selbst ablehnt, um dann seine eigene Meinung darzulegen. So ist nach der Bibel (Gen 1,26 f.) der Mensch mehr als eine Spur Gottes, nämlich ein Abbild Gottes.

"Hier ist zu fragen, was der Begriff des Bildes ist und worin ein Bild besteht. Bezüglich des ersten wiederhole ich, … dass ein Bild fähig ist, ein Ganzes zu vergegenwärtigen, und darin unterscheidet es sich von der Spur, dass diese nur einen Teil vergegenwärtigen kann. Wenn nämlich ein Körper als ganzer dem Sand so eingeprägt wäre wie etwa ein Fuß eingeprägt ist, wäre der Abdruck des Körpers ein Bild des Ganzen, wie jener Fußabdruck ein Bild des Teiles ist und die Spur des Ganzen. Aber die Gleichförmigkeit, die das Ganze zum Ausdruck bringt, ist nicht ausreichend, sondern es ist eine Nachahmung erforderlich. Denn nach Augustinus von Hippo … gilt: Wie sehr auch immer zwei Eier einander ähnlich sind, ist das eine doch nicht ein Bild des anderen, weil es nicht fähig ist, ein Ei nachzuahmen. Und deswegen ist erforderlich, dass ein Bild fähig ist, dasjenige nachzuahmen, wovon es ein Bild ist, und dieses zum Ausdruck zu bringen."

Da Gott ein Dreifaltiger Gott ist, muss der Mensch auch diese Dreiheit in sich abbilden. Dies ist der Fall in der menschlichen Seele, die drei Vollkommenheiten besitzt:

"Die Seele hat eine Vollkommenheit in sich, der gemäß sie der erste Akt in Hinsicht auf die hervorgebrachte Erkenntnis ist; und sie hat eine andere Vollkommenheit in sich, der gemäß sie die hervorgebrachte Erkenntnis formal in sich aufnimmt; und sie hat eine Vollkommenheit in sich, der gemäß sie den Willensakt formal in sich aufnimmt. Diese drei Vollkommenheiten heißen Gedächtnis, Einsicht und Wille, oder sie heißen Seele, insofern diese jene Vollkommenheiten besitzt."

Um aber in der menschlichen Seele ein Abbild des Dreifaltigen Gottes zu erkennen, bedarf es des vorausgehenden Glaubens. Ein Ungläubiger erkennt das nicht:

"Wenn man einwendet, dass die Dreifaltigkeit, wenn es ein Bild von ihr gäbe, durch die Selbsterkenntnis des Geistes erkannt werden könnte, antworte ich: Was im Geist zusammenwirkt, vermag den Gläubigen davon zu überzeugen, wie die Dreifaltigkeit sein kann, dem Ungläubigen aber erschließt das nicht, dass die Dreifaltigkeit ist, weil die ganze Ansammlung mehrerer Teile im Geist, aus denen das Bild besteht, auch von einer Person sein könnte und ist. Und deswegen kann aus dem Bild nicht im strengen Sinn eines Beweises gezeigt werden, dass es ein Bild der Dreifaltigkeit ist. Darüber sagt Augustinus von Hippo im 15. Buch über die Dreifaltigkeit, Kapitel 24: Wer seinen Geist betrachtet und in ihm die Dreifaltigkeit, jedoch nicht glaubt, dass dieser ein Bild Gottes ist, sieht zwar den Spiegel, sieht aber nicht im Spiegel, weil er nicht einmal weiß, dass das, was er sieht, ein Spiegel ist."

[Johannes Duns Skotus, über die Erkennbarkeit Gottes: Texte zur Philosophie und Theologie; lateinisch-deutsch, hrsg. u. übersetzt von Hans Kraml, Hamburg 2000, S. 105ff. 135ff.]

In seiner Predigt über den edlen Menschen unterscheidet „Meister” Eckart († 1327/8) zunächst zwischen dem äußerlichen und dem innerlichen Menschen:

"Zum äußeren Menschen gehört alles das, was zwar der Seele anhaftet, aber verbunden und vermischt mit dem Fleisch ist und ein leibhaftiges Zusam­menwirken hat mit jeglichem Glied, als da sind Auge, Ohr, Zunge, Hand und dergleichen. Und das alles nennt die Schrift den alten Menschen, den irdischen Menschen, den äußeren Menschen, den feindlichen Menschen, einen knechtischen Menschen.

Der andere Mensch, der in uns ist, das ist der innere Mensch; den heißt die Schrift einen neuen Menschen, einen himmlischen Menschen, einen junger Menschen, einen Freund, einen edlen Menschen."

„Meister” Eckart unterscheidet nun sechs Grade des Wachstums dieses inneren edlen Menschen:

"Der erste Grad des inneren oder neuen Menschen … ist, dass der Mensch nach dem Bild guter und heiliger Leute lebt, aber noch an den Stühlen geht und sich noch an den Wänden hält und sich labt mit der Milch.

Der zweite Grad ist, so er … nicht allein mehr auf die Vorbilder hinschaut, auch guter Menschen, sondern er läuft und eilt zur Lehre und zum Rat Gottes und göttlicher Weisheit, kehrt dem Menschlichen den Rücken und das Antlitz zu Gott, kriecht der Mutter aus dem Schoß und lacht den himmlischen Vater an.

Der dritte Grad ist, so der Mensch mehr und mehr der Mutter sich entzieht und ihrem Schoß ferner und ferner bleibt, der Fürsorge entflieht und die Furcht abwirft. Wenn er die Möglichkeit hätte, allen Leuten übel und unrecht zu tun, ohne dass er selbst Verdruss hätte, es würde ihn doch nicht danach gelüsten; denn er ist durch Minne [Liebe] also mit Gott verbunden und vertraut in stetem Eifer, bis der ihn gesetzt und eingewiesen hat in Freude und Süßigkeit, wo ihm zuwider ist alles, was Gott ungleich und fremd ist und vor ihm nicht ziemt.

Der vierte Grad ist, so er mehr und mehr zunimmt und sich einwurzelt in der Liebe zu Gott, also, dass er allzeit bereit ist, jederlei Anfechtung und Prüfung, Ungemach und Leid willig und gern, begierig und mit Freuden auf sich zu nehmen.

Der fünfte Grad ist, so der Mensch allenthalben von sich selber aus in Frieden lebt, still ruhend im Reichtum und im Genuss der höchsten, unaussprechlichen Weisheit.

Der sechste Grad ist, so der Mensch entbildet ist und überbildet wird mit Gottes Ewigkeit, wenn er zu ganzer Vollkommenheit gelangt ist und Vergänglichkeit zeitlichen Lebens vergessen hat, wenn er gezogen und hinübergewandelt wurde in ein göttliches Bildnis, wenn er ein Kind Gottes geworden ist. Einen weiteren, höheren Grad gibt es nicht mehr; da ist ewige Ruhe und Seligkeit. Denn das Endziel des inneren und neuen Menschen ist ewiges Leben."

[Wolf Brixner, Die Mystiker / Leben und Werk, Augsburg 1987, S. 264-66; vgl. Philosophie > Meister Eckehart, Predigt: Vom edlen Menschen http://www.pinselpark.org/philosophie/e/eckehart/texte/schrift_edel… ]

Laurentius von Brindisi († 1619):

"Wenn wir wirklich ein Abbild Gottes sein wollen, müssen wir Christus ähnlich werden, denn er ist das Abbild der Güte Gottes und das Abbild seines Wesens" (Hebräerbrief 1,3).

Angelus Silesius († 1677):

- "Das größte Wunderding ist doch der Mensch allein:

Er kann, nachdem er's macht, Gott oder Teufel sein."

- "Mensch, in das, was du liebst, wirst du verwandelt werden,

Gott wirst du, liebst du Gott, und Erde, liebst du Erden."

- "Mensch, denkst du Gott zu schau'n dort oder hier auf Erden:

So muss dein Herz zuvor ein reiner Spiegel werden."

[aus: Der cherubinische Wandersmann]

Ignatius von Loyola († 1556)schreibt in "PRINZIP UND FUNDAMENT", wozu wir leben:

Der Mensch ist geschaffen dazu hin,

Gott Unseren Herrn zu loben,

Ihm Ehrfurcht zu erweisen und zu dienen,

und damit seine Seele zu retten.

Die andern Dinge auf der Oberflache der Erde

sind zum Menschen hin geschaffen,

und zwar damit sie ihm bei der Verfolgung des Zieles helfen,

zu dem bin er geschaffen ist.
Hieraus folgt, dass der Mensch dieselben so weit zu gebrauchen hat,

als sie ihm auf sein Ziel bin helfen,

und sie so weit lassen muss, als sie ihn daran hindern.

Darum ist es notwendig,

uns allen geschaffenen Dingen gegenüber gleichmütig zu verhalten in allem, was der Freiheit unseres freien Willens überlassen und nicht verboten ist.

Auf diese Weise sollen wir von unserer Seite
Gesundheit nicht mehr verlangen als Krankheit,
Reichtum nicht mehr als Armut,
Ehre nicht mehr als Schmach,

langes Leben nicht mehr als kurzes,
und folgerichtig so in allen übrigen Dingen.
Einzig das sollen wir ersehnen und erwählen,

was uns mehr zum Ziele hinführt, auf das hin wir geschaffen sind."

[Ignatius von Loyola, Geistliche übungen, übertr. u. erkl. v. A. Haas, Vlg. Herder Freiburg 1999, 25f.]

3. Ambrosius (BKV I, 94-96) betont die Hinfälligkeit des M., die Unbeständigkeit seines Glücks und vergleicht das Menschenleben mit seiner Lust und Trauer mit der Rose und ihren Dornen (BKV I, 109f.).

Nach Johannes „Chrysostomus” (BKV V, 240) überkamen den M. nach seinem Sündenfall die Begierlichkeit und alle Leidenschaften.

Nach Augustinus von Hippo (BKV V, 217. 222f.) ist die menschliche Natur gut, aber durch den freien bösen Willen verdorben.

Nach Makarios (BKV 241) kann der M. sowohl mit dem Satan wie mit dem Hl. Geist Gemeinschaft haben.

Bernhard von Clairvaux († 1153)ermahnt Papst Eugen III. angesichts seines hohen Standes nicht zu vergessen, dass er Mensch ist und bleibt: "Denk darüber nach, in welchem Zustand Du geboren bist. Nimm die Verhüllung weg, die Du von Deinen Stammeltern geerbt hast und die von Anfang an ein Zeichen des Fluches war. Zerreiß den Lendenschurz aus Feigenblättern, der nur Deine Schande verhüllt, aber Deine Wunde nicht heilt. Trag die Schminke dieser flüchtigen Ehre ab, den schlecht gemalten Glanz von Herrlichkeit, und denke nackt über Dich Nackten nach; denn nackt bist Du aus dem Schoß Deiner Mutter herausgekommen. Du trägst die Mitra? Du glitzerst von Edelsteinen, prangst in Seide, bist mit Federn geschmückt, mit kostbaren Metallen gespickt? Wenn Du beim Nachdenken all das wie MorgengewöLukasevangelium zerstreust und von Deinen Augen wegbläst; wenn Du siehst, wie rasch das vorübergeht und wie schnell es vorbei ist, was tritt dann zutage? Der nackte, arme, erbärmliche und erbarmungswürdige Mensch. Der Mensch, der darunter leidet, ein Mensch zu sein; der sich schämt, nackt zu sein; der bedauert, geboren worden zu sein; der gegen seine Existenz aufbegehrt; der Mensch, der für die Mühsal, nicht für die Ehre geboren ist; der nur kurze Zeit lebt und deshalb mit Angst; der mit viel Erbärmlichkeiten behaftet ist, und deshalb mit viel Grund zur Klage … Das ist eine heilsame Verbindung, wenn Du daran denkst, dass Du der höchste Bischof bist und zugleich die jämmerlichste Asche nicht nur warst, sondern immer noch bist." [Bernhard von Clairvaux an Papst Eugen III.: Betrachtungen
www.heiligenlexikon.de/Literatur/Bernhard_von_Clairvaux… ]

Johannes Tauler († 1361):

"Das Pferd macht den Mist im Stall, und obgleich der Mist einen Unflat und Stank an sich hat, so zieht dasselbe Pferd doch den Mist mit großer Mühe auf das Feld, und daraus wächst sodann schöner Weizen und der edle, süße Wein, der niemals wüchse, wäre der Mist nicht da. Also trage deinen Mist - das sind deine Gebrechen, die du nicht abtun, ablegen noch überwinden kannst - mit Mühe und mit Fleiß auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheit deiner selbst. Es wächst ohne allen Zweifel in einer demütigen Gelassenheit köstliche, wohlschmeckende Frucht daraus," [https://www.aphorismen.de/suche?f_autor=3683_Johannes+Tauler ]


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 07.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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