Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Spiritualität der Heiligen - Vorbemerkungen
Die Frau in Kirche und Gesellschaft
Die Frau in Kirche und Gesellschaft
Im Judentum wie im Christentum wird die Frau als Abbild Gottes dem Mann grundsätzlich grundsätzlich gleichgestellt (vgl. 1. Mose 1, 27; Galaterbrief 3, 28). Dennoch wird an der gesellschaftlich bedingten Unterordnung der Frau unter den Mann festgehalten (1. Mose 3, 16; 1. Korintherbrief 11, 2 - 16; 1. Timotheusbrief 2, 11 - 15; 1. Petrusbrief 3, 1 - 7). Doch mehren sich im Lauf der Kirchengeschichte die Stimmen, die diese Sicht in Frage stellen.
1. Die patriarchalische Sicht
2. der Ruf nach Gleichberechtigung von Mann und Frau
3. die Fähigkeiten der Frau
4. die Macht der Frauen
5. die Berufung der Frau
1. Die patriarchalische Sicht
Die Kirchenväter halten an der traditionellen Sicht der Frau fest:
Nach Lactantius (BKV 168) wäre eine allgemeine Gleichberechtigung der Frau ein Unglück.
Laut Basilius „dem Großen” (BKV II, 119) ist die Frau vor Gott dem Mann gleichwertig, sie darf sich aber von einem untreuen Mann nicht trennen (ders., BKV I, 196) und ihm die Ehe nicht verweigern (ders., BKV I, 207).
Gregor von Nazianz sieht in seiner Mutter das Idealbild einer christlichen Frau, ohne von der traditionellen Sicht abzuweichen (BKV I, 357-61).
Nach Johannes „Chrysostomus” ist in der Ehe die Frau dem Mann zwar ebenbürtig, aber doch auch unterworfen (vgl. BKV VII, 90. 370).
Augustinus von Hippo gesteht der Frau die gleiche vernünftige Erkenntnis wie dem Mann zu, doch sei sie ihm aufgrund des Geschlechts unterworfen (BKV VII, 375).
2. der Ruf nach Gleichberechtigung von Mann und Frau
Von Sara der Einsiedlerin (4./5. Jahrhundert) wird
Folgendes berichtet:
Einst kamen zwei
große und heilige Altväter, Einsiedler von Pelusium, zur
hl. Sarra. Als sie schon von ihr im Gehen waren, sagten sie
zueinander:
Lasst uns diese Nonne demütigen
. Gleich darauf
wandten sie sich ihr zu und sagten zu ihr: Sieh zu, Mutter,
sei nicht aufgeblasen, und sprich nicht in deinem Herzen:
Darauf
antwortete die Selige ihnen mit aller Demut und unter Tränen:
Siehe, die
Asketen kamen zu mir, die ich doch nur eine Frau bin.
Von Natur aus bin ich zwar eine Frau, meinen Gedanken nach aber bin
ich ein Mann.
[Meterikon. Die Weisheit der Wüstenmütter. Hrsg. u. übersetzt von
Martirij Bagin u. Andreas-Abraham Thiermeyer, Sankt Ulrich Verlag Augsburg 2004, Nr. 61]
Theresa von Ávila
(† 1582)
Ich
werfe unserer Zeit vor, dass sie starke und zu allem Guten begabte
Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt.
https://www.aphorismen.de/zitat/193851
Maria Ward († 1645):
Es
besteht kein solcher Unterschied zwischen Männern und Frauen,
dass die Frauen nicht auch Großes leisten könnten, wie wir
am Beispiel vieler Heiliger gesehen haben, die Großes
vollbrachten; und ich hoffe, dass Frauen in Zukunft Großes tun
werden.
3. die Fähigkeiten der Frau
Roswitha von Gandersheim († um 975)
schreibt vor der
Herausgabe ihrer Bücher an Gönner und Korrektoren ihres
Werkes. Ihr ist sicherlich nicht bewusst, dass sie mit ihrem Werk zur
ersten deutschen Dichterin wird, wohl aber dass es ungewöhnlich
ist, sich als Frau der Dichtung zuzuwenden:
Den überaus
Gelehrten und Wohlgesitteten, die anderen den Erfolg nicht neiden,
sondern, wie es sich für wahrhaft Weise ziemt, ihre Glückwünsche
ausdrücken, wünscht Roswitha, unwissend und untüchtig,
wie ich bin, für jetzt Wohlergehen und für immer Freude.
Ich kann nicht genug die Größe eurer lobenswerten Demut
bewundern und vermag nicht die Fülle eurer großzügigen
Güte und Wertschätzung zu meinen Gunsten mit entsprechendem
Dank zu vergelten; denn, obwohl ihr besonders in den philosophischen
Wissenschaften großgezogen und in den wissenschaftlich
herausragenden Studien vollendet seid, habt ihr das kleine Werk einer
unbedeutenden schwachen Frau eurer Bewunderung für wert erachtet
und den Spender der in mir wirkenden Gnade mit brüderlicher
Zuneigung beglückwünschend gelobt, in der Meinung, ich
besäße eine gewisse Kenntnis der Künste, deren
Feinsinnigkeit meinen weiblichen Geist weit übertrifft.
Schließlich wagte ich es bisher kaum, meine plumpe bescheidene
Dichtung einigen wenigen, und zwar nur meinen Angehörigen, zu
zeigen; daher stockte mein Bemühen, weiter etwas Derartiges zu
verfassen; denn wie es nur wenige waren, die es durchlasen, wenn ich
etwas hervorbrachte, so waren es auch nicht viele, die entweder zum
Ausdruck brachten, was korrekturbedürftig sei, oder mich
ermunterten, etwas dem Geschriebenen ähnliches zu wagen. Nun
aber, da feststeht, dass ein Zeugnis von dreien wahr ist, wage ich
es, durch eure Ansichten gestärkt, mit mehr Zuversicht mich
sowohl der schriftstellerischen Tätigkeit zu widmen, wenn Gott
es zulässt, als auch mich der Prüfung weiser Leute, wer
immer es auch sei, zu unterziehen. Dabei werde ich mit
widerstrebenden Gefühlen, nämlich Freude und Furcht, in
verschiedene Richtung gezogen. Denn dass Gott, durch dessen Gnade
allein ich bin, was ich bin, in mir gelobt wird, freut mich von
Herzen; aber ich fürchte zugleich, dass ich größer
erscheine, als ich bin; denn ich zweifle nicht, dass beides ein
Unrecht ist, einerseits die von Gott geschenkte Gabe zu leugnen,
andererseits vorzugeben, etwas, was ich nicht empfangen habe,
empfangen zu haben. Daher bestreite ich nicht, dass ich mich durch
die Gnade des Schöpfers vom Vermögen her auf die Künste
verstehe - ich bin ja ein gelehrsames Lebewesen -, aber von der
tatsächlichen Ausführung her bekenne ich, dass ich mich
darauf überhaupt nicht verstehe. Auch erkenne ich an, dass mir
von Gott ein scharfsinniger Geist geschenkt wurde, aber dieser
bleibt, da die Sorgfalt der Lehrer nachließ, unausgebildet und
aufgrund der eigenen Trägheit und Untätigkeit
vernachlässigt. Deshalb, damit nicht in mir die Gabe Gottes
aufgrund meiner Nachlässigkeit zunichte würde, ließ
ich, falls ich etwa Fäden oder auch Fasern von Tuchfetzen aus
dem Gewand der Philosophie herausreißen konnte, diese in mein
kleines Werk einfügen, damit meine Unwissenheit in ihrer
Bescheidenheit durch Beimischung eines edleres Stoffes erhellt und
der Spender der Begabung in mir umso mehr mit Recht gelobt werde, je
eingeschränkter - wie man glaubt - der Verstand bei den Frauen
ist.
[Brief Roswithas an
ihre Gönner und Korrektoren vor der Herausgabe ihrer Bücher.
MPL 137, Sp. 973f; eigene Übersetzung]
Luise von Marillac († 1669):
Es
ist in diesem Jahrhundert offensichtlich,
dass die göttliche Vorsehung sich der Frauen bedienen
wollte, um zu zeigen, dass es allein seine Güte ist, die
den bedrängten Menschen helfen und ihnen kraftvolle Hilfe
für ihre Erlösung bringen wollte.
Friedrich Joseph Haass († 1853):
Die Berufung der
Frau liegt nicht nur darin, an der Erhaltung der gesellschaftlichen
Ordnung tätig mitzuwirken, sondern auch an deren Umgestaltung,
wenn eine solche Umgestaltung sich als unabdingbar notwendig erweist.
Alle Worte und Taten der Frau müssen aus christlichem Geist
entspringen, der von Güte, Friedfertigkeit, Sorge, Seelenheil,
Nachsicht, Gerechtigkeit, Wahrheit, Duldsamkeit und Milde
durchdrungen ist
Ihr seid dazu berufen, an der Wiedergeburt der
Gesellschaft mitzuwirken
Scheut dabei vor materiellen Opfern
nicht zurück; zögert nicht, auf Luxus und überfluss zu
verzichten. Wenn ihr keine eigenen Mittel habt zum Helfen, dann
bittet bescheiden, aber beharrlich jene, die über solche Mittel
verfügen. Lasst euch nicht verwirren durch die hohlen
Konventionen und eitlen Regeln des mondänen Lebens. Allein das
Wohl eures Nächsten soll euer Tun lenken. Fürchtet nicht
Demütigung, schreckt vor Absagen nicht zurück. Beeilt euch,
Gutes zu tun! Lernt zu verzeihen, stiftet Frieden und Versöhnung,
besiegt das Böse durch das Gute. Scheut euch nicht vor der
kleinsten Hilfeleistung, die ihr im einen oder anderen Falle erweisen
könnt. Und wenn es nur die Darreichung eines Glases Wasser ist,
ein herzlicher Gruß, ein Wort des Trostes, der Anteilnahme, des
Mitleidens - auch das ist gut. … Versucht, den Gefallenen
aufzuheben, den Zornigen zu besänftigen, verdorbene Sittsamkeit
wiederherzustellen.
[Lew
Kopelew: Der Heilige Doktor Fjodor Petrowitsch. Die Geschichte des
Friedrich Joseph Haass. dtv München 1992, S. 26f, 131f, 173f]
4. die Macht der Frauen
Berthold von Regensburg († 1272):
Einst gab man
klugen Leuten die Frage zu beantworten auf, was wohl den Willen eines
Mannes am schnellsten überwinden könne. Da meinte der eine,
das gelinge am ehesten wohl einem König; der könne am
schnellsten eines Mannes Willen überwinden. Denn zu allem, was
der König einem Manne von niederem Stand abverlange, wäre
der ohne Umschweife und eifrigst bereit; niemals würde er sich
herausnehmen, dem König zu widersprechen, vielmehr würde er
sich noch darüber freuen, wenn der König ihm etwas
abverlangte.
Darauf sagte der
zweite: So ist es durchaus nicht! Vielmehr überwindet der Wein
eines Mannes Willen am schnellsten, bringt er ihn doch dazu, dass er
von Burgen und Ländereien schwatzt, von reichem Besitz oder von
tausend Mark, obwohl er davon auch nicht einen Pfennig besitzt.
Schließlich der
Dritte: So ist es nicht! Die Frauen haben den Willen des Mannes am
schnellsten überwunden.
Dieser hatte gewonnen, denn er hatte
recht und konnte es mit Adams Geschichte gut belegen. Den hatte Gott
so stark gemacht, dass man ihn, auch wenn man täglich ganze
Berge auf ihn gewälzt hätte, nicht hätte zerquetschen
können, hatte ihn Gott doch unsterblich gemacht. Auch wenn man
mit allen Schwertern und allen sonstigen Waffen auf ihn
eingeschlagen und ihn gestoßen hätte, er wäre
dennoch nicht gestorben. Oder wenn man ihn auch in alle Wasser
versenkt hätte, er wäre dennoch nicht ertrunken, war er
doch wirklich unsterblich: was man ihm auch sonst noch angetan hätte,
er hätte davon nicht sterben können. Wie stark und
unsterblich jedoch Gott ihn auch geschaffen hatte, eine Frau hat ihn
darin schließlich doch rasch überwunden; trotz all seiner
Stärke, seiner Herrlichkeit und seiner Vorzüge hat ihn eine
Frau überwunden, so dass er all seine Stärke verlor. Wäre
das nicht geschehen, hätte er sie behalten. Auch Simson war so
stark wie tausend Männer zusammen, und dennoch nahm ihm eine
Frau seine ganze Stärke und all seine Kraft. Ebenso wurde auch
Salomo trotz all seiner Weisheit von einer Frau betrogen, und es gibt
noch viele andere Männer, die von Frauen betrogen worden sind.
Somit haben die Frauen über die Männer den Sieg
davongetragen.
Aufgrund dieser
Geschichte nun will ich die Habgierigen um folgendes bitten: da also
diese drei Dinge [d. h. der König, der Wein und die Frauen] den
Willen des Mannes am ehesten überwinden, so lasst auch ihr euch
von ihnen überwinden: vom Wein der Liebe, von Gott, dem
himmlischen König sowie von der himmlischen Herrin Maria.
Aber Berthold selbst
beurteilt den Erfolg dieses Appells selbst skeptisch:
Wie ich aber auf
die Habgierigen einrede, es ist alles umsonst: haben sie doch mit dem
Teufel einen so dauerhaften Frieden geschlossen, dass er niemals mehr
gebrochen werden wird. Ihr anderen Sünder dagegen sollt zu
wirklicher Reue und zum Frieden mit Gott dem Allmächtigen, mit
euch selbst und mit eurem Nächsten finden, wie ihn euch Gott der
Allmächtige aufgegeben hat, auf dass ihr das Himmelreich
gewinnt, das er euch, wie wir heute in der heiligen Messe lesen,
versprochen hat. Dass uns allen das widerfahren möge, euch
zusammen mit mir und mir zusammen mit euch, das schenke uns Gott der
Allmäch tige! Amen.
[Berthold von Regensburg: Vier Predigten. Mittelhochdeutsch /
Neuhochdeutsch, übersetzt und hrsg. von Werner Röckle. Philipp
Reclam jun. Stuttgart 1983, S. 133 - 141]
5. die Berufung der Frau
Heinrich Hahn
(† 1882):
Auch ist dem weiblichen
Geschlecht ein nicht unbedeutender Anteil an den apostolischen
Arbeiten von der göttlichen Vorsehung zuerkannt worden. Die
gottergebenen Frauen und Jungfrauen aber, die sich an den
Missionsarbeiten beteiligen, schrecken auch nicht vor den damit
notwendig verbundenen Mühseligkeiten und Leiden zurück.
Daher hat das weibliche Geschlecht in neuerer Zeit, wie in den ersten
christlichen Jahrhunderten, zahlreiche Scharen glorreicher
Märtyrinnen aufzuweisen. Die Triumphe des schwächeren
Geschlechts sollen den Stolz der Feinde des Kreuzes zunichte machen
und der Welt zeigen, dass alle Kraft von Gott allein kommt.
[Heinrich Hahn: Geschichte der katholischen Missionen / seit Jesus
Christus bis auf die neueste Zeit. Köln 1865, S. 665 - 671]
Maria Theresia Gräfin Ledóchowska († 1922):
Nicht den
Aposteln, nicht einmal dem Apostelfürsten Petrus, wohl aber
einem Weibe, einer ehemaligen Sünderin würdigt sich der
Herr zuerst zu erscheinen.
Maria! - Gehe hin und sage meinen
Brüdern.
Bemerken
wir hier wohl: Bis jetzt hat der Heiland nur die materielle
Hilfeleistung der Frauen angenommen. Welche Ehre erweist Er ihnen
aber mit diesem merkwürdigen Auftrag? Er will sich jetzt der
Worte Maria Magdalenas, der einstigen Sünderin bedienen, um die
frohe Botschaft Seiner Auferstehung den Männern, den Aposteln zu
verkünden. Von nun an wird die Frau wahrhaft apostolisch, und
berufen durch Wort und Tat, ergänzend, mithelfend eingreifen
dürfen bei dem göttlichsten der Werke, der Arbeit an dem
Heil der Seelen.
[Die Frau
im Dienste der afrikanischen Missionen. Vortrag von Gräfin
M. Theresia Ledóchowska. Salzburg 1907, S. 3]
Josef Sebastian Pelczar († 1924):
Der größte
Verdienst auf dem Feld [der Barmherzigkeit] gehört den
christlichen Frauen, weil es eben deren Gebiet ist, ihr Königreich.
Der Mann soll mit der Kraft des Geistes hervorstechen, die Frau mit
der Macht des Herzens und der Liebe. (Männliches Genie herrscht,
erobert, stürzt um, weibliches Genie tröstet, bezaubert).
Ihr hat Gott die Kinderwiege und das Bett der Kranken anvertraut und
ihr Herz schmückt es, jemanden trösten zu können, die
Tränen abzuwischen, sich für jemanden aufzuopfern. In der
Hingabe der größten Leiden und Opfer ist die Frau ruhig
und stark, während der Mann zuckt und zurückweicht. Sogar
im grauenvollsten Moment unter dem Kreuz sehen wir die Frau voll
Mitleid. ähnlich heute, wenn der Jesus auf der Erde in seinen
armen und kranken Kindern leidet, oft kann man bei ihm Frauen
treffen, die Ihn trösten und unterstützen. …
Barmherzigkeit ist die Berufung einer christlichen Frau.
[Józef
Sebastian Pelczar, Mowy i kazania: 1877 - 1899, Kraków 1998, S.
121f; übersetzt von Agnieszka Pagacz]
Schon zu
Kriegsbeginn, im September 1918, plädierte Hildegard Burjan († 1933)
für einen angemessenen Platz
der Frauen in der modernen Arbeitswelt. Dieses Recht der Frau auf
Arbeit resultiere aus dem Recht eines jeden Menschen auf Entwicklung
und Entfaltung seines Wesens, was ohne Arbeit nicht möglich sei:
Die Entwicklung
der Nation wird zum großen Teil davon ab hängen, dass
wieder tüchtige, mit religiöser überzeugung,
Begeisterung und Opferfreudigkeit arbeitende Frauen und Mädchen
die alten und neuen Arbeitsstätten ausfüllen. Die Frau muss
in dieser wirtschaftlich neu gestalteten Welt ihren vollen Anteil an
sozial nützlicher Tätigkeit bekommen, wir alle müssen
es als Schande empfinden, wenn in ernsten Zeiten ein großer
Teil unserer Schwestern ein Parasitenleben führt, die
materiellen Güter aufbraucht und die Kulturwerte mit Füßen
tritt, die andere Menschen mit blutigem Schweiß verdienen und
erkämpfen. Die Frauenfrage besteht nicht nur darin, dass
unbemittelten Frauen und Mädchen eine anständige Existenz
geschaffen wird, sie wird auch nicht allein dadurch gelöst, dass
der Mann materiell besser gestellt wird und die Frau nicht mehr
mitverdienen muss, sondern es ist unbedingt nötig, dass wieder
die Frauen aller Stände einen hohen seelischen und
nützlichen Lebensberuf bekommen, das ist ihr gutes Frauenrecht.
Dieses Recht legt ihnen aber auch tiefe und dringliche Pflichten auf
und von den Frauen wird es in erster Linie abhängen, ob und wie
die Frauenfrage und zum großen Teil auch die Menschheitsfrage
gelöst wird. Wir katholischen Frauen, die wir das
unvergleichliche Glück besitzen, in unserer heiligen Religion
für alle Fragen die beste und einzige Orientierung zu haben,
müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Werden wir einerseits
unserer gottgewollten Bestimmung als Frau und Mutter unbeirrt von
allen Zeitströmungen und Scheinerfolgen, treu bleiben,
anderseits die neuen Arbeitsformen mit tätiger Kraft und
mütterlicher Zartheit ganz ausfüllen, so werden die
Veränderungen, die das moderne Wirtschaftsleben hervorgerufen
hat, am besten ihren Ausgleich finden.
[Hildegard
Burjan: Reden und Schriften / Quellen zum Studium des geistigen Erbes
der Gründerin der Caritas Socialis Dr. Hildegard Burjan.
1883 - 1933, 1. Teil. Selbstverlag der Caritas Socialis, Wien 1970, S.
126f]
Edith Stein (†
1942) sieht eine gemeinsame und eine verschiedene Berufung von
Mann und Frau:
Die natürliche
Bestimmung, die Gott dem Menschen gegeben hat, ist eine dreifache:
durch die Entfaltung seiner Kräfte Gottes Bild in sich
auszuprägen, Nachkommenschaft hervorzubringen und die Erde zu
beherrschen. Dazu kommt das übernatürliche Ziel: die ewige
Anschauung Gottes, die als Lohn für ein Leben aus dem Glauben
und im persönlichen Anschluss an den Erlöser verheißen
ist. Die natürliche wie die übernatürliche Bestimmung
ist gemeinsam für Mann und Frau.
>
Aber es gibt innerhalb
der gemeinsamen Bestimmung eine Differenzierung der Aufgaben, der die
verschiedene Natur der Geschlechter angepasst ist. Der primäre
Beruf des Mannes ist die Herrschaft über die Erde, die Frau ist
ihm darin als Gehilfin zur Seite gestellt. Der primäre Beruf der
Frau ist Erzeugung und Erziehung der Nachkommenschaft, der Mann ist
ihr dafür als Beschützer gegeben.
Dem entspricht es, dass
dieselben Gaben bei beiden auftreten, aber in verschiedenem Maß
und Verhältnis. Beim Mann vornehmlich die Gaben, die für
Kampf, Eroberung und Beherrschung erforderlich sind: die Körperkraft
zu äußerer Besitznahme, Verstand zur erkenntnismäßigen
Durchdringung der Welt, Willens- und Tatkraft zu schöpferischem
Gestalten.
Bei der Frau die
Fähigkeiten, um Werdendes und Wachsendes zu bewahren, zu behüten
und in der Entfaltung zu fördern: darum die Gabe, körperlich
eng gebunden zu leben und in Ruhe Kräfte zu sammeln,
andererseits Schmerzen zu ertragen, zu entbehren, sich anzupassen;
seelisch die Einstellung auf das Konkrete, Individuelle und
Persönliche, die Fähigkeit, es in seiner Eigenart zu
erfassen und sich ihr anzupassen, das Verlangen, ihr zur Entfaltung
zu verhelfen. In der Anpassungsfähigkeit ist die Ausstattung mit
den gleichen Gaben, die dem Mann eigen sind, und die Möglichkeit,
die gleiche Arbeit wie er zu verrichten -mit ihm gemeinsam oder an
seiner Stelle - eingeschlossen.
[Die
Frau / Ihre Aufgabe nach Natur und Gnade. = Edith Steins Werke, Bd. 5,
hrsg. v. L. Gelber u. R. Leuven. Freiburg-Louvain 1959, S. 58f]
Der Priester, Widerstandskämpfer und Märtyrer Hermann Josef
Wehrle († 1944):
Erst die
Erfahrung hat mich gelehrt, dass die Frauen doch die Hellhörigen
sind und dass sie in Gegenwart und Zukunft ein gewichtiges Wort
mitzureden haben werden.
Die deutsche Schriftstellerin Gertrud von le
Fort († 1971):
Was der heutigen
Welt trotz allen äußeren Glanzes, ihrer Erfindungen und
Wirtschaftswunder fehlt, ist jenes Mindestmaß an Güte,
Mütterlichkeit, Erbarmen, Takt und Zartgefühl, welches der
Welt des Mannes durch die Frau zugeordnet ist.
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 15.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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