Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Schweigen - Stille - Einsamkeit
Schweigen und Stille gewannen vor allem durch das Mönch- und Nonnentum in der Kirche Bedeutung.
Schweigen bewahrt vor Sünden: Ambrosius von Mailand (BKV III 13 - 18, 27).
Schweigen ist Sieg über die Beleidiger: Ambrosius von Mailand (BKV III 19 - 21).
Gut ist nicht völliges Schweigen, sondern Bedachtsamkeit im Reden: Ambrosius von Mailand (BKV III 26f).
Über Pambo „den Großen” (†
386 ?): wird erzählt:Das hatte er vor vielen voraus, dass er,
um ein Wort der Schrift oder einen geistlichen Gegenstand befragt,
nicht auf der Stelle antwortete, sondern sagte, er verstehe die
Stelle nicht, und wenn er weiter gefragt wurde, gab er überhaupt
keine Antwort.
Gregor von Nyssa
(† nach 394):
Nichts scheint
mir wunderbarer, als alle Sinne zum Schweigen zu bringen und zu sich
selbst zurückzukehren und mit sich und Gott Zwiegespräch zu
halten.
Arsenios „der Große” (†
um 440):
Wenn ich redete,
musste ich es oft bereuen, wenn ich schwieg, niemals.
Sara „die Einsiedlerin” (†
im 4./5. Jahrhundert):
Wenn wir den Herrn durch die Mühe
und die Tugenden suchen, kommt er zu uns; und wenn wir in der Stille
leben, ist Er bei uns.
Eucherius von Lyon (†
449/50):
Mit Recht dürfte
ich wohl die Wüste den unbegrenzten Tempel Gottes nennen; denn
er, der ganz sicher in der Stille wohnt, freut sich offensichtlich an
der Abgeschiedenheit. Dort zeigte er sich öfter den Heiligen
und, da dieser Ort es nahelegte, verschmähte er nicht die
Begegnung mit Menschen; in der Wüste nämlich erblickte Mose
mit strahlendem Antlitz Gott (2. Mose 3); in der Wüste verhüllte
Elia sein Gesicht Aus Furcht; Gott zu schauen (1. Könige 19, 13). Und
obwohl Gott alles als sein Eigentum betrachtet und er überall
anwesend ist, bevorzugt er doch offensichtlich [die Abgeschiedenheit
der] Wüste.
[De laude
eremi ep., MPL 50, Sp. 703f]
Ein Hymnus der Eremitin Theodora († 304 ?)
auf Stille und
Schweigen:
Einmal kam eine Nonne
zu der ehrwürdigen und seligen Theodora und fragte sie nach der
heiligen Stille. Die Selige seufzte tief, die Tränen traten ihr
in die Augen, und dann sagte sie:
Meine Schwester! Du fragtest
mich nach dem Leben der Engel. Die heilige Stille bedeutet, die ganze
Zeit in der eigenen Zelle zu bleiben, ein zerschlagenes Herz und die
Gottesfurcht zu haben und das Nachtragen und die Ehrsucht zu
vermeiden. Solche Stille gebiert alle Tugenden und beschützt
diejenige, die das Schweigen hält, vor allen feurigen Geschoßen
des Bösen.
Dann seufzte sie wieder und sprach weiter: O
Stille! Du bist die Mutter der Zerknirschung! O Stille! Du bist die
Mutter der Reue! O Schweigen! Du bist ein Spiegel der Sünden! O
Stille! Du gibst die Freiheit, um zu weinen und zu seufzen! O
Schweigen! Du bist ein Mitbewohner der Demut. O Stille! Du bist eine
Erleuchtung unserer Seele! O Stille! Du bist die Mutter der
Sanftheit! O Schweigen! Du bist ein Gefährte der Engel! O
Schweigen! Du bist ein Begleiter, der uns zum Frieden der Seele
führt. O Stille! Du bist eine Erleuchtung unseres Verstandes! O
Stille und Schweigen! Ihr zeigt unsere Gedanken auf und wirkt mit der
Besonnenheit zusammen! O Schweigen! Du bist ein Gatte der
Gottesfurcht! O Stille! Du bist eine Festung des Fastens, ein Zaum
für die Zunge und ein Hindernis der Fresssucht! O Stille! Du
bist die Mutter des Gebets, die Schule des Lesens, die Beruhigung und
Ruhestätte der Gedanken! O Stille! Du bist ein immerwährender
Ruf zu Gott, ein Schutz und Schirm der Jugendlichkeit, ein Spender
der wahren Weisheit, ein Schirm vor den Verführungen für
diejenigen, die sich nach dir sehnen! O Stille! Du bist ein Joch, das
nicht drückt, und eine Last, die leicht ist. Du bist eine Stätte
des himmlischen Friedens, und du umfasst denjenigen, der die ganze
Welt umfasst. O Stille und Schweigen! Ihr seid die Freude der Seele
und der Jubel des Herzens! O Stille! Du prüfst dich selbst und
sorgst dich nur um dich allein! Du redest bei Tag und Nacht mit
Christus und denkst beständig an den Tod. O Stille! Du erwartest
Christus Tag und Nacht! Du unterhältst die Hoffnung, wie man ein
Feuer im Ofen unterhält. Du sehnst dich nach Ihm und singst
immer wieder ,Mein Herz ist bereit, o Gott, mein Herz ist bereit!'
(Ps ro8,2). O Stille und Schweigen! Ihr vertilgt die Genusssucht und
verwandelt das Lachen in das Weinen bei demjenigen, der euch
erlangte! O Stille und Schweigen! Ihr seid die Feinde der
Schamlosigkeit und Frechheit! O Stille und Schweigen! Ihr seid eine
bleibende Stätte für Christus! O Stille und Schweigen! Ihr
seid die Fessel für die Begierden. O Stille und Schweigen! Ihr
seid Gottes Stätte und ein Lebensbaum, der die guten Früchte
hervorbringt! Siehst du, meine Schwester, welche Herrlichkeit die
heilige Stille und das rettende Schweigen haben und wie staunenswert
deren Werke sind!
[Meterikon.
Die Weisheit der Wüstenmütter, hrsg. u. übersetzt von
Martirij Bagin und Andreas-Abraham Thiermeyer. Sankt Ulrich
Verlag, Augsburg 2004, Nr. 50]
Benedikt von Nursia († 547 oder um 560):
Tun wir, was der
Prophet sagt:
Ich sprach, ich will auf meine Wege achten,
damit ich mich mit
meiner Zunge nicht verfehle. Ich stellte eine Wache vor meinen Mund,
ich verstummte,
demütigte mich und schwieg sogar vom Guten.
(Psalm 39,2f
Hier zeigt der
Prophet: Man soll der Schweigsamkeit zuliebe bisweilen sogar auf
gute Gespräche verzichten. Um so mehr müssen
wir wegen der Bestrafung der Sünde von bösen Worten lassen.
Mag es sich also um
noch so gute, heilige und aufbauende Gespräche handeln,
vollkommenen Jüngern
werde nur selten das Reden erlaubt wegen der Bedeutung der
Schweigsamkeit.
Steht doch geschrieben: Beim vielen Reden wirst du
der Sünde nicht entgehen
(Sprüche 10, 19) und an anderer Stelle:
Tod und Leben stehen in der Macht der Zunge
(Sprüche 18, 21).
Denn
Reden und Lehren kommen dem Meister zu, Schweigen und Hören dem
Jünger …
Albernheiten aber, müßiges und zum
Gelächter reizendes Geschwätz verbannen und verbieten wir
für immer und überall. Wir gestatten nicht, dass der Jünger
zu solchem Gerede den Mund öffne.
[Regula Benedicti, Kapitel 6: Die
Schweigsamkeit]
Johannes „Klimakos”
(† um 650):
Der wahre Mönch
ist wie ein unbeweglicher Blick der Seele und ein nicht zu
erschütternder Sinn des Körpers. Der Mönch ist ein
Licht, das wegen der Glut seines Herzens nie erlischt. Die Stille des
Körpers ist die Weisheit der Lebensführung und Ordnung des
sinnlichen Lebens. Die Stille der Seele besteht in der Weisheit des
Denkens und in einem unbefleckten Geist. Der Freund der Stille ist
die Wachsamkeit der Seele, die vor den Toren des Gemütes
gewissenhaft auf Posten steht, an keinen Schlaf denkt und die bereit
ist, alle zu vernichten und niederzuschlagen, die sich ihr nähern.
Wer diese Stille in der Tiefe seines Gemütes erlebt, versteht
meine Worte; denn er hat durch die praktische Erfahrung Licht
erhalten.
[aus:
Johannes „Klimakos”: Paradiesleiter]
In seinem Buch
über den Weg durch die Wüste
vergleicht Ildefons von Toledo
(† 667) den Lebensweg der Getauften mit dem
Zug des Volkes Israel durch die Wüste:
Betrachten wir
nun diesen glücklichen Weg, der von den Heiligen in der Wüste
beschritten wird, und lassen wir uns zusammen mit ihnen führen,
indem wir sie in gleicher Weise nachahmen! Es ist hier von denen die
Rede, die nachdem sie das Rote Meer durchschritten haben, durch die
Wüste zogen und darauf vertrauten, dass sie gemäß der
wahrhaften Verheißung Gottes in das verheißene Land
gelangen würden. Wenn auch das ganze Volk , bestehend aus der
Menge der Heiligen und der Rotte der Frevler, in gleicher Weise unter
dem Schutz Gottes einherzog, so wählt dennoch die Heilige
Schrift nur den besseren Teil, nämlich den der Heiligen aus, von
denen es heißt:
Die Augen des Herrn [ruhen] über den
Gerechten
[Psalm 33, 16], und schweigt über die
Ungerechten, und er zählt nur vom Handeln, das zur Seligkeit
führt. Schreiten also auch wir zusammen mit diesen Gerechten
einher, von denen es heißt: Sie zogen durch die unbewohnte
Wüste
, sicherlich durch jene Wüste, wo die
[verderbliche] Lüste keinen Platz haben, wo kein irdisches Glück
zum Untergang verlockt, wo keinerlei Anreize die Pilger, die zum Land
der Lebenden unterwegs sind, behindern; diese haben sich an
abgeschiedenen Plätzen ihr Hütten gebaut
, da sie in der
Verborgenheit der Kontemplation eine Ruhe für ihre Seele
suchten, nicht in unbedachter Verbohrtheit sich den Feinden
entgegenwarfen, sondern in heilsamer Voraussicht umsichtig auf den
Kampf vorbereiteten, indem sie in der Abgeschiedenheit Schutz
suchten; dort würde sie nicht eitler Ruhm dem Verderben
aussetzen, sondern wahre Demut zur Vernichtung der Stolzen ausrücken
lasen: sie hielten stand gegen die Feinde,
denn sie boten eine
unbeugsame Geisteskraft gegen den Ansturm der Versuchungen auf, da
sie jegliche Verweichlichung ihres gegenwärtigen Lebens
vermieden, niemals im geistlichen Kampf angesichts des Ansturms der
[bösen] Macht der Lüfte vom Zustand geistlicher Anspannung
abwichen: und darum haben sie sich an den Feinden gerächt
[alle Zitate aus Weisheit Salomos 11, 2f], da sie zur Rechten und zur Linken durch
die Waffen der Gerechtigkeit geschützt, nicht durch den Ruhm des
Glücks erhoben und nicht durch die Wucht der Gegner sich nicht
erdrücken ließen. Daher hielten sie dem Angriff der Feinde
stand und erlangten ihre eigene Rettung; und da die Feindschaft der
Laster besiegt zugrunde ging, hatte, ihr entrissen, das Heil der
heiligen Soldaten Bestand.
[S.
Ildefonsi episcopi Toletani liber de itinere deserti, c. 15, Sp.
175; eigene Übersetzung]
Petrus Damiani (†
1072):
Die Zelle eines Mönchs ist das
Gesprächszimmer, wo sich Gott mit den Menschen unterhält.
Bruno „der Kartäuser” († 1101)
schildert in einem Brief an
seinen Freund Radolf, der inzwischen Erzbischof von
Reims geworden
war, die Vorzüge der Einsamkeit und des Schweigens. Dabei nimmt
er die fürsorgliche Pflege und Zuwendung einer Frau zu König
David als Bild für die Liebe Gottes zu uns Menschen:
Ich bewohne eine
im Lande Kalabrien gelegene Einöde. die nach allen Seiten hin
von jeder menschlichen Wohnung hinreichend entfernt ist, zusammen mit
meinen Ordensbrüdern - einige von ihnen sind gelehrt -, die in
unablässiger Wache
auf ihren Herrn hoffen, um ihm zu öffnen,
sobald er ruft
…
Welchen Nutzen und
welche göttliche Wonne die Einsamkeit und das Schweigen der
Einöde denen bereitet, die sie lieben, das wissen allein die,
welche es erfahren haben.
Hier können mutige
Männer sich so oft in sich sammeln, wie sie es wollen und bei
sich verweilen, um mit Eifer die Tugendkeime zu pflegen, und sich
glücklich von den Früchten des Paradieses nähren.
Hier erwirbt man jenes
Auge, durch dessen klaren Blick der Bräutigam von Liebe
verwundet wird und dessen Reinheit Gott schauen lässt.
Hier übt man eine
mühevolle Muße und ruht in einer gelassenen Tätigkeit.
Hier verleiht Gott
seinen Kämpfern für die Mühe des Kampfes den ersehnten
Lohn, nämlich den Frieden, den die Welt nicht kennt und die
Freude des Heiligen Geistes (vgl. Römerbrief 14, 17). Deine Klugheit
weiß, wer gesagt hat: Wer die Welt liebt und was in der Welt
ist: Fleischeslust, Begierde der Augen und Ehrgeiz, hat keine Liebe
zum Vater.
(1. Johannesbrief 2, 15 f). Und auch: Wer ein Freund dieser Welt
sein will, macht sich zum Feinde Gottes.
(Jakobusbrief 4, 4).
Das ist jener bessere
Teil, den Maria
erwählte, der ihr nicht wird genommen werden
(vgl. Lukasevangelium 10, 38 - 42). Das ist jene ganz schöne Sunamitin, allein
in ganz Israel gefunden, die als Jungfrau den greisen David zärtlich
pflegen und warmhalten durfte (vgl. 1. Könige 1, 2 ff). Wie sehr
wünschte ich, liebster Bruder, Du möchtest einzig sie
lieben, damit die Wärme ihrer Umarmungen Dich zu göttlicher
Liebe entflamme! Wenn ihre Liebe sich einmal in Deinem Herzen
niederlässt, dann wirst Du den schmeichelhaften und
verführerischen Ruhm der Welt für gemein erachten und wirst
leicht die Reichtümer, welche die Seele so sehr beunruhigen und
beschweren, zurückweisen und wirst Dich vor den für Leib
und Seele so schädlichen Vergnügungen ekeln.
Deine Klugheit weiß,
wer gesagt hat: Wer die Welt liebt und was in der Welt ist:
Fleischeslust, Begierde der Augen und Ehrgeiz, hat keine Liebe zum
Vater.
(1. Johannesbrief 2, 15 f). Und auch: Wer ein Freund dieser Welt sein
will, macht sich zum Feinde Gottes.
(Jakobusbrieg 4, 4) …
Was ist törichter,
was der Vernunft und sogar der Natur widriger, als das Geschöpf
mehr als den Schöpfer zu lieben, und mehr dem Vergänglichen
nachzufolgen als dem Ewigen, dem Irdischen mehr als dem Himmlischen?
Ist es nicht eine ganz
schlechte und unnütze Mühe, von Begierden gequält zu
werden und sich unaufhörlich um Sorgen und ängste,
Befürchtungen und Schmerzen wegen solcher Begierden zu
bekümmern? Welche Last ist schwerer als die, welche die Seele
von der erhobenen Höhe ihrer Würde niederdrückt zum
Niedrigsten, was jede Ungerechtigkeit schließlich ist? Fliehe
also, mein Bruder, alle diese Mühseligkeiten und Nöte und
schreite hinüber vom Sturm der Welt zur sicheren Ruhe und zum
ruhigen Hafen.
Deine Klugheit weiß,
was die Weisheit selber sagt: Wer nicht auf alles verzichtet, was er
besitzt, kann nicht mein Jünger sein.
(Lukasevangelium 14, 33). Wer sieht
nicht, wie schön, nützlich und angenehm es ist, in ihrer
Schule, unter der Leitung des Heiligen Geistes zu verweilen und die
göttliche Philosophie zu erlernen, die allein die wahre
Glückseligkeit verleiht? …
Was aber ist ebenso
gerecht wie nützlich, ebenso angeboren wie mit der menschlichen
Natur übereinstimmend, als das Gute zu lieben? Und welches
andere Sein ist so gut wie Gott? Mehr noch, welches andere Gut gibt
es außer Gott allein?
Daher kommt es, dass
die menschliche Seele, die unvergleichliche Anziehungskraft, den
Glanz und die Schönheit dieses Gutes teilweise wahrnehmend, von
der Flamme der Liebe entzündet, spricht: Meine Seele
dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott: Wann darf ich
kommen und Gottes Antlitz schauen?
(Psalm 42, 3).
[Aus einem Brief Brunos an seinen Freund Radolf, den Propst von Reims. In:
A. Wienand und O. Beck: Der heilige Bruno / Vater der Kartäuser.
Köln 1987, S. 161 - 165]
„Meister” Eckart
(† 1327/8):
Das ewige Wort wird nur in
der Stille laut.
Nach Heinrich Egher († 1408)
gibt
es viele Gründe, die dich zum Schweigen
veranlassen sollten: Denn erstens wirkt Gott in diesem Schweigen
sein edelstes Werk, das dich ihm ähnlich macht. Zweitens, du
hast viele sichtbare Gegner, nämlich die Welt und das Fleisch,
und unsichtbare, nämlich die bösen Geister. Diese alle
brauchst du , was immer über dich kommt, in diesem Schweigen
nicht zu fürchten; denn der Herr wird für dich kämpfen.
Drittens wegen deiner unsichtbaren Freunde und Helfer, nämlich
der heiligen Engel, die sich in diesem Schweigen mit dir mitfreuen
und dich verteidigen, und auch wegen der sichtbaren Freunde, nämlich
deiner Eltern, Brüder und Bekannten. Wenn du nämlich aus
Liebe zu ihm Gott eine so überaus wohlgefälligen Dienst
erweist, wird [auch] er die Deinen in ihren Nöten nicht allein
lassen.
[A. P. Orbán
(Hrsg.): Die Korrespondenz und der Liber exhortationis des Heinrich
von Kalkar, VV. 811 - 821. = Analecta Cartusiana, hrsg. von James Hogg, Bd. 3.
Universität Salzburg 1984, S. 279; eigene Übersetzung]
Franz von Paola
(† 1507):
Meidet das zu viel Sprechen,
denn es ist nie frei von Schuld!
Blaise Pascal (†
1662):
Das Schweigen der Massen ist das
Verbrechen, für das sie büßen. Das Schweigen ist die
schwerste Verfolgung. Niemals haben die Heiligen geschwiegen.
Teresa Margareta vom Heiligen Herzen Jesu Redi († 1770):
Wenn wir heilig
werden wollen, dann lasst uns in Schweigen arbeiten und ausdauern; so
werden wir unsere Seele in Frieden halten!
Wenn man sich
nicht durch Sprechen rechtfertigen kann, ist es besser, zu Gebet und
Schweigen Zuflucht zu nehmen, und so seinen Frieden nur mit Gott zu
halten.
Charles de Foucauld († 1916):
Jeder, der Gott
liebt, liebt auch die Stille zu seinen Füßen.
Maria Rosa Flesch (†
1906):
Das
Stillschweigen ist die Mutter heiliger Gedanken und die Ernährerin
des Gebetes.
Rafael Arnáiz Barón († 1938):
Im Schweigen
liebt man Gott besser; mit dem Schweigen ist das Leid heilsamer.
(25.07.1936)
Im Schweigen ist es, wo
man häufig den Trost findet, den die Geschöpfe nicht geben
können.
Wie herrlich und
angenehm ist das Schweigen! Wie sehr hilft es der Seele, Gott zu
suchen! Und wie sehr hilft es uns - wenn man Gott einmal gefunden hat
-an Ihm festzuhalten und Seine Gegenwart nicht zu entweihen!Das Schweigen ist
wie ein Meer, in dem unsere Gedanken auf Reise gehen. Und so wie das
Meer von allen möglichen Schiffen durchpflügt wird,
manchmal von kleinen Kuttern, andere Male von stolzen und
majestätischen Dampfern, so ist auch das Meer unseres Schweigens
bevölkert: einmal von kleinen ,Schonern` mit weißen
Segeln, ein andermal von schmutzigen ‚Fischkuttern, die viel
Qualm ausstoßen, dann wieder von einem ,Ozeanriesen`, der mit
Gelassenheit dahingleitet und die Gewässer majestätisch
durchquert.
(30.07.1935)
Das Leben des
Schweigens lässt sich sehr gut mit dem Meer vergleichen, mit der
Stille des Meeres, mit dem Meer in Ruhe. Die Seele im Schweigen
gleicht dem Meer, wenn es nicht einmal von der sanftesten Brise
bewegt wird. Durch die Seele in Ruhe wandern Gedanken an Gott. Und je
mehr Schweigen, um so mehr Frieden, mehr Gelassenheit und größere
Leichtigkeit, um in der Gegenwart Gottes zu leben.
[Rafael
Arnáiz Barón: Mystiker und Mönch / Nur Gast auf
Erden? Übersetzt aus dem Spanischen. Ingrid Mohr, Langwaden,
Grevenbroich 1996, S. 416, 425]
Alfred Delp (†
1945):
Es steht schlimm
um eine Welt, wenn in ihr kein Platz mehr ist für die Wüste
und den leeren Raum. Wenn alles erfüllt ist mit Lärm und
Verbindungen und Kanälen und Verkehrsadern usw. Bestimmte
Bezirke der Welt sollte der Mensch dem einsamen Menschen überlassen,
damit jedem immer die Möglichkeit erhalten bleibe, es mit der
Abgeschiedenheit wenigstens zu versuchen. Das Gesetz des totalen
Nutzens und der totalen Zweckmäßigkeit ist kein Gesetz des
Lebens. Wüste und gelungenes, gesegnetes Leben stehen in einem
bestimmten Verhältnis zueinander.
[Alfred Delp: Mit gefesselte Händen. Aufzeichnungen aus dem Gefängnis,
Frankfurt a. M. 2007, S. 119]
Der Priester und als Einsiedler in Marokko lebende Albert Peyriguère († 1959):
Leiden und Schweigen
, das
ist die ganze Lehre des heiligen Johannes vom Kreuz, im Grunde die
Lehre des Evangeliums. Christus wollte nicht eine Menge von Worten,
er wollte den Verzicht. Schweigen und Entsagen schaffen die Leere in
uns und von uns, und anstelle dieser Leere ist Gott in uns. Man
verliert dabei nichts.
Die deutsche Schriftstellerin Gertrud von le
Fort († 1971):
Je lauter unsere heutige
Welt wird, je tiefer scheint Gott zu schweigen. Schweigen ist die
Sprache der Ewigkeit. Doch Lärm geht vorüber.
Magdalena Delbrêl
(† 1964):
Das wahre Schweigen ist nie
gegen die Liebe gerichtet.
Josef Kentenich
(† 1968):
In der Einsamkeit spricht Gott
am meisten, am liebsten, tiefsten und nachhaltigsten mit der Seele.
Der Jesuit und Religionsphilosoph Erich Przywara (†
1972):
Kannst du
nicht
für dich
bleiben, so kannst du auch nicht
bleiben für den Herrn
.
Roger Schutz (†
2005):
In jedem Menschen findet sich ein Teil
der Einsamkeit, die keine menschliche Vertraulichkeit ausfüllen
kann. Dort ist es, wo Gott uns begegnet.
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 27.08.2025
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