Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Gott vertrauen
Das griechische Wort pisteuo bzw. pistis bedeutet Glauben und Vertrauen. Es handelt sich hier also um ein ganzheitliches Verhalten, das auf der unbedingten Treue Gottes zu uns Menschen gründet.
1. Was heißt Vertrauen?
2. Lohn des Vertrauens
3. Vertrauen und Gebet
4. Aufforderung zum Vertrauen
1. Was heißt Vertrauen?
Gottesfurcht und Vertrauen auf Gott im christlichen Leben: Basilius „der Große” (BKV I 186f).
Nach Franz Xaver († 1552) ist Gottvertrauen nicht
gleich Gottvertrauen:
Es liegt ein
großer Unterschied im Gottvertrauen eines Menschen, der alles
hat, was er braucht, und in dem Vertrauen jenes Menschen, der, nichts
besitzend, freiwillig auch noch die nötigen Dinge hingibt, auf
dass er Christus ähnlicher werde. Und ebenso ist der Unterschied
groß zwischen jenen, die, in gesichertem Leben geborgen, an
Gott glauben, auf ihn vertrauen und hoffen, und denen, die um seiner
Liebe und seines Dienstes willen aus freiem Willen sich den Gefahren
des Todes darbieten, Gefahren, die sie meiden dürften, weil sie
ihnen, in ihrer Entscheidung völlig frei, ausweichen oder
begegnen können: und die in all dem dann glauben und ihre
Hoffnung und ihr Vertrauen gründen in Gott.
[E. Vitzthum (Hrsg.): Die Briefe des Francisco de Xavier. Leipzig 1941,
S. 132]
Johannes vom Kreuz († 1591):
Immer mögen Sie
daran denken, dass alles, was Ihnen zustößt, sei es Gutes
oder Schlechtes, von Gott kommt, damit Sie beim einen nicht
überheblich, beim anderen nicht mutlos werden.
Heinrich Hahn (†
1882):
Der liebe Gott fügt auch die
kleinsten Dinge.
Der Priester und Begründer der Ursberger Anstalt, dem heutigen Dominikus-Ringeisen-Werk Dominikus Ringeisen († 1904):
Wer auf Gott
vertraut, wird nicht zuschanden werden. Wir vertrauen ja, solange
wir in Not sind oder nichts besitzen, einzig auf ihn. Unser Kapital
ist ein unbegrenztes Vertrauen auf Gott.
Wahre Armut und
wirkliches Elend sollen die einzigen Bedingungen der Aufnahme sein.
Was die Welt für Torheit hält und den schwachgläubigen
Herzen als Unmöglichkeit erscheint, soll durch vertrauende Liebe
zur Wirklichkeit werden! Unser ganzes Werk soll ein göttliches
Werk sein, einzig aufgebaut auf die Treue und Liebe Christi! …
Wir
müssen uns gewöhnen, das übernatürliche bei
uns als das Natürliche zu betrachten …
Wenn du nichts in den
Händen der Menschen findest, findest du alles in den Händen
Gottes. Nur das ungetrübte und wunderbare Vertrauen zieht Gott
unwiderstehlich an, sonst zögert Gott, uns zu helfen. Keine
Unruhe und Sorge1 Diese binden gleichsam Gott die Hände. Der
Glaube versetzt Berge. Man muss auf Gott hoffen gegen die Hoffnung:
Aber die eigene Ohnmacht und Nichtigkeit nie aus den Augen verlieren!
Der Gerechte lebt ganz aus dem Glauben. Wer für Gott kämpft,
für den kämpft Gott.
[Dominikus
Ringeisen von Ursberg. Ein Lebens- und Charakterbild von Franz X.
Kerer. Verlag G. J. Manz, München-Regensburg 1927, S. 161 - 165]
Michael Sopoćko (†
1975) rät dazu, Zuversicht zu haben und auf
den barmherzigen Gott zu vertrauen:
Die Zuversicht ebnet
den Weg für alle Tugenden. Es gibt eine Legende, in der alle
Tugenden beschlossen haben, die mit zahlreichen Verbrechen befleckte
Erde zu verlassen und zum Himmel zurückzukehren. Als sie sich
der Himmelspforte genähert haben, ließ der Pförtner
sie alle - bis auf die Zuversicht - ein. Sie sollte auf der Erde
bleiben, damit die in so viele Versuchungen und Leiden verwickelten
Menschen nicht in Verzweiflung geraten. Das ist der Grund, warum die
Zuversicht zurückkehren musste und alle anderen Tugenden
mitgenommen hat. Die Zuversicht tröstet besonders den sterbenden
Menschen, denn im letzten Moment erinnert er sich an alle Sünden
seines ganzen Lebens, die ihn zur Verzweiflung führen. Deshalb
soll man den Sterbenden Vertrauen geben, auf das nicht mehr entfernte
Vaterland hinweisen, wo der König der Barmherzigkeit mit Freude
die auf seine Barmherzigkeit Vertrauenden erwartet.
Nichts bringt der
göttlichen Allmacht mehr Ehre wie das Vertrauen in ihn.
Wenn wir Gott
vertrauen, sollen wir uns nicht auf menschliche Maßstäbe
stützen, denn die größten Kräfte und Schätze
der Welt helfen nicht, wenn Gott nicht dahinter steht. Man soll
notwendige Maßnahmen wählen, sich aber nicht
ausschließlich darauf stützen, sondern die ganze
Zuversicht in Gott legen. Vertrauen auf Gott motiviert uns zu
fleißiger Arbeit in kleinsten Dingen und schützt zugleich
vor der Unruhe mancher Menschen. Sich nur auf Gott zu verlassen ohne
eigene Mithilfe ist dagegen Faulheit.
Wenn das Schiff
durch ein schweres Gewitter Mast, Leine und Steuer verliert und die
hohen Wellen es auf einen Felsen treiben und ihm zudem der
Schiffbruch droht, suchen die Seemänner im letzten Maße
Zuflucht, indem sie den Anker hinunterlassen, der das Schiff aufhält,
und so ein Schiffbruch vermieden wird. So ein Anker ist für uns
das Vertrauen in Gott und seine Hilfe.
Barmherzigkeit Gottes in seinen Werken
von Priester Dr.
Michael Sopocko:
http://www.faustyna-barmherzigkeit.com/files/LiebeundBarmherzigkeit2.pdf - abgerufen am 22.08.2025]
2. Lohn des Vertrauens
Bernhard von Clairvaux († 1153):
Gott bringt das
öl seines Erbarmens nur in dem Krüglein
Gottvertrauen
.
In einem Brief mahnt Hieronymus Ämiliani
(† 1537) seine Mitbrüder, nur auf Gott
zu vertrauen:
In Jesus Christus geliebte Brüder,
Söhne der Gesellschaft der Diener der Armen! Euer geringer Vater
grüßt euch.
Unser Ziel ist Gott,
der Quell alles Guten, und wir müssen, wie wir es in unserem
Gebet aussprechen, nur auf ihn vertrauen, nicht auf andere. Unser
Herr ist gütig. Er wird unseren Glauben mehren, ohne den, wie
der Evangelist sagt, Christus die vielen Zeichen nicht wirken kann.
Er wollte euer Gebet erhören und beschloss, euch arm, gequält,
betrübt, ermüdet, von allen missachtet zu machen, euch auch
meiner leiblichen Gegenwart zu berauben, nicht jedoch des Geistes
eures armen, geliebten und liebenden Vaters. Warum er euch so haben
wollte, weiß er selbst allein. Wir können jedoch drei
Gründe dafür sehen:
Erstens erinnert euch
unser gepriesener Herr daran, dass er euch seinen geliebten Söhnen
zurechnen will, wenn ihr auf seinen Wegen bleibt; denn so tat er
seinen Freunden und machte sie heilig.
Der zweite Grund ist
dieser: Er will, dass ihr immer mehr nur auf ihn vertraut, nicht auf
andere. Wie gesagt, wirkt Gott seine Werke nicht an denen, die sich
weigern, ihren ganzen Glauben und ihre ganze Hoffnung nur auf ihn zu
setzen. Dagegen gießt er die ganze Fülle seiner Liebe aus
auf die, welche einen großen Glauben und eine große
Hoffnung haben. Ihnen hat er Großes getan. Wenn ihr daher mit
Glauben und Hoffnung ausgerüstet seid, tut er Großes an
euch, da er die Niedrigen erhöht. Wenn er euch daher mich oder
jemand anders, der euch angenehm ist, weggenommen hat, hat er euch
zwei Möglichkeiten zur Wahl gestellt: entweder den Glauben
aufzugeben und zu den Dingen der Welt zurückzukehren oder im
Glauben stark zu bleiben und euch so vor ihm [Gott] zu bewahren.
Dazu kommt noch ein
dritter Grund: Gott will euch wie Gold im Feuer läutern. Die
Schlacken des Goldes werden im Feuer verzehrt, das gute Gold aber
bleibt zurück und gewinnt an Wert. So macht es Gott mit dem
guten Knecht, der hofft und während der Bedrängnis
standhaft in ihm bleibt. Gott richtet ihn auf, erstattet ihm in
dieser Welt hundertfach, was er aus Liebe zu ihm verlassen hat, und
gibt ihm einst das ewige Leben.
[E
litteris ad confratres suos. Venedig 1535. In: Liturgia horarum, Bd.
3, Rom 1977, S. 1124f; deutsch in: Monastisches Lektionar zum 8.2.]
Thomas Morus (†
1535):
Vertrauen wir
fest auf Gott, dann können wir sicher sein, das wir nicht
enttäuscht werden.
Johannes von Gott
(† 1550):
Deshalb, mein
vielgeliebter Bruder in Christus Jesus, da ich mich in solcher Not
sehe, wage ich mich oftmals nicht einmal mehr aus dem Haus, wegen der
Schulden, die mich bedrücken, während ich so viele Kranke,
die doch meine Brüder und Nächsten sind, in Not sehe. In
vielfältiger Qual des Leibes und der Seele gerate ich in große
Traurigkeit, weil ich ihnen nicht helfen kann. Dennoch setze ich mein
Vertrauen auf Christus Jesus, dass er mich von den Schulden befreien
wird, denn er allein kennt mein Herz. Und so sage ich Dir: Verflucht
sei der Mensch, der auf Menschen sein Vertrauen setzt und nicht auf
Jesus Christus, denn von den Menschen wirst du früher oder
später im Stich gelassen. Jesus Christus allein ist treu auf
immer: Er allein sieht alles vorher, ihm sei Dank gesagt für
immer und ewig. Amen, Jesus.
[Zweiter
Brief an den Adeligen Gutierrez Lasso]
Adolph Kolping (†
1865):
Wer Gutes
unternimmt im Vertrauen auf Gott, hat doppelten Mut:
Der Mut wächst
nämlich immer mit dem Herzen
und das Herz wächst
mit jeder guten Tat.
Franz Reinisch († 1942):
Unsere Sehnsucht
wächst am Vertrauen, und unser Vertrauen wächst mit der
Sehnsucht.
3. Vertrauen und Gebet
Apostolische Väter (BKV 216 - 218)
Hermas von Rom (162 ?):
Wirf weg von dir
allen Zweifel und jegliches Bedenken, etwas von dem Herrn zu
erbitten, indem du bei dir sprichst: Wie kann ich etwas von dem Herrn
erbitten und erlangen, da ich so sehr gegen ihn gesündigt habe?
Mach dir darüber keine Gedanken, sondern wende dich von ganzem
Herzen an deinen Herrn und bitte ihn ohne Bedenken, und du wirst
seine Barmherzigkeit kennen lernen, dass er dich gewiss nicht
verlässt, sondern die Bitte deines Herzens erfüllen wird.
Denn Gott ist nicht wie die Menschen, die Böses nachtragen,
vielmehr verzeiht er und erbarmt sich seines Geschöpfes. Reinige
also dein Herz von allen Eitelkeiten dieser Welt, auch von den oben
erwähnten Bedenken; dann flehe zum Herrn, und du wirst alles
erhalten, und keine deiner Bitten wird fehlschlagen, wenn du sie
vertrauensvoll an ihn richtest. Wenn du aber zweifelst in deinem
Herzen, wirst du keine Bitte erfüllt sehen; denn die an Gott
zweifeln, das sind die Zweifler, und diesen wird überhaupt keine
ihrer Bitten gewährt. Aber die Vollkommenen im Glauben bitten um
alles im Vertrauen auf den Herrn und erhalten es, weil sie mit
Vertrauen bitten, frei von allem Zweifel. Denn es wird schwerlich
geschehen, dass ein Zweifler sein Heil findet, wenn er sich nicht
bekehrt. Reinige also dein Herz vom Misstrauen, gürte dich mit
dem Glauben, denn er ist stark, und vertrau zu Gott, dass du alles,
um was du ihn bittest, erlangen werdest.
[Der
Hirte des Hermas. In: Die apostolischen Väter, aus dem Griechischen
übersetzt von Franz Zeller. BKV I, Nr. 35. München 1918, S. 216f]
Katharina de'Ricci († 1590):
Kommt zu mir und
kommt mit Zuversicht - sagte Jesus zu ihr -, ihr verhindert viele
Gnaden wegen eures großen Misstrauens. Ich will nicht, dass ihr
in dieser Einstellung zu mir kommt, sondern mit großer Hoffnung
und dem Glauben, es zu erhalten. Bittet mich um viele Gnaden, denn
ich will euch erhören.
(März 1542)
Aloisius Guanella (†
1915):
Die Hilfe, die
Gott dir geben wird, entspricht dem Glauben, mit dem du ihn bittest;
wenn du also demütige
und glühende Bitten an ihn richtest, dann neigt sich der Himmel
dir zu, da er sich dir in seinem Glanz zeigt, und du erreichst, dass
Gott Vater dir zur Hilfe eilt.
Die französische Dichterin und Schriftstellerin Marie Noël († 1967):
Während der
Nacht, Herr, wirst Du mir treu sein. Im Tode, da alles schwindet, in
der Nacht des Todes, da die Seele nicht mehr Raum noch Zeit hat, in
dem Nichts, wo ich weder mich noch irgendeinen finde. Während
der Nacht, Herr, wirst Du mir treu sein. In der Finsternis Deines
Seins, in das ich mich stürzen werde, wo von mir nur das sein
wird, was Du warst, wo Du allein sein wirst, das einzige Sein, das
von mir bleiben wird.
Während der Nacht,
Herr, wirst Du mir treu sein.
Du allein, der Du bist
Ewig
Du.
[Stephan
Wahl: Die Dichterin Marie Noël - Der erloschene Himmel - www.deutschlandfunkkultur.de, 2. Oktober 2015]
4. Aufforderung zum Vertrauen
Aufmunterung zum Gottvertrauen: Gregor von Nazianz (BKV I 343 - 345).
Gottvertrauen trotz früherer Sünden: Ambrosius von Mailand (BKV II 70).
Niemand soll auf die eigene Gerechtigkeit setzen und an Gottes Barmherzigkeit verzweifeln: Papst Leo „der Große” (BKV I 4).
Hieronymus (†
419):
Nichts beleidigt
Gott mehr, als wenn man am Schlimmen hängenbleibt, weil man an
der Besserung verzweifelt. Denn gerade die Verzweiflung ist ein
Zeichen des Unglaubens.
Augustinus von Hippo (†
439):
Ich bin ein schwaches Kind, aber immer
lebt mein Vater und ist mir ein sicherer Hort.
[BKV
VII 219]
Der französische Karmeliter und Mystiker Bruder Lorenz (†
1691):
Zu einem so guten und getreuen Freund,
der uns weder in dieser noch in jener Welt verlassen wird, können
wir nie zuviel Vertrauen haben.
Johannes Gabriel Perboyre († 1840):
Wie glücklich ist
man, wenn man dahin gekommen ist, alles nur von Gott allein erwarten
zu können.
Gaspare Bertoni
(† 1853):
Vertrauen wir uns
völlig Gott an und lassen wir zu, dass Er, der alles machen
kann, um uns sorgt.
Überlassen
wir Gott den Raum zu handeln! Er weiß, was zu tun und wie es zu
tun ist!
Welche Zunge ist
tatsächlich imstande, Gott zu loben, wie er es verdient und
seine Liebe zu schildern, mit der er uns liebt, und die zuvorkommende
Sorge, die er für uns trägt, die viel größer ist
als die einer Mutter für ihre kleinen Kinder! Gewöhnen wir
uns an diesem lichtvollen Tag, an dem Gott uns tröstet und uns
sein liebenswürdiges Antlitz zeigt, gut daran, völlig auf
Gott zu vertrauen, auch in den Augenblicken, in denen er sich
verbirgt. Er handelt da so wie eine Mutter, die sich mit ihren
kleinen Kindern vergnügt und es genießt, sich suchen und
vermissen und mit Rufen und auch unter Tränen sich rufen zu
lassen.
[Lettera
al Bragato n° 7; eigene Übersetzung]
Ulrika Nisch (†
1913):
Vertrauen Sie auf Gott. Misstrauen auf
sich selbst und Vertrauen auf Gott ist das beste. Ich kann alles in
dem, der mich stärkt.
Das Lebensmotto des Unternehmers, Kritikers des Nationalsozialismus und im Zuchthaus Brandenburg-Görden ermordeten
Leo Statz († 1943):
Wie Gott es fügt, bin ich's vergnügt.
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 03.09.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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