Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Das Herz des Menschen
In vielen Kulturen
und so auch in den Schriften des Altes TestamentWir verwenden den Begriff Altes Testament, wissend um seine Problematik, weil er gebräuchlich ist. Die hebräische Bibel, der „Tanach” - Akronym für „Torah” (Gesetz, die fünf Bücher Mose), „Nevi'im” (Propheten) und „Kethuvim” (Schriften) - hat aber natürlich ihre unwiderrufbare Bedeutung und Würde.
und des Neuen Testaments bezeichnet
Herz die ursprüngliche innerste Mitte der leib-geistigen Person,
den Quellort der Erkenntnis und Weisheit, des Wollens und Handelns,
aber auch des affektiven Lebens. Diese Personmitte ist wesentlich
offen auf Gott und andere Personen hin
(der Schweizer
Jesuit
Josef Stierli).
1. Reinigung des Herzens
2. Innere Achtsamkeit
3. Gottes Blick auf das Herz
4. Zuwendung des Herzens zu Gott
5. Ruhe des Herzens in Gott
6. Das Herz als Tempel Gottes
7. Herzensgebet
1. Reinigung des Herzens
Mit einem
anschaulichen Vergleich beschreibt Hugo von Saint-Victor (†
1141) die Reinigung des Herzens:
Bei der inneren
Schau gibt es oft eine Art Kampf zwischen Wissen und Nichtwissen. Das
Licht der Wahrheit ist manchmal noch durch den Nebel des Irrtums
verdunkelt, so wie ein Feuer, das Mühe hat, am grünen Holz
sich zu entzünden, aber wenn ein mächtiger Windstoß
ihm zu Hilfe kommt, dann flammt es auf und beginnt inmitten der
aufwirbelnden schwarzen Rauchschwaden weithin zu leuchten. Dann
breitet sich der Feuerherd aus, denn die Feuchtigkeit des Holzes wird
aufgesaugt, und so verschwinden auch die dunklen Rauchwirbel, die
Flamme wird immer heller, verbreitet sich siegreich und strahlend
über das ganze Holz. … Aber wenn erst alles Brennbare selbst
zu Feuer geworden ist, dann hört auch alles Knacken und
Funkensprühen auf, und was zuerst fressende Flamme war, wird zu
einer stillen Glut, weil es nichts mehr finden kann, das von ihm
verschieden oder ihm fremd wäre, nichts, was ihm noch
widersteht. Darum sieht man zuerst Flammen und Rauch, dann Flamme
ohne Rauch und zuletzt Glut ohne Flamme und ohne Rauch.
So ist auch unser Herz.
Als Fleisch verhält es sich wie das grüne Holz voller
Feuchtigkeit, d. h. voller Begierden. Wenn es von irgendwelchen
Funken der Gottesfurcht oder Gottesliebe getroffen wird, dann erhebt
sich zuerst Rauch der verwundeten bösen Lust und die verwundeten
Leidenschaften bäumen sich auf. Dann aber stärkt sich die
Seele, die Flamme der Gottesliebe brennt immer heißer und
leuchtet immer stärker, der Rauch der Leidenschaften
verflüchtigt sich und so kann sich der gereinigte Geist endlich
hoch hinauf bis zur Betrachtung der Wahrheit erheben. Zuletzt wenn
das Herz ganz von der Wahrheit durch diese fortgesetzte Schau
durchglüht worden ist und mit all seiner inneren Willenskraft
die Quelle selbst der höchsten Wahrheiten erreicht hat, dann
verwandelt es sich in Glut, in das Feuer der echten Gottesliebe, und
kann überhaupt nicht mehr durch Leidenschaften verwirrt, nicht
mehr durch Begierden beunruhigt, nicht durch Schmerzen mehr bewegt
werden. Jetzt endlich hat das Herz Ruhe und Frieden gefunden.
[Einführung in die Mystik /
In Quellen und Zeugnissen, hrsg. von Walther Tritsch. Weltbild
Verlag, Augsburg 1990, S. 90 - 92]
Angelus Silesius
(† 1677):
Mensch, denkst du
Gott zu schau'n dort oder hier auf Erden:
So muss dein Herz zuvor
ein reiner Spiegel werden.
Margareta Maria Alacoque († 1690):
Seien Sie arm in
allem, und das heiligste Herz [Jesu] wird Sie reich machen! Werden
Sie leer von allem, und dieses Herz wird Sie erfüllen!
Machen wir unser
Herz leer von allem Irdischen, liebvoll gegen den Nächsten und
freigebig gegen die Armen!
2. Innere Achtsamkeit
Jesaja der Einsiedler († um 370 oder um 490) betont die
Bedeutung der inneren Aufmerksamkeit:
Geben wir unserem
Gewissen keinen Anstoß, achten wir auf uns in der Furcht
Gottes, bis auch das Gewissen sich selbst zusammen mit uns befreit
hat. Es soll zwischen ihm und uns eine Einheit entstehen und es
fürderhin unser Wächter werden, indem es uns alles zeigt,
woran wir gestoßen sind. Gehorchen wir ihm aber nicht, wird es
von uns gehen; es lässt uns im Stich, wir fallen in die Hände
unserer Feinde, und sie lassen uns nicht mehr aus. So hat uns auch
unser Herr belehrt, als er sprach:
Schließ Frieden mit
deinem Gegner, solange du mit ihm auf dem Weg bist
, und das
Folgende. Man sagt, das Gewissen sei ein Gegner, da es sich dem
Menschen widersetzt, wenn er den Willen seines Fleisches erfüllen
möchte. Und wenn der Mensch nicht darauf hört, übergibt
es ihn seinen Feinden.
Wende dich also
deinem Herzen zu, und achte auf deine Sinne! Und wenn du an Gott
denkst und dabei Freude besitzt, ertappst du die Diebe, wie sie dein
Herz heimlich ausrauben. Wer nämlich sorgfältig mit seinen
Gedanken umgeht, erkennt jene, die im Begriff sind einzudringen und
ihn zu beflecken. Denn sie verwirren den Geist, dass er unsicher und
träge werde. Die aber ihre Bosheit erkannt haben, bleiben ohne
Verwirrung, denn sie beten zum Herrn.
Wenn der Mensch
nicht jegliches Verhalten (im Sinne) dieser Welt hasst, kann er Gott
nicht verehren. Die Verehrung Gottes, worin besteht sie also, wenn
nicht darin, nichts Fremdes in unserem Geist zu haben, wenn wir zu
Gott beten, keine Sinnenlust, wenn wir ihn lobpreisen, keine
Schlechtigkeit, wenn wir ihm singen, keinen Hass, wenn wir ihn
anbeten, keinen bösen Neid, der uns behindert, wenn wir über
ihn nachsinnen und seiner gedenken?
All diese finsteren
Dinge nämlich bilden eine Mauer, indem sie die unglückliche
Seele umschließen; und diese vermag Gott nicht in reiner Weise
zu verehren, solange sie diese Dinge in sich trägt. Denn sie
behindern die Seele mit ihrem Nebel und lassen nicht zu, dass sie
sich Gott nähert, ihn im Verborgenen lobpreist und in der Freude
des Herzens zu ihm betet, um von ihm erleuchtet zu werden. Darum wird
der Geist stets verdunkelt und vermag nicht vorwärtszuschreiten,
wie es Gott gefällt, weil er nicht daran denkt, diese Dinge
durch Erkenntnis zu zerschlagen.
Ich ermahne dich,
lasse dein Herz nicht los, solange du im Leib verweilst. Der Bauer
kann ja auf keine seiner Feldfrüchte seine Hoffnung setzen, wenn
sie auf seinem Acker emporwächst, denn er weiß nicht, was
ihr widerfährt, bevor sie in seine Speicher eingeschlossen wird.
So kann auch der Mensch sein Herz nicht loslassen, solange er Atem in
seiner Nase hat. Und wie ein Mensch nicht weiß, was für
ein Geschick ihm bis zu seinem letzten Atemzug begegnen wird, so darf
ein Mensch auch sein Herz nicht loslassen, solange er Atem besitzt.
Er muss vielmehr stets laut zu Gott rufen, um dessen Hilfe und
Barmherzigkeit willen.
[27
Kapitel des heiligen Isaias des Anachoreten über die Bewachung
des Geistes. In: Philokalie, Bd. 1. Verlag Der Christliche
Osten. Würzburg 22007, S. 58 - 61]
Cäsarius von Arles († 542):
Nicht in
entlegenen Regionen finden wir, was der Herr von uns verlangt. Er
schickt uns in unser eigenes Innere, in unser Herz; denn in uns
hinein hat er gelegt, was er von uns verlangt … Bemühen wir
uns also mit allen Kräften, mit der Hilfe Gottes der Güte
anstatt dem Bösen den ersten Platz in unserer Seele einzuräumen,
der Geduld statt dem Zorn, dem Wohlwollen statt der Missgunst, der
Demut statt dem Hochmut. Kurz, die Sanftheit der Nächstenliebe
ergreife so sehr Besitz von unserem Herzen, dass darin kein Platz
mehr ist für die Härte des Hasses.
[Predigt 37,1; 38,5; 182,3]
Der Augustiner-Eremit, philosophisch-theologische
und asketische Schriftsteller Heinrich von
Friemar († 1340):
Leider haben
etliche ein schwaches Herz und dienen Gott mit so geringem Vertrauen,
dass sie wenig von den göttlichen Antrieben wahrnehmen. Da muss
die göttliche Liebe sehr darauf bedacht sein, wie sie deren Herz
erreichen kann und worin diese für den göttlichen Antrieb
bereit sind. Wo dies nicht der Fall ist, muss Gott seine Antriebe
unter einer verfremdeten Gestalt übermitteln, ähnlich wie
er zu den Propheten einst im Traum oder im Gleichnis sprach; dann
empfangen sie die göttlichen Eingebungen verfremdet und
undeutlich, so dass sie diese als Traum ansehen. Und das ist der
wahre Grund, warum es so wenige Menschen gibt, die gut und genau
wahrnehmen, wann sie göttliche Antriebe empfangen … Nur jene
nehmen die göttlichen Eingebungen wahr, die das Innere ihres
Herzens bewahren.
[Quellen
geistlichen Lebens, Bd. 2, hrsg. von Gisbert Greshake und Josef
Weismayer. Matthias Grünewald Verlag, Ostfildern 2008, S. 201f]
Für Franz von Sales († 1622) ist der Nestbau der
Eisvögel, ein Vorbild für das menschliche Herz:
Ich betrachtete
neulich, was einige Schriftsteller von den Eisvögeln sagen,
diesen kleinen Vögeln, die ihre Eier auf die Reede [d. h. den
Ankerplatz vor dem Hafen] des Meeres legen. Sie bauen ganz runde und
so fest zusammengepresste Nester, dass das Meerwasser nicht
hindurchdringen kann; nur nach oben ist eine kleine öffnung,
durch die sie Luft schöpfen können. Dahinein setzen sie
ihre Jungen, damit sie, wenn das Meer sie überrascht, in
Sicherheit auf den Wogen schwimmen und treiben können, ohne dass
die Nester sich mit Wasser füllen und untergehen. Die Luft, die
durch das kleine Loch hineindringt, dient als Gegengewicht und hält
diese kleinen Bälle, diese kleinen Barken so im Gleichgewicht,
dass sie niemals umfallen. Meine Tochter, wie wünsche ich, dass
unsere Herzen ebenso beschaffen sein möchten, so ganz
zusammengepresst, so nach allen Seiten wohl verschlossen, damit die
Stürme der Welt, die sie ergreifen, nicht in sie hineindringen,
und dass sie keine andere öffnung haben als nach dem Himmel, um
nur unserem Erlöser zu atmen. Und für wen, meine liebe
Tochter, soll dies Nest sein? Für die kleinen Küchlein
dessen, der es geschaffen hat, für die Liebe Gottes, für
die göttlichen und himmlischen Neigungen.
[E.
Heine (Übersetzer): Briefe des heiligen Franz von Sales an die
heilige Johanna Franziska von Chantal (1604 - 1610).
München 1927, S. 123]
Als Mittel, die
innere Ruhe und den Frieden des Herzens zu bewahren, nennt
Leonhard von Porto Maurizio († 1751) folgende:
Das erste und
Hauptmittel besteht darin, dass man sich eine richtige und
vernünftige Vorstellung von unserem gebrechlichen Zustand macht;
wir sind jeder Art von Zufällen des Unglücks und Elends
ausgesetzt, welche kraft der Anordnung der göttlichen Vorsehung
die Hinfälligkeit unseres Wesens vom ersten Augenblick seines
Daseins an mit sich bringt …
Das zweite Mittel,
das sehr dazu geeignet ist, euch den inneren Frieden erwerben zu
helfen, besteht darin: die zeitlichen und irdischen Dinge gering zu
achten, sie neben den Gütern und übeln des anderen Lebens
für nichts zu halten, die Reichtümer als eine Sache
anzusehen, die eurer Sorgen nicht würdig sind, und gleichmütig
zu bleiben, wenn ihr ein Ereignis statt eines anderen euch mehr
erwünschten eintreten seht. Es ist unleugbar, dass, wenn ihr
euch daran gewöhnt, die Dinge so anzusehen, nichts, was auch
immer euch treffen mag, Gutes oder übles, die Heiterkeit eurer
Seele zu trüben vermag.
Eine dritte Regel,
welche euch den inneren Frieden wird erwerben helfen können: Ihr
müsst es euch zum unwandelbaren Grundsatz in all euren Plänen
und Unternehmungen machen, nie vorauszusetzen, dass euch alles leicht
und nach euren Wünschen gelingen wird, sondern vielmehr gefasst
zu sein, die Dinge die schlimmste Wendung nehmen zu sehen. In dieser
Voraussicht bereitet euer Herz auf alle Schwierigkeiten und alle die
Hindernisse vor, welche eure Absichten auf tausend Arten durchkreuzen
können, und bestärkt euch in einem solchen Zustand der
Gleichgültigkeit, dass, wie auch der Ausgang sein mag, glücklich
oder unglücklich, nichts die Heiterkeit eurer Seele, weder
innerlich noch äußerlich, zu trüben vermag.
[Leonard da Porto Maurizio: Geistliche Übungen, 1. Teil. Regensburg 1890,
S. 250 ff].
3. Gottes Blick auf das Herz
Cyprian von Karthago († 258):
Gott horcht nicht auf die Stimme, sondern
auf das Herz, und es ist nicht nötig, ihn, der die Gedanken
sieht, erst durch lautes Geschrei zu mahnen.
Pambo „der Große” († 386 ?):
Wenn du ein Herz hast, kannst du
gerettet werden.
Bernhard von Clairvaux († 1153):
Den Garten des
Paradieses betritt man nicht mit den Füßen, sondern mit
dem Herzen.
Gertrud von Helfta († 1302):
Der Herr nimmt lieber
den guten Willen eines aufrichtigen Herzens an als große Werke
ohne lautere Absicht.
Johannes Bosco (†
1888):
Wandelt mir den
Füßen auf Erden, aber wohnt mit dem Herzen im Himmel!
Johannes XXIII.
(† 1963):
Gott sieht nicht auf die Vielzahl der
Handlungen, sondern darauf, wie ich sie vollbringe. Er fordert das
Herz und nichts anderes.
4. Zuwendung des Herzens zu Gott
Nach Johannes Cassianus († um 433)
ist Zielpunkt des christlichen
Lebens die Liebe:
Mit aller
Spannkraft seiner Seele muss der Mönch einen einzigen Punkt
anpeilen und alle seine Gedanken, so wie sie in seinem Innern
entstehen und kreisen, immer wieder auf diesen einen Punkt ausrichten
und so auf das Gott-Gedenken konzentrieren.
Er muss es ähnlich
machen wie ein Mann, der das Gewölbe einer Kuppel hochziehen und
in der Höhe schließen will, denn der muss die ganze
Rundung auf dieses Zentrum hoch oben hin entwerfen und ausrichten;
dieses Zentrum ist nur ein Punkt, auf den es haargenau ankommt: auf
ihn hin muss alles berechnet werden, er muss genau angezielt werden.
Wer ein solches Werk vollenden wollte, ohne sich an diesen
Zentralpunkt als Prüfstein zu halten, würde niemals eine
völlig regelmäßige Rundung zuwege bringen; er würde
auch nicht durch bloßen Augenschein feststellen können, in
welchem Ausmaß sein Irrtum jene Schönheit beeinträchtigt,
die das Ergebnis einer vollkommenen Rundung ist. Deshalb muss er sich
beharrlich auf jenen Fixpunkt beziehen, nach dem er allein seine Maße
berechnen und ihre Richtigkeit beurteilen kann. In dem Licht, das er
von daher empfängt, muss er genau die innere und äußere
Rundung seines Bauwerks bestimmen. Nur in einem einzigen Punkt wird
eine so gewaltige Konstruktion ihren vollendenden Schluss-Punkt
finden können.
Ähnlich ist es mit
unserer Seele: Wenn der Mönch nicht die Liebe des Herrn zum
unverrückbaren Zentrum werden lässt, von dem alle seine
Werke wie Strahlen ausgehen; wenn er nicht alle seine Gedanken nach
diesem sicheren Kompass der Liebe ausrichtet - dann wird er niemals
jenes geistliche Gebäude errichten können, das der Apostel
Paulus entworfen hat; und er wird dann auch nichts von der Schönheit
jenes inwendigen Tempels wissen, den der selige David dem Herrn in
seinem Herzen anbieten wollte, da er sagt: Herr, ich liebe die
Schönheit deiner Wohnung und den Ort, wo deine Herrlichkeit
wohnt
(Psalm 25, 8).
Er wird dann
stattdessen in seinem Herzen ein Haus errichten, das jeder Schönheit
bar ist und des Heiligen Geistes unwürdig, und das jeden
Augenblick vom Einsturz bedroht ist. Weit entfernt von der
Herrlichkeit, einen solchen Gast zum Mitbewohner zu haben, wird er
von den Ruinen des
zusammenbrechenden Baues elend erschlagen werden.
[Abbas Abraham über das sanfte Joch Christi, coll. 14,6. Nach: Johannes
Cassianus: Ruhe der Seele / Einweisung in das christliche Leben III,
übertragen von Gertrude und Thomas Sartory. Freiburg i. B. 1984, S.
165 - 167]
Cäsarius von Arles († 542):
Wenn wir Geld an
die Armen verteilen, so lasst uns … unsere Seele Gott schenken,
damit dort, wo unser Schatz ist, auch unser Herz sein kann. Warum
wohl verlangt Gott von uns Geld? Doch gewiss deswegen, weil er weiß,
dass wir es besonders gerne haben und dauernd daran denken, und weil
da, wo unser Geld ist, auch unser Herz ist. Deshalb ermahnt uns Gott,
durch Gaben an die Armen Schätze im Himmel zu sammeln. Es soll
unser Herz dorthin folgen, wohin wir unseren Schatz schon geschickt
haben.
[Predigt
32, 1-3: SC 243 - http://kirchlich.net/pages/posts/hl.-caesarius-von-arles---12681.php - abgerufen am 16.08.2025]
Baptista von Varano († 1524):
Du sollst Gott
nicht aus Furcht vor Schmerz oder Strafe wie ein Sklave dienen, auch
nicht wie eine Dirne für Geld oder Bezahlung, sondern wie ein
echter Sohn, wie eine rechtmäßige Braut. Erwidere Gott
Liebe mit Liebe, Herz mit Herz, Schmerz mit Schmerz, Blut mit Blut,
Tod mit Tod. …
Halte das Herz weit
offen, werde großzügig und stark, damit darin der König
des ewigen Lebens wandeln und umhergehen kann, denn in einem engen
Herzen wird und kann Gott nicht wohnen, denn er ist groß und
über alle Götter erhaben. (vgl. Psalm 99, 2)
[Ermahnungen
Jesu, in: Es begann mit einer Träne … Leben und Schriften der
heiligen Camilla Battista von Varano OSC, hrsg. von Gottfried Egger.
Heiligenkreuz im Wienerwald 2012, S. 240ff]
Der französische Karmeliter und Mystiker Bruder Lorenz
von der Auferstehung († 1691): (†
1691):
Um zu Gott zu kommen, braucht man weder Klugheit
noch Wissenschaft, sondern nur ein Herz, das entschlossen ist, sich
um nichts zu kümmern als um ihn und nichts zu lieben außer
ihm.
Lukas Etlin (†
1927):
Bringe Jesu immer ein freudiges Herz entgegen!
Mache viel Akte der Liebe mit deinem Herzen und bald wird dein Herz
zu brennen anfangen. Ich will ein Opfer der Liebe Christi sein.
5. Ruhe des Herzens in Gott
In keinem Geschöpf, nur in Gott, kann die Seele Heil und Ruhe finden: Makarius der Ägypter (BKV 320 - 325).
Augustinus von Hippo (†
430):
Du hast uns zu
dir hingeschaffen und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir.
Juliana von Norwich († nach 1416):
Gott will erkannt
sein und Er freut sich, dass wir in Ihm ruhen. Denn alles, was
weniger ist als Er, genügt uns nicht. Und das ist der Grund,
warum keine Seele zur Ruhe kommt, wenn in ihr nicht alle Geschaffene
zunichte geworden ist. Wem alles zunichte geworden ist aus Liebe zu
Ihm, der alles umfasst, was gut ist, der ist imstande, die geistliche
Ruhe zu erlangen.
Karl Borromäus
(† 1584):
Wie sehr irren
doch die, die glauben, den Durst ihres Herzens und ihrer Seele mit
einem anderen Wasser stillen zu können als mit der Gnade des
Heiligen Geistes, als mit dem Genuss Gottes! Denn unsere Seele
begehrt Unendliches, und nur mit dem unendlichen Gott kann sie jemals
gesättigt werden.
Blaise Pascal (†
1662):
Das Herz hat
seine Gegengründe, die die Vernunft nicht kennt: das erfährt
man bei tausend Anlässen. Ich behaupte, dass das Herz das
allumfassende Wesen von Natur aus liebt und von Natur aus sich
selbst, je nachdem es sich ihm hingibt; und es verhärtet sich in
eigener Entscheidung gegen das eine oder das andere. Sie haben das
eine abgelehnt und das andere bewahrt: lieben Sie sich nun aus
Gründen der Vernunft? …
Nicht die
Vernunft, sondern das Herz erfährt Gott. Darin besteht der
Glaube, dass Gott im Herzen und nicht von der Vernunft erfahren
wird. …
Der Glaube
ist eine Gabe Gottes; meinen Sie nur nicht, wir würden sagen, er
sei eine Gabe des Vernunftdenkens. Die anderen Religionen sagen das
nicht von ihrem Glauben; um zum Glauben zu gelangen, gaben sie nur
das Vernunftdenken an, das dennoch nicht dahin führt.
Wir erkennen
die Wahrheit nicht allein mit der Vernunft, sondern auch mit dem
Herzen; auf diese zweite Art erkennen wir die ersten Prinzipien, und
vergeblich versucht das Vernunftdenken, das daran nicht beteiligt
ist, sie zu bekämpfen. Die Skeptiker, die nur dies zum Ziel
haben, bemühen sich hier vergeblich. Wir wissen, dass wir nicht
träumen; unsere Ohnmacht, es mit der Vernunft beweisen zu
wollen, läßt nur auf die Schwäche unserer Vernunft
schließen, nicht aber auf die Ungewissheit aller unserer
Erkenntnisse, wie die Skeptiker behaupten. Denn die Erkenntnis der
ersten Prinzipien wie beispielsweise, dass es Raum, Zeit, Bewegung
und Zahlen gibt, ist in gleicher Weise gesichert wie irgendeine von
jenen Erkenntnissen, die uns unser Vernunftdenken vermittelt. Und auf
diese Erkenntnisse des Herzens und des Instinkts muss die Vernunft
sich stützen, und darauf muss sie ihre Rede gründen. Das
Herz spürt, dass es drei Dimensionen im Raume gibt und dass die
Zahlen unendlich sind; und die Vernunft beweist dann, dass es nicht
zwei Quadratzahlen gibt, von denen die eine doppelt so groß ist
wie die andere. Die Prinzipien werden erfahren, die Lehrsätze
erschlossen; und das alles mit Gewissheit, wenn auch auf
verschiedenen Wegen. Und es ist sinnlos und lächerlich, dass die
Vernunft, um zustimmen zu können, vom Herzen Beweise für
seine ersten Prinzipien fordert, wie es auch lächerlich wäre,
wenn das Herz, um ihnen zustimmen zu können, von der Vernunft
für alle Sätze, die sie beweist, eine Erfahrung verlangen
würde.
Diese Machtlosigkeit
soll also nur dazu dienen, die Vernunft zu demütigen, die über
alles urteilen möchte, keineswegs aber dazu, unsere Gewissheit
zu bekämpfen, gleichsam als gäbe es nur die Vernunft, die
uns belehren könnte. Gebe Gott, dass wir sie im Gegenteil
niemals nötig hätten und dass wir alle Dinge durch Instinkt
und Erfahrung erkennen könnten! Aber die Natur hat uns dieses
Gut versagt; sie hat uns im Gegenteil nur sehr wenige Erkenntnisse
dieser Art geschenkt; alle anderen können nur im Vernunftdenken
erworben werden.
Und darum sind jene,
denen Gott die Religion in der Erfahrung des Herzens geschenkt hat,
sehr glücklich und durchaus rechtmäßig überzeugt.
Aber denen, die sie nicht haben, können wir sie nur auf dem Wege
des vernünftigen Denkens vermitteln, in der Erwartung, dass Gott
sie ihnen in der Erfahrung des Herzens schenkt; sonst ist der Glaube
nur menschlich und zwecklos für das Heil. …
Im Herzen eines
jeden Menschen gibt es eine Leere, die nur Gott durch seinen Sohn
Jesus Christus füllen kann.
[Blaise
Pascal: Die Vernunft des Herzens, ausgewählt und übersetzt von Fritz
Paepcke. München 2020, S. 277 - 279, 282]
6. Das Herz als Tempel Gottes
Die folgenden
Gedanken richtet Jordan von Sachsen († 1230)
an Diana von Andalò und alle ihre Mitschwestern:
Werdet auch ihr
stark im Herrn Jesus Christus, und
er selber wohne immer in
euerem Herzen
; (Epheserbrief 3, 17). Denn ein Herz, das Christi
entbehrt, ist wie eine Schale ohne Korn; deshalb wird es vom Winde
hinweggeführt, weil es von der Versuchung herumgewirbelt wird.
Eine Schale aber, die ein Korn einschließt, mag sie auch dem
Winde ausgesetzt sein, kann der Wind nicht forttragen; denn sie wird
durch das Korn festgehalten, so dass sie von dem Winde nicht
weitergetragen wird. So wird auch von Christus ein Herz, in dem er
wohnt, gefestigt, dass es nicht durch die Versuchung, die es bewegt
und treibt, herausgeschleudert oder herumgetrieben wird. Sprecht also
und lasst euer Herz. sprechen: Andere mögen anhängen wem
sie wollen, mir aber ist es Seligkeit, Gott anzuhängen
(Psalm 73, 28); und ferner: v
(Psalm 63, 9). Eine Schale, die der Wind verweht, hängt nicht fest
am Korn; und damit wir fest an ihm hängen, hat er selbst mit dem
festen Gürtel seiner Liebe uns an sich gebunden. Denn er
spricht durch den Propheten: Mit dem Gürtel habe ich das
ganze Haus Israel an mich gekettet
(Jeremia 13, 11), d. h. das Herz
derer, die Gott schauen, die den Herrn schauen allezeit
(Psalm 16, 8). So wie er also uns an sich ketten wollte, so möge er
uns gnädig nach sich ziehen und zum ewigen Leben führen,
er, der gepriesen ist von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen
[Die Briefe des seligen Jordan von Sachsen, übersetzt von Johannes
Mumbauer. Albertus Magnus-Verlag, Vechta in Oldenburg 1927, Brief 29]
Gregor Sinaites († 1346):
Ein wahres
Heiligtum, welches auch schon vor dem künftigen Leben besteht,
ist das Herz, welches ohne Gedanken vom Geist getrieben wird; alles
nämlich wird dort vollbracht und geistigerweise ausgesprochen.
Wer dies nicht schon jetzt erworben hat, ist ein Stein, der durch
zusätzliche Tugenden zum Aufbau des göttlichen Tempels
geeignet ist, doch nicht ein Tempel und Priester des Geistes.
[Gregorios der Sinaite: Sehr
nützliche Kapitel, welche ein Akrostichon bilden. In: Philokalie
Bd. 4. Verlag Der Christliche Osten, Würzburg 22007, S. 178, Nr.
7]
Angelus Silesius
(† 1677):
Halt an, wo laufst du
hin, der Himmel ist in dir;
Suchst du Gott
anderswo, du fehlst ihn für und für.
Das Licht der
Herrlichkeit scheint mitten in der Nacht.
Wer kann es sehen?
Ein Herz, das Augen hat und wacht.
Ach, könnte nur
dein Herz zu einer Krippe werden,
Gott würde noch
einmal Kind auf dieser Erden.
[aus: der Cherubinische
Wandersmann]
7. Herzensgebet
Claudius de la Colombière († 1678)
empfiehlt in einem
geistlichen Brief die Übung des Herzensgebets:
Gott sollte die
einzige Unterhaltung unseres Herzens sein; zu ihm sollten wir gehen
in Einfalt des Herzens und ohne viel Erwägungen … Sie werden
Gott immer nahe finden, wenn Sie ihn aufrichtig suchen, und wenn Sie
Ihn haben, ist alles übrige ohne Belang für Sie … Mühen
Sie sich nicht ab, zu Gott zu sprechen, denn es bedarf keiner Worte
noch Gedanken, wenn nur das Herz bei ihm ist … Das Gebet, die
Sammlung fordert keine Anspannung; man muss diesen Fehler vermeiden;
unser Herz soll sich mit Gott vereinigen. Macht Ihr Geist dieser
Vereinigung Schwierigkeiten, dann lieben Sie und tun Sie im übrigen,
was Sie für gut finden … Der, den Sie lieben, sieht Ihr Herz,
und das ist genug.
Es sei ein Irrtum,
sich Gott immer nur im Himmel gegenwärtig vorzustellen:
Wie wenn Sie
vergessen hätten, dass er nicht wirklicher im Himmel ist als
dort, wo Sie beten, ja auch in Ihrem Herzen, wo er in Wahrheit
unsichtbar, aber so wirklich wohnt wie Jesus Christus im hl.
Sakramente des Altares ist. Der Himmel ist also für Sie überall,
weil alles erfüllt ist von Ihrem Gott und Sie selber ganz von
ihm erfüllt sind.
[Aszese
und Mystik des sel. P. Claudius de la Colombière S.J. In:
Zeitschrift für Aszese und Mystik 4 (1929) S. 263 - 273]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 27.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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