Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Christ sein
Christianus, abgeleitet von Christus ([mit dem Heiligen Geist] Gesalbter), ist ein Ehrenname, bedeutet aber auch Verpflichtung.
1. Sittliches Leben
2. Bezug zu Christus und zu Gott
3. Bereitschaft zum Martyrium
4. Jenseitsglaube
5. Christen und Heiden
1. Sittliches Leben
Glaube und Sittlichkeit: Apologeten (BKV I 48 - 53).
Christen als Stützen der sittlichen Ordnung: Apologeten (BKV I 75).
Wer nicht als Christ lebt, soll auch nicht als solcher gelten: Apologeten (BKV I 82f).
Stärke der Christen: nicht Worte, sondern ihr Leben: Apologeten (BKV I 287, 322; II 202f).
Christen sind Philosophen der Taten, nicht der Worte: Cyprian von Karthago (BKV 291f).
Leitsätze für das Leben der Christen: Cyprian von Karthago (BKV I 339 - 344).
Pflichten des Christen: der Rhetoriklehrer und christliche Apologet Lactantius (BKV 194 - 207).
Christen sollen die Unschuld bewahren: Ambrosius von Mailand (BKV I 129).
Christen sollen achtsam u. tapfer gegen das Böse kämpfen: Ambrosius von Mailand (BKV I 273f).
Christen sollen Frucht der Gnade bzw. Buße bringen: Ambrosius von Mailand (BKV II 98).
Vorbild des bekehrten Zöllners Levi: Ambrosius von Mailand (BKV II 219f).
Christen können sich nicht entschuldigen, wenn sie auf dem Weg erliegen: Ambrosius von Mailand (BKV II 305 - 309).
Christen sollen Felsgrund der Kirche sein, Petrus und den Donnersöhnen ähnlich: Ambrosius von Mailand (BKV II 33f, 318 - 320).
Der Sünde gegenüber tot bleiben: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 189 - 204).
Christen sollen über ihre Sünden trauern: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 229 - 231).
Christen sind in der Taufe für die Erde gestorben: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 329f).
Christen sollen ein reines Herz einer gewandten Zunge vorziehen: Augustinus von Hippo (BKV VIII 252).
Schlechte und gute Christen: Augustinus von Hippo (BKV VIII 275f).
Christen werden nur allmählich vollkommen: Makarius der Ägypter (BKV 144f).
Furcht und Mühe im Kampf gegen das Böse: Makarius der Ägypter (BKV 157).
Sich zu Gebet und Gutem zwingen, bis der Heilige Geist geschenkt wird: Makarius der Ägypter (BKV 180 - 185).
Christen werden durch viele Kämpfe mit dem Satan: Makarius der Ägypter (BKV 241).
Vorzüge der christlichen Sittenlehre gegenüber der heidnischen Ethik: Johannes „Chrysostomus” (BKV I 19 - 23).
Die beste Apologie des Christentums ist das Leben der Christen: Origenes (BKV II 2).
Polykarp von Smyrna († 155/156)
ermahnt die Gemeinde von Philippi
zu einem christlichen Lebenswandel:
Steht also darin
fest und folgt dem Beispiel des Herrn, fest und unwandelbar im
Glauben, Freunde der Geschwisterlichkeit, in gegenseitiger Liebe, in
Wahrheit geeint! Dient einander mit der Sanftmut des Herrn, verachtet
niemand! Wenn ihr Gutes tun könnt, schiebt es nicht auf; denn
Almosen befreit vom Tod! Seid alle einander untertan, führt
einen untadeligen Lebenswandel unter den Heiden, damit durch eure
guten Werke einerseits ihr Ruhm erlangt, andererseits der Herr in
euch nicht gelästert werde! Wehe dem, durch den der Name des
Herrn gelästert wird! Lehrt also allen Nüchternheit, in der
auch ihr wandeln sollt!
… Betet für
alle Heiligen. Betet auch für die Könige und die Machthaber
und Fürsten und für die, die euch verfolgen und hassen und
für die Feinde des Kreuzes, damit eure Frucht offenbar sei bei
allen, damit ihr vollkommen seid bei ihm [dem Herrn].
[ad Philipperbrief 10 In: K. Bihlmeyer: Die Apostolischen Väter, Neubearbeitung
der Funkschen Ausgabe, SQS II, 1,1. Tübingen 1924, S. 118 f;
BKV II 35, S. 168. 170 b]
Isidor von Pelusium († um 441):
Wenn du Epikur [d.
h. hier: einen genusssüchtigen Lebemann] bewunderst und im Blick
auf ihn dein Leben einrichtest, wie kannst du da behaupten, ein
Christ zu sein? Wenn du dich Christ nennen willst, weshalb führst
du dann einen epikureischen Lebensstil?
[B. 2, Br. 22, Sp.471f]
In einem Brief legt Papst Felix IV. (III.)
(† 530) Sabina, einer Frau aus
adeligem Geschlecht, dar, worauf es im christlichen Leben ankommt.
Doch lässt sich daraus auch schließen, welchen
Versuchungen sie in ihrem Stand ausgesetzt ist:
Du einzigartiges
Glied der Kirche, es ist bei allen offenkundig, dass du in hohem Maße
religiös bist und dies von uns überaus geschätzt wird.
Denn trotz deiner hohen adeligen Abstammung bringst du der Kirche
eine viel edlere Ergebung entgegen und freust dich mehr über die
Erkenntnis Christi und gehorchst daher seinen Geboten und du freust
dich mehr über den Glauben, als dass du dich wegen deines so
glanzvollen Geschlechts rühmst. Höchste Tugend ist es, den
Ruhm des Fleisches besiegt zu haben, und es ist eine große
Gnade Christi, dass dein Adel aufgrund des Charakters Bestand hat, du
Herrin und Tochter, die du verdientermaßen Ansehen genießt.
Zuverlässig, wie du bist, Geliebteste, bemühe dich, den
Zeitraum dieses Lebens, wie lange er auch sein mag, mit ewigen und
göttlichen Diensten zu schmücken, damit der, der dich so
ausgezeichnet hat, in der Ewigkeit für sich noch herrlicher
mache …
Deshalb ermahnen wir
dich, teure [Tochter], dass du es nicht aufschiebst, das Gute, das du
begonnen hast, immer zu vollenden; denn nicht der Anfang ist
lobenswert, sondern das Ende. So ermahnen wir dich die Weisheit zu
lieben und zu suchen, so dass du vernünftig und weise das
ordnest und beurteilst, was dir aufgetragen ist …
Fürchte also den
Herrn, halte seine Gebote und liebe ihn mit ganzem Herzen und den
Nächsten wie dich selbst. … Die Furcht des Herrn bedeutet Ehre
und Verherrlichung und höchsten Jubel. Die Furcht des Herrn wird
das Herz erfreuen und die Fülle der Freude geben für die
Länge der Tage. Dem Gottesfürchtigen wird es am Ende
wohlergehen und er wird am Tag seines Abscheidens gesegnet werden. …
Tritt nicht vor den
Herrn mit einem gespaltenen Herzen. Sei nicht heuchlerisch vor den
Menschen und errege keinen Anstoß mit deinen Lippen. Achte auf
diese, damit du nicht fällst und deiner Seele in ärgernis
bereitest und dir Schmach zuteil wird und Gott deine Geheimnisse
offenbart. Streite immer für Glaube und Gerechtigkeit und für
das Heil der Seele und setze dich mutig ein, den Brüdern zu
helfen, damit du vom Herrn die Belohnung erhältst. … Halte
dein Wort nicht zurück in der Zeit des Heils. Verbirg nicht
deine Weisheit in ihrer Schönheit. In der Sprache wird nämlich
die Weisheit erkannt, die Gesinnung und das Wissen, die innere
Bildung in den Worten der Wahrheit und die Stärke in den Werken
der Gerechtigkeit. …
Kämpfe für
die Gerechtigkeit zugunsten deiner Seele und streite bis zum Tod für
die Gerechtigkeit, und Gott wird für dich diene Feinde
bezwingen …
Sei nicht erregt in
deiner Rede und nicht unnütz und nachlässig in deinen
Werken. Sei nicht wie ein Löwe in deinem Haushalt, indem du dein
Hausgesinde durcheinanderbringst und die dir Untergebenen knechtest.
Deine Hand sei nicht ausgestreckt zum Empfangen und verschlossen zum
Geben.
Durch diese Ratschläge
der [heiligen] Schriften gestützt, steh immer aufrecht und
weiche nicht ab vom Weg der Wahrheit, so dass dir die Gnade Gottes
zuteil wird und du die Freundschaft guter Menschen genießen
kannst.
[Felix
IV.: Epistola III ad Sabinam, MPL 65, Sp. 22 - 24; eigene Übersetzung]
Anastasius I. von Antiochia († 599):
Frage: Was
ist das Kennzeichen eines wahren Christen?
Antwort: Einige
sagen, der rechte Glauben und fromme Werke seien das Kennzeichen
eines wahren Christen. Aber Jesus bestimmt einen wahren Christen
nicht nach diesen Merkmalen. Es kann nämlich jemand Glauben und
gute Werke aufweisen, ihretwegen aber hochmütig sein und
[deswegen] keine vollkommener Christ sein. Denn ein Christ ist ein
wahres Haus Christi, das aus guten Werken und frommen Lehren besteht.
Der wahre Glaube ohne die Werke ist tot, wie es auch die Werke ohne
den Glauben sind. Deshalb müssen wir uns mit aller Kraft und
sicher vor schmutzigen Werken rein bewahren, damit nicht auch über
uns gesagt wird: Sie bekennen, Gott zu kennen, aber mit ihren Werken
bestreiten sie dies. Daher sagt der Herr: Wenn einer mich liebt,
wird er meine Worte bewahren, und mein Vater wird ihn lieben und wir
werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen.
[Johannesevangelium 14, 23]
Daraus lernen wir also,
dass durch den rechten Glauben und die guten Werke das Haus der Seele
erbaut wird und so Gott in uns wohnt. Ich werde nämlich
, so
sagt er darin wohnen und umhergehen
. [2. Korintherbrief 6, 16] Und dies zeigte
der Apostel auf, indem er sagte: Wusstet ihr nicht, dass Christus in
euch wohnt, es sei denn ihr seid verwerflich?
[2. Korintherbrief 13, 5]. Der
Teufel weiß ja nicht, ob in deinem Geist der Herr des Hauses
Christus ist oder nicht. Wenn er dich aber erzürnt sieht oder
laut schreien oder schwören oder schändliche Reden führen
oder jemand herabsetzen oder schmähen oder schelten oder lästern
oder verurteilen oder hassen oder jemandem Unrecht tun oder hochmütig
sein oder prahlerische Reden führen oder viel lachen und sich
erheben oder nicht ausdauernd beten und des Todes gedenken, dann
merkt er, dass in deiner Seele nicht Gott ist, der die schützt
und sich um dich sorgt. Und so tritt der Böse wie ein Dieb ein,
da in deinem Herzen nicht das göttliche Licht brennt, und er
raubt das Haus deiner Seele aus, und die letzten Dinge werden
schlimmer als die ersten.
[S.P.N.
Anastasii, Patriarchae Antiocheni opera omnia. MPG 89, Sp. 329f
731f, eigene Übersetzung]
2. Bezug zu Christus und zu Gott
Christen sind Gottes-, Tempel-, Christusträger: Apostolische Väter (BKV 121).
Christen haben ihre Zeit für Gott: Apostolische Väter (BKV 155).
Christen sind das auserwählte Volk Gottes: Justin (BKV 193 - 195. 202f).
Christen sind Krieger Christi: Cyprian von Karthago (BKV I 227 und öfter).
Unsere Verbindung mit Christus: Athanasios von Alexandria (BKV I 223f); Augustinus von Hippo (BKV VI 274f, 300); Papst Leo „der Große” (NKV II 143 und öfter).
Christen sollen durch ihr Leben Wohlgeruch Christi sein: Ambrosius von Mailand (BKV II 285f).
Christen sollen nach Göttlichem trachten: Ambrosius von Mailand (BKV II 389 - 395).
Alle Christen können als Apostel wirken: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 7).
Christen haben die Gotteskindschaft: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 18f).
Christen sollen auch im Leiden Gott danken: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 20).
Christen dürfen sich des Glaubens nicht schämen: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 33).
Christen sollen für die Sünde tot sein: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 189 - 204).
Christen sollen nicht gegen Gott murren: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 124 - 129, 131f).
Christen dürfen leine Feinde des Kreuzes sein: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 191 - 196, 198 - 202).
Wir sind nicht nur Christen geworden, sondern Christus: Augustinus von Hippo (BKV IV 362f; V 57f).
Christen müssen Schmähungen ertragen wie Christus: Augustinus von Hippo (BKV V 67f).
Christen sollen durch ihr Leben Christus ehren: Augustinus von Hippo (BKV V 331f).
Der rechte Dienst Christi: Augustinus von Hippo (BKV V 346 - 348).
Christen sind Streiter im himmlischen Heer: Papst Leo „der Große” (BKV I 85).
Christen sind desselben Wesens und eines Leibes mit Christus: Makarius der Ägypter (BKV 306).
Christen bedenken, dass sie immer unter Gottes Augen sind: Regula Benedicti (BKV 32f).
Christen sind alle vor Gott gleich: Ambrosius von Mailand (BKV I 112; II 248); Johannes „Chrysostomus” (BKV V 17, 30f).
Justinus „der Märtyrer” (†
um 165) verteidigt das Christentum gegen völlig
abwegige Vorwürfe (wie z. B. des Inzests und des Kannibalismus),
die Bekehrung zum Christentum habe vielmehr eine sittliche Umkehr
bewirkt:
Hatten wir früher an unzüchtigen Dingen
Gefallen, so haben wir jetzt nur mehr an der Enthaltsamkeit Gefallen;
gaben wir uns mit Zauberkünsten ab, haben wir uns [nun] dem
guten und ungezeugten Gott geweiht; wenn wir Geld und Besitz über
alles schätzten, so stellen wir jetzt, was wir haben, in den
Dienst der Allgemeinheit und teilen jedem Bedürftigen davon mit;
hassten und mordeten wir einander und hielten wir mit denen, die
nicht unseres Stammes sind, wegen der verschiedenen Sitten nicht
einmal Herdgemeinschaft, so leben wir jetzt nach Christi Erscheinen
als Tischgenossen zusammen, beten für unsere Feinde und suchen
die, welche uns mit Unrecht hassen, zu bereden, dass auch sie nach
Christi schönen Weisungen leben und voll Hoffnung seien, dass
auch sie dieselben Güter wie wir von dem allherrschenden Gott
erlangen werden.
[1 Apol 14: MPG 6, Sp. 347f; BKV II
12, S. 78 b]
Papst Leo „der Große” (†
461):
Umsonst tragen wir den Namen Christen, wenn wir
nicht Christi Nachfolger sind.
[BKV
I 108]
Pirmin (†
753 ?) gibt Anweisungen für das christliche
Leben:
Bringt zur
heiligen Kirche als Opfer Kerzen, Öl und Weihrauch, die
Erstlinge und den Zehnten, Almosen und alle eure guten Versprechen.
Dorthin sollt ihr kommen an den hohen Festen und sonntags, an den
Festen heiliger Märtyrer und Bekenner; kommt zu den Vigilien und
Tagzeiten, zum Hören der heiligen Messe und zum Empfang des
Opfers, wie es die Heilige Schrift lehrt.
Keiner soll wagen, in
der Kirche selbst oder wo sonst die heilige Lesung vorgetragen wird,
zu schwatzen, vielmehr sollt ihr gern die heiligen Lesungen hören.
Sagt doch der Herr durch Moses: Höre, Israel, und
schweige
(5. Mose 27, 9).
Verachtet nicht den
Herrentag, haltet ihn mit Ehrfurcht. Knechtliches Werk, wie das
Arbeiten auf dem Acker, auf der Wiese, im Weinberg oder was sonst
schwere Arbeiten sind, sollt ihr nicht verrichten. Auch sollt ihr an
den Herrentagen keine Rechtshändel oder Anklagen untereinander
verhandeln außer der Arbeit, die zum Kochen einer Speise für
die Erquickung des Leibes notwendig ist. Denn der Herrentag wurde als
erster geschaffen, an ihm wurde die Finsternis vertrieben, es
erschien das Licht, an ihm sind die Grundfesten der Welt gebildet und
die Engel geschaffen worden. An diesem Tag wurde das Volk aus Ägypten
durch das Rote Meer befreit so, wie durch das Wasser der Taufe aus
dem Dunkel der Sünde. Am gleichen Tag wurde den Menschen als
himmlische Speise das Manna erstmals gegeben. Zu diesem Tag befahl
Moses dem Volk: Den Tag sollt ihr als den ersten und
wichtigsten halten
[vgl. 2. Mose 12, 14]. Und der Prophet sagt
darüber: Diesen Tag hat der Herr gemacht; an ihm wollen
wir jubeln und fröhlich sein.
(Psalm 118, 24).
An diesem Tag ist auch
Christus von den Toten auferstanden; an ihm ist der Heilige Geist vom
Himmel auf die Apostel herabgekommen. Deswegen heißt er
Herrentag, damit wir an ihm nur dem göttlichen Kult dienen und
uns irdischer Arbeiten und weltlicher Vergnügen enthalten. So
bitten wir euch also, diesen Tag nach so großen und heiligen
Zeugnissen, wie oben geschrieben ist, in aller Ehrfurcht und aller
Hingabe, wie es sich für Christen ziemt, zur ewigen Vergeltung
zu halten.
[U.
Engelmann (Übersetzung): Der heilige Pirmin und sein
Pastoralbüchlein. Sigmaringen 1976, S. 57]
Auf eine konkrete
Anfrage hin skizziert Theodor Studites († 826)
Grundzüge christlichen Lebens:
Ein echter Christ
ist nichts anderes als ein Nachahmer und Siegel Christi: Ihm muss man
sich so anpassen wie jedes einzelne Glied dem Haupt und der Rebzweig
dem Weinstock. Der Herr sagt ja selbst:
Ich bin der
Weinstock, ihr seid die Rebzweige
. Und wiederum sagt der
Apostel: Ihr seid der Leib Christi und Teil seiner Glieder
.
Lasst uns also als Frucht die Trauben der Tugenden bringen, Herr, und
nicht ohne Frucht bleiben! Es sagt nämlich der Herr: Jeder
Rebzweig, der nicht gute Frucht bringt, wird ausgeschnitten und ins
Feuer geworfen
, nämlich in das der Hölle.
Erschaudern wir vor den furchtbaren Drohungen; verherrlichen wir Gott
in unserem Leib und unserem Geist! Denn wiederum befiehlt uns der
Apostel: Soll ich also die Glieder Christi zu Gliedern eine
Dirne machen? Das sei ferne!
So wollen wir es halten: Wir
wollen unsere Frauen lieben wie unseren eigenen Körper;
schamlose Körper aber wollen wir nicht lieben. Die Frau
,
sagt er soll den Mann achten!
Furcht mir Liebe
verbindend soll sie ein rechtes Leben führen!
Ihr Söhne,
gehorcht euren Eltern
, wie der Apostel wiederum sagt. Es ist
nämlich gerecht, dass die Eltern geehrt werden und im Alter von
den Söhnen unterhalten werden. Denn sie sind nach Gott die
Urheber des Lebens. … Sache der Eltern ist es, die Söhne in
Frieden zu halten und ihren Charakter in Frömmigkeit zu
unterweisen und zu bilden. …
Deshalb soll, wer
gerettet werden will, wachsam sein und gemäß dem Gebot
leben: Er soll nicht schwören, sich nicht erheben, nicht [jemand
ver-] lachen, kein ausschweifendes Leben führen, kein Spieler
sein, nicht im Zorn entbrennen, nicht Unzucht treiben, sich nicht
berauschen, nicht Gold aufhäufen: Was dann? Er soll beten,
trauern, Hymnen singen, die Gebote nach Kräften einhalten, mit
Wenigem zufrieden sein, demütig gesinnt sein, den Nächsten
lieben, nicht gegen seinen Bruder sprechen, nicht neidisch sein,
nicht zornig, immer bereit, für das Gute Risiken einzugehen. Er
soll außer dem guten Gott niemanden auf Erden fürchten;
dem König soll er sich unterwerfen bei all dem, worin nicht das
Gebot Gottes verletzt wird; er soll die Beamten als Diener der
Ordnung ehren; er soll sich immer im Herrn freuen; und wenn ihm etwas
Unangenehmes geschieht, soll er dem Herrn danken, wie er seine
Angelegenheiten regelt. …
Wenn wir noch einen Rat
geben sollen, dann den, Gott über alles zu lieben. Was wird es
nämlich einem Menschen nützen, die ganze Welt zu gewinnen,
wenn er aber an seiner Seele Schaden erleidet? Das wollen wir
fliehen: um am Tag des Gerichts Barmherzigkeit zu finden und bei Gott
zu sein in unaussprechlicher Freude in Ewigkeit.
[Epistolarum lib. 2,
ep. 122, Theodoro hospitalario, MPG 99, Sp. 1399 - 1402; eigene Übersetzung]
Franziskus von Assisi
(† 1228) wendet sich ein einem Brief an die
Gläubigen (2. Fassung):
An alle
christlichen Ordensleute, Kleriker und Laien männlichen und
weiblichen Geschlechts, an alle Bewohner der ganzen Welt Bruder
Franziskus, ihr Diener und Untergebener respektvolle Ehrerbietung,
Friede vom Himmel und aufrichtige Liebe im Herrn. … Lasst uns Gott
lieben und ihn anbeten mit reinem Herzen und reinem Geist, da er
selbst dies vor allem übrigen sucht und [deshalb] sprach:
Die
wahren Anbeter werden den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten.
(Johannesevangelium 4, 23) …
Wir sollen auch dem
Priester alle unseren Sünden bekennen und von ihm den Leib und
da Blut unseres Herrn Jesus Christus empfangen. [Denn] wer sein
Fleisch nicht isst und sein Blut nicht trinkt, kann nicht in das
Reich Gottes eintreten
(vgl. Johannesevangelium 6, 55. 57; 3, 5). Aber man muss es
würdig essen und trinken; denn wer es unwürdig empfängt,
isst und trinkt sich das Gericht, da er den Leib des Herrn nicht
unterscheidet
(1. Korintherbrief 11, 29), d. h. er unterscheidet ihn nicht von
anderen Speisen.
Bringen
wir außerdem Früchte, die der Buße würdig
sind
(vgl. Lukasevangelium 3, 8). Und lieben wir die Nächsten wie uns selbst
(vgl. Matthäusevangelium 22, 39). so füge er ihnen wenigstens nichts Böses
zu, sondern tue ihnen Gutes.
Diejenigen
ferner, die die Vollmacht, über die anderen zu richten,
empfangen haben, sollen ihr Urteil mit Barmherzigkeit fällen, so
wie sie selbst vom Herrn Barmherzigkeit erlangen wollen; [denn]
tatsächlich wird das Urteil mitleidslos sein für die, die
keine Barmherzigkeit geübt haben
(Johannesevangelium 2, 13).
Haben wir
also Liebe und Demut und geben wir Almosen; denn das Almosen reinigt
die Seele vom Schmutz der Sünden. Denn tatsächlich
verlieren die Menschen alles, was sie in dieser Welt zurücklassen,
aber mit sich tragen sie die Vergeltung der Liebe und der Almosen,
die sie gegeben haben; für sie werden sie vom Herrn den Lohn und
die angemessene Vergeltung empfangen.
Wir
sollen auch fasten und uns der Laster und Sünden enthalten (vgl.
Tobit 4, 11; 12, 9) und von jedem übermaß an Essen und Trinken
und katholisch sein. Wir sollen auch häufig die Kirchen besuchen
und unsere Verehrung zum Ausdruck bringen und den Klerikern gegenüber
Respekt erweisen, nicht so sehr wegen ihnen persönlich, wenn sie
Sünder sind, sondern aufgrund des Amtes und der Verwaltung den
heiligsten Leibes und Blutes Christi, das sie auf dem Altar zum Opfer
bringen und selbst empfangen und an die anderen weiterreichen.
Und seien
wir alle fest überzeugt, dass keiner gerettet werden kann außer
durch die heiligen Worte und das Blut unseres Herrn Jesus Christus,
das die Kleriker aussprechen, verkünden und verwalten …
Wir
sollen auch unsere Feinde lieben und denen Gutes erweisen, die uns
hassen
(vgl. Matthäusevangelium 5, 44; Lukasevangelium 6, 27) …
Und wenn
der Bruder eine Sünde begeht, dann werde ihm gegenüber
nicht zornig, sondern ermahne ihn und stärke ihn in aller Geduld
und Demut.
Wir
sollen nicht weise
und klug nach dem Fleisch
sein (vgl. 1. Korintherbrief
1, 26), sondern vielmehr einfach, demütig und lauter
Niemals
sollen wir danach verlangen, über den anderen zu stehen, sondern
im Gegenteil sollen wir Knechte und Untergebene jeder menschlichen
Schöpfung sein aus Liebe zu Gott
(1. Petrusbrief 2, 13).
Und alle,
die sich in dieser Weise verhalten … und bis zum Ende durchhalten
werden, auf denn wird der Geist des Herrn ruhen
(Jesaja 11, 2) und er
wird aus ihnen seine Wohnung machen und bei ihnen verweilen
(vgl.
Johannesevangelium 14, 23). Und sie werden Söhne des himmlischen Vaters (vgl. Matthäusevangelium
5, 45) sein … und Vermählte, Brüder und Mütter unseres
Herrn Jesus Christus (vgl. Matthäusevangelium 12, 50
[Lettera
ai fedeli (II recensione), Pagina 3 -
https://www.monasterovirtuale.it/francesco-di-assisi-lettera-ai-fedeli-seconda-recensione.html]
In bewusst provokanten Formulierungen macht Albertus Magnus
(† 1280) in der Albert-Tafel
auf das wesentlich Christliche
aufmerksam:
Es gibt zwölf
gute Stücke:
Das erste ist: Wer
einen Pfennig in der Liebe unseres Herrn in diesem Leben gibt: Das
ist Gott wohlgefälliger und dem Menschen nützlicher, als
wenn seine Nachkommen nach seinem Tode so viel Gold und Silber
austeilten, um Dome zu bauen, die von dieser Erde bis zum Himmel
reichten.
Das andere ist: Wer ein
hartes Wort geduldig erträgt, Lieb und Leid in rechter Demut von
Gottes Hand empfängt und beides als Gottes Gabe erkennt: Das ist
Gott wohlgefälliger, als wenn er auf seinem Rücken alle
Tage einen Wagen voll Birkenreiser zerschlüge.
Das dritte ist, dass du
dich vor Gott demütigst unter alle Geschöpfe: Das ist Gott
wohlgefälliger, als wenn du von einem Ende der Welt bis an das
andere gingst und deine Fußstapfen von Blut gerötet wären.
Das vierte ist, dass du
Gott mit seiner Gnade stete Reue bietest in deiner Seele: Das ist
Gott wohlgefälliger, als wenn du von einem Ende der Welt bis an
das andere liefst.
Das fünfte ist,
dass der Mensch einen Tropfen aus lauterer Liebe wegen des Leidens
Christi weint: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn seine
Nachkommen aus Schmerzen einen Bach so groß wie die Donau
weinten.
Das sechste ist: Geh
selber zu Gott! Das ist dir nützlicher, als wenn du alle
Heiligen und alle Engel, die im Himmel sind, hinsenden würdest.
Das siebte ist:
Verurteile oder verdamme niemanden! Das ist Gott wohlgefälliger,
als wenn du sieben Stunden am Tag dein Blut vergössest.
Das achte ist, dass du
mit Geduld entgegennimmst, was Gott über dich verhängt: Das
ist Gott wohlgefälliger, als wenn du wie St. Paulus bis in den
dritten Himmel entrückt würdest.
Das neunte ist: Hab
Mitleid mit deinen Mitmenschen! Das ist Gott wohlgefälliger, als
wenn du so viele Kranken speisest, wie in einem ganzen Lande leben.
Das zehnte ist, dass,
wenn du heilige Werke und andere reine Tugenden siehst und bei deinem
Nächsten wahrnimmst, du dich freust in rechter Liebe: Das ist
Gott wohlgefälliger, als wenn du dich mit Gott im Himmel
freutest.
Das elfte ist, dass du
strebst, die Sünder von ihren Sünden zu bringen: Das ist
Gott wohlgefälliger, als wenn du mit Gott selber im Himmel
säßest.
Das zwölfte ist,
das du dich selber erkennst und dich selber zu Gott ziehst und
bringst: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du die ganze Welt
zu den ewigen Gnaden brächtest, du selber aber ewiglich verdammt
würdest.
[Rh. Liertz: Albert der Große / Gedanken über sein Leben und aus seinen
Werken. Münster 1948, S. 261f]
Der Augustiner-Eremit, philosophisch-theologische
und asketische Schriftsteller Heinrich von
Friemar († 1340) gibt Kriterien, anhand derer
erkannt werden kann, ob ein Christ aus göttlichem Antrieb
handelt:
Gleichförmigkeit mit Christus:
Das erste Zeichen
ist dann gegeben, wenn dich das, wozu du angeregt wirst, dem Beispiel
Christi und der Heiligen gleichförmig macht. Denn es steht fest,
dass aus dem höchsten Gut nur Gutes erfließen kann. Da nun
Gott in höchstem Maß gut ist, kann er durch seinen Antrieb
den Menschen nur auf das hin lenken, was ihm entspricht und was das
Beste ist. Das besteht aber im Gleichförmigwerden mit dem
Beispiel Christi. …
Demut
Das zweite Zeichen
ist dann gegeben, wenn das, wozu du angeregt wirst, dich zu größerer
Demut führt, dass du also im Verwirklichen dieses Antriebes
demütiger wirst als ohne ihn. Das ist ein sicherer Hinweis, dass
jener Antrieb göttlich ist und zur wahren Seligkeit führt.
Denn wie der Hochmut
für den ersten Engel und auch für den ersten Menschen
Ursache und Anlass ihres Falles und ihrer Verwerfung waren, so ist
umgekehrt die Demut für den Menschen der gerade Weg, der zur
wahren Seligkeit führt. …
Das Gleiche gilt von
der Sanftmut.
Denn so, wie wir
beobachten, dass sich die Rose für den frischen Tau und die
Kraft der Sonne von Natur aus öffnet, sich aber vor dem kalten
Wind verschließt, so wird das Herz des Menschen durch die Milde
der Sanftmut und Güte weit und fähiger, die göttlichen
Einflüsse aufzunehmen. …
Christus erwähnt
diese beiden Tugenden deshalb in besonderer Weise, weil sie gleichsam
zwei Gefolgsmannen darstellen, die die Seele für die Vereinigung
mit Gott bereiten: Die Sanftmut öffnet - wie gezeigt wurde -
Herz und Sinn durch ihre Milde und bereitet so für Gott den
freien Eintritt in die Seele. Die Demut aber, die für Gott
sanften Duft verströmt, führt die Seele selbst in das
Gemach des Bräutigams und verbindet sie mit Gott.
Innere Einheit
Das dritte Zeichen
ist dann gegeben, wenn das, wozu du angetrieben wirst, dich in deinem
Geist mehr stärkt und dein Herz mehr sammelt und eint. Wir
wissen ja aus Erfahrung, dass der Mensch umso kraftvoller
Versuchungen zurückzuweisen vermag, je mehr er in sich selbst
gesammelt ist, je näher seinem Herzen er lebt. Es steht aber
fest, dass der göttliche Antrieb den Menschen immer vom äußeren
Lärm der Welt zurückruft und ihn zur Einfachheit, Einheit
und Stille seines Herzens einlädt. …
All das weist klar
darauf hin, dass deshalb der göttliche Antrieb vom äußeren
in das Innere seines Herzens zurückruft, um ihn innerlich zu
stärken und fähig zu machen, die göttliche Gegenwart
zu bewahren … Daher soll der Mensch an den geheimen Ort seines
Herzens gehen, damit er dort vor allem Lärm und allen Sorgen der
Welt verborgen ist und so Gott in ihm erhöht wird durch den
machtvollen Einfluss seiner Nähe. Dadurch schreitet der Mensch
zu solcher Vollkommenheit voran, dass er Form und Spiegel des rechten
Lebenswandels für alle wird, die ihn anschauen. …
Reichere Tugend
Das vierte Zeichen
ist dann gegeben, wenn das, wozu du dich angetrieben fühlst,
dich mit einer größeren Fülle der Tugenden erneuert
und bereichert. Es ist doch sicher, dass Gott, das in sich höchste
Gut, den Menschen durch seine Antriebe immer auf das hin bewegt, was
das Beste ist. Wer daher rein und aufrichtig den göttlichen
Anregungen folgt, könnte ständig in seinem Tun das
vollbringen, was das Beste und Gott Wohlgefälligste wäre. …
Weil also der göttliche
Antrieb, wie zuvor gesagt wurde, den Menschen in seinem Inneren
stärkt und in den Tugenden und Gnaden reicher macht, soll
niemand meinen, er könnte im gegenwärtigen Zeitpunkt etwas
Besseres tun als das, wozu er von Gott bewegt wird; denn der
göttliche Antrieb lenkt den Menschen immer auf das hin, was
besser und vollkommener ist, wie gezeigt wurde. Auch sollte niemand
meinen, dass das, wozu Gott bewegt und hindrängt, zu schwierig
sei oder die Möglichkeiten seiner Kräfte übersteige.
Vielmehr soll er ohne zu zögern auf die göttliche Liebe
vertrauen, die ihm zweifellos jene Kräfte schenken wird, um das
auszuführen, wozu er von Gott bewegt wird.
[Quellen
geistlichen Lebens, Bd. 2, hrsg. von Gisbert Greshake und Josef
Weismayer. Matthias Grünewald Verlag, Ostfildern 2008, S.
197 - 202]
Bei seiner Predigt
über die Gemeinde als Leib Christi (1. Korintherbrief 12) spricht
Johannes Tauler († 1361) von der Berufung des gewöhnlichen
Christen:
Wir gewöhnlichen
Christen sollen gut prüfen, was unsere Aufgabe ist, zu der uns
der Herr gerufen und eingeladen hat, und welches die Gnade ist, die
der Herr uns zugeteilt hat. Denn jede noch so geringe Fertigkeit oder
Arbeit ist Gnade; derselbe Geist wirkt sie zum Nutzen und zum Wohl
der Menschen. Beginnen wir mit dem Geringsten: Einer kann spinnen,
ein anderer Schuhe machen, wieder andere verstehen sich gut auf
mancherlei äußere Dinge und sind darin tätig, während
ein anderer das nicht kann. Alles das sind Gnaden, die der Geist
Gottes wirkt. Wisset, wäre ich nicht Priester und lebte ich
nicht in einem Orden, ich erachtete es für etwas Großes,
Schuhe machen zu können; die wollte ich lieber machen als alles
andere, und ich wollte gerne mein Brot mit meinen Händen
verdienen. Meine Lieben! Fuß und Hand sollen nicht Auge sein
wollen. Jeder soll den Dienst tun, zu dem ihn Gott bestellt hat, wie
schlicht er auch sein mag; ein anderer könnte ihn vielleicht
nicht tun. So soll auch jede unserer Schwestern die ihr zugewiesene
Tätigkeit ausüben. Die einen können gut singen, die
sollen ihre Psalmen singen. All dies kommt von Gottes Geist. Sankt
Augustinus sprach: Gott ist ein einförmiges, göttliches,
einfaches Wesen und wirkt doch alle Vielfalt und alles in allen
Dingen, einer in allem, alles in einem. Es gibt keine noch so geringe
Arbeit, keine noch so verachtete Fertigkeit, die nicht ganz von Gott
kommt und ein Erweis seiner besonderen Gnade ist. Und jeder soll für
seinen Nächsten das tun, was dieser nicht ebenso gut tun kann,
und jeder soll aus Liebe ihm Gnade um Gnade erweisen. Und seid euch
bewusst: Wer nicht etwas für seinen Nächsten tut, ausgibt
und wirkt, der muss darüber Gott Rede und Antwort stehen; so
sagt ja das Evangelium, dass jeder Rechenschaft über seine
Verwaltung geben muss (vgl. Lukasevangelium 16, 2). Was jeder von Gott empfangen
hat, das soll und muss er einem anderen weitergeben, so gut er nur
kann und wie es ihm Gott gegeben hat …
Der Mensch soll gute,
nützliche Arbeit verrichten, wie sie ihm zufällt; die Sorge
aber soll er Gott anheimstellen und seine Arbeit sehr behutsam und im
Stillen tun. Er soll bei sich selbst bleiben, Gott in sich
hineinziehen und oft in sich hineinschauen mit einem gesammelten
Gemüt, ganz innerlich und andächtig; immer soll er auf sich
selbst achten und auf das, was ihn bei seiner Arbeit jagt und
antreibt. Auch hat der Mensch innerlich darauf zu achten, wann ihn
der Geist Gottes zum Ruhen oder zum Wirken treibt. Er folge jedem
Antrieb und handle gemäß der Weisung des Heiligen Geistes:
Jetzt ruhen, jetzt wirken! So soll er seine Arbeit voll guten Willens
und in Frieden tun.
[Die
Predigten Taulers Nr. 42 über: Es gibt verschiedene
Dienst, aber nur denselben Geist
]
Im folgenden
skizziert Kajetan von Thiene († 1547) ein kurzes
Kompendium des geistlichen Lebens:
Die wahre und
unschätzbare Freude eines Geistlichen ist das Verlangen
nach ähnlichkeit mit dem Herzen und dem Leib Jesu. …
Die Tür zu jeder
Vollkommenheit und deren Vollendung besteht darin, sich der
göttlichen Wohltaten für unwürdig zu halten und
[überzeugt zu sein], dass das Gute, das Gott für uns wirkt,
keinen Grund in uns [selbst] hat: vielmehr entspringt es der
unendlichen Güte des göttlichen Namens.
Es gibt einezweifache
Demut: Die eine wird durch die Wahrheit hervorgebracht, die andere
wird durch die Nächstenliebe gestärkt; echt ist jene Demut,
die der Liebe zu einem sittlich guten Leben und zur Nächstenliebe
entspringt.
Das aktive Leben
besteht in der Annahme von
Leiden und Armut [sowie] in der Verachtung von Ruhm und weltlicher
Ehre und im Verbergen der eigenen Weisheit.
Das kontemplative
Leben begründen drei Faktoren: die innere Reinheit der
Seele, das In-Zucht-Nehmen der Sinne (clausura sensuum), der Gehorsam
gegenüber den inneren Antrieben.
[Le
lettere di San Gaetano da Thiene, a cura di F. Andreu, Città
del Vaticano 1954, S. 50, 110; eigene Übersetzung]
Johann Michael Sailer († 1832) an seine
Schüler bei
ihrem Abschied von der Universität 1794
Was ich seit zehn
Jahren in eure Seelen mit Wort und Beispiel legen wollte, sei, zur
Erneuerung der früheren Eindrücke, am Schluss meines
Unterrichts, hiermit ins Kurze gefasst, und als Vorschrift für
eure kommenden Tage empfohlen.
I. Lasset euch in eurem
Denken, Wollen, Tun, Lehren die Glaubens- und Sittenlehre der
katholischen Kirche als Richtschnur heilig sein! Entfernt euch nie
von dieser königlichen Straße der Weisheit, Tugend,
Seligkeit; damit ihr weder selbst in Sümpfe und Abgründe
fallt, noch andere hineinzieht!
II. Unter allen Büchern
lasst euch die heilige Schrift und die Werke der Kirchenväter
die liebsten sein, damit euch der Kern und Stern unseres
allerheiligsten Glaubens immer klarer und wichtiger werde.
Auf diese Weise wird
euch der Sinn und Geist der göttlichen Offenbarungen,
Verheißungen, Drohungen, Gaben, Führungen, Segnungen immer
heller in das Auge leuchten, immer mächtiger auf euer Herz
wirken, und immer überzeugender aus euren Reden und Taten
sprechen.
III. Verbindet mit der
gewissenhaftesten Sorge für die Lauterkeit der Lehre - die
höchstwichtige Sorge für die Heiligkeit des Sinnes und
Wandels, damit der Name Gottes nicht durch eure Sitten geschändet
werde. Eure Rede sei Gottes Wort, und eure Tat Siegel auf eure Rede.
Seid heilig, wie Ich
heilig bin!, spricht der Herr. Das ist: nicht nur sei euer Sinn und
Wandel rein von all den groben Lastern, die das praktische Heidentum
ausmachen, und die unter den Christen nicht einmal genannt werden
sollten, als von Wollust, Hochmut, Geiz, Ungerechtigkeit, Rachsucht,
Neid, Unmäßigkeit, sondern auch von geringen Sünden,
Flecken, Schwächen. Euer Inneres sei Gott geweiht, und euer
äußeres sei ein Abdruck des Inneren.
Jeder Augenwink, jede
Gebärde, jede Miene sei ein Echo der inneren Harmonie, der Milde
und des Ernstes, und des himmlischen Sinnes, der den Schmuck des
Inwendigen ausmacht.
Und nicht nur das Böse,
selbst den Schein des Bösen müsst ihr meiden; denn das ist
Gott gefällig und dem Nächsten erbaulich.
VII. Damit euch selbst
die guten Schriften, besonders im asketischen Fach, und die frömmsten
Bemühungen nicht irre leiten können, so wählt 1) nur die besten
Bücher in diesem Fach, als da sind: die Nachfolgung Christi, die
Schriften des heiligen Salesius (Franz von Sales) usw.
Haltet euch 2) in allen
dunklen, zweideutigen Fällen an die Weisung eines frommen,
weisen Gewissensfreundes, der euer Innerstes kennt!
Legt 3) nach dem Rat
aller Weisen und aller Heiligen kein Gewicht auf das
Außerordentliche, z.B. auf Erscheinungen, damit ihr nicht in
Versuchung fallet und Luftgespinst für Wahrheit nehmet!
Legt 4) alles Gewicht
auf die Besiegung der Eigenliebe, die auch bei frommen Menschen so
gerne auf dem Thron sitzen möchte, und, wenn sie nicht
sonderlich wachen, sicher den Thron behauptet; auf Erforschung,
Besserung, Reinigung eures Inneren, auf Glaube und Buße, auf
Liebe und gute Werke, auf Gottes Gnade und die treue Mitwirkung des
Menschen, auf Demut und Gewissensruhe auf Arbeitsamkeit und Gebet,
auf Stillesein und Zuversicht - kurz: Tut Gutes und hofft auf den
Herrn!
Dringt 5) stets und
zugleich auf die innere und äußere, auf die öffentliche
und häusliche Gottesverehrung, auf die andachtsvolle Empfangung
der heiligen Sakramente und auf treue Wahrnehmung dessen, was das
Gewissen und der Geist Gottes in euch spricht!
Die Beobachtung dieser
Vorschriften wird euch vor mancherlei Gefahren, denen selbst die
frömmsten Menschen bei all ihrer Gutwilligkeit ausgesetzt sind,
sicher vorbeiführen.
VIII. Hütet euch
vor geheimen Gesellschaften, geheimen Orden, geheimen Verbrüderungen,
geheimen Verbindungen aller Art; denn der Scheint täuscht, und
das Wasser, in das ihr, ohne den Boden zu sehen, einträtet,
könnte euch verschlingen!
IX. Befleckt eure
Herzen und Hände nicht mit all den törichten Versuchen der
stürmischen Neuerungs- und Verbesserungssucht, die in unseren
Tagen so viel Unheil anrichtet!
Bleibt in dem Geleise
eures Berufes; wollt nichts anderes sein, als treue Mitgehilfen in
der Seelsorge, die den Hirten der Gemeinden und allen Mitgeistlichen
mit Ehrerbietung und Demut in die Hände arbeiten, überall
gerne die unterste Stelle einnehmen, und alles übrige, was außer
dem Kreis ihrer Pflicht liegt, der göttlichen Providenz gelassen
anheimstellen!
Lernt arbeiten,
schweigen, gehorchen, leiden; und die Gnade des Herrn wird all euer
Arbeiten, Schweigen, Gehorchen, Leiden segnen, und eure Aussaat
überall fruchtbar, und die Früchte reif machen! Amen.
[WW 40, 483 - 485]
Antonius Rosmini-Serbati († 1855):
Was das Endziel
betrifft, soll sich der Christ [folgende] … Leitsätze vor
Augen führen und zum dauernden Gegenstand seiner Erwägung
machen: …
Einzig und grenzenlos
ersehnen, Gott zu gefallen ….
All sein Denken und
Tun auf das Wachstum und die Verherrlichung der Kirche Jesu Christi
ausrichten.
Hinsichtlich der
göttlichen Fügungen ganz in ruhiger Gelassenheit verharren,
nicht nur soweit sie ihn selbst betreffen, sondern auch wo sie die
Kirche angehen, für die er nur im Rahmen seiner Berufung zu
wirken hat.
Sich selber der
göttlichen Vorsehung überlassen.
Innig durchdrungen
sein vom eigenen Nichts.
Alle Tätigkeiten
seines Lebens gemäß geistlicher Einsicht ordnen.
[Antonio Rosmini, Leitsätze für Christen / eingeführt von Hans
Urs von Balthasar. Johannes Verlag Einsiedeln 1964, S. 19 - 23]
Unter der
überschrift: Die Dienstordnung für unsern geistigen
Kampf
gibt Hieronymus Jaegen († 1919)
Ratschläge, wie es einem Laien mitten in der Welt
gelingen kann, christliche Vollkommenheit zu erlangen
.
Es
sind Regeln, die zwar mit militärischer Pünktlichkeit
zu erfüllen, aber dennoch in Freiheit und nicht
pedantisch, ängstlich, skrupulös
durchzuführen
sind, da sie ja nur Mittel zu einem höheren Zweck
,
aber nicht Selbstzweck sind:
1. Mache dir nach
Art der Studenten einen Stundenplan und Lebensplan, in welchem
du feststellst, zu welcher Stunde du täglich aufstehst und dich
niederlegst und wann du im Tage und im Jahre die nachstehenden
Handlungen vornimmst. Bringe so eine feste Ordnung, Regelmäßigkeit,
Pünktlichkeit und Beharrlichkeit in dein äußeres und
inneres Leben. …
2. Bete täglich
dein Morgen- und Abendgebet und erforsche abends dein
Gewissen kurz, ernst, kniend. …
Unterlasse nie dein
Tischgebet, weder zu Hause noch an fremder Tafel. In letzterem
Falle verrichte dein Gebet still, bescheiden, kurz und kühn. …
Bemühe dich
täglich, aber doch so oft als möglich. der heiligen
Messe beizuwohnen. Dein ganzes Tagewerk wird dadurch gesegnet. …
Empfange häufig
und würdig die heiligsten Sakramente der Buße und des
Altares … unter Mitwirkung eines tüchtigen Seelenführers
[d. i. eines geistlichen Begleiters].
6. Halte täglich,
oder sooft es deine Berufspflichten gestatten, eine geistliche
Lesung oder Betrachtung. …
7. Erfülle deine
Berufspflichten mit großem Fleiße und gib andern
hierin ein gutes Beispiel. Erringe dir und den Deinen dadurch
einerseits eine ehrenvolle und einflussreiche Stellung in der Welt
und beweise andererseits durch dein Verhalten, dass eine echte,
kernige Frömmigkeit mit jedem Stande und Berufe vereinbar ist.
8. Bemühe dich,
ohne Anstrengung, den Tag über oft an Gott zu denken, und wandle
so geistig in seiner Gegenwart. … Gott ist ja überall
zugegen und sieht und hört daher alles, was du denkst, tust und
sagst. …
9. Ziehe die
Einsamkeit, den Aufenthalt zu Hause auf deinem Zimmer, auf
einsamen Spaziergängen dem Trubel der Welt vor. Du kommst dann
mehr zu dir selber, denkst über deinen Seelenzustand nach,
überlegst und studierst in guten Büchern, wie du im
geistigen Leben vorankommen kannst. …
10. Dulde keine
Todsünden bei dir, bekämpfe mit Energie deine lässlichen
Sünden und verfolge deine Unvollkommenheiten wie der
Jagdhund das Wild. Dagegen gewinne die übung aller Tugenden
lieb, besonders derjenigen, die deinen früheren und jetzigen
Sünden entgegengesetzt sind.
11. Das Ideal deines
Lebens sei dir das Bestreben, im geistigen Leben
aufwärtszustreben, und ruhe nicht, bis du schon auf Erden zur
innigsten Vereinigung mit dem Dreieinen Gott gelangt bist.
[Hieronymus Jaegen:
Der Kampf um das höchste Gut. Anleitung zur christlichen
Vollkommenheit inmitten der Welt, hrsg. von Karl Rudolf, 41938,
S. 72 - 75, 23f, 192 - 194]
Der Priester und Schriftsteller Heinrich Spaemann
(† 2001) denkt nach über christliche
Konsequenzen
. In diesen sieben
Weisungen geht es um die Überwindung bestimmter Verhaltensweisen
oder -neigungen, die dem gelebten Evangelium widersprechen.
1. Erstwichtiges
nicht an die zweite Stelle setzen:
Erstwichtig ist Gott,
ist unsere Verbundenheit mit ihm. Darum dem Gottesdienst nichts
vorziehen, den Tag mit Gebet beginnen, nicht mit der Zeitung. Ihn mit
Gebet durchdringen und betend beenden. …
2. Verzichte nicht
verweigern, wofern sie von der Liebe Gottes und des Nächsten
nahegelegt sind:
Sorge tragen, dass das
vordergründige Vielerlei in unserem Leben nicht überhand
nimmt. Auswählen! Keinem Geschöpf einen Platz einräumen,
der die Freiheit in Christus einschränkt, mindert oder gar
raubt, also Gott verdrängt …
3.Der
Neigung zu unnötiger, liebeleerer Kritik nicht nachgeben:
Jesus ist Gottes Ja zu
uns. Der Geist Gottes ist Ja-Geist; nur solches Ja überwindet
das Nein der Sünde wie der Sonnenaufgang die Nacht. Niemand
festnageln auf seine Grenzen, sein Ungutes, seine Schuld, weil Jesu
Annagelung unsere Befreiung war und ist …
4. Nicht das Auge
der Menschen suchen:
Die Linke nicht wissen
lassen, was die Rechte tut.
Rollenerwartungen nicht
erliegen; sie überprüfen an der Frage, was Gott von mir
erwartet. Die Aufmerksamkeit anderer nicht auf sein Ich lenken
wollen, auch nicht im Leiden oder gar durch Leiden. Vielmehr Gott im
Auge haben mit allem Tun und Lassen, …
5. Sich nicht
ängstlich sorgen, sich nicht selbstisch sichern:
Wenn es gilt, der
größeren Liebe zu gehorchen: Gott die Zukunft überlassen,
ohne Rücksicht auf Verluste, etwa auf Vermögenswerte oder
auf den Ruf. Nicht auf übersicht bestehen. Der je nächste
Schritt genügt. Nichts aufschieben. Und nicht im Hinblick auf
mein mögliches Morgen das Heute Gottes versäumen. Drei
Kennzeichen eines Gehorsams im Heiligen Geist: sogleich, freudig,
ganz.
6. Keine Zeit
vertun:
Die Stunde auskaufen
(Epheserbrief 5, 15 - 20), in jeder verbirgt sich für den Glauben, wie die
Perle in der Muschel, das Selbstgeschenk Gottes im Heiligen Geist.
Der Preis für die Perle: die (unterschwellig immer mitgehende)
Frage nach dem Willen Gottes, unser Lobpreis.
7. Sich dem Kreuz
als dem Geheimnis des letzten Platzes verpflichtet wissen:
Das innere Verhältnis
zum letzten Platz in jeder Eucharistiefeier neu zu gewinnen und zu
vertiefen suchen. Sich nicht ärgern oder empören, sondern
sein Jüngersein bejahen, wenn man im eigenen Leben gelegentlich
verkannt, hintangesetzt, nicht beachtet, übergangen wird.
Darauf gefasst sein,
dass auch berechtigte Wünsche und Vorstellungen durchkreuzt
werden und dass das Gebet oft anders erhört wird, als wir es
hier und jetzt erwarten oder erkennen.
Außerdem
schlägt er folgende konkrete Maßnahmen vor:
1. Neu anfangen, immer wieder:
Sich davor hüten, die
Anfangsbereitschaft aufzugeben …
2. Die Stille
suchen, lieben, verwirklichen, auch andern ermöglichen_
Die
entscheidende Veränderung des Menschen, die innere
Verklärung
im Hinblick auf Christus (2. Korintherbrief 3, 18), vollzieht sich zumeist in der
Stille.
3. Wachen über
ein zartes Gewissen:
Das Gewissen eines Menschen der
ersten
Liebe
(Offenbarung 3, 4) notiert zunächst wie ein Seismograf jede
Untreue.
4. In den Spiegel
der Heiligen Schriften schauen:
Spiegel der Wahrheit
sind uns aber auch die Brüder in Christus.
5. Auf eine
geistliche Lebensordnung bedacht sein:
Erfahrung und Klugheit
fordern, dass wir in geistlichen Vollzügen, in Gebet, Lesung,
Betrachtung, Feier ebenso ein Regelmaß einhalten wie in
Berufsarbeit, Schlaf, Ernährung, Erholung.
6. Erfinderisch
lieben:
Glaube ist Offenheit für den Heiligen Geist und
seine schöpferische Eingebung.
7. Gemeinschaft
bejahen, lieben, verwirklichen:
Wir empfangen den Geist als Volk des Bundes, als Kirche Jesu Christi. in der Teilhabe an ihr, nicht
jeder für sich allein.
[Quellen
geistlichen Lebens, Bd. 4, hrsg. von Gisbert Greshake ud Josef
Weismayer. Matthias Grünewald Verlag, Ostfildern 2008, S.139 - 145]
3. Bereitschaft zum Martyrium
Christen freuen sich des Martyriums im Glauben an die Auferstehung: Justin (BKV 70).
Todesverachtung der Christen: Apologeten (BKV I 170).
Wahre Christen sterben froh: Makarius der Ägypter (BKV 55).
Papst Leo I. „der Große”
(† 461):
Durch Verfolgungen wird die Kirche
nicht geschwächt, sondern gestärkt.
[BKV II 247; I 177f;
vgl. Tertullian (BKV II 18f, 273)]
4. Jenseitsglaube
Christen sind beherrscht vom Jenseitsglauben: Apologeten (BKV I).
Christen sollen das Himmelreich mit Gewalt an sich reißen: Ambrosius von Mailand (BKV II 264 - 267, 462f).
Vollkommene Christen verachten die Welt:Makarius der Ägypter (BKV 145f, 191 - 193).
Christen sollen wie Paulus mit all ihrer Kraft nach dem Himmel streben: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 180 - 183).
Paulinus von
Aquileia († 802):
Lasst uns daran
denken und immer wieder daran denken, dass wir nicht irdischen Glücks
wegen Christen geworden sind und auch nicht wegen der Schätze
dieser Welt, und dass wir nicht wegen dieses irdischen Lebens willen
Christus verehren, wie der Apostel sagt:
Wenn wir nur wegen
dieses Lebens auf den Herrn hoffen, sind wir elender dran als alle
Menschen.
(1. Korintherbrief 15, 19).
[Paulinus: Liber exhortationis. In: MPL 99, c. 54, Sp. 261; eigene Übersetzung]
5. Christen und Heiden
Christen sollen den Heiden ein gutes Beispiel geben: Apostolische Väter (BKV 121 und öfter); Johannes „Chrysostomus” (BKV VI 220 - 222).
Unterschied der wahren Christen von den Weltkindern: Makarius der Ägypter (BKV 41 - 60).
Verhältnis des Christentums zum Griechentum (Heidentum): Apologeten (BKV I 201 - 257).
Das Christentum im Vergleich zur heidnischen Philosophie: Origenes (BKV II 289f, 296).
Die Christen sind den Philosophen an Weisheit und Sittlichkeit überlegen: Tertullian (BKV II 159 - 162).
Rechtfertigung des Christentums gegenüber dem Heidentum: Athanasios von Alexandria (BKV II 758 - 763).
Die Christen haben keine Tempel und Altäre: Apologeten (BKV II 192); Origenes (BKV II 243).
Ignatius von Antiochia († vor 117)
vergleicht Christen und
Heiden mit der unterschiedlichen Prägung von Münzen:
Da nun die Dinge
ein Ziel haben und uns zugleich zweierlei vorgelegt ist, der Tod und
das Leben, so wird auch jeder an seinen besonderen Ort gelangen (vgl.
Apostelgeschichte 1,25), wie es ja auch zwei Münzen gibt, nämlich eine
Münze Gottes und eine dieser Welt; und zwar trägt jede
derselben ihr eigenes Gepräge an sich: die Ungläubigen das
Gepräge dieser Welt, die Gläubigen aber in Liebe das
Gepräge Gottes des Vaters durch Jesus Christus; dessen Leben ist
aber nicht in uns, wenn wir nicht von uns selbst aus durch ihn bereit
sind, auf sein Leiden hin zu sterben.
[ad Magn 5. In: K. Bihlmeyer, Die Apostolischen Väter, 1. Teil. Tübingen
1924, S. 90; BKV II 35, S. 127 b]
Cyprian von Karthago († 258)
gibt dem neugetauften
Donatus Ratschläge, wie er inmitten einer heidnischen Umwelt
seinen Glauben leben und entfalten kann:
Bewahre nur du,
den der himmlische Kriegsdienst bereits mit dem Siegel für das
geistliche Lager versehen hat, die Zucht unverfälscht, bewahre
sie rein in einem frommen sittlichen Leben! Deine ständige
Beschäftigung sei das Gebet oder die [geistliche] Lesung! Rede
du bald selbst mit Gott, bald lass Gott zu dir reden! Er unterweise
dich in seinen Geboten. Er gebe dir eine [innere] Ordnung! Wen Er
reich macht, den wird niemand arm machen. Nie mehr kann sich ein
Mangel einstellen, wenn einmal himmlische Kost das Herz gesättigt
hat.
Da werden dich die mit
Gold verzierten getäfelten Decken und die mit kostbaren
Marmorplatten verkleideten Häuser anwidern, wenn du zur
Erkenntnis kommst, dass vielmehr du dich [selbst] zu verschönern,
dass vielmehr du dich [selbst] zu schmücken hast, dass für
dich das Haus hier wichtiger ist, in dem sich der Herr als in seinem
Tempel niedergelassen und in dem der Heilige Geist Wohnung genommen
hat. Dieses Haus wollen wir ausmalen mit den Farben der Unschuld und
erleuchten mit dem Licht der Gerechtigkeit! Niemals wird dieses Haus
aufgrund seines Alters verfallen, niemals wird es durch das
Verblassen der Farben an der Wand oder des Goldes unansehnlich
werden. Vergänglich ist aller äußerliche Putz, und
kein festes Vertrauen flößt dem Besitzer ein, was kein
wirkliches Eigentum ist. Dieses Haus aber bleibt immer bestehen in
lebendigem Schmuck, in unversehrter Pracht, in dauerndem Glanz, es
kann nicht vernichtet und auch nicht zerstört werden, es kann
nur in ein besseres umgestaltet werden, wenn unser Leib [zur Erde]
zurückkehrt.
[ad
Donat. 15: CSEL 3,1; BKV II 34, S. 54f b]
Gregor von Tours
(† 594 ?):
Groß ist
die Würde des Namens
Christ
, wenn du das, was du im Glauben
bekennst, im Werk vollbringst. Denn, wie der Apostel sagt (Jakobusbrief 2, 17)
ist ein Glaube ohne Werke in sich selbst tot
(Jakobusbrief 2,
17). Wie nämlich zu Söhnen Abrahams nicht die Geburt aus
dem Fleisch macht, sondern der Glaube, so machen zu wahren Christen
die Werke und nicht nur die Gnade des Namens. Durch diesen Namen
werden nämlich Finsternisse erhellt, fliehen die Schlangen,
werden die Götzenbilder am Boden zerschmettert, weicht der
Wahrsager, schwindet der Losdeuter dahin und die Verehrer der Dämonen
werden vertrieben.
[Historia
Francorum, liber V., MPL 71, Sp. 741; eigene Übersetzung]
Franz Jägerstätter († 1943):
Bloße
Namenschristen schaden der Kirche am meisten.
Zwischen
Christentum und Weltgeist besteht allzeit ein unversöhnlicher
Gegensatz. Wer es mit der Welt nicht verderben will, wird sicher
Christus untreu werden.
Josef Mayr-Nusser (†
1945):
Etwas ganz
Bescheidenes und doch viel Wichtigeres hat uns der Herr geboten:
Zeugen zu sein: … Das Zeugnis ohne Worte, das der lebendige Christ
täglich lebt, zu Hause, bei der Arbeit, auf dem Felde, in der
Werkstatt, vor den Menschen. Welche Kraft geht von einem jungen
Menschen aus, der einfachhin christlich lebt. Wir sollen Zeugen sein:
Wir wollen vorerst versuchen, ehe wir Künder des Wortes und der
Tat werden, junge Christen und es ganz zu sein. Wir werden es am
heiligen Quell der Altäre. Auf ihnen liegt Christi Wort und
Leib. In ihnen liegen die Gebeine jener, die Zeugen Christi waren bis
ans Sterben.
[Josef
Innerhofer: Wir sollen Zeugen sein. Josef Mayr-Nusser (1910 - 1945). In
ders.: Südtiroler Blutzeugen des Natonalsozialismus. Bozen 1985]
zurück zur vorherigen Seite
Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 27.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.