Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Christ sein

Christianus, abgeleitet von Christus ([mit dem Hl. Geist] Gesalbter), ist ein Ehrenname, bedeutet aber auch Verpflichtung.

1. sittliches Leben 2. Bezug zu Christus und zu Gott 3. Bereitschaft zum Martyrium 4. Jenseitsglaube 5. Christen und Heiden

1. Glaube und Sittlichkeit: Apologeten (BKV I 48-53)

Christen als Stützen der sittlichen Ordnung: Apologeten (BKV I 75)

Wer nicht als Christ lebt, soll auch nicht als solcher gelten: Apologeten (BKV I 82f.).

Stärke der Christen: nicht Worte, sondern ihr Leben: Apologeten (BKV I 287. 322. II 202f.)

Ch. sind Philosophen der Taten, nicht der Worte: Cyprian (BKV 291f.).

Leitsätze für das Leben der Ch.: Cyprian (BKV I 339-44)

Pflichten des Ch.: Laktanz (BKV 194-207)

Ch. sollen die Unschuld bewahren: Ambrosius (BKV I 129).

Ch. sollen achtsam u. tapfer gegen das Böse kämpfen: Ambrosius (BKV I 273f.).

Ch. sollen Frucht der Gnade bzw. Buße bringen: Ambrosius (BKV II 98).

Vorbild des bekehrten Zöllners Levi: Ambrosius (BKV II 219f.)

Ch. können sich nicht entschuldigen, wenn sie auf dem Weg erliegen: Ambrosius (BKV II 305-09).

Ch. sollen Felsgrund der Kirche sein, Petrus und den Donnersöhnen ähnlich: Ambrosius (BKV II 33f. 318-20).

Der Sünde gegenüber tot bleiben: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 189-204)

über ihre Sünden trauern: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 229-31)

Ch. sind in der Taufe für die Erde gestorben: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 329f.).

Ch. sollen ein reines Herz einer gewandten Zunge vorziehen: Augustinus von Hippo (BKV VIII 252).

Schlechte und gute Ch.: Augustinus von Hippo (BKV VIII 275f.)

Ch. werden nur allmählich vollkommen: Makarios (BKV 144f.).

Furcht und Mühe im Kampf gegen das Böse: Makarios (BKV 157)

Sich zu Gebet u. Gutem zwingen, bis der Hl. Geist geschenkt wird: Makarios (BKV 180-85)

Ch. werden durch viele Kämpfe mit dem Satan: Makarios (BKV 241)

Vorzüge der chr. Sittenlehre gegenüber der heidnischen Ethik: Johannes „Chrysostomus” (BKV I 19-23)

Die beste Apologie des Christentums ist das Leben der Ch.: Origenes (BKV II 2).

Polykarp von Smyrna († 155/56) ermahnt die Gemeinde von Philippi zu einem christlichen Lebenswandel:

"Steht also darin fest und folgt dem Beispiel des Herrn, fest und unwandelbar im Glauben, Freunde der Geschwisterlichkeit, in gegenseitiger Liebe, in Wahrheit geeint! Dient einander mit der Sanftmut des Herrn, verachtet niemand! Wenn ihr Gutes tun könnt, schiebt es nicht auf; denn Almosen befreit vom Tod! Seid alle einander untertan, führt einen untadeligen Lebenswandel unter den Heiden, damit durch eure guten Werke einerseits ihr Ruhm erlangt, andererseits der Herr in euch nicht gelästert werde! Wehe dem, durch den der Name des Herrn gelästert wird! Lehrt also allen Nüchternheit, in der auch ihr wandeln sollt!

… Betet für alle Heiligen. Betet auch für die Könige und die Machthaber und Fürsten und für die, die euch verfolgen und hassen und für die Feinde des Kreuzes, damit eure Frucht offenbar sei bei allen, damit ihr vollkommen seid bei ihm [dem Herrn]."

[ad Philipperbrief 10: K. Bihlmeyer, Die Apostolischen Väter, Neubearbeitung der Funkschen Ausgabe, SQS II,1,1, Tübingen 1924, S. 118 f.; BKV2 35, S. 168. 170 b]

Isidor von Pelusion († um 441): "Wenn du Epikur [d. h. hier: einen genusssüchtigen Lebemann] bewunderst und im Blick auf ihn dein Leben einrichtest, wie kannst du da behaupten, ein Christ zu sein? Wenn du dich Christ nennen willst, weshalb führst du dann einen epikureischen Lebensstil?" [B. 2, Br. 22, Sp.471f.]

In einem Brief legt Felix IV. († 530) Sabina, einer Frau aus adeligem Geschlecht, dar, worauf es im christlichen Leben ankommt. Doch lässt sich daraus auch schließen, welchen Versuchungen sie in ihrem Stand ausgesetzt ist:

"Du einzigartiges Glied der Kirche, es ist bei allen offenkundig, dass du in hohem Maße religiös bist und dies von uns überaus geschätzt wird. Denn trotz deiner hohen adeligen Abstammung bringst du der Kirche eine viel edlere Ergebung entgegen und freust dich mehr über die Erkenntnis Christi und gehorchst daher seinen Geboten und du freust dich mehr über den Glauben, als dass du dich wegen deines so glanzvollen Geschlechts rühmst. Höchste Tugend ist es, den Ruhm des Fleisches besiegt zu haben, und es ist eine große Gnade Christi, dass dein Adel aufgrund des Charakters Bestand hat, du Herrin und Tochter, die du verdientermaßen Ansehen genießt. Zuverlässig, wie du bist, Geliebteste, bemühe dich, den Zeitraum dieses Lebens, wie lange er auch sein mag, mit ewigen und göttlichen Diensten zu schmücken, damit der, der dich so ausgezeichnet hat, in der Ewigkeit für sich noch herrlicher mache …

Deshalb ermahnen wir dich, teure [Tochter], dass du es nicht aufschiebst, das Gute, das du begonnen hast, immer zu vollenden; denn nicht der Anfang ist lobenswert, sondern das Ende. So ermahnen wir dich die Weisheit zu lieben und zu suchen, so dass du vernünftig und weise das ordnest und beurteilst, was dir aufgetragen ist …

Fürchte also den Herrn, halte seine Gebote und liebe ihn mit ganzem Herzen und den Nächsten wie dich selbst … Die Furcht des Herrn bedeutet Ehre und Verherrlichung und höchsten Jubel. Die Furcht des Herrn wird das Herz erfreuen und die Fülle der Freude geben für die Länge der Tage. Dem Gottesfürchtigen wird es am Ende wohlergehen und er wird am Tag seines Abscheidens gesegnet werden …

Tritt nicht vor den Herrn mit einem gespaltenen Herzen. Sei nicht heuchlerisch vor den Menschen und errege keinen Anstoß mit deinen Lippen. Achte auf diese, damit du nicht fällst und deiner Seele in ärgernis bereitest und dir Schmach zuteil wird und Gott deine Geheimnisse offenbart. Streite immer für Glaube und Gerechtigkeit und für das Heil der Seele und setze dich mutig ein, den Brüdern zu helfen, damit du vom Herrn die Belohnung erhältst … Halte dein Wort nicht zurück in der Zeit des Heils. Verbirg nicht deine Weisheit in ihrer Schönheit. In der Sprache wird nämlich die Weisheit erkannt, die Gesinnung und das Wissen, die innere Bildung in den Worten der Wahrheit und die Stärke in den Werken der Gerechtigkeit …

Kämpfe für die Gerechtigkeit zugunsten deiner Seele und streite bis zum Tod für die Gerechtigkeit, und Gott wird für dich diene Feinde bezwingen …

Sei nicht erregt in deiner Rede und nicht unnütz und nachlässig in deinen Werken. Sei nicht wie ein Löwe in deinem Haushalt, indem du dein Hausgesinde durcheinanderbringst und die dir Untergebenen knechtest. Deine Hand sei nicht ausgestreckt zum Empfangen und verschlossen zum Geben.

Durch diese Ratschläge der [heiligen] Schriften gestützt, steh immer aufrecht und weiche nicht ab vom Weg der Wahrheit, so dass dir die Gnade Gottes zuteil wird und du die Freundschaft guter Menschen genießen kannst." [Felix IV., Epistola III ad Sabinam, MPL 65, Sp. 22-24; eigene Übersetzung]

Anastasios I. von Antiochien († 599):

"Frage: Was ist das Kennzeichen eines wahren Christen?

Antwort: Einige sagen, der rechte Glauben und fromme Werke seien das Kennzeichen eines wahren Christen. Aber Jesus bestimmt einen wahren Christen nicht nach diesen Merkmalen. Es kann nämlich jemand Glauben und gute Werke aufweisen, ihretwegen aber hochmütig sein und [deswegen] keine vollkommener Christ sein. Denn ein Christ ist ein wahres Haus Christi, das aus guten Werken und frommen Lehren besteht. Der wahre Glaube ohne die Werke ist tot, wie es auch die Werke ohne den Glauben sind. Deshalb müssen wir uns mit aller Kraft und sicher vor schmutzigen Werken rein bewahren, damit nicht auch über uns gesagt wird: Sie bekennen, Gott zu kennen, aber mit ihren Werken bestreiten sie dies. Daher sagt der Herr: 'Wenn einer mich liebt, wird er meine Worte bewahren, und mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen.' [Joh 14,23]

Daraus lernen wir also, dass durch den rechten Glauben und die guten Werke das Haus der Seele erbaut wird und so Gott in uns wohnt. 'Ich werde nämlich', so sagt er ' darin wohnen und umhergehen.' [2 Kor 6,16] Und dies zeigte der Apostel auf, indem er sagte: 'Wusstet ihr nicht, dass Christus in euch wohnt, es sei denn ihr seid verwerflich?' [2 Kor 13,5]. Der Teufel weiß ja nicht, ob in deinem Geist der Herr des Hauses Christus ist oder nicht. Wenn er dich aber erzürnt sieht oder laut schreien oder schwören oder schändliche Reden führen oder jemand herabsetzen oder schmähen oder schelten oder lästern oder verurteilen oder hassen oder jemandem Unrecht tun oder hochmütig sein oder prahlerische Reden führen oder viel lachen und sich erheben oder nicht ausdauernd beten und des Todes gedenken, dann merkt er, dass in deiner Seele nicht Gott ist, der die schützt und sich um dich sorgt. Und so tritt der Böse wie ein Dieb ein, da in deinem Herzen nicht das göttliche Licht brennt, und er raubt das Haus deiner Seele aus, und die letzten Dinge werden schlimmer als die ersten." [S.P.N. Anastasii, Patriarchae Antiocheni opera omnia, MPG 89, Sp. 329f. 731f., eigene Übersetzung]

2. Ch. sind Gottes-, Tempel-, Christusträger: Apostolische Väter (BKV 121).

Ch. haben ihre Zeit für Gott: Apostolische Väter (BKV 155).

Ch. sind das auserwählte VoLukasevangelium Gottes: Justin (BKV 193-95. 202f.).

Ch. sind Krieger Christi: Cyprian (BKV I 227 u. ö.).

Unsere Verbindung mit Christus: Athanasios von Alexandria (BKV I 223f.); Augustinus von Hippo (BKV VI 274f. 300); Leo (NKV II 143 u. ö.)

Ch. sollen durch ihr Leben Wohlgeruch Christi sein: Ambrosius (BKV II 285f.).

Ch. sollen nach Göttlichem trachten: Ambrosius (BKV II 389-95).

Alle Ch. können als Apostel wirken: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 7).

Ch. haben die Gotteskindschaft: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 18f.).

Sie sollen auch im Leiden Gott danken: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 20).

Dürfen sich des Glaubens nicht schämen: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 33).

Sollen für die Sünde tot sein: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 189-204).

Sollen nicht gegen Gott murren: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 124-29. 131f.)

Keine Feinde des Kreuzes sein: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 191-96. 198-202)

Wir sind nicht nur Christen geworden, sondern Christus: Augustinus von Hippo (BKV IV 362f.; V 57f.).

Müssen Schmähungen ertragen wie Christus: Augustinus von Hippo (BKV V 67f.)

Ch. sollen durch ihr Leben Christus ehren: Augustinus von Hippo (BKV V 331f.).

Der rechte Dienst Christi: Augustinus von Hippo (BKV V 346-48)

Ch. sind Streiter im himmlischen Heer: Leo (BKV I 85).

Ch. sind desselben Wesens und eines Leibes mit Christus: Makarios (BKV 306).

Bedenken, dass wir immer unter Gottes Augen sind: Regula Benedicti (BKV 32f.)

Ch. sind alle vor Gott gleich: Ambrosius (BKV I 112; II 248); Johannes „Chrysostomus” (BKV V 17. 30f.)

Justin († um 165) verteidigt das Christentum gegen völlig abwegige Vorwürfe (wie z. B. des Inzests und des Kannibalismus), die Bekehrung zum Christentum habe vielmehr eine sittliche Umkehr bewirkt: "Hatten wir früher an unzüchtigen Dingen Gefallen, so haben wir jetzt nur mehr an der Enthaltsamkeit Gefallen; gaben wir uns mit Zauberkünsten ab, haben wir uns [nun] dem guten und ungezeugten Gott geweiht; wenn wir Geld und Besitz über alles schätzten, so stellen wir jetzt, was wir haben, in den Dienst der Allgemeinheit und teilen jedem Bedürftigen davon mit; hassten und mordeten wir einander und hielten wir mit denen, die nicht unseres Stammes sind, wegen der verschiedenen Sitten nicht einmal Herdgemeinschaft, so leben wir jetzt nach Christi Erscheinen als Tischgenossen zusammen, beten für unsere Feinde und suchen die, welche uns mit Unrecht hassen, zu bereden, dass auch sie nach Christi schönen Weisungen leben und voll Hoffnung seien, dass auch sie dieselben Güter wie wir von dem allherrschenden Gott erlangen werden."

[1 Apol 14: MPG 6, Sp. 347 f.; BKV2 12, S. 78 b]


Leo († 461): "Umsonst tragen wird den Namen Christen, wenn wir nicht Christi Nachfolger sind:" [BKV I 108]

Pirmin († 753 ?)gibt Anweisungen für das christliche Leben:

Bringt zur heiligen Kirche als Opfer Kerzen, öl und Weihrauch, die Erstlinge und den Zehnten, Almosen und alle eure guten Versprechen. Dorthin sollt ihr kommen an den hohen Festen und sonntags, an den Festen heiliger Märtyrer und Bekenner; kommt zu den Vigilien und Tagzeiten, zum Hören der heiligen Messe und zum Empfang des Opfers, wie es die Heilige Schrift lehrt.

Keiner soll wagen, in der Kirche selbst oder wo sonst die heilige Lesung vorgetragen wird, zu schwatzen, vielmehr sollt ihr gern die heiligen Lesungen hören. Sagt doch der Herr durch Moses: ‚Höre, Israel, und schweige (Dtn 27,9).

Verachtet nicht den Herrentag, haltet ihn mit Ehrfurcht. Knechtliches Werk, wie das Arbeiten auf dem Acker, auf der Wiese, im Weinberg oder was sonst schwere Arbeiten sind, sollt ihr nicht verrichten. Auch sollt ihr an den Herrentagen keine Rechtshändel oder Anklagen untereinander verhandeln außer der Arbeit, die zum Kochen einer Speise für die Erquickung des Leibes notwendig ist. Denn der Herrentag wurde als erster geschaffen, an ihm wurde die Finsternis vertrieben, es erschien das Licht, an ihm sind die Grundfesten der Welt gebildet und die Engel geschaffen worden. An diesem Tag wurde das VoLukasevangelium aus ägypten durch das Rote Meer befreit so, wie durch das Wasser der Taufe aus dem Dunkel der Sünde. Am gleichen Tag wurde den Menschen als himmlische Speise das Manna erstmals gegeben. Zu diesem Tag befahl Moses dem VoLukasevangelium : ‚Den Tag sollt ihr als den ersten und wichtigsten halten [vgl. Ex 12,14]. Und der Prophet sagt darüber: ‚Diesen Tag hat der Herr gemacht; an ihm wollen wir jubeln und fröhlich sein (Ps 118,24).

An diesem Tag ist auch Christus von den Toten auferstanden; an ihm ist der Heilige Geist vom Himmel auf die Apostel herabgekommen. Deswegen heißt er Herrentag, damit wir an ihm nur dem göttlichen Kult dienen und uns irdischer Arbeiten und weltlicher Vergnügen enthalten. So bitten wir euch also, diesen Tag nach so großen und heiligen Zeugnissen, wie oben geschrieben ist, in aller Ehrfurcht und aller Hingabe, wie es sich für Christen ziemt, zur ewigen Vergeltung zu halten.

[U. Engelmann (übers.), Der heilige Pirmin und sein Pastoralbüchlein, Sigmaringen 1976, S. 57]

Auf eine konkrete Anfrage hin skizziert Theodor Studites († 826) Grundzüge christlichen Lebens:

"Ein echter Christ ist nichts anderes als ein Nachahmer und Siegel Christi: Ihm muss man sich so anpassen wie jedes einzelne Glied dem Haupt und der Rebzweig dem Weinstock. Der Herr sagt ja selbst: ‚Ich bin der Weinstock, ihr seid die Rebzweige‛. Und wiederum sagt der Apostel: ‚Ihr seid der Leib Christi und Teil seiner Glieder‛. Lasst uns also als Frucht die Trauben der Tugenden bringen, Herr, und nicht ohne Frucht bleiben! Es sagt nämlich der Herr: ‚Jeder Rebzweig, der nicht gute Frucht bringt, wird ausgeschnitten und ins Feuer geworfen‛, nämlich in das der Hölle. Erschaudern wir vor den furchtbaren Drohungen; verherrlichen wir Gott in unserem Leib und unserem Geist! Denn wiederum befiehlt uns der Apostel: ‚Soll ich also die Glieder Christi zu Gliedern eine Dirne machen? Das sei ferne!‛ So wollen wir es halten: Wir wollen unsere Frauen lieben wie unseren eigenen Körper; schamlose Körper aber wollen wir nicht lieben. ‚Die Frau‛, sagt er ‚soll den Mann achten!‛ Furcht mir Liebe verbindend soll sie ein rechtes Leben führen!

‚Ihr Söhne, gehorcht euren Eltern‛, wie der Apostel wiederum sagt. Es ist nämlich gerecht, dass die Eltern geehrt werden und im Alter von den Söhnen unterhalten werden. Denn sie sind nach Gott die Urheber des Lebens … Sache der Eltern ist es, die Söhne in Frieden zu halten und ihren Charakter in Frömmigkeit zu unterweisen und zu bilden …

Deshalb soll, wer gerettet werden will, wachsam sein und gemäß dem Gebot leben: Er soll nicht schwören, sich nicht erheben, nicht [jemand ver-] lachen, kein ausschweifendes Leben führen, kein Spieler sein, nicht im Zorn entbrennen, nicht Unzucht treiben, sich nicht berauschen, nicht Gold aufhäufen: Was dann? Er soll beten, trauern, Hymnen singen, die Gebote nach Kräften einhalten, mit Wenigem zufrieden sein, demütig gesinnt sein, den Nächsten lieben, nicht gegen seinen Bruder sprechen, nicht neidisch sein, nicht zornig, immer bereit, für das Gute Risiken einzugehen. Er soll außer dem guten Gott niemanden auf Erden fürchten; dem König soll er sich unterwerfen bei all dem, worin nicht das Gebot Gottes verletzt wird; er soll die Beamten als Diener der Ordnung ehren; er soll sich immer im Herrn freuen; und wenn ihm etwas Unangenehmes geschieht, soll er dem Herrn danken, wie er seine Angelegenheiten regelt …

Wenn wir noch einen Rat geben sollen, dann den, Gott über alles zu lieben. Was wird es nämlich einem Menschen nützen, die ganze Welt zu gewinnen, wenn er aber an seiner Seele Schaden erleidet? Das wollen wir fliehen: um am Tag des Gerichts Barmherzigkeit zu finden und bei Gott zu sein in unaussprechlicher Freude in Ewigkeit."

[Epistolarum lib. 2, ep. 122, Theodoro hospitalario, MPG 99, Sp. 1399-1402; eigene Übersetzung]

Franziskus von Assisi († 1228) wendet sich ein einem Brief an die Gläubigen (2. Fassung):

"An alle christlichen Ordensleute, Kleriker und Laien männlichen und weiblichen Geschlechts, an alle Bewohner der ganzen Welt Bruder Franziskus, ihr Diener und Untergebener respektvolle Ehrerbietung, Friede vom Himmel und aufrichtige Liebe im Herrn … Lasst uns Gott lieben und ihn anbeten mit reinem Herzen und reinem Geist, da er selbst dies vor allem übrigen sucht und [deshalb] sprach: 'die wahren Anbeter werden den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten' (Joh 4,23) …

Wir sollen auch dem Priester alle unseren Sünden bekennen und von ihm den Leib und da Blut unseres Herrn Jesus Christus empfangen. [Denn] wer sein Fleisch nicht isst und sein Blut nicht trinkt, 'kann nicht in das Reich Gottes eintreten' (vgl. Joh 6,55.57; 3,5). Aber man muss es würdig essen und trinken; denn 'wer es unwürdig empfängt, isst und trinkt sich das Gericht, da er den Leib des Herrn nicht unterscheidet' (1. Korintherbrief 11,29), d. h. er unterscheidet ihn nicht von anderen Speisen.

Bringen wir außerdem 'Früchte, die der Buße würdig sind' (vgl. Lukasevangelium 3,8). Und lieben wir die Nächsten wie uns selbst (vgl. Mt 22,39). so füge er ihnen wenigstens nichts Böses zu, sondern tue ihnen Gutes.

Diejenigen ferner, die die Vollmacht, über die anderen zu richten, empfangen haben, sollen ihr Urteil mit Barmherzigkeit fällen, so wie sie selbst vom Herrn Barmherzigkeit erlangen wollen; [denn] tatsächlich wird das Urteil mitleidslos sein für die, die keine Barmherzigkeit geübt haben' (Joh 2,13).

Haben wir also Liebe und Demut und geben wir Almosen; denn das Almosen reinigt die Seele vom Schmutz der Sünden. Denn tatsächlich verlieren die Menschen alles, was sie in dieser Welt zurücklassen, aber mit sich tragen sie die Vergeltung der Liebe und der Almosen, die sie gegeben haben; für sie werden sie vom Herrn den Lohn und die angemessene Vergeltung empfangen.

Wir sollen auch fasten und uns der Laster und Sünden enthalten (vgl. Tob 4,11; 12,9) und von jedem übermaß an Essen und Trinken und katholisch sein. Wir sollen auch häufig die Kirchen besuchen und unsere Verehrung zum Ausdruck bringen und den Klerikern gegenüber Respekt erweisen, nicht so sehr wegen ihnen persönlich, wenn sie Sünder sind, sondern aufgrund des Amtes und der Verwaltung den heiligsten Leibes und Blutes Christi, das sie auf dem Altar zum Opfer bringen und selbst empfangen und an die anderen weiterreichen.

Und seine wir alle fest überzeugt, dass keiner gerettet werden kann außer durch die heiligen Worte und das Blut unseres Herrn Jesus Christus, das die Kleriker aussprechen, verkünden und verwalten …

Wir sollen auch 'unsere Feinde lieben und denen Gutes erweisen, die uns hassen' (vgl. Mt 5,44; Lukasevangelium 6,27) …

Und wenn der Bruder eine Sünde begeht, dann werde ihm gegenüber nicht zornig, sondern ermahne ihn und stärke ihn in aller Geduld und Demut.

Wir sollen nicht 'weise' und klug 'nach dem Fleisch' sein (vgl. 1. Korintherbrief 1,26), sondern vielmehr einfach, demütig und lauter …

Niemals sollen wir danach verlangen, über den anderen zu stehen, sondern im Gegenteil sollen wir Knechte und '*Untergebene jeder menschlichen Schöpfung sein aus Liebe zu Gott' (1 Petr 2,13).

Und alle, die sich in dieser Weise verhalten … und bis zum Ende durchhalten werden, 'auf denn wird der Geist des Herrn ruhen' (Jes 11,2) und er wird aus ihnen seine Wohnung machen und bei ihnen 'verweilen' (vgl. Joh 14,23). Und sie werden Söhne des himmlischen Vaters /vgl. Mt 5,45) sein… und Vermählte, Brüder und Mütter unseres Herrn Jesus Christus (vgl. Mt 12,50)." [Lettera ai fedeli (II recensione) - Pagina 3 - Monastero Virtuale

https://www.monasterovirtuale.it/francesco-di-assisi-lettera-ai-fed… ]


Albert-Tafel: In bewusst provokanten Formulierungen macht Albert der Große († 1280) hier auf das wesentlich Christliche aufmerksam:

"Es gibt zwölf gute Stücke:

Das erste ist: Wer einen Pfennig in der Liebe unseres Herrn in diesem Leben gibt: Das ist Gott wohlgefälliger und dem Menschen nützlicher, als wenn seine Nachkommen nach seinem Tode so viel Gold und Silber austeilten, um Dome zu bauen, die von dieser Erde bis zum Himmel reichten.

Das andere ist: Wer ein hartes Wort geduldig erträgt, Lieb und Leid in rechter Demut von Gottes Hand empfängt und beides als Gottes Gabe erkennt: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn er auf seinem Rücken alle Tage einen Wagen voll Birkenreiser zerschlüge.

Das dritte ist, dass du dich vor Gott demütigst unter alle Geschöpfe: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du von einem Ende der Welt bis an das andere gingst und deine Fußstapfen von Blut gerötet wären.

Das vierte ist, dass du Gott mit seiner Gnade stete Reue bietest in deiner Seele: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du von einem Ende der Welt bis an das andere liefst.

Das fünfte ist, dass der Mensch einen Tropfen aus lauterer Liebe wegen des Leidens Christi weint: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn seine Nachkommen aus Schmerzen einen Bach so groß wie die Donau weinten.

Das sechste ist: Geh selber zu Gott! Das ist dir nützlicher, als wenn du alle Heiligen und alle Engel, die im Himmel sind, hinsenden würdest.

Das siebte ist: Verurteile oder verdamme niemanden! Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du sieben Stunden am Tag dein Blut vergössest.

Das achte ist, dass du mit Geduld entgegennimmst, was Gott über dich verhängt: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du wie St. Paulus bis in den dritten Himmel entrückt würdest.

Das neunte ist: Hab Mitleid mit deinen Mitmenschen! Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du so viele Kranken speisest, wie in einem ganzen Lande leben.

Das zehnte ist, dass, wenn du heilige Werke und andere reine Tugenden siehst und bei deinem Nächsten wahrnimmst, du dich freust in rechter Liebe: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du dich mit Gott im Himmel freutest.

Das elfte ist, dass du strebst, die Sünder von ihren Sünden zu bringen: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du mit Gott selber im Himmel säßest.

Das zwölfte ist, das du dich selber erkennst und dich selber zu Gott ziehst und bringst: Das ist Gott wohlgefälliger, als wenn du die ganze Welt zu den ewigen Gnaden brächtest, du selber aber ewiglich verdammt würdest." [Rh. Liertz, Albert der Große / Gedanken über sein Leben und aus seinen Werken, Münster 1948, S. 261f.]

Heinrich von Friemar († 1340) gibt Kriterien an, anhand derer erkannt werden kann, ob ein Christ aus göttlichem Antrieb handelt: "Gleichförmigkeit mit Christus

Das erste Zeichen ist dann gegeben, wenn dich das, wozu du angeregt wirst, dem Beispiel Christi und der Heiligen gleichförmig macht. Denn es steht fest, dass aus dem höchsten Gut nur Gutes erfließen kann. Da nun Gott in höchstem Maß gut ist, kann er durch seinen Antrieb den Menschen nur auf das hin lenken, was ihm entspricht und was das Beste ist. Das besteht aber im Gleichförmigwerden mit dem Beispiel Christi …

Demut

Das zweite Zeichen ist dann gegeben, wenn das, wozu du angeregt wirst, dich zu größerer Demut führt, dass du also im Verwirklichen dieses Antriebes demütiger wirst als ohne ihn. Das ist ein sicherer Hinweis, dass jener Antrieb göttlich ist und zur wahren Seligkeit führt.

Denn wie der Hochmut für den ersten Engel und auch für den ersten Menschen Ursache und Anlass ihres Falles und ihrer Verwerfung waren, so ist umgekehrt die Demut für den Menschen der gerade Weg, der zur wahren Seligkeit führt …

Das Gleiche gilt von der Sanftmut.

Denn so, wie wir beobachten, dass sich die Rose für den frischen Tau und die Kraft der Sonne von Natur aus öffnet, sich aber vor dem kalten Wind verschließt, so wird das Herz des Menschen durch die Milde der Sanftmut und Güte weit und fähiger, die göttlichen Einflüsse aufzunehmen …

Christus erwähnt diese beiden Tugenden deshalb in besonderer Weise, weil sie gleichsam zwei Gefolgsmannen darstellen, die die Seele für die Vereinigung mit Gott bereiten: Die Sanftmut öffnet - wie gezeigt wurde - Herz und Sinn durch ihre Milde und bereitet so für Gott den freien Eintritt in die Seele. Die Demut aber, die für Gott sanften Duft verströmt, führt die Seele selbst in das Gemach des Bräutigams und verbindet sie mit Gott.

Innere Einheit

Das dritte Zeichen ist dann gegeben, wenn das, wozu du angetrieben wirst, dich in deinem Geist mehr stärkt und dein Herz mehr sammelt und eint. Wir wissen ja aus Erfahrung, dass der Mensch umso kraftvoller Versuchungen zurückzuweisen vermag, je mehr er in sich selbst gesammelt ist, je näher seinem Herzen er lebt. Es steht aber fest, dass der göttliche Antrieb den Menschen immer vom äußeren Lärm der Welt zurückruft und ihn zur Einfachheit, Einheit und Stille seines Herzens einlädt …

All das weist klar darauf hin, dass deshalb der göttliche Antrieb vom äußeren in das Innere seines Herzens zurückruft, um ihn innerlich zu stärken und fähig zu machen, die göttliche Gegenwart zu bewahren … Daher soll der Mensch an den geheimen Ort seines Herzens gehen, damit er dort vor allem Lärm und allen Sorgen der Welt verborgen ist und so Gott in ihm erhöht wird durch den machtvollen Einfluss seiner Nähe. Dadurch schreitet der Mensch zu solcher Vollkommenheit voran, dass er Form und Spiegel des rechten Lebenswandels für alle wird, die ihn anschauen …

Reichere Tugend

Das vierte Zeichen ist dann gegeben, wenn das, wozu du dich angetrieben fühlst, dich mit einer größeren Fülle der Tugenden erneuert und bereichert. Es ist doch sicher, dass Gott, das in sich höchste Gut, den Menschen durch seine Antriebe immer auf das hin bewegt, was das Beste ist. Wer daher rein und aufrichtig den göttlichen Anregungen folgt, könnte ständig in seinem Tun das vollbringen, was das Beste und Gott Wohlgefälligste wäre …

Weil also der göttliche Antrieb, wie zuvor gesagt wurde, den Menschen in seinem Inneren stärkt und in den Tugenden und Gnaden reicher macht, soll niemand meinen, er könnte im gegenwärtigen Zeitpunkt etwas Besseres tun als das, wozu er von Gott bewegt wird; denn der göttliche Antrieb lenkt den Menschen immer auf das hin, was besser und vollkommener ist, wie gezeigt wurde. Auch sollte niemand meinen, dass das, wozu Gott bewegt und hindrängt, zu schwierig sei oder die Möglichkeiten seiner Kräfte übersteige. Vielmehr soll er ohne zu zögern auf die göttliche Liebe vertrauen, die ihm zweifellos jene Kräfte schenken wird, um das auszuführen, wozu er von Gott bewegt wird." [Quellen geistlichen Lebens, Bd.2, hrsg. v. Gisbert Greshake u. Josef Weismayer. Matthias Grünewald Verlag, Ostfildern 2008, S. 197-202]

Bei seiner Predigt über die Gemeinde als Leib Christi (1. Korintherbrief 12) spricht Johannes Tauler († 1361) von der Berufung des gewöhnlichen Christen:

"Wir gewöhnlichen Christen sollen gut prüfen, was unsere Aufgabe ist, zu der uns der Herr gerufen und eingeladen hat, und welches die Gnade ist, die der Herr uns zugeteilt hat. Denn jede noch so geringe Fertigkeit oder Arbeit ist Gnade; derselbe Geist wirkt sie zum Nutzen und zum Wohl der Menschen. Beginnen wir mit dem Geringsten: Einer kann spinnen, ein anderer Schuhe machen, wieder andere verstehen sich gut auf mancherlei äußere Dinge und sind darin tätig, während ein anderer das nicht kann. Alles das sind Gnaden, die der Geist Gottes wirkt. Wisset, wäre ich nicht Priester und lebte ich nicht in einem Orden, ich erachtete es für etwas Großes, Schuhe machen zu können; die wollte ich lieber machen als alles andere, und ich wollte gerne mein Brot mit meinen Händen verdienen. Meine Lieben! Fuß und Hand sollen nicht Auge sein wollen. Jeder soll den Dienst tun, zu dem ihn Gott bestellt hat, wie schlicht er auch sein mag; ein anderer könnte ihn vielleicht nicht tun. So soll auch jede unserer Schwestern die ihr zugewiesene Tätigkeit ausüben. Die einen können gut singen, die sollen ihre Psalmen singen. All dies kommt von Gottes Geist. Sankt Augustinus von Hippo sprach: Gott ist ein einförmiges, göttliches, einfaches Wesen und wirkt doch alle Vielfalt und alles in allen Dingen, einer in allem, alles in einem. Es gibt keine noch so geringe Arbeit, keine noch so verachtete Fertigkeit, die nicht ganz von Gott kommt und ein Erweis seiner besonderen Gnade ist. Und jeder soll für seinen Nächsten das tun, was dieser nicht ebenso gut tun kann, und jeder soll aus Liebe ihm Gnade um Gnade erweisen. Und seid euch bewusst: Wer nicht etwas für seinen Nächsten tut, ausgibt und wirkt, der muss darüber Gott Rede und Antwort stehen; so sagt ja das Evangelium, dass jeder Rechenschaft über seine Verwaltung geben muss (vgl. Lukasevangelium 16,2) . Was jeder von Gott empfangen hat, das soll und muss er einem anderen weitergeben, so gut er nur kann und wie es ihm Gott gegeben hat …

Der Mensch soll gute, nützliche Arbeit verrichten, wie sie ihm zufällt; die Sorge aber soll er Gott anheimstellen und seine Arbeit sehr behutsam und im Stillen tun. Er soll bei sich selbst bleiben, Gott in sich hineinziehen und oft in sich hineinschauen mit einem gesammelten Gemüt, ganz innerlich und andächtig; immer soll er auf sich selbst achten und auf das, was ihn bei seiner Arbeit jagt und antreibt. Auch hat der Mensch innerlich darauf zu achten, wann ihn der Geist Gottes zum Ruhen oder zum Wirken treibt. Er folge jedem Antrieb und handle gemäß der Weisung des Heiligen Geistes: Jetzt ruhen, jetzt wirken! So soll er seine Arbeit voll guten Willens und in Frieden tun."

[Die Predigten Taulers Nr. 42 über: "Es gibt verschiedene Dienst, aber nur denselben Geist"]

Im folgenden skizziert Cajetan († 1547) ein kurzes Kompendium des geistlichen Lebens:

"Die wahre und unschätzbare Freude eines Geistlichen ist das Verlangen nach ähnlichkeit mit dem Herzen und dem Leib Jesu …

Die Tür zu jeder Vollkommenheit und deren Vollendung besteht darin, sich der göttlichen Wohltaten für unwürdig zu halten und [überzeugt zu sein], dass das Gute, das Gott für uns wirkt, keinen Grund in uns [selbst] hat: vielmehr entspringt es der unendlichen Güte des göttlichen Namens.

Es gibt eine zweifache Demut: Die eine wird durch die Wahrheit hervorgebracht, die andere wird durch die Nächstenliebe gestärkt; echt ist jene Demut, die der Liebe zu einem sittlich guten Leben und zur Nächstenliebe entspringt.

Das aktive Leben besteht

in der Annahme von Leiden und Armut [sowie] in der Verachtung von Ruhm und weltlicher Ehre und im Verbergen der eigenen Weisheit.

Das kontemplative Leben begründen drei Faktoren: die innere Reinheit der Seele, das In-Zucht-Nehmen der Sinne (clausura sensuum), der Gehorsam gegenüber den inneren Antrieben." [Le lettere di San Gaetano da Thiene, a cura di F. Andreu, Città del Vaticano 1954, S. 50. 110; eigene Übersetzung]

Johann Michael Sailer († 1832) an seine "Schüler bei ihrem Abschied von der Universität 1794:

Was ich seit zehn Jahren in eure Seelen mit Wort und Beispiel legen wollte, sei, zur Erneuerung der früheren Eindrücke, am Schluss meines Unterrichts, hiermit ins Kurze gefasst, und als Vorschrift für eure kommenden Tage empfohlen.

I. Lasset euch in eurem Denken, Wollen, Tun, Lehren die Glaubens- und Sittenlehre der katholischen Kirche als Richtschnur heilig sein! Entfernt euch nie von dieser königlichen Straße der Weisheit, Tugend, Seligkeit; damit ihr weder selbst in Sümpfe und Abgründe fallt, noch andere hineinzieht!

II. Unter allen Büchern lasst euch die heilige Schrift und die Werke der Kirchenväter die liebsten sein, damit euch der Kern und Stern unseres allerheiligsten Glaubens immer klarer und wichtiger werde.

Auf diese Weise wird euch der Sinn und Geist der göttlichen Offenbarungen, Verheißungen, Drohungen, Gaben, Führungen, Segnungen immer heller in das Auge leuchten, immer mächtiger auf euer Herz wirken, und immer überzeugender aus euren Reden und Taten sprechen.

III. Verbindet mit der gewissenhaftesten Sorge für die Lauterkeit der Lehre - die höchstwichtige Sorge für die Heiligkeit des Sinnes und Wandels, damit der Name Gottes nicht durch eure Sitten geschändet werde. Eure Rede sei Gottes Wort, und eure Tat Siegel auf eure Rede.

Seid heilig, wie Ich heilig bin!, spricht der Herr. Das ist: nicht nur sei euer Sinn und Wandel rein von all den groben Lastern, die das praktische Heidentum ausmachen, und die unter den Christen nicht einmal genannt werden sollten, als von Wollust, Hochmut, Geiz, Ungerechtigkeit, Rachsucht, Neid, Unmäßigkeit, sondern auch von geringen Sünden, Flecken, Schwächen. Euer Inneres sei Gott geweiht, und euer äußeres sei ein Abdruck des Inneren.

Jeder Augenwink, jede Gebärde, jede Miene sei ein Echo der inneren Harmonie, der Milde und des Ernstes, und des himmlischen Sinnes, der den Schmuck des Inwendigen ausmacht.

Und nicht nur das Böse, selbst den Schein des Bösen müsst ihr meiden; denn das ist Gott gefällig und dem Nächsten erbaulich.

VII. Damit euch selbst die guten Schriften, besonders im asketischen Fach, und die frömmsten Bemühungen nicht irre leiten können, so wählt

1) nur die besten Bücher in diesem Fach, als da sind: die Nachfolgung Christi, die Schriften des heiligen Salesius (Franz Sales) usw.

Haltet euch 2) in allen dunklen, zweideutigen Fällen an die Weisung eines frommen, weisen Gewissensfreundes, der euer Innerstes kennt!

Legt 3) nach dem Rat aller Weisen und aller Heiligen kein Gewicht auf das Außerordentliche, z.B. auf Erscheinungen, damit ihr nicht in Versuchung fallet und Luftgespinst für Wahrheit nehmet!

Legt 4) alles Gewicht auf die Besiegung der Eigenliebe, die auch bei frommen Menschen so gerne auf dem Thron sitzen möchte, und, wenn sie nicht sonderlich wachen, sicher den Thron behauptet; auf Erforschung, Besserung, Reinigung eures Inneren, auf Glaube und Buße, auf Liebe und gute Werke, auf Gottes Gnade und die treue Mitwirkung des Menschen, auf Demut und Gewissensruhe auf Arbeitsamkeit und Gebet, auf Stillesein und Zuversicht - kurz: Tut Gutes und hofft auf den Herrn!

Dringt 5) stets und zugleich auf die innere und äußere, auf die öffentliche und häusliche Gottesverehrung, auf die andachtsvolle Empfangung der heiligen Sakramente und auf treue Wahrnehmung dessen, was das Gewissen und der Geist Gottes in euch spricht!

Die Beobachtung dieser Vorschriften wird euch vor mancherlei Gefahren, denen selbst die frömmsten Menschen bei all ihrer Gutwilligkeit ausgesetzt sind, sicher vorbeiführen.

VIII. Hütet euch vor geheimen Gesellschaften, geheimen Orden, geheimen Verbrüderungen, geheimen Verbindungen aller Art; denn der Scheint täuscht, und das Wasser, in das ihr, ohne den Boden zu sehen, einträtet, könnte euch verschlingen!

IX. Befleckt eure Herzen und Hände nicht mit all den törichten Versuchen der stürmischen Neuerungs- und Verbesserungssucht, die in unseren Tagen so viel Unheil anrichtet!

Bleibt in dem Geleise eures Berufes; wollt nichts anderes sein, als treue Mitgehilfen in der Seelsorge, die den Hirten der Gemeinden und allen Mitgeistlichen mit Ehrerbietung und Demut in die Hände arbeiten, überall gerne die unterste Stelle einnehmen, und alles übrige, was außer dem Kreis ihrer Pflicht liegt, der göttlichen Providenz gelassen anheimstellen!

Lernt arbeiten, schweigen, gehorchen, leiden; und die Gnade des Herrn wird all euer Arbeiten, Schweigen, Gehorchen, Leiden segnen, und eure Aussaat überall fruchtbar, und die Früchte reif machen! Amen. [WW 40,483-485]

Antonio Rosmini Serbati († 1855):

"Was das Endziel betrifft, soll sich der Christ [folgende] … Leitsätze vor Augen führen und zum dauernden Gegenstand seiner Erwägung machen: …

- Einzig und grenzenlos ersehnen, Gott zu gefallen ….

- All sein Denken und Tun auf das Wachstum und die Verherrlichung der Kirche Jesu Christi ausrichten.

- Hinsichtlich der göttlichen Fügungen ganz in ruhiger Gelassenheit verharren, nicht nur soweit sie ihn selbst betreffen, sondern auch wo sie die Kirche angehen, für die er nur im Rahmen seiner Berufung zu wirken hat.

- Sich selber der göttlichen Vorsehung überlassen.

- Innig durchdrungen sein vom eigenen Nichts.

- Alle Tätigkeiten seines Lebens gemäß geistlicher Einsicht ordnen."

[Antonio Rosmini, Leitsätze für Christen / eingeführt v. Hans Urs von Balthasar, Johannes Verlag Einsiedeln 1964, S. 19-23]

Unter der überschrift: "Die Dienstordnung für unsern geistigen Kampf" gibt Hieronymus Jaegen († 1919) Ratschläge, wie es einem Laien mitten in der Welt gelingen kann, "christliche Vollkommenheit zu erlangen". Es sind Regeln, die zwar "mit militärischer Pünktlichkeit" zu erfüllen, aber dennoch in Freiheit und "nicht pedantisch, ängstlich, skrupulös" durchzuführen sind, da sie ja nur "Mittel zu einem höheren Zweck", aber nicht Selbstzweck sind:

"1. Mache dir nach Art der Studenten einen Stundenplan und Lebensplan, in welchem du feststellst, zu welcher Stunde du täglich aufstehst und dich niederlegst und wann du im Tage und im Jahre die nachstehenden Handlungen vornimmst. Bringe so eine feste Ordnung, Regelmäßigkeit, Pünktlichkeit und Beharrlichkeit in dein äußeres und inneres Leben …

2. Bete täglich dein Morgen- und Abendgebet und erforsche abends dein Gewissen kurz, ernst, kniend …

3. Unterlasse nie dein Tischgebet, weder zu Hause noch an fremder Tafel. In letzterem Falle verrichte dein Gebet still, bescheiden, kurz und kühn …

4. Bemühe dich täglich, aber doch so oft als möglich. der heiligen Messe beizuwohnen. Dein ganzes Tagewerk wird dadurch gesegnet …

5. Empfange häufig und würdig die heiligsten Sakramente der Buße und des Altares … unter Mitwirkung eines tüchtigen Seelenführers [d. i. eines geistlichen Begleiters].

6. Halte täglich, oder sooft es deine Berufspflichten gestatten, eine geistliche Lesung oder Betrachtung

7. Erfülle deine Berufspflichten mit großem Fleiße und gib andern hierin ein gutes Beispiel. Erringe dir und den Deinen dadurch einerseits eine ehrenvolle und einflussreiche Stellung in der Welt und beweise andererseits durch dein Verhalten, dass eine echte, kernige Frömmigkeit mit jedem Stande und Berufe vereinbar ist.

8. Bemühe dich, ohne Anstrengung, den Tag über oft an Gott zu denken, und wandle so geistig in seiner Gegenwart … Gott ist ja überall zugegen und sieht und hört daher alles, was du denkst, tust und sagst …

9. Ziehe die Einsamkeit, den Aufenthalt zu Hause auf deinem Zimmer, auf einsamen Spaziergängen dem Trubel der Welt vor. Du kommst dann mehr zu dir selber, denkst über deinen Seelenzustand nach, überlegst und studierst in guten Büchern, wie du im geistigen Leben vorankommen kannst …

10. Dulde keine Todsünden bei dir, bekämpfe mit Energie deine lässlichen Sünden und verfolge deine Unvollkommenheiten wie der Jagdhund das Wild. Dagegen gewinne die übung aller Tugenden lieb, besonders derjenigen, die deinen früheren und jetzigen Sünden entgegengesetzt sind.

11. Das Ideal deines Lebens sei dir das Bestreben, im geistigen Leben aufwärtszustreben, und ruhe nicht, bis du schon auf Erden zur innigsten Vereinigung mit dem Dreieinen Gott gelangt bist."

[Hieronymus Jaegen, Der Kampf um das höchste Gut. Anleitung zur christlichen Vollkommenheit inmitten der Welt, hrsg. v. Karl Rudolf, 41938, S. 72-75. 23f. 192-94]

Heinrich Spaemann († 2001) denkt nach über "christliche Konsequenzen":

"In diesen sieben Weisungen geht es um die überwindung bestimmter Verhaltensweisen oder -neigungen, die dem gelebten Evangelium widersprechen.

1. Erstwichtiges nicht an die zweite Stelle setzen:

Erstwichtig ist Gott, ist unsere Verbundenheit mit ihm. Darum dem Gottesdienst nichts vorziehen, den Tag mit Gebet beginnen, nicht mit der Zeitung. Ihn mit Gebet durchdringen und betend beenden…

2. Verzichte nicht verweigern, wofern sie von der Liebe Gottes und des Nächsten nahegelegt sind:

Sorge tragen, dass das vordergründige Vielerlei in unserem Leben nicht überhand nimmt. Auswählen! Keinem Geschöpf einen Platz einräumen, der die Freiheit in Christus einschränkt, mindert oder gar raubt, also Gott verdrängt …

3.Der Neigung zu unnötiger, liebeleerer Kritik nicht nachgeben:

Jesus ist Gottes Ja zu uns. Der Geist Gottes ist Ja-Geist; nur solches Ja überwindet das Nein der Sünde wie der Sonnenaufgang die Nacht. Niemand festnageln auf seine Grenzen, sein Ungutes, seine Schuld, weil Jesu Annagelung unsere Befreiung war und ist …

4. Nicht das Auge der Menschen suchen:

Die Linke nicht wissen lassen, was die Rechte tut.

Rollenerwartungen nicht erliegen; sie überprüfen an der Frage, was Gott von mir erwartet. Die Aufmerksamkeit anderer nicht auf sein Ich lenken wollen, auch nicht im Leiden oder gar durch Leiden. Vielmehr Gott im Auge haben mit allem Tun und Lassen …

5. Sich nicht ängstlich sorgen, sich nicht selbstisch sichern:

Wenn es gilt, der größeren Liebe zu gehorchen: Gott die Zukunft überlassen, ohne Rücksicht auf Verluste, etwa auf Vermögenswerte oder auf den Ruf. Nicht auf übersicht bestehen. Der je nächste Schritt genügt. Nichts aufschieben. Und nicht im Hinblick auf mein mögliches Morgen das Heute Gottes versäumen. Drei Kennzeichen eines Gehorsams im Heiligen Geist: sogleich, freudig, ganz.

6. Keine Zeit vertun:

Die Stunde auskaufen (Eph 5,15-20), in jeder verbirgt sich für den Glauben, wie die Perle in der Muschel, das Selbstgeschenk Gottes im Heiligen Geist. Der Preis für die Perle: die (unterschwellig immer mitgehende) Frage nach dem Willen Gottes, unser Lobpreis.

7. Sich dem Kreuz als dem Geheimnis des letzten Platzes verpflichtet wissen:

Das innere Verhältnis zum letzten Platz in jeder Eucharistiefeier neu zu gewinnen und zu vertiefen suchen. Sich nicht ärgern oder empören, sondern sein Jüngersein bejahen, wenn man im eigenen Leben gelegentlich verkannt, hintangesetzt, nicht beachtet, übergangen wird.

Darauf gefasst sein, dass auch berechtigte Wünsche und Vorstellungen durchkreuzt werden und dass das Gebet oft anders erhört wird, als wir es hier und jetzt erwarten oder erkennen."

Außerdem schlägt er folgende konkrete Maßnahmen vor:

"1. Neu anfangen, immer wieder: Sich davor hüten, die Anfangsbereitschaft aufzugeben …

2. Die Stille suchen, lieben, verwirklichen, auch andern ermöglichen: Die entscheidende Veränderung des Menschen, die innere Verklärung im Hinblick auf Christus (2 Kor 3,18), vollzieht sich zumeist in der Stille.

3. Wachen über ein zartes Gewissen: Das Gewissen eines Menschen der ersten Liebe (Offb 3,4) notiert zunächst wie ein Seismograf jede Untreue.

4. In den Spiegel der Heiligen Schriften schauen:

Spiegel der Wahrheit sind uns aber auch die Brüder in Christus.

5. Auf eine geistliche Lebensordnung bedacht sein:

Erfahrung und Klugheit fordern, dass wir in geistlichen Vollzügen, in Gebet, Lesung, Betrachtung, Feier ebenso ein Regelmaß einhalten wie in Berufsarbeit, Schlaf, Ernährung, Erholung.

6. Erfinderisch lieben: Glaube ist Offenheit für den Heiligen Geist und seine schöpferische Eingebung.

7. Gemeinschaft bejahen, lieben, verwirklichen: Wir empfangen den Geist als VoLukasevangelium des Bundes, als Kirche Jesu Christi. in der Teilhabe an ihr, nicht jeder für sich allein."

[Quellen geistlichen Lebens, Bd. 4, hrsg. v. Gisbert Greshake u. Josef Weismayer. Matthias Grünewald Verlag, Ostfildern 2008, S.139-45]

3. Ch. freuen sich des Martyriums im Glauben an die Auferstehung: Justin (BKV 70).

Todesverachtung der Ch.: Apologeten (BKV I 170)

Wahre Ch. sterben froh: Makarios (BKV 55).

Papst Leo I. „der Große” († 461): "Durch Verfolgungen wird die Kirche nicht geschwächt, sondern gestärkt." [BKV II 247; I 177f.; vgl. Tertullian (BKV II 18f. 273)]

4. Ch. sind beherrscht vom Jenseitsglauben: Apologeten (BKV I).

Ch. sollen das Himmelreich mit Gewalt an sich reißen: Ambrosius (BKV II 264-67. 462f.).

Vollkommene Ch. verachten die Welt: Makarios (BKV 145f. 191-93).

Ch. sollen wie Paulus mit all ihrer Kraft nach dem Himmel streben: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 180-83).

Paulinus von Aquileia († 802):

"Lasst uns daran denken und immer wieder daran denken, dass wir nicht irdischen Glücks wegen Christen geworden sind und auch nicht wegen der Schätze dieser Welt, und dass wir nicht wegen dieses irdischen Lebens willen Christus verehren, wie der Apostel sagt: ‚Wenn wir nur wegen dieses Lebens auf den Herrn hoffen, sind wir elender dran als alle Menschen‛ (1. Korintherbrief 15,19)." [Paulinus, liber exhortationis, in: MPL 99, c. 54, Sp. 261; eigene Übersetzung]

5. Ch. sollen den Heiden ein gutes Bsp. geben: Apostolische Väter (BKV 121 u. ö.); Johannes „Chrysostomus” (BKV VI 220-22).

Unterschied der wahren Ch. von den Weltkindern: Makarios (BKV 41-60)

Verhältnis des Christentums zum Griechentum (Heidentum): Apologeten (BKV I 201-57)

Das Chr. im Vergleich zur heidnischen Philosophie: Origenes (BKV II 289f. 296)

Die Ch. sind den Philosophen an Weisheit und Sittlichkeit überlegen: Tertullian (BKV II 159-62).

Rechtfertigung des Chr. gegenüber dem Heidentum: Athanasios von Alexandria (BKV II 758-63)

Die Ch. haben keine Tempel und Altäre: Apologeten (BKV II 192); Origenes (BKV II 243).

a href="../BiographienI/Ignatius_von_Antiochien.htm">Ignatius von Antiochia († vor 117) vergleicht Christen und Heiden mit der unterschiedlichen Prägung von Münzen:

"Da nun die Dinge ein Ziel haben und uns zugleich zweierlei vorgelegt ist, der Tod und das Leben, so wird auch jeder an seinen besonderen Ort gelangen (vgl. Apostelgeschichte 1,25), wie es ja auch zwei Münzen gibt, nämlich eine Münze Gottes und eine dieser Welt; und zwar trägt jede derselben ihr eigenes Gepräge an sich: die Ungläubigen das Gepräge dieser Welt, die Gläubigen aber in Liebe das Gepräge Gottes des Vaters durch Jesus Christus; dessen Leben ist aber nicht in uns, wenn wir nicht von uns selbst aus durch ihn bereit sind, auf sein Leiden hin zu sterben."

[ad Magn 5: K. Bihlmeyer, Die Apostolischen Väter, 1. T., Tübingen 1924, S. 90; BKV2 35, S. 127 b]

Cyprian von Karthago († 258)gibt dem neugetauften Donatus Ratschläge, wie er inmitten einer heidnischen Umwelt seinen Glauben leben und entfalten kann:

"Bewahre nur du, den der himmlische Kriegsdienst bereits mit dem Siegel für das geistliche Lager versehen hat, die Zucht unverfälscht, bewahre sie rein in einem frommen sittlichen Leben! Deine ständige Beschäftigung sei das Gebet oder die [geistliche] Lesung! Rede du bald selbst mit Gott, bald lass Gott zu dir reden! Er unterweise dich in seinen Geboten. Er gebe dir eine [innere] Ordnung! Wen Er reich macht, den wird niemand arm machen. Nie mehr kann sich ein Mangel einstellen, wenn einmal himmlische Kost das Herz gesättigt hat.

Da werden dich die mit Gold verzierten getäfelten Decken und die mit kostbaren Marmorplatten verkleideten Häuser anwidern, wenn du zur Erkenntnis kommst, dass vielmehr du dich [selbst] zu verschönern, dass vielmehr du dich [selbst] zu schmücken hast, dass für dich das Haus hier wichtiger ist, in dem sich der Herr als in seinem Tempel niedergelassen und in dem der Heilige Geist Wohnung genommen hat. Dieses Haus wollen wir ausmalen mit den Farben der Unschuld und erleuchten mit dem Licht der Gerechtigkeit! Niemals wird dieses Haus aufgrund seines Alters verfallen, niemals wird es durch das Verblassen der Farben an der Wand oder des Goldes unansehnlich werden. Vergänglich ist aller äußerliche Putz, und kein festes Vertrauen flößt dem Besitzer ein, was kein wirkliches Eigentum ist. Dieses Haus aber bleibt immer bestehen in lebendigem Schmuck, in unversehrter Pracht, in dauerndem Glanz, es kann nicht vernichtet und auch nicht zerstört werden, es kann nur in ein besseres umgestaltet werden, wenn unser Leib [zur Erde] zurückkehrt."

[ad Donat. 15: CSEL 3,1; BKV2 34, S. 54f. b]


Gregor von Tours († 594 ?):

"Groß ist die Würde des Namens 'Christ', wenn du das, was du im Glauben bekennst, im Werk vollbringst. Denn, wie der Apostel sagt (Jak 2,17) ‚ist ein Glaube ohne Werke in sich selbst tot‛ (Jak 2, 17). Wie nämlich zu Söhnen Abrahams nicht die Geburt aus dem Fleisch macht, sondern der Glaube, so machen zu wahren Christen die Werke und nicht nur die Gnade des Namens. Durch diesen Namen werden nämlich Finsternisse erhellt, fliehen die Schlangen, werden die Götzenbilder am Boden zerschmettert, weicht der Wahrsager, schwindet der Losdeuter dahin und die Verehrer der Dämonen werden vertrieben." [Historia Francorum, liber V., MPL 71, Sp. 741; eigene Übersetzung]

Franz Jägerstätter († 1943): "Bloße Namenschristen schaden der Kirche am meisten."

"Zwischen Christentum und Weltgeist besteht allzeit ein unversöhnlicher Gegensatz. Wer es mit der Welt nicht verderben will, wird sicher Christus untreu werden."

Josef Mayr-Nusser († 1945)

"Etwas ganz Bescheidenes und doch viel Wichtigeres hat uns der Herr geboten: Zeugen zu sein: … Das Zeugnis ohne Worte, das der lebendige Christ täglich lebt, zu Hause, bei der Arbeit, auf dem Felde, in der Werkstatt, vor den Menschen. Welche Kraft geht von einem jungen Menschen aus, der einfachhin christlich lebt. Wir sollen Zeugen sein: Wir wollen vorerst versuchen, ehe wir Künder des Wortes und der Tat werden, junge Christen und es ganz zu sein. Wir werden es am heiligen Quell der Altäre. Auf ihnen liegt Christi Wort und Leib. In ihnen liegen die Gebeine jener, die Zeugen Christi waren bis ans Sterben."

[Josef Innerhofer, Wir sollen Zeugen sein. Josef Mayr-Nusser (1910-1945) in ders., Südtiroler Blutzeugen des Natonalsozialismus, Bozen 1985]


zurück zur vorherigen Seite

Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 07.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.