Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Apostolat und Mission

Sprachlich gesehen bedeuten das Apostolat (abgeleitet aus dem griech. apostéllo) und Mission (vom lat. mitto) dasselbe: Sendung. Das Christentum verdankt sich der Sendung Jesu durch den Vater, der seinerseits seine Jünger in die Welt sendet (Johannesevangelium 17, 18; 20, 21), um sie zu retten. So gesehen gehören Apostolat und Mission zu den Grundvollzügen der Kirche. Durch Taufe und Firmung ist jeder Christ gesendet, den Glauben an andere Menschen weiterzutragen.

1. Innerliche Dispositionen:
1.1 Gebet und Gottvertrauen
1.2 Christus- und Kreuzesnachfolge
1.3 Liebe
2. Methoden:
2.1 Gewaltfreiheit
2.2 Anpassung
3. Sinn und Ziel der Mission
4. Die Verantwortung aller Christen

1. Innerliche Dispositionen:

Jede Sendung nach außen setzt die eigene innere Festigung des Glaubens voraus:

Kaspar del Bufalo († 1837):
Wenn das äußere Leben eines Missionars nicht vom Inneren her bestimmt wird und auf ihm aufbaut, dann mögen sich seine physischen Kräfte noch so sehr aufreiben, er wird vor Gott nicht bestehen können.

1.1 Gebet und Gottvertrauen

Die Missionstätigkeit war häufig mit den größten Strapazen und Gefahren für Leib und Leben der Missionare verbunden. Darum braucht der Missionar ein starkes Gottvertrauen, das ein intensives Gebetsleben voraussetzt:

Heinrich Hahn († 1882):
Gebet und Gottvertrauen bilden recht eigentlich die Rüstung des katholischen Missionars. Sie geben ihm Zuversicht in der Einsamkeit der Wälder, wie vor dem Richtstuhl der Feinde des Kreuzes, sie öffnen seiner Glaubenspredigt die Herzen der Heiden, sie verleihen ihm in allen Verhältnissen Mut, Geduld und Freudigkeit im Herrn. Diese Freudigkeit und ruhige Zuversicht, welche die katholischen Missionare in den größten Gefahren und selbst unter den Qualen des Märtyrertums an den Tag legen, entspringen aus dem Glauben an die Allgegenwart Gottes und an die unablässige Wachsamkeit der göttlichen Vorsehung, besonders aber auch aus dem Glauben an die wirkliche Gegenwart Jesu Christi, ihres göttlichen Meisters, im Sakramente des Altars … Was könnte auch wohl für die Missionare tröstlicher, was ermutigender sein, als der häufige Verkehr mit dem Heiland selbst, mit demjenigen, der sie zu Werkzeugen des göttlichen Werks der Erlösung der Menschen auserkoren, der sie unendlich liebt und verheißen hat, alle Tage bei ihnen zu sein bis ans Ende der Zeiten, von dem sie nach vollbrachter Arbeit und nach bestandenem guten Kampf die Siegerkrone zu erwarten haben (2. Timotheusbrief 4,8).

[Heinrich Hahn: Geschichte der katholischen Missionen / seit Jesus Christus bis auf die neueste Zeit, Köln 1865, S. 665 - 671]

Nach Ivan Merz († 1928) setzt jede apostolische Aktivität die Pflege des eigenen religiösen Lebens voraus:
Wer die Seelen der anderen retten will, muss vor allem wissen, wie er seine eigene Seele retten kann. Nur wenn wir unsere eigene Seele dem Herrgott anzubieten verstehen, werden wir imstande sein, es auch mit der Seele unseres Nächsten zu tun. Das Fundament unserer apostolischen Arbeit und ihres Erfolgs liegt also in uns selbst, in unserer eigenen Beziehung zu Jesus, der in uns leben soll. Die Pflege unseres eigenen Intellekts, des Willens und Gefühls ist die Vorbedingung für unsere Arbeit außerhalb unserer Reihen.
Welche Mittel sollen wir aber anwenden, um vor allem uns selbst zu bilden: die morgendliche Meditation alle Tage, die häufige Teilnahme an der Heiligen Messe und der Empfang der Sakramente, die tägliche Gewissenserforschung und die geistliche Lesung. Wenn wir dies tun, wird das Leben Jesu in uns immer lebendiger und stärker, dann werden wir den Sinn des Lebens und die Heilsökonomie besser verstehen und wir werden uns Rechenschaft geben von der Liebe, mit der unsere Liebe - Jesus - jede menschliche Seele liebt. Es ist darum falsch, was oft geschieht, dass wir unsere Gegner angreifen, ohne ihre irrigen Ideen, an denen sie festhalten, von ihren unsterblichen Seelen, die es zu retten gilt, zu unterscheiden.

[Giampaolo Mattei: Ivan Merz. Un programma di vita e di azione cattolica per i giovani di oggi, Quaderni de L'osservatore Romano 66, Città del Vaticano 2003, S. 52; eigene Übersetzung.]

1.2 Christus- und Kreuzesnachfolge

Der Schlüssel zu seinem großen missionarischen Erfolg liegt in der radikalen Nachfolge und Nachahmung Jesu. So bekennt Antonius Maria Claret y Clará († 1837) von sich selbst:
Der allerstärkste Ansporn war für mich immer, wenn ich Jesus betrachtete, wie er von einem Ort zum andern geht und überall predigt; nicht nur in den großen Ortschaften, nein, auch in den kleinen Dörfern. Er predigte sogar einer einzigen Frau, wie zum Beispiel der Samariterin, und das, obwohl er von der Wanderung müde war und der Durst ihn plagte und obwohl es zu einer für ihn selbst wie auch für die Frau ganz ungelegenen Tageszeit war.
Von Anfang an begeisterte mich der Predigtstil Jesu. Welche Gleichnisse! Welche Parabeln! Ich nahm mir vor, wie er Vergleiche und Bilder und einen schlichten Redestil zu verwenden. Welche Verfolgungen! Er war dazu bestimmt, ein Zeichen zu sein, dem widersprochen wird. Er erlitt Verfolgungen gegen seine Lehre, gegen seine Werke, gegen seine Person, und schließlich brachte man ihn sogar ums Leben, unter Beschimpfungen, Qualen und Beleidigungen. Den schmachvollsten und qualvollsten Tod musste er leiden, den es auf Erden überhaupt zu leiden gibt. …
Ich bemühte mich, Jesus nachzuahmen, der zu mir und zu uns allen sagt: Lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Deshalb betrachtete ich Jesus beständig: Jesus in der Krippe, in der Werkstatt, auf dem Kalvarienberg. Ich meditierte seine Worte, seine Predigten, seine Taten, seine Art zu essen, sich zu kleiden, von Ort zu Ort zu wandern. Durch dieses Beispiel machte ich mir Mut. Ich fragte mich immer: Wie hat Jesus sich in einem Fall wie diesem verhalten? und versuchte dann, ihn nachzuahmen. Das tat ich mit großer Genugtuung und Freude, denn ich dachte daran, dass ich ja meinen Vater, meinen Meister und Herrn nachahmte und dass ich ihm damit Freude machte.

[Autobiografie des hl. Antonius Maria Claret, Nr. 221, 222, 356]

Daniel Comboni († 1881):
Alle Werke Gottes und besonders die der katholischen Mission, die die Zerstörung des Dämonenreiches und die Aufrichtung des Reiches Jesu Christi zum Ziel haben, müssen zu Füßen des Kreuzes entstehen! Durch das Kreuz und das Martyrium wurden alle Missionen gegründet und entfaltet. Zentralafrika, die schwierigste und anstrengendste aller Missionen, kann nicht einen anderen Weg einschlagen und zurücklegen als die übrigen Werke Gottes. Sie muss den Weg des Kreuzes und des Martyriums gehen, wie der göttliche Urheber unseres Glaubens nur durch Leiden und Tod zu einer glorreichen Auferstehung gelangt ist und wie die katholische Kirche, die aus seinem lauteren Herzen hervorgegangen und in das Blut ihrer Märtyrer getaucht ist, sich über die Erde ausgebreitet hat. …
Notwendigerweise stoßen die Werke Gottes auf Schwierigkeiten. Aber so tragen sie Frucht. Es ist ein Trost, für Afrika zu leiden. Der Plan wird ausgeführt, allen Hindernissen zum Trotz.

[Giuseppe Faraci, Josef Uhl (übers.), Daniel Comboni / Ein Leben für Afrika. Steyler Verlag, Nettetal 1994, S. 76. 73]

Johannes Baptist Scalabrini(† 1905) schreibt an die italienischen Missionare in Lateinamerika. Er lobt ihren erfolgreichen Beginn, fährt dann aber fort:
Es genügt nicht, gut begonnen zu haben; es ist nötig, weiterzumachen, weiterzumachen 'bis ans Ende' (Mt 24,13). es steht noch viel mehr an, meine Lieben! Ich weiß, ihr seid angesichts der Notwendigkeit nur wenige. Aber trotz eurer geringen Zahl vermögt ihr viel, wenn ihr alle vom selben Geist beseelt seid wie die Apostel und wenn ihr tief durchdrungen seid von der Wichtigkeit und Erhabenheit eurer Berufung.
Damit ihr Wirken erfolgreich sein brauchen sie vor allem die Einheit mit Christus:
Solange ihr in Ihm bleibt, werdet ihr euch gestärkt fühlen von einer Kraft, die nicht mehr menschlich ist, und die Frucht, die ihr dann bringen werdet, wird dann überreich und dauernd sein. Alles wird euch leicht sein auch angesichts der größten Widerstände. Andernfalls, wenn ihr von Ihm getrennt seid, werdet ihr zu einem Körper ohne Seele werden, unfruchtbar an jeglichem guten Werk.
[João Batista Scalabrini, A emigração Italiana na América, 1979, S. 147 - 149; eigene Übersetzung]

Josef Freinademetz († 1908):
Wir Missionare fürchten [uns] nicht! Mag auch der Sturm des Kampfes über uns dahinbrausen, mag auch alles das, was wir so mühsam aufgerichtet, in Trümmer sinken; wir zagen nicht: denn aus der Asche wird dereinst die junge Kirche Chinas strahlend wie ein herrlicher Phönix emporsteigen. Wir haben ja das Wort der Verheißung, dass der Herr die Seinen nicht verlässt.
Auch für mich ist es schwer, meine lieben Eltern und so viele Wohltäter und Freunde zu verlassen. Aber schließlich ist der Mensch nicht da für diese Welt, er ist für etwas Größeres geschaffen: nicht um das Leben zu genießen, sondern um dort zu arbeiten, wohin immer der Herr ihn ruft. …
Doch ist es Gott, der uns die Kreuze schickt. Wir wollen sie darum ergeben, ja mit Freude und aus Liebe zu Christus tragen zur Sühne für unsere Sünden. Mit Freude leiden, ist das Schönste auf der Welt, um das uns sogar die Heiligen des Himmels beneiden.

[Günther Frei, Die Verehrung des heiligen Josef Freinademetz in Südtirol. Verlag A. Weger, Brixen 2003, S. 22. 25. 28. 32]

1.3 Liebe

Antonius Maria Claret y Clará († 1837):
In der Tat wirkt das Feuer der Liebe bei einem Diener des Herrn so wie das Feuer in der Lokomotive der Eisenbahn und wie die Maschine in einem Dampfschiff, die alles mit größter Leichtigkeit in Bewegung setzt. Wozu nützte die ganze Maschinerie, wenn kein Feuer darin wäre und kein Dampf? Zu gar nichts nützte sie. Wozu kann es einem Priester nützlich sein, dass er seine ganze Ausbildung gemacht hat und zum Doktor der Theologie und beider Rechte promoviert wurde, wenn er das Feuer der Liebe nicht hat? Zu gar nichts. Es hat keinen Nutzen für andere, denn er wäre dann wie eine Lokomotive der Eisenbahn ohne Feuer; anstatt eine Hilfe zu sein, wäre er eher ein Hindernis.
[Autobiografie des hl. Antonius Maria Claret, Nr. 438, 441]

Daniel Comboni († 1881):
Der Missionar muss zu allem bereit sein, zur Freude und zur Trauer, zum Leben und zum Tod, zur Gemeinschaft und zur Einsamkeit. Zu all dem fühle ich mich bereit. Ich bin Märtyrer aus Liebe zu den verlassenen Seelen der Welt. …
Wenn man Jesus Christus wirklich kennen und lieben würde, so könnte man Berge versetzen … Also muss man beten und Glauben haben; beten nicht mit vielen Worten, sondern mit dem Feuer der Liebe. So wird der Glaube eingepflanzt, und so kommt die Weltmission voran.

[Giuseppe Faraci, Josef Uhl (übers.): Daniel Comboni / Ein Leben für Afrika. Steyler Verlag, Nettetal 1994, S. 21. 35]

Der Wahlspruch von Josef Freinademetz († 1908) lautet:
Die einzige Sprache, die jeder versteht, ist die Liebe.

Guido Maria Conforti († 1931): Um ein wirksames Apostolat auszuüben, ist es vor allem nötig, die Seelen zu fesseln, die Herzen zu gewinnen mit dem Charme der Güte und Liebe Christi.

Wilhelm Eberschweiler († 1921)::
Was ist der Seeleneifer? Er ist jene edelmütige Gesinnung, welche, aus der Liebe entspringend und von ihr genährt, uns mit großem Verlangen nach dem Seelenheil des Nächsten erfüllt und uns antreibt, alles zu tun, was in unsern Kräften steht, es zu fördern. Ein zweifaches umfasst also der wahre Seeleneifer: 1. das inbrünstige Verlangen nach dem Seelenheil; 2. eifriges Wirken für das Seelenheil; mit anderen Worten: ein apostolisches Herz und apostolische Tätigkeit.
[aus: Wilhelm Eberschweiler, Gnade und Tugend als Inbegriff des inneren Lebens. Zusg., erg. u. hrsg. von P. Walter Sierp S.J. Verlag Steffen, Limburg an der Lahn 31955, S. 222-33]

2.1 Gewaltfreiheit

Nach Papst Nikolaus I. († 867) ist Gewalt kein Mittel zur Bekehrung Ungläubiger:
Mit den Ungläubigen und Götzendienern soll keinerlei Gemeinschaft gepflegt werden. Gleichwohl darf ihnen gegenüber keinesfalls Gewalt angewendet werden, um sie zu Glauben zu bringen. Denn alles, was nicht nach dem freien Willen geschieht, kann nicht gut sein, steht doch geschrieben: Freiwillig will ich dir ein Opfer darbringen (Psalm 53); … denn Gott gebietet freiwillige Gefolgschaft, die nur von Freiwilligen geleistet werden kann; denn hätte er Gewalt anwenden wollen, hätte keiner seiner Allmacht widerstehen können. [MPL 119, Sp. 995; eigene Übersetzung]

Bartholomé de Las Casas († 1566):
Mit den Ungläubigen und Götzendienern soll keinerlei Gemeinschaft gepflegt werden. Gleichwohl darf ihnen gegenüber keinesfalls Gewalt angewendet werden, um sie zu Glauben zu bringen. Denn alles, was nicht nach dem freien Willen geschieht, kann nicht gut sein, steht doch geschrieben: Freiwillig will ich dir ein Opfer darbringen (Ps 53); … denn Gott gebietet freiwillige Gefolgschaft, die nur von Freiwilligen geleistet werden kann; denn hätte er Gewalt anwenden wollen, hätte keiner seiner Allmacht widerstehen können.
[vgl. dazu: Bartolomé de Las Casas, Werkauswahl, hrsg. v. Mariano Delgado, Bd. 1, Missionstheologische Schriften, Paderborn-München-Wien-Zürich 1994, S. 302 - 304]

Georg Michael Wittmann († 1833): Das Christentum soll sich zwar über die ganze Erde ausbreiten, allein nimmer durch Schwertes Macht, sondern durch Dulden und Leiden, durch Sanftmaut und milde Gesinnung. Darum hat auch Christus einmal gesagt. Seht! Ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe. (Matthäusevangelium 10,16).

2.2 Anpassung

Jean de Brébeuf († 1649):
Man muss die Wilden von Herzen lieben, sie ansehen als solche, die durch das Blut des Sohnes Gottes freigekauft sind, und als unsere Brüder, mit denen wir den Rest des Lebens verbringen müssen.
Man muss sich bemühen, von ihren Speisen zu essen, in der Weise, wie sie sie zubereiten, obwohl sie recht salzig und halb roh sind und schauerlich schmecken. Was die anderen sehr zahlreichen Dinge betrifft, die missfallen können, gilt: Man muss sie ertragen aus Liebe zu Gott, ohne eine Wort zu sagen und ohne dergleichen zu tun. …
Man muss ihre Unzulänglichkeiten ertragen, ohne ein Wort zu sagen und ohne es sich anmerken zu lassen … Kurz man muss versuchen, sich immer fröhlich zu geben …
Die größten Annehmlichkeiten sind verbunden mit ziemlich großen Unannehmlichkeiten. Sich [dabei] geziert zu verhalten beleidigt sie …
Jesus Christus ist unser wahrer großer Meister, er allein ist es und sein Kreuz, das man suchen muss, wenn man unter diese Völker geht. Denn wenn ihr etwas anderes beabsichtigt, werdet ihr nichts finden als Bedrängnis für Leib und Geist. Aber wenn ihr Jesus Christus an seinem Kreuz gefunden habt, dann werdet ihr die Rosen zwischen den Dornen, die Süßigkeit in der Bitternis, das Ganze im Nichts finden.

[Saint Jean de Brébeuf, Les relations de se qui sest passé au pays des Hurons (1635 - 1648), publ. par Th. Besterman. Genève 1957, S. 195-97; eigene Übersetzung]

3. Sinn und Ziel der Mission

Gegenüber der Lehre des Augustinus von Hippo vom eingeschränkten Heilswillen Gottes war Prosper von Aquitanien († nach 455) überzeugt, dass allen Völkern und Menschen das Heil Gottes angeboten werde:
Wer zu Gott kommt, wer sich auf ihn stützt mit dem Verlangen, gerettet zu werden, der wird auch gerettet. Die göttliche Inspiration bewirkt in ihm diese Sehnsucht nach Heil. Erleuchtet durch den, der ihn ruft, erkennt er die Wahrheit. Er ist wirklich der Sohn der Verheißung, der Lohn des Glaubens, der geistige Nachkomme Abrahams, er gehört zum auserwählten Geschlecht, zur königlichen Priesterschaft (1. Petrusbrief 2, 9), seit langem ausersehen und zum ewigen Leben bestimmt. Durch die Vermittlung Jesajas lässt Gott uns seine Gnade erkennen, die aus jedem Menschen eine neue Schöpfung macht: Seht her, nun mache ich etwas Neues, schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Wüste und lasse in der Steppe Wasser fließen …, um mein VoLukasevangelium , mein erwähltes, zu tränken. Das Volk, das ich mir erschaffen habe, wird meinen Ruhm verkünden (Jesaja 43, 19 - 21. Und an anderer Stelle: Vor mir wird jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird bei mir schwören (Jesaja 45, 23).
Es ist unmöglich, dass all das nicht eintrifft, denn Gottes Vorsehung geht nie in die Irre; seine Pläne ändern sich nicht; sein Wille handelt und seine Verheißungen treffen zu. Es werden also alle, die mit diesen Worten gemeint sind, gerettet. Gott legt ihnen seine Gebote ins Gewissen und schreibt sein Gesetz mit dem Finger in ihr Herz (Römerbrief 2, 15). Sie kommen nicht über den Umweg menschlicher Lehre zur Erkenntnis Gottes, sondern durch die Wegweisung des höchsten Herrn: So ist weder der etwas, der pflanzt, noch der, der begießt, sondern nur Gott, der wachsen lässt (1. Korintherbrief 3,7). … Allen wird ein neues Herz geschenkt, ein gesundes Urteil und auch ein ehrlicher Wille. Bei all diesen Menschen lässt Gott Furcht aufkeimen, damit sie seine Gebote zu Kenntnis nehmen. … Sie feiern die Kraft seiner Barmherzigkeit und die Wunder, die sie vollbracht hat: denn Gott hat sie erwählt, er hat sie zu seinen Söhnen gemacht, den Erben des neuen Bundes.
Der Ausdruck Volk Gottes muss [deshalb] in seiner ganzen Weite gesehen werden. Und obwohl die meisten Menschen die Gnade des Retters zurückweisen oder missachten, so ist doch mit dem Ausdruck erwählt und vorherbestimmt die Gesamtheit gemeint. … Der Apostel Paulus sagt auch: Wir verkünden Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes ärgernis, für Heiden eine Torheit, … aber Gottes Kraft und Weisheit (1. Korintherbrief 1,23f). Christus wäre also für die gleichen Menschen, in deren Augen er Ärgernis und Torheit ist, Gottes Kraft und Weisheit? Da die einen um ihres Glaubens willen gerettet werden, andere aber in ihrer Gottlosigkeit verstockt werden, fasste der Apostel Gläubige und Ungläubige mit dem überbegriff Berufene zusammen.

[Prosper Aquitanus, De vocatione gentium, 1,9 - http://kirchlich.net/pages/posts/hl.-prosper-von-aquitanien2077.php - abgerufen am 24.09.2019]

Vinzenz Pallotti († 1850):
Das Wesen des Apostolats fordert, dass wir im Weinberg des Herrn all das einsetzen, was unmittelbar zur größeren Ehre Gottes und zum Heil der Seelen mehr beiträgt. …
Die wichtigste Angelegenheit, die es in der Welt überhaupt geben kann, ist die Rettung einer Seele. …
Gott ist in seiner Milde und Barmherzigkeit zufrieden, wenn wir tun, was wir können. Und er verlangt nicht, dass wir ein Ziel erreichen, zu dem wir niemals gelangen können.

[Vinzenz Pallotti. Ausgewählte Schriften, hrsg. v. Bruno Bayer u. Josef Zweifel. Friedberg b. Augsburg 31999]

4. Die Verantwortung aller Christen

Franz Xaver († 1552) richtet einen leidenschaftlicher Appell an die Studierenden in Europa:
Wie viele Bekehrungen bleiben aus wegen des Mangels an Helfern, die sich des heiligen Werkes annehmen, das in diesen Ländern noch zu wirken ist! Es packt mich, wie oft, das Verlangen, in die Universitäten Europas zu stürmen, schreiend mit lauter Stimme, wie einer, der nicht mehr bei Sinnen ist; vor allem in Paris wollte ich's alle hören lassen, deren Wissen größer ist, als der Wunsch, hiervon guten Gebrauch zu machen; vor versammelter Sorbonne wollte ich's ihnen zurufen: wie viele Seelen vom Wege des Heiles abkommen durch ihre Schuld, wie viele Seelen verloren gehen durch ihre Gleichgültigkeit! Wenn sie mit dem gleichen Eifer, den sie den Studien zuwenden, auch jene Rechenschaft überdenken würden, die Gott, unser Herr, dereinst von ihnen fordern wird; wenn sie mit der nämlichen Wachsamkeit die ihnen vom Herrn verliehenen Talente prüfen wollten - wie viele von ihnen müssten erschüttert sein! Sie würden die Mittel zu ihrem Heil ergreifen, sie würden geistliche übungen halten, diese übungen, ausersehen, sie im Innersten ihrer Seele den heiligen Willen Gottes erkennen zu lassen und ihn zu begreifen in seiner Tiefe. Und sie würden sich diesem göttlichen Willen fortan bereitwilliger als ihren eigenen Neigungen hingeben, sprechend: ‚Herr! Siehe, hier bin ich. Was willst Du, dass ich tun soll? Sende mich, wohin Du willst, und wenn es gut ist, selbst bis nach Indien!
Wie viel glücklicher könnten sie alle sein, wie würde sie die selige Hoffnung beflügeln, dereinst in der Todesstunde des göttlichen Erbarmens teilhaft zu werden, dann, wenn das besondere Gericht für sie naht, vor dem sich keiner verbergen kann; zu ihren eigenen Gunsten könnten sie sprechen: ‚Herr, fünf Talente hast Du mir übergeben, sieh, fünf andere habe ich dazu gewonnen (Mt 25,20). Aber ich fürchte, weit größer ist die Zahl derer, die in erster Hinsicht darauf bedacht sind, mittels ihrer Studien Würden, Pfründe und Bischofsstühle zu erhalten; und nur wenige sind zugleich von dem Verlangen beseelt, auch innerlich jener Gesinnung teilhaft zu sein, die jene nämlichen Würden und kirchlichen Ehrenstellen von ihrem Träger wesenhaft fordern. …
Ich war schon fast entschlossen, einen Brief an die Universität Paris zu richten … und ihnen vor Augen zu führen, wie viele Tausende und Abertausende von Heiden zu Christus bekehrt werden würden, mangelte es nicht an Glaubensboten.

[E. Vitzthum (Hrsg.), Die Briefe des Francisco de Xavier, Leipzig 1941, S. 48-50]

Petrus Donders († 1887) bittet um Hilfe aus seiner Heimat:
Ihr lieben Gläubigen, kommt uns zu Hilfe zunächst durch Euer Gebet, damit der Herr des Weinbergs uns Arbeiter sende und unsre Arbeit und unsern Schweiß segne, um die Seelen zu gewinnen, die ihm so teuer sind. Ach wie viel vermag das gemeinsame und anhaltende Gebet der Gerechten bei Gott! Dann kommt uns aber auch zu Hilfe durch Euer Almosen! O wie dringend haben wir das vonnöten, wie Ihr aus dem Vorstehenden gewiss ersehen habt, damit das bereits Aufgebaute nicht verfalle und damit wir das Begonnene vollenden können. … Denkt daran, wir bitten Euch, was der Heiland verheißen hat: Gebt und es wird Euch gegeben werden! Der liebe Gott wird Euch segnen, wie die Witwe von Sarepta zur Zeit des Elias und er wird Euere Mildtätigkeit auf dieser Welt belohnen und welch herrlichen Lohn wird er Euch dereinst zuteil werden lassen, er, der nicht einmal einen Trunk kalten Wassers unbelohnt lässt, den man in seinem Namen einem seiner Jünger reicht.
[Der Ehrwürdige Diener Gottes P. Petrus Donders (1809 - 1887). Der Apostel der Aussätzigen in Surinam. Ein Werkstudent und Spätberufener, nach d. Holländischen bearb. v. Thomas Schaumberger, München 1930, S. 80f.]

Maria Theresia Gräfin Ledóchowska († 1922):
Das Werk der Heidenmission ist so alt wie die katholische Kirche selbst. Von dem Augenblick an, da der Herr seinen Aposteln, ihnen gleichsam ein Testament hinterlassend, den Auftrag gab, hinauszuziehen in die ganze Welt und das Evangelium allen Völkern zu verkünden, hat es Missionare gegeben. …
Entweder wird Afrika christlich - dank der Missionare - oder es fällt dem Mohammedanismus [Islam] als Beute anheim. …
Das Leben ist kurz und die Ewigkeit ist lang. Hinübernehmen können wir gar nichts, der Reiche so wenig wie der Arme, aber wiederfinden können wir alles, nämlich die Almosen, die wir gegeben haben hier und den Armen drüben [in Afrika], und auch die Zeit, die wir verwendet haben für Gott und seine Ehre.

[Ein Hilfswerk für Afrika, Vortrag v. Gräfin M. Th. Ledóchowska, Salzburg 4 1917, S. 2. 4f. 24]

Marcel Callo († 1945): Der Christ ist diesen Namen nicht wert, wenn er nicht kämpft.
Er muss Apostel sein. Vorkämpfer sein ist nicht nur Sache Christlicher Arbeiter-Jugend; es ist vielmehr Aufgabe jedes echten Christen.


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 11.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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