Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Demut
Das griechische Wort für Demut tapeinótes und das lateinische Wort humilitas betonen den Aspekt der Niedrigkeit bzw. der Bodennähe (humus), also das Nicht-Abgehoben-Sein von der Wirklichkeit. Das deutsche Wort bedeutete ursprünglich Dienstwilligkeit, also die Bereitschaft Gott und den Menschen zu dienen. In diesem Sinn galt die Demut vor allem im alten Mönchtum als Fundament aller übrigen Tugenden. Ihr Gegensatz ist der Hochmut.
1. Wesen der Demut
2. Demut und Tugend
3. Jesus Christus als Vorbild
4. Demut in der Beziehung zu Gott
5. Notwendigkeit und Wert der Demut
6. Verschiedenes
1. Wesen der Demut
Demut bedeutet Armut
im Geist
: Gregor von Nyssa
(BKV 158f); Johannes „Chrysostomus”
(BKV I 239; VI 129);
Makarius der Ägypter (BKV 101).
Wesen der Demut: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 87).
Demut ist Selbsterkenntnis: Augustinus von Hippo (BKV V 23); vgl. Johannes „Chrysostomus” (BKV II 118).
Wesen der Demut: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 87).
Anastasius vom Sinai († nach 700):
Frage: Was ist
wahre Demut? Und wie können wir sie mit Gottes Hilfe üben?
Antwort: … Wahre
Demut besteht darin, gute Werke zu vollbringen, und sich dabei für
unrein und der Gnade Gottes für unwürdig zu halten und der
festen überzeugung zu sein, dass wir nur durch die
Menschenfreundlichkeit Gottes gerettet werden. Was immer wir an guten
Werken tun, damit können wir uns vor Gott nicht rechtfertigen,
allein schon wegen der Luft, die wir atmen. Mögen wir ihm auch
alles, was wir haben, als Opfer darbringen, er schuldet uns keinen
Lohn. Alles ist ja sein. … Wenn wir also so viel schuldig sind und
nicht zurückgeben können, in welcher Demut und welcher
Zerknirschung des Herzens sollen wir dann beständig leben? So,
dass wir uns niemandem voranstellen, keinen verurteilen, von keinem
schlecht reden, keinem Böses nachtragen, vielmehr alle lieben,
mit allen Mitleid haben. [Und] sehnen wir uns nach Gott, so wie viele
sich nach ihrer Freundin sehnen.
[MPG
89, quaestiones 135, Sp. 311ff; eigene Übersetzung]
In der Ansprache
über den Zöllner und Pharisäer (Lukasevangelium 18, 9 – 14) hebt
Andreas „Crisinus” von Kreta († 767 ?)
die Bedeutung der Demut für
das christliche Leben hervor:
Der Erzählstoff
vom Zöllner und Pharisäer ist gleichsam eine Vorübung
und Vorbereitung für die, die sich an die heilige Demut halten
wollen, die alle Tugenden umfasst, durch die man wahrhaft das
Himmelreich erlangt, und die sich zugleich vom Hochmut abkehren
wollen, der Gott verhasst ist
und den Menschen von allen Tugenden abwendet. …
Die Demut ist die
Erzieherin zu den Tugenden, Haupt, Ursprung und Ziel der Frömmigkeit,
in der die Schönheit des Christen besteht. Sie ist die Abtötung
der Leidenschaften, Hinwegnahme der Sünde, sie bewahrt die
[fruchtbare] Feuchtigkeit in der Wurzel des Glaubens. …
Der Zöllner steigt
zum Tempel empor, indem er im Geist durch Demut absteigt; der
Pharisäer aber steigt ab, indem er im Geist durch überhebung
aufsteigt. …
Denn der Hochmütige
bleibt nicht in der Liebe; und wer nicht in der Liebe bleibt, bleibt
nach Johannes nicht in Gott. Wer aber in der Liebe bleibt, bleibt in
Gott und Gott in ihm, und er ist nach Paulus ein Tempel Gottes. …
Es verliert wahrhaft die Liebe, wer sich nicht demütigt, es
verachtet, wer nicht liebt. So ist also der Hochmut der Anfang einer
jeden Art von Sünde. Ihr folgt Hass, dem Hass der Mord. …
Lernen wir also,
Brüder, und lassen wir uns belehren und erfüllen wir unsere
großen Verpflichtungen. Doch erheben wir uns nicht ihretwegen.
Wenn wir auch gut sind, gerecht und sanftmütig, menschlich und
barmherzig, demütigen wir uns dennoch, überlassen wir uns
nicht der Verachtung und dem Hochmut, um nicht einmal unsere Mühen
und Anstrengungen zunichte zu machen. Wenn ihr dies alles
getan habt
, sagt der Herr, sagt: Wir sind unnütze
Knechte. Wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.
; Es ist
nämlich unsere notwendige und unvermeidliche Schuldigkeit, dem,
der Gott ist über allen, dienstbereite Demut, Geduld,
Unterwerfung, Gehorsam, Willfährigkeit und Dankbarkeit
darzubringen und seinen heiligsten Willen zu preisen und zu
verehren, und uns nicht von Schmähungen und Beschimpfungen anderer
kränken zu lassen und nicht ungehalten zu sein über Versuchungen
und uns nicht empören, wenn wir geschmäht werden, weil wir aus
all diesem viel Nutzen ziehen. Lernen und erkennen wir, meine
lieben Brüder, die Kraft, Macht und Hilfe der Demut. und lernen wir
auch, welche Verurteilung,
Strafe und Vernichtung die überhebung mit sich bringt.
Eine demütige
Gesinnung reinigt von allen Sünden; doch der Hochmut vernichtet
alle Tugenden, da er ein größeres und schlimmeres übel
darstellt als jedwede Sünde und Verfehlung. So ist es besser,
als Sünder umzukehren und sich zu demütigen, als das Rechte
tuend hochmütig zu werden.
[S. Andreae Cretensis oratio XX: In argumento Publicani et Pharisaei, MPG
97, Sp. 1255ff; eigene Übersetzung]
Ignatius von Loyola († 1556)
äußert sich über
die Weisen der Demut:
Die erste Weise
der Demut ist notwendig zum ewigen Heil. Ich muss mich nämlich
so weit herabsetzen und erniedrigen, als es mir möglich ist,
dazu hin, dass ich in allem dem Gesetz Gottes unseres Herrn gehorche,
derart dass ich - auch wenn man mich zum Herrn aller geschaffenen
Dinge auf dieser Welt machte oder wenn es um mein eigenes zeitliches
Leben ginge - nicht einmal in Erwägung ziehe, ein Gebot zu
übertreten, sei es ein göttliches oder ein menschliches,
das mich unter Todsünde verpflichtet.
Die zweite Weise der
Demut ist vollkommener als die erste: Wenn ich mich nämlich in
solcher Verfassung befinde, dass ich nicht mehr wünsche noch
Neigung habe, in Reichtum als in Armut zu leben, nach Ehre zu
verlangen als nach Schmach, ein langes Leben zu wünschen als ein
kurzes, wenn dabei der Dienst Gottes unseres Herrn und das Heil
meiner Seele gleich bleibt, und dass ich ferner weder um aller
geschaffenen Dinge willen noch deshalb, weil man mir das Leben nehmen
wollte, es auch nur in Erwägung ziehe, eine lässliche Sünde
zu begehen.
Die dritte Weise der
Demut ist die vollkommenste: Wenn ich nämlich - die erste und
zweite Weise vorausgesetzt und sofern das Lob und die Ehre der
Göttlichen Majestät gleich bleibt -, um Christus unserem
Herrn je mehr nachzufolgen und ihm je mehr in der Tat ähnlich zu
werden, eher mit dem armen Christus Armut will und erwähle als
Reichtum, mit dem schmacherfüllten Christus Schmach als Ehren
und je mehr danach verlange, für einfältig und töricht
gehalten zu werden als für weise und klug in dieser Welt - um
Christi willen, der zuerst als solcher angesehen wurde.
[Ignatius von Loyola: Geistliche
Übungen, übertragen von A. Haas. Verlag Herder, Freiburg
1999, S. 60f]
Contardo Ferrini
(† 1902):
Demut ist
Wahrheit, nichts als Wahrheit. … Die Demut beruht in der Erkenntnis
unseres Elends, unserer Gebrechlichkeit. Die Demut besteht nicht im
Verzweifeln; denn wir sind in guten Händen.
Franziska Xaviera Cabrini († 1917):
Das Sakrament der
Buße ist einer der größten Schätze durch die
Demut, die mir ihr einhergeht, indem sie unsere Armseligkeiten
offenbar macht. Und, oh, wie kostbar ist vor Gott unsere
Demütigung!. Ein Akt der Demut ist mehr wert als die Ausübung
der auffälligsten Tugenden. Die Demut ist Wahrheit, sie
versetzt uns in unseren wahrheitsgemäßen Zustand; denn in
der Tat, was sind wir denn vor Gott?
[http://www.preghiereagesuemaria.it/santiebeati; eigene Übersetzung]
Pio da Pietrelcina († 1968):
Die Demut ist
Wahrheit und Wahrheit ist Demut.
2. Demut und Tugend
Vorzug des reuigen und demütigen Sünders vor dem hochmütigen Gerechten: Origenes (BKV II 278).
Demut bezüglich der guten Werke: Basilius „der Große” (BKV II 335 - 338); Hieronymus (BKV I 163f); Papst Leo I. „der Große” (BKV II 20f und öfter).
Demut ist Grundlage der Sanftmut: Gregor von Nyssa(BKV 171f).
Ohne Demut kommen Gerechte zu Fall: Ambrosius von Mailand(BKV II 479f).
Demut heißt, seine Verdienste sich nicht selber zuschreiben: Johannes „Chrysostomus” (BKV I 54).
Demut ist die Mutter aller Tugenden: Johannes „Chrysostomus” (BKV I 241) und das Fundament des geistlichen Baues: Johannes „Chrysostomus” (BKV I 241).
Demut ist Grundlage des Tugendlebens (Johannes „Chrysostomus” (BKV VI 129 - 134, 153f).
Demut macht groß, Hochmut erniedrigt: Johannes „Chrysostomus” (BKV III 333 - 338).
Demut ist der Beginn der Frömmigkeit: Augustinus von Hippo (BKV I 87).
Demut. des wahrhaft Tugendhaften: Augustinus von Hippo (BKV I 282, 285).
Rechte Stellung zum Menschenlob: Augustinus von Hippo (BKV IX 49 - 51); vgl. Petrus „Chrysologus” (BKV 70 - 75).
Der Gerechte soll sich trotz aller Fortschritte für nichts halten: Makarius der Ägypter (BKV 101f, 218).
Dem Hochmütigen wird die Gnade entzogen: Makarius der Ägypter (BKV 135f und öfter).
Die gläubige Seele schreibt dem Herrn all ihre Gerechtigkeit zu: Makarius der Ägypter (BKV 264, 303).
Cäsarius von Arles († 542):
Demut und
Nächstenliebe sind die beiden Beine, auf denen wir uns rasch
fortbewegen können. Alle werden von der Erhabenheit der
Nächstenliebe angezogen, aber Demut ist die erste Stufe, die es
zu erklimmen gilt. Warum hebst du deinen Fuß höher als du
selber stehst? Willst du denn fallen anstatt zu steigen? Beginne mit
der ersten Stufe, also mit der Demut; sie bringt dich schon voran.
[Predigt 159: CCL 104, 650: Er
folge mir nach
]
Nach Hildegard von Bingen († 1179) stehen Demut und Liebe
an der Spitze der Wertehierarchie:
Die Demut
bewirkte nämlich die Geburt des Gottessohnes aus der Jungfrau.
Nicht in unersättlicher Umarmung, nicht in leiblicher Schönheit,
nicht in irdischem Reichtum, in goldenem Schmuck oder in weltlicher
Ehre erwies sich die Demut. Sondern der Sohn Gottes lag in der
Krippe, weil seine Mutter eine arme Frau war. Seufzt und weint auch
die Demut immer, sie macht allen Lastern ein Ende, das ist ihre
Aufgabe. Wer immer also den Teufel besiegen will, schütze und
bewaffne sich mit der Demut; denn Luzifer flieht sie vor allem und
verbirgt sich vor ihr wie eine Schlange in der Höhle; wo sie ihn
aber erwischt, zerreißt sie ihn schnell wie einen morschen
Faden. Die Liebe ergriff den einzigen Sohn Gottes im Schoß des
himmlischen Vaters und legte ihn in den Schoß der irdischen
Mutter, denn sie verachtete weder Sünder noch Zöllner,
sondern erstrebte die Erlösung aller. Deshalb entlockt sie auch
oft den Augen der Gläubigen einen Tränenquell und erweicht
ihre Hartherzigkeit.
Dadurch erstrahlen
Demut und Liebe mehr als die anderen Tugenden. Denn Demut und Liebe
sind wie Seele und Leib, die zusammen mehr Gewalt besitzen als die
übrigen Kräfte der Seele und die Glieder des Leibes. Wie
ist das zu erklären? Die Demut ist gleichsam die Seele und die
Liebe wie der Leib; sie können nicht voneinander getrennt
werden, sondern arbeiten zusammen, wie auch Seele und Leib verbunden
bleiben und miteinander wirken, solange der Mensch im Körper
lebt. Und wie die verschiedenen Glieder des Leibes gemäß
ihrer Kraft von Seele und Leib abhängig sind, so leisten auch
die übrigen Tugendkräfte ihren gerechten Beitrag zugunsten
der Demut und Liebe. Deshalb, ihr Menschen, bemüht euch zur Ehre
Gottes und zu euerm Heil um Demut und Liebe. So ausgerüstet
werdet ihr die Nachstellungen des Teufels nicht zu fürchten
brauchen, sondern unvergängliches Leben besitzen.
[Hildegard von Bingen: Scivias, hrsg. von W. Storch.
Augsburg 1990, S. 36f]
Johannes-Baptist Vianney
(† 1859):
Die Demut ist wie die Kette im
Rosenkranz: Wenn die Kette reißt, fallen die Perlen weg; wenn
die Demut weicht, verschwinden alle Tugenden.
3. Jesus Christus als Vorbild
Christus selbst hat Demut verkündet: Origenes (BKV II 15).
Christus als Lehrer der Demut: Augustinus von Hippo (BKV V 22f, 25f, VI 6)
Freiwillige Demut nach dem Beispiel Christi: Papst Leo „der Große” (BKV I 181 - 184)
Christus als Vorbild der Demut: Basilius „der Große” (BKV II 339); Gregor von Nyssa (BKV 159f)
Nach Karl Borromäus († 1584) sind die dreifache
Demut und die Liebe des Herrn Vorbild für uns Menschen:
Hier nun,
geliebte Brüder, müssen wir … die bewundernswerte
Demut unseres Erlösers nicht nur aufmerksam betrachten, sondern
auch mit großem Eifer nachahmen. Es gibt drei Stufen von Demut,
von denen die erste Stufe ausreichend ist, die zweite überströmend,
auf der dritten Stufe aber alle Gerechtigkeit erfüllt wird.
Auf der ersten Stufe
befinden sich die, die ihren Oberen gehorchen, auf der zweiten,
welche sich um Gottes willen auch ihresgleichen unterordnen, zur
dritten sind die zu zählen, die es nicht für unter ihrer
Würde halten, auch ihren Unterstellten zu dienen.
In all diesen drei
Stufen hat sich Christus unser Herr eindeutig als der Demütigste
und Gehorsamste erwiesen. Er war dem über ihm stehenden Vater,
wenn du seine Menschheit ins Auge fasst, unterworfen; in seiner
Gottheit war er ihm gleich. Er gehorchte so sehr und unterwarf sich
ihm so, dass er, wie er bezeugte, nichts anderes tat, als den Willen
seines Vaters. Wie sehr er sich aber durch Demut und Gehorsam
gegenüber den weit unter ihm stehenden Menschen auszeichnete,
steht fest, sowohl durch sein eigenes Zeugnis als auch durch die
Beschreibung der Evangelien: Denn
, so sagt er, ich
bin nicht gekommen, um mich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen
(Matthäusevangelium 20, 28). Wenn ihr aber mit mir jene Stelle des Evangeliums
betrachten wollt, die erzählt, was er bei der Fußwaschung
tat und sprach - all das, was ich jetzt zusammenfasste - werdet ihr
klar erkennen: Es war vor dem Osterfest
.
Alles im Geheimnis der
Menschwerdung Christi lehrt die äußerste Demut und
offenbart unendliche Liebe. Aus Liebe stieg er vom Himmel. Aus Liebe
zu uns wurde er getauft; aus Liebe zu uns fastete er, erlitt er die
Versuchung, Trübsale und Beschimpfungen und zuletzt hat er den
Tod erlitten. Diese seine bewundernswerte Liebe bewies er auch beim
letzten Abendmahl, als er das allerheiligste Sakrament seines Leibes
und die übrigen heiligen Geheimnisse und Dienste der
Gottesverehrung einsetzte. Darüber hinaus auch die Fußwaschung.
… Durch sie hat er seine Liebe den Seinen anvertraut und
seinen Dienern Bescheidenheit des Herzens gelehrt.
[Predigt
des Karl Borromäus zum Herrenmahl bei der Fußwaschung
über das 13. Kapitel bei Johannes: Es war vor dem
Osterfest
, 27. März 1567. Nach: H. Bach: Karl Borromäus.
Köln 1985]
Teresa Margareta vom Heiligen Herzen Jesu Redi († 1770):
Da die Liebe die
Liebenden gleichförmig macht, daher sollten wir demütig
werden wie Jesus, sanftmütig wie Jesus, und Seine Demut wird uns
lehren, uns zu freuen, wenn wir verachtet werden, und stumm zu
bleiben, wenn die Natur uns dazu führen möchte, uns zu
entschuldigen.
4. Demut in der Beziehung zu Gott
Notwendigkeit der Demut gegenüber Gott: Origenes(BKV II 278).
Demut beim Gebet: Cyprian von Karthago (BKV I 170f).
Pflicht der Demut vor Gott: Ambrosius von Mailand(BKV II 479f).
Demut ist nötig zum Glauben: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 36 - 38).
Mit Demut beginnt die Frömmigkeit: Augustinus von Hippo (BKVI 87).
Niemand darf auf seine eigene Gerechtigkeit pochen und an Gottes Barmherzigkeit zweifeln: Papst Leo „der Große” (BKV I, 4).
Demut der Gott liebenden Seele: Makarius der Ägypter (BKV 85f).
Eucherius von Lyon († 449/50):
Der Demut sollen
wir uns besonders befleißigen; denn sie stellt uns den
Gerechten gleich, sie verbindet uns mit den Engeln, sie lässt
uns Gott nahekommen. Sie ist es, die keinen Sturz, keinen Abgrund und
kein Fallen zu fürchten braucht; denn die Demut kann
nirgendwohin fallen: Willst du also nicht fallen? Dann erhebe dich
nicht!
[Exhortatio
ad monachos 2, MPL 50, Sp. 865f; eigene Übersetzung]
Ägidius von Assisi (†
1262):
Keiner kann zur Erkenntnis Gottes kommen
außer durch Demut: Der Weg zum Aufstieg heißt Abstieg.
Franz Xaver (†
1552) weist hin auf die Macht der Demut:
Ich bitte Sie,
Brüder: Geben Sie sich ohne Grenzen Gott, unserem Herrn, hin,
legen Sie all das Ihre in seine Hand, ohne auf Ihr Wissen und Können
zu vertrauen und auf die Meinung der Menschen. Dann werden Sie wohl
bereitet sein, auch die größten Prüfungen an Leib und
Seele zu bestehen, denn Gott tröstet und stärkt die
Demütigen, besonders die, welche ihre eigenen Schwächen in
all den vielen kleinen Armseligkeiten des Lebens wiederfinden, als
spiegelten sie sich dort auf sehr klarem Grund, sie, die den Sieg
über sich erringen. Wenn solche Menschen dann von Bedrängnissen
umklammert werden - und seien es auch die schwersten, die sie jemals
erlebt - sie wissen: Weder der böse Feind noch das Heer seiner
Diener, weder die Stürme des Meeres noch die barbarischen Völker
und tückische Menschen zu Wasser und Land, noch irgendeine
geschaffene Kreatur können sie erschüttern; in ihrem
Vertrauen auf Gott ist ihr sicheres Wissen beschlossen, dass nichts
ihnen schaden kann ohne Gottes Zulassung und seine waltende Macht!
Und weil ihr Verlangen und Sehnen, Gott zu dienen, offenbar ist, weil
alle Kreatur unter Gottes Botmäßigkeit steht und ihr
Vertrauen tief in ihm ruht, darum kennen sie nur eine einzige Furcht
- die Furcht, gegen Gott zu sündigen. Sie wissen: Wenn Gott dem
bösen Feinde erlaubt, sein Werk zu wirken, und wenn die
Geschöpfe sie verfolgen, so widerfährt ihnen dies zu ihrer
Erprobung, auf dass sie innerlich klarer erkennen, oder es kommt über
sie als Strafe für ihre Sünden, oder um ihnen Verdienste
erringen zu helfen oder auch, auf dass sie demütig würden.
Darum bringen sie Gott einen Hochgesang ihres Dankes dar, sie preisen
ihn, weil ihr Nächster ihnen die Gnade der Verfolgung erweist,
sie lieben ihre Feinde als Werkzeuge, von denen ihnen das Gute kommt;
und weil sie den Undank fürchten und doch nicht wissen, wie sie
so große Gunst vergelten können, so beten sie voller
Inbrunst für ihre Verfolger.
[E.
Vitzthum (Hrsg.): Die Briefe des Francisco de Xavier. Leipzig 1941,
S. 147f]
Teresa Margareta vom Heiligen Herzen Jesu Redi († 1770):
Je ärmer und
elender ich bin, umso reicher und stärker bin ich in Gott.
Johannes-Baptist Vianney
(† 1859):
Die Demut entwaffnet die
Gerechtigkeit Gottes.
Maria Rosa Flesch (†
1906):
Vom Stolzen
entfernt sich Gott, er vollbringt nichts Großes für Gott.
Dem Demütigen nähert er sich und befähigt ihn, Großes
zu seiner Ehre und zum Wohl des Nächsten zu vollbringen.
5. Notwendigkeit und Wert der Demut
Predigt über die Demut: Basilius „der Große” (BKV II 330 - 341).
Wenn uns Demut und Einfalt fehlen, fehlt uns das Wichtigste: Johannes „Chrysostomus” (BKV III 227).
Wert und Notwendigkeit der Demut: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 74 - 78).
Grundlegende Bedeutung: Augustinus von Hippo (BKV II 331) und Notwendigkeit der Demut: Augustinus von Hippo (BKV IV 206f).
Demut als Kennzeichen des wahren Christen: Makarius der Ägypter (BKV 142f, 218).
Demut gehört zur Natur der Vollkommenheit: Makarius der Ägypter (BKV 160, 231f).
Antonius „der Große” (†
356 ?) über die Bedeutsamkeit der Demut:
Ausspruch des
Altvaters Antonios:
Ich sah alle Schlingen des Feindes über
die Erde ausgebreitet.
Da seufzte ich und sprach: Wer
kann ihnen denn entgehen?
und ich hörte, wie eine Stimme
zu mir sagte: Die Demut!
Makarius der Ägypter († um 390):
Teufel:
Du
fastest - ich auch. Du hältst Nachtwachen - ich schlafe
überhaupt nicht. In einem jedoch besiegst du mich!
Makarios: Wodurch?
Teufel: Durch deine Demut.
Synkletike (†
um 400):
So wie es
unmöglich ist, ein Schiff zu bauen ohne Nägel, so kann auch
ein Mensch ohne Demut nicht selig werden.
Benedikt von Nursia († 547 oder um 560)
über die Demut:
Laut ruft uns,
Brüder, die Heilige Schrift zu:
Wer sich selbst erhöht,
wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht
werden
(Lukasevangelium 18,14). Mit diesen Worten zeigt sie uns also, dass
jede Selbsterhöhung aus dem Stolz hervorgeht. Davor hütet
sich der Prophet und sagt: Herr, mein Herz ist nicht
überheblich, und meine Augen schauen nicht hochmütig; ich
ergehe mich nicht in Dingen, die für mich zu hoch und zu
wunderbar sind. Wenn ich nicht demütig gesinnt bin und mich
selbst erhöhe, was dann? Du behandelst mich wie ein Kind, das
die Mutter nicht mehr an die Brust nimmt.
(Psalm 131, 1f).
Brüder, wenn wir
also den höchsten Gipfel der Demut erreichen und rasch zu jener
Erhöhung im Himmel gelangen wollen, zu der wir durch die Demut
in diesem Leben aufsteigen, dann ist durch Taten, die uns nach oben
führen, jene Leiter zu errichten, die Jakob im Traum erschienen
ist. Auf ihr sah er Engel herab- und hinaufsteigen. Ganz sicher haben
wir dieses Herab- und Hinaufsteigen so zu verstehen: Durch
Selbsterhöhung steigen wir hinab und durch Demut hinauf.
Die so errichtete
Leiter ist unser irdisches Leben. Der Herr richtet sie zum Himmel
auf, wenn unser Herz demütig geworden ist. Als Holme der Leiter
bezeichnen wir unseren Leib und unsere Seele. In diese Holme hat
Gottes Anruf verschiedene Sprossen der Demut und Zucht eingefügt,
die wir hinaufsteigen sollen.
[Regula
Benedicti / Die Benediktusregel. Beuron 1992, Kap. 7, S. 101]
Elisabeth Anna Bayley Seton († 1821):
Das Tor zum
Himmel ist sehr niedrig, nur der Demütige kann durch es
eintreten.
Johannes-Baptist Vianney
(† 1859):
Mit der Demut ist es wie mit
einer Waage: Je mehr man sich an der einen Seite erniedrigt, desto
mehr wird man an der anderen erhöht.
Johannes Bosco (†
1888):
Wer auf der Höhe
steht, hat umso mehr Demut nötig.
(X. 1086)
6. Verschiedenes
Philippina Duchesne († 1852):
Die Demut ist die
Haltung, die die größte Anstrengung erfordert.
Arsenios „der Große” (†
um 440):
Einmal fragte der
Altvater Arsenios einen ägyptischen Alten über seine
eigenen Gedanken. Ein anderer, der das sah, sagte zu ihm:
Altvater
Arsenios, nachdem du so große griechische und römische
Bildung besitzest, wie kannst du da diesen Bauern über seine
Gedanken befragen?
Er aber antwortete ihm: Die römische
und griechische Bildung habe ich in mir, aber das Alphabet dieses
Bauern habe ich noch nicht gelernt.
[Weisung
der Väter / Apophthegmata Patrum, übersetzt von Bonifaz Miller.
Freiburg i. B. 1965, Nr. 43]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 31.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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