Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Das Herz des Menschen
In vielen Kulturen und so auch in den Schriften des A. T. und N. T. "bezeichnet Herz die ursprüngliche innerste Mitte der leib-geistigen Person, den Quellort der Erkenntnis und Weisheit, des Wollens und Handelns, aber auch des affektiven Lebens. Diese Personmitte ist wesentlich offen auf Gott und andere Personen hin" (Josef Stierli).
1. Reinigung des Herzens 2. Innere Achtsamkeit 3. Gottes Blick auf das H. 4. Zuwendung des H. zu Gott 5. Ruhe des H. in Gott 6. das H. als Tempel Gottes 7. Herzensgebet
1. Miteinem anschaulichen Vergleich beschreibt Hugo von Saint-Victor († 1141) die Reinigung des Herzens:
"Bei der inneren Schau gibt es oft eine Art Kampf zwischen Wissen und Nichtwissen. Das Licht der Wahrheit ist manchmal noch durch den Nebel des Irrtums verdunkelt, so wie ein Feuer, das Mühe hat, am grünen Holz sich zu entzünden, aber wenn ein mächtiger Windstoß ihm zu Hilfe kommt, dann flammt es auf und beginnt inmitten der aufwirbelnden schwarzen Rauchschwaden weithin zu leuchten. Dann breitet sich der Feuerherd aus, denn die Feuchtigkeit des Holzes wird aufgesaugt, und so verschwinden auch die dunklen Rauchwirbel, die Flamme wird immer heller, verbreitet sich siegreich und strahlend über das ganze Holz … Aber wenn erst alles Brennbare selbst zu Feuer geworden ist, dann hört auch alles Knacken und Funkensprühen auf, und was zuerst fressende Flamme war, wird zu einer stillen Glut, weil es nichts mehr finden kann, das von ihm verschieden oder ihm fremd wäre, nichts, was ihm noch widersteht. Darum sieht man zuerst Flammen und Rauch, dann Flamme ohne Rauch und zuletzt Glut ohne Flamme und ohne Rauch.
So ist auch unser Herz. Als Fleisch verhält es sich wie das grüne Holz voller Feuchtigkeit, d. h. voller Begierden. Wenn es von irgendwelchen Funken der Gottesfurcht oder Gottesliebe getroffen wird, dann erhebt sich zuerst Rauch der verwundeten bösen Lust und die verwundeten Leidenschaften bäumen sich auf. Dann aber stärkt sich die Seele, die Flamme der Gottesliebe brennt immer heißer und leuchtet immer stärker, der Rauch der Leidenschaften verflüchtigt sich und so kann sich der gereinigte Geist endlich hoch hinauf bis zur Betrachtung der Wahrheit erheben. Zuletzt wenn das Herz ganz von der Wahrheit durch diese fortgesetzte Schau durchglüht worden ist und mit all seiner inneren Willenskraft die Quelle selbst der höchsten Wahrheiten erreicht hat, dann verwandelt es sich in Glut, in das Feuer der echten Gottesliebe, und kann überhaupt nicht mehr durch Leidenschaften verwirrt, nicht mehr durch Begierden beunruhigt, nicht durch Schmerzen mehr bewegt werden. Jetzt endlich hat das Herz Ruhe und Frieden gefunden." [Einführung in die Mystik / In Quellen und Zeugnissen, hrsg. v. Walther Tritsch. Weltbild Verlag, Augsburg 1990, S. 90-92]
Angelus Silesius († 1677):
"Mensch, denkst du Gott zu schau'n dort oder hier auf Erden:
So muss dein Herz zuvor ein reiner Spiegel werden."
Margareta Maria Alacoque († 1690):
"Seien Sie arm in allem, und das heiligste Herz [Jesu] wird Sie reich machen! Werden Sie leer von allem, und dieses Herz wird Sie erfüllen!"
"Machen wir unser Herz leer von allem Irdischen, liebvoll gegen den Nächsten und freigebig gegen die Armen!"
2. Jesaja der Anachoret († um 370 oder um 490)betont die Bedeutung der inneren Aufmerksamkeit:
"Geben wir unserem Gewissen keinen Anstoß, achten wir auf uns in der Furcht Gottes, bis auch das Gewissen sich selbst zusammen mit uns befreit hat. Es soll zwischen ihm und uns eine Einheit entstehen und es fürderhin unser Wächter werden, indem es uns alles zeigt, woran wir gestoßen sind. Gehorchen wir ihm aber nicht, wird es von uns gehen; es lässt uns im Stich, wir fallen in die Hände unserer Feinde, und sie lassen uns nicht mehr aus. So hat uns auch unser Herr belehrt, als er sprach: ‚Schließ Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm auf dem Weg bist‛, und das Folgende. Man sagt, das Gewissen sei ein Gegner, da es sich dem Menschen widersetzt, wenn er den Willen seines Fleisches erfüllen möchte. Und wenn der Mensch nicht darauf hört, übergibt es ihn seinen Feinden."
- "Wende dich also deinem Herzen zu, und achte auf deine Sinne! Und wenn du an Gott denkst und dabei Freude besitzt, ertappst du die Diebe, wie sie dein Herz heimlich ausrauben. Wer nämlich sorgfältig mit seinen Gedanken umgeht, erkennt jene, die im Begriff sind einzudringen und ihn zu beflecken. Denn sie verwirren den Geist, dass er unsicher und träge werde. Die aber ihre Bosheit erkannt haben, bleiben ohne Verwirrung, denn sie beten zum Herrn."
"Wenn der Mensch nicht jegliches Verhalten (im Sinne) dieser Welt hasst, kann er Gott nicht verehren. Die Verehrung Gottes, worin besteht sie also, wenn nicht darin, nichts Fremdes in unserem Geist zu haben, wenn wir zu Gott beten, keine Sinnenlust, wenn wir ihn lobpreisen, keine Schlechtigkeit, wenn wir ihm singen, keinen Hass, wenn wir ihn anbeten, keinen bösen Neid, der uns behindert, wenn wir über ihn nachsinnen und seiner gedenken?
All diese finsteren Dinge nämlich bilden eine Mauer, indem sie die unglückliche Seele umschließen; und diese vermag Gott nicht in reiner Weise zu verehren, solange sie diese Dinge in sich trägt. Denn sie behindern die Seele mit ihrem Nebel und lassen nicht zu, dass sie sich Gott nähert, ihn im Verborgenen lobpreist und in der Freude des Herzens zu ihm betet, um von ihm erleuchtet zu werden. Darum wird der Geist stets verdunkelt und vermag nicht vorwärtszuschreiten, wie es Gott gefällt, weil er nicht daran denkt, diese Dinge durch Erkenntnis zu zerschlagen."
"Ich ermahne dich, lasse dein Herz nicht los, solange du im Leib verweilst. Der Bauer kann ja auf keine seiner Feldfrüchte seine Hoffnung setzen, wenn sie auf seinem Acker emporwächst, denn er weiß nicht, was ihr widerfährt, bevor sie in seine Speicher eingeschlossen wird. So kann auch der Mensch sein Herz nicht loslassen, solange er Atem in seiner Nase hat. Und wie ein Mensch nicht weiß, was für ein Geschick ihm bis zu seinem letzten Atemzug begegnen wird, so darf ein Mensch auch sein Herz nicht loslassen, solange er Atem besitzt. Er muss vielmehr stets laut zu Gott rufen, um dessen Hilfe und Barmherzigkeit willen." [27 Kapitel des heiligen Isaias des Anachoreten über die Bewachung des Geistes, in: Philokalie, Bd. 1, Verlag "Der Christliche Osten", Würzburg 22007, S. 58-61]
Cäsarius von Arles († 542):
"Nicht in entlegenen Regionen finden wir, was der Herr von uns verlangt. Er schickt uns in unser eigenes Innere, in unser Herz; denn in uns hinein hat er gelegt, was er von uns verlangt … Bemühen wir uns also mit allen Kräften, mit der Hilfe Gottes der Güte anstatt dem Bösen den ersten Platz in unserer Seele einzuräumen, der Geduld statt dem Zorn, dem Wohlwollen statt der Missgunst, der Demut statt dem Hochmut. Kurz, die Sanftheit der Nächstenliebe ergreife so sehr Besitz von unserem Herzen, dass darin kein Platz mehr ist für die Härte des Hasses." [Predigt 37,1; 38,5; 182,3]
Heinrich von Friemar († 1340):
"Leider haben etliche ein schwaches Herz und dienen Gott mit so geringem Vertrauen, dass sie wenig von den göttlichen Antrieben wahrnehmen. Da muss die göttliche Liebe sehr darauf bedacht sein, wie sie deren Herz erreichen kann und worin diese für den göttlichen Antrieb bereit sind. Wo dies nicht der Fall ist, muss Gott seine Antriebe unter einer verfremdeten Gestalt übermitteln, ähnlich wie er zu den Propheten einst im Traum oder im Gleichnis sprach; dann empfangen sie die göttlichen Eingebungen verfremdet und undeutlich, so dass sie diese als Traum ansehen. Und das ist der wahre Grund, warum es so wenige Menschen gibt, die gut und genau wahrnehmen, wann sie göttliche Antriebe empfangen … Nur jene nehmen die göttlichen Eingebungen wahr, die das Innere ihres Herzens bewahren."
[Quellen geistlichen Lebens, Bd. 2, hrsg. v. Gisbert Greshake u. Josef Weismayer. Matthias Grünewald Verlag, Ostfildern 2008, S. 201f.]
Für Franz von Sales († 1622)ist der Nestbau der Eisvögel, ein Vorbild für das menschliche Herz:
Ich betrachtete
neulich, was einige Schriftsteller von den Eisvögeln sagen,
diesen kleinen Vögeln, die ihre Eier auf die Reede [d. h. den
Ankerplatz vor dem Hafen] des Meeres legen. Sie bauen ganz runde und
so fest zusammengepresste Nester, dass das Meerwasser nicht
hindurchdringen kann; nur nach oben ist eine kleine öffnung,
durch die sie Luft schöpfen können. Dahinein setzen sie
ihre Jungen, damit sie, wenn das Meer sie überrascht, in
Sicherheit auf den Wogen schwimmen und treiben können, ohne dass
die Nester sich mit Wasser füllen und untergehen. Die Luft, die
durch das kleine Loch hineindringt, dient als Gegengewicht und hält
diese kleinen Bälle, diese kleinen Barken so im Gleichgewicht,
dass sie niemals umfallen. Meine Tochter, wie wünsche ich, dass
unsere Herzen ebenso beschaffen sein möchten, so ganz
zusammengepresst, so nach allen Seiten wohl verschlossen, damit die
Stürme der Welt, die sie ergreifen, nicht in sie hineindringen,
und dass sie keine andere öffnung haben als nach dem Himmel, um
nur unserem Erlöser zu atmen. Und für wen, meine liebe
Tochter, soll dies Nest sein? Für die kleinen Küchlein
dessen, der es geschaffen hat, für die Liebe Gottes, für
die göttlichen und himmlischen Neigungen.
[E. Heine (übers.), Briefe des heiligen Franz von Sales an die heilige Johanna Franziska von Chantal (1604-1610), München 1927, S. 123]
Als Mittel, die innere Ruhe und den Frieden des Herzens zu bewahren, nennt Leonardo da Porto Maurizio († 1751) folgende:
"Das erste und Hauptmittel besteht darin, dass man sich eine richtige und vernünftige Vorstellung von unserem gebrechlichen Zustand macht; wir sind jeder Art von Zufällen des Unglücks und Elends ausgesetzt, welche kraft der Anordnung der göttlichen Vorsehung die Hinfälligkeit unseres Wesens vom ersten Augenblick seines Daseins an mit sich bringt …
Das zweite Mittel, das sehr dazu geeignet ist, euch den inneren Frieden erwerben zu helfen, besteht darin: die zeitlichen und irdischen Dinge gering zu achten, sie neben den Gütern und übeln des anderen Lebens für nichts zu halten, die Reichtümer als eine Sache anzusehen, die eurer Sorgen nicht würdig sind, und gleichmütig zu bleiben, wenn ihr ein Ereignis statt eines anderen euch mehr erwünschten eintreten seht. Es ist unleugbar, dass, wenn ihr euch daran gewöhnt, die Dinge so anzusehen, nichts, was auch immer euch treffen mag, Gutes oder übles, die Heiterkeit eurer Seele zu trüben vermag …
Eine dritte Regel, welche euch den inneren Frieden wird erwerben helfen können: Ihr müsst es euch zum unwandelbaren Grundsatz in all euren Plänen und Unternehmungen machen, nie vorauszusetzen, dass euch alles leicht und nach euren Wünschen gelingen wird, sondern vielmehr gefasst zu sein, die Dinge die schlimmste Wendung nehmen zu sehen. In dieser Voraussicht bereitet euer Herz auf alle Schwierigkeiten und alle die Hindernisse vor, welche eure Absichten auf tausend Arten durchkreuzen können, und bestärkt euch in einem solchen Zustand der Gleichgültigkeit, dass, wie auch der Ausgang sein mag, glücklich oder unglücklich, nichts die Heiterkeit eurer Seele, weder innerlich noch äußerlich, zu trüben vermag." [Leonard da Porto Maurizio, Geistliche übungen, 1. Teil, Regensburg 1890, S. 250 ff.]
3. Cyprian von Karthago († 258): "Gott horcht nicht auf die Stimme, sondern auf das Herz, und es ist nicht nötig, ihn, der die Gedanken sieht, erst durch lautes Geschrei zu mahnen."
Pambo († 386 ?): "Wenn du ein Herz hast, kannst du gerettet werden.‛"
Bernhard von Clairvaux († 1153):
"Den Garten des Paradieses betritt man nicht mit den Füßen, sondern mit dem Herzen."
Gertrud von Helfta († 1302): "Der Herr nimmt lieber den guten Willen eines aufrichtigen Herzens an als große Werke ohne lautere Absicht."
Johannes Bosco († 1888):
"Wandelt mir den Füßen auf Erden, aber wohnt mit dem Herzen im Himmel!"
Johannes XXIII. († 1963): "Gott sieht nicht auf die Vielzahl der Handlungen, sondern darauf, wie ich sie vollbringe. Er fordert das Herz und nichts anderes."
4. Nach Johannes Cassianus († um 433) ist Zielpunkt des christlichen Lebens die Liebe:
"Mit aller Spannkraft seiner Seele muss der Mönch einen einzigen Punkt anpeilen und alle seine Gedanken, so wie sie in seinem Innern entstehen und kreisen, immer wieder auf diesen einen Punkt ausrichten und so auf das Gott-Gedenken konzentrieren.
Er muss es ähnlich machen wie ein Mann, der das Gewölbe einer Kuppel hochziehen und in der Höhe schließen will, denn der muss die ganze Rundung auf dieses Zentrum hoch oben hin entwerfen und ausrichten; dieses Zentrum ist nur ein Punkt, auf den es haargenau ankommt: auf ihn hin muss alles berechnet werden, er muss genau angezielt werden. Wer ein solches Werk vollenden wollte, ohne sich an diesen Zentralpunkt als Prüfstein zu halten, würde niemals eine völlig regelmäßige Rundung zuwege bringen; er würde auch nicht durch bloßen Augenschein feststellen können, in welchem Ausmaß sein Irrtum jene Schönheit beeinträchtigt, die das Ergebnis einer vollkommenen Rundung ist. Deshalb muss er sich beharrlich auf jenen Fixpunkt beziehen, nach dem er allein seine Maße berechnen und ihre Richtigkeit beurteilen kann. In dem Licht, das er von daher empfängt, muss er genau die innere und äußere Rundung seines Bauwerks bestimmen. Nur in einem einzigen Punkt wird eine so gewaltige Konstruktion ihren vollendenden Schluss-Punkt finden können.
ähnlich ist es mit
unserer Seele: Wenn der Mönch nicht die Liebe des Herrn zum
unverrückbaren Zentrum werden lässt, von dem alle seine
Werke wie Strahlen ausgehen; wenn er nicht alle seine Gedanken nach
diesem sicheren Kompass der Liebe ausrichtet - dann wird er niemals
jenes geistliche Gebäude errichten können, das der Apostel
Paulus entworfen hat; und er wird dann auch nichts von der Schönheit
jenes inwendigen Tempels wissen, den der selige David dem Herrn in
seinem Herzen anbieten wollte, da er sagt: Herr, ich liebe die
Schönheit deiner Wohnung und den Ort, wo deine Herrlichkeit
wohnt
(Ps 25, 8).
Er wird dann stattdessen in seinem Herzen ein Haus errichten, das jeder Schönheit bar ist und des Heiligen Geistes unwürdig, und das jeden Augenblick vom Einsturz bedroht ist. Weit entfernt von der Herrlichkeit, einen solchen Gast zum Mitbewohner zu haben, wird er von den
Ruinen des zusammenbrechenden Baues elend erschlagen werden." [Abbas Abraham über das sanfte Joch Christi, coll. 14,6 nach: Johannes Cassian, Ruhe der Seele. Einweisung in das christliche Leben III, übertr. v. Gertrude u. Thomas Sartory, Freiburg i. B. 1984, S. 165-67]
Cäsarius von Arles († 542):
"Wenn wir Geld an die Armen verteilen, so lasst uns … unsere Seele Gott schenken, damit dort, wo unser Schatz ist, auch unser Herz sein kann. Warum wohl verlangt Gott von uns Geld? Doch gewiss deswegen, weil er weiß, dass wir es besonders gerne haben und dauernd daran denken, und weil da, wo unser Geld ist, auch unser Herz ist. Deshalb ermahnt uns Gott, durch Gaben an die Armen Schätze im Himmel zu sammeln. Es soll unser Herz dorthin folgen, wohin wir unseren Schatz schon geschickt haben."
[Predigt 32,1-3: SC 243: Cäsarius von Arles bei: http://www.kirchlich.net/]
Camilla Baptista von Varano († 1524):
"Du sollst Gott nicht aus Furcht vor Schmerz oder Strafe wie ein Sklave dienen, auch nicht wie eine Dirne für Geld oder Bezahlung, sondern wie ein echter Sohn, wie eine rechtmäßige Braut. Erwidere Gott Liebe mit Liebe, Herz mit Herz, Schmerz mit Schmerz, Blut mit Blut, Tod mit Tod …
Halte das Herz weit offen, werde großzügig und stark, damit darin der König des ewigen Lebens wandeln und umhergehen kann, denn in einem engen Herzen wird und kann Gott nicht wohnen, denn er ist groß und über alle Götter erhaben. (vgl. Ps 99,2)"
[Ermahnungen Jesu, in: Es begann mit einer Träne … Leben und Schriften der heiligen Camilla Battista von Varano OSC, hrsg. v. Gottfried Egger, Heiligenkreuz im Wienerwald 2012, S. 240ff.]
Bruder Lorenz († 1691): "Um zu Gott zu kommen, braucht man weder Klugheit noch Wissenschaft, sondern nur ein Herz, das entschlossen ist, sich um nichts zu kümmern als um ihn und nichts zu lieben außer ihm."
Lukas Etlin (†
1927): Bringe Jesu immer ein freudiges Herz entgegen!
Mache viel Akte der Liebe mit deinem Herzen und bald wird dein Herz
zu brennen anfangen. Ich will ein Opfer der Liebe Christi sein."
5. In keinem Geschöpf, nur in Gott, kann die Seele Heil und Ruhe finden: Makarios (BKV 320-25).
Augustinus von Hippo († 430):
"Du hast uns zu dir hingeschaffen und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir."
Juliana von Norwich († um 1430):
"Gott will erkannt sein und Er freut sich, dass wir in Ihm ruhen. Denn alles, was weniger ist als Er, genügt uns nicht. Und das ist der Grund, warum keine Seele zur Ruhe kommt, wenn in ihr nicht alle Geschaffene zunichte geworden ist. Wem alles zunichte geworden ist aus Liebe zu Ihm, der alles umfasst, was gut ist, der ist imstande, die geistliche Ruhe zu erlangen."
Karl Borromäus († 1584):
Wie sehr irren
doch die, die glauben, den Durst ihres Herzens und ihrer Seele mit
einem anderen Wasser stillen zu können als mit der Gnade des
Heiligen Geistes, als mit dem Genuss Gottes! Denn unsere Seele
begehrt Unendliches, und nur mit dem unendlichen Gott kann sie jemals
gesättigt werden."
Blaise Pascal († 1662):
277 "Das Herz hat seine Gegengründe, die die Vernunft nicht kennt: das erfährt man bei tausend Anlässen. Ich behaupte, dass das Herz das allumfassende Wesen von Natur aus liebt und von Natur aus sich selbst, je nachdem es sich ihm hingibt; und es verhärtet sich in eigener Entscheidung gegen das eine oder das andere. Sie haben das eine abgelehnt und das andere bewahrt: lieben Sie sich nun aus Gründen der Vernunft?"
278 "Nicht die Vernunft, sondern das Herz erfährt Gott. Darin besteht der Glaube, dass Gott im Herzen und nicht von der Vernunft erfahren wird."
279 "Der Glaube ist eine Gabe Gottes; meinen Sie nur nicht, wir würden sagen, er sei eine Gabe des Vernunftdenkens. Die anderen Religionen sagen das nicht von ihrem Glauben; um zum Glauben zu gelangen, gaben sie nur das Vernunftdenken an, das dennoch nicht dahin führt."
282 "Wir erkennen die Wahrheit nicht allein mit der Vernunft, sondern auch mit dem Herzen; auf diese zweite Art erkennen wir die ersten Prinzipien, und vergeblich versucht das Vernunftdenken, das daran nicht beteiligt ist, sie zu bekämpfen. Die Skeptiker, die nur dies zum Ziel haben, bemühen sich hier vergeblich. Wir wissen, dass wir nicht träumen; unsere Ohnmacht, es mit der Vernunft beweisen zu wollen, läßt nur auf die Schwäche unserer Vernunft schließen, nicht aber auf die Ungewissheit aller unserer Erkenntnisse, wie die Skeptiker behaupten. Denn die Erkenntnis der ersten Prinzipien wie beispielsweise, dass es Raum, Zeit, Bewegung und Zahlen gibt, ist in gleicher Weise gesichert wie irgendeine von jenen Erkenntnissen, die uns unser Vernunftdenken vermittelt. Und auf diese Erkenntnisse des Herzens und des Instinkts muss die Vernunft sich stützen, und darauf muss sie ihre Rede gründen. Das Herz spürt, dass es drei Dimensionen im Raume gibt und dass die Zahlen unendlich sind; und die Vernunft beweist dann, dass es nicht zwei Quadratzahlen gibt, von denen die eine doppelt so groß ist wie die andere. Die Prinzipien werden erfahren, die Lehrsätze erschlossen; und das alles mit Gewissheit, wenn auch auf verschiedenen Wegen. Und es ist sinnlos und lächerlich, dass die Vernunft, um zustimmen zu können, vom Herzen Beweise für seine ersten Prinzipien fordert, wie es auch lächerlich wäre, wenn das Herz, um ihnen zustimmen zu können, von der Vernunft für alle Sätze, die sie beweist, eine Erfahrung verlangen würde,
Diese Machtlosigkeit soll also nur dazu dienen, die Vernunft zu demütigen, die über alles urteilen möchte, keineswegs aber dazu, unsere Gewissheit zu bekämpfen, gleichsam als gäbe es nur die Vernunft, die uns belehren könnte. Gebe Gott, dass wir sie im Gegenteil niemals nötig hätten und dass wir alle Dinge durch Instinkt und Erfahrung erkennen könnten! Aber die Natur hat uns dieses Gut versagt; sie hat uns im Gegenteil nur sehr wenige Erkenntnisse dieser Art geschenkt; alle anderen können nur im Vernunftdenken erworben werden.
Und darum sind jene, denen Gott die Religion in der Erfahrung des Herzens geschenkt hat, sehr glücklich und durchaus rechtmäßig überzeugt. Aber denen, die sie nicht haben, können wir sie nur auf dem Wege des vernünftigen Denkens vermitteln, in der Erwartung, dass Gott sie ihnen in der Erfahrung des Herzens schenkt; sonst ist der Glaube nur menschlich und zwecklos für das Heil."
"Im Herzen eines jeden Menschen gibt es eine Leere, die nur Gott durch seinen Sohn Jesus Christus füllen kann."
[Blaise Pascal, Die Vernunft des Herzens, ausgew. u. übersetzt von Fritz Paepcke, München 2020]
6. Die folgenden Gedanken richtet Jordan von Sachsen († 1230) an Diana von Andaló und alle ihre Mitschwestern:
"Werdet auch ihr stark im Herrn Jesus Christus, und ‚er selber wohne immer in euerem Herzen‛ (Epheserbrief 3,17). Denn ein Herz, das Christi entbehrt, ist wie eine Schale ohne Korn; deshalb wird es vom Winde hinweggeführt, weil es von der Versuchung herumgewirbelt wird. Eine Schale aber, die ein Korn einschließt, mag sie auch dem Winde ausgesetzt sein, kann der Wind nicht forttragen; denn sie wird durch das Korn festgehalten, so dass sie von dem Winde nicht weitergetragen wird. So wird auch von Christus ein Herz, in dem er wohnt, gefestigt, dass es nicht durch die Versuchung, die es bewegt und treibt, herausgeschleudert oder herumgetrieben wird. Sprecht also und lasst euer Herz. sprechen: Andere mögen anhängen wem sie wollen, ‚mir aber ist es Seligkeit, Gott anzuhängen‛ (Ps 73,28); und ferner: ‚An dir hängt meine Seele‛ (Ps 63,9). Eine Schale, die der Wind verweht, hängt nicht fest am Korn; und damit wir fest an ihm hängen, hat er selbst mit dem festen Gürtel seiner Liebe uns an sich gebunden. Denn er spricht durch den Propheten: ‚Mit dem Gürtel habe ich das ganze Haus Israel an mich gekettet‛ (Jer 13,11), d. h. das Herz derer, die Gott schauen, ‚die den Herrn schauen allezeit‛ (Ps 16,8). So wie er also uns an sich ketten wollte, so möge er uns gnädig nach sich ziehen und zum ewigen Leben führen, er, der gepriesen ist von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen" [Die Briefe des seligen Jordan von Sachsen, übersetzt von Johannes Mumbauer, Albertus Magnus-Verlag, Vechta in Oldenburg 1927, Brief 29]
Gregorius der Sinaite († 1346):
"Ein wahres Heiligtum, welches auch schon vor dem künftigen Leben besteht, ist das Herz, welches ohne Gedanken vom Geist getrieben wird; alles nämlich wird dort vollbracht und geistigerweise ausgesprochen. Wer dies nicht schon jetzt erworben hat, ist ein Stein, der durch zusätzliche Tugenden zum Aufbau des göttlichen Tempels geeignet ist, doch nicht ein Tempel und Priester des Geistes." [Gregorios der Sinaite, Sehr nützliche Kapitel, welche ein Akrostichon bilden, in: Philokalie Bd. 4, Verlag "Der Christliche Osten", Würzburg 22007, S. 178, Nr. 7]
Angelus Silesius († 1677):
Halt an, wo laufst du hin, der Himmel ist in dir;
Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.
Das Licht der Herrlichkeit scheint mitten in der Nacht.
Wer kann es sehen? Ein Herz, das Augen hat und wacht.
Ach, könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden,
Gott würde noch einmal Kind auf dieser Erden.
[aus: der Cherubinische Wandersmann]
7. Claude de la Colombiere († 1678)empfiehlt in einem geistlichen Brief die übung des Herzensgebets:
"Gott sollte die einzige Unterhaltung unseres Herzens sein; zu ihm sollten wir gehen in Einfalt des Herzens und ohne viel Erwägungen … Sie werden Gott immer nahe finden, wenn Sie ihn aufrichtig suchen, und wenn Sie Ihn haben, ist alles übrige ohne Belang für Sie … Mühen Sie sich nicht ab, zu Gott zu sprechen, denn es bedarf keiner Worte noch Gedanken, wenn nur das Herz bei ihm ist … Das Gebet, die Sammlung fordert keine Anspannung; man muss diesen Fehler vermeiden; unser Herz soll sich mit Gott vereinigen. Macht Ihr Geist dieser Vereinigung Schwierigkeiten, dann lieben Sie und tun Sie im übrigen, was Sie für gut finden … Der, den Sie lieben, sieht Ihr Herz, und das ist genug."
Es sei ein Irrtum, sich Gott immer nur im Himmel gegenwärtig vorzustellen:
Wie wenn Sie
vergessen hätten, dass er nicht wirklicher im Himmel ist als
dort, wo Sie beten, ja auch in Ihrem Herzen, wo er in Wahrheit
unsichtbar, aber so wirklich wohnt wie Jesus Christus im hl.
Sakramente des Altares ist. Der Himmel ist also für Sie überall,
weil alles erfüllt ist von Ihrem Gott und Sie selber ganz von
ihm erfüllt sind."
[Aszese und Mystik des sel. P. Claudius de la Colombière S.J. in: Zeitschrift für Aszese und Mystik 4 (1929) S. 263-73]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 05.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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