Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Eucharistie
Im Neuen Testament wurden für
die Eucharistie verschiedene Namen verwendet: Laut Apostelgeschichte (2, 42.46;
20, 7; 27, 35) sprachen die ersten Christen vom Brot-Brechen
(klasis tou artou). Paulus (1. Korintherbrief 11, 20) bezeichnet sie als
Herrenmahl
(kyriakon deipnon). In den reformatorischen
Kirchen ist in Erinnerung an das Abschiedsmahl Jesu von seinen
Jüngern vom Abendmahl
die Rede. Die Bezeichnung
Eucharistie
wurde wohl vom Dank
Jesu bei
diesem Mahl (eucharistesas: vgl. Lukasevangelium 22, 17.19; 1. Korintherbrief 1, 24) angeregt.
1. Eucharistie als Leib und Blut Jesu Christi
2. Eucharistie als Opfer
3. Eucharistie als Sakrament
4. Ritus der Eucharistie
5. Voraussetzung
6. Wirkung und Sinn
7. Häufigkeit
8. eucharistische Anbetung
9. Teilnahme aus der Ferne
1. Eucharistie als Leib und Blut Jesu Christi
Bei den Kirchenvätern herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass es sich bei den eucharistischen Gaben um Leib und Blut Jesu Christi handelt, der Fleisch geworden, gelitten hat und von den Toten auferstand: vgl. z. B. Apostolische Väter (BKV 150); Origenes (BKV I 97f); Cyprian von Karthago (BKV I 93. 105f 112); Cyrill von Jerusalem (BKV 365. 374); Johannes von Damaskus (BKV 209-12).
Bei folgenden
Zitaten ist die Urheberschaft von Papst Hilarius (5. Jahrhundert)
unsicher:
Wo nur ein Teil
des Leibes ist, da ist auch der ganze. Mit dem Leib des Herrn verhält
e sich ebenso wie mit dem Manna, das dem Leib des Herrn als Sinnbild
vorausging. Vom Manna heißt es nämlich:
Wer mehr
gesammelt hatte, hatte nicht mehr und wer sich weniger verschafft
hatte, hatte nicht weniger
(2. Mose 16). Denn bei diesem Geheimnis kommt
es nicht auf die sichtbare Quantität an, sondern auf die
geistliche Wirkung des Sakraments.
[Hilarus:
ep. 11, MPL 58, Sp. 31f]
Der Leib Christi,
der vom Altar genommen wird ist äußerlich gesehen ein
Bild, in dem Brot und Wein erscheinen, innerlich gesehen, eine wahre
Wirklichkeit, wenn man wahrhaftig an Leib und Blut Christi glaubt.
[Die Briefe der Päpste,
BKV 1. Aufl., Bd. 6, übersetzt von Severin Wenzlowsky. Kempten 1879, S. 93]
Anastasius von Cluny († 1086) schreibt an Abt Gerhard von Sauve-Majeure über die wahrhafte Präsenz von Leib und Blut des Herrn Jesus Christus in der Eucharistie:
Ich glaube, dass
der heilige Leib des Herrn, der täglich auf dem Altar, wie es
Pflicht des Priesters ist, konsekriert wird, unzweifelhaft sein
wahres Fleisch ist, das am Kreuz gelitten hat; und dass es sein
wahres Blut ist, das aus seiner Seite floss, wie die Wahrheit es
selbst bezeugt; denn sie sagt:
Mein Fleisch ist wahrhaft eine
Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank. Und wer mein Fleisch
isst und mein Blut trinkt, bleibt in mir und ich in ihm
(Johannesevangelium 6, 55f;
Matthäusevangelium 26, 26ff; Markusevangelium 14, 22ff). Mit diesen und derartige Worten des
Herrn bestätige ich meinen Glauben und ich weiß, dass kein
anderer Leib zu unserem Heil überliefert wurde außer
seinem, so glaube ich, wie ich vorher sagte, dass es kein anderes
Fleisch zur Vergebung der Sünden gegessen wird als das, das aus
der Jungfrau Maria geboren wurde und das aus dem Grabe auferstand,
und ich zweifle nicht, dass kein anderes Blut getrunken wird als
das, das aus seiner Seite geflossen ist.
Die aber, die
behaupten, dies sei nach der Konsekration von der Materie her
(materialiter) nur Brot und Leib des Herrn nur sinnbildlich
(figuraliter) und nicht tatsächlich (veraciter), denken als
fleischliche Menschen nur fleischlich, vertreten gegenüber dem
Glauben eine ganz törichte Meinung, weil sie mehr ihren
leiblichen Augen als den Bezeugungen der Wahrheit glauben. Dass aber
die konsekrierten Gaben (consecratio) Brot
und
Fleisch
Sakrament
oder Sinnbild
(figura) genannt werden, verwerfe ich nicht nur nicht, sondern
folgere es mit der Vernunft des Glaubens und nehme es in katholischem
Glauben an und billige es. Dass es nämlich rechtgläubig
Brot
genannt werden kann, bezweifelt niemand, der recht
bei Verstand ist; denn die nämliche Wahrheit spricht: Ich bin
das lebendige Brot, der ich vom Himmel herabgestiegen bin.
Und
das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben
der Welt
(Johannesevangelium 6, 51). Sakrament
aber [wird es
genannt], weil unter der sichtbaren Gestalt dieser Gaben ganz im
Verborgenen mit göttlicher Kraft das Fleisch konsekriert wird …
Sinnbild
(figura) aber [wird es genannt], weil etwas
anderes darunter verstanden wird, als was mit dem körperlichen
Sehsinn und Geschmack wahrgenommen wird. Denn das Lamm Gottes,
Christus, der in Herrlichkeit zur Rechten des Vaters sitzt und der
nicht mehr stirbt - denn der Tod hat keine Macht mehr über ihn
- wird wegen des Gedächtnisses seines Leidens im Geheimnis
dieses so bedeutsamen Opfers geopfert. So glaube ich also, dass ich
nach der Konsekration dieses so großen Geheimnisses die wahre
Eucharistie des Leibes des Herrn so zu mir nehme, dass ich doch
keineswegs leugne, dass dies [allerdings nicht in körperlicher
Wirklichkeit, sondern] im Sinnbild (figura) und Sakrament geschieht.
Sonst würde ich, wenn ich ohne die Annahme des Sakraments oder
des Sinnbilds, das Lamm Gottes mit meinen Zähnen verzehre, nach
Aussage unseres Vaters Augustinus von Hippo, eine schlimme Untat begehen.
[MPL
149, Sp. 433f; eigene Übersetzung]
Nach Hildegard von Bingen († 1179) soll man die mystischen
Geheimnisse des Leibes und Blutes des Herrn nicht zu ergrübeln
suchen:
Doch wenn du, o Mensch, dich in der
Unbeständigkeit deines Herzens fragst, wie diese Opfergabe auf
dem Altar zum Leib und Blut meines Sohnes wird, dann will ich dir
antworten: Warum, o Mensch, fragst du danach und warum suchst du das
zu erfahren? Verlange ich das etwa von dir? Was erforschst du meine
Geheimnisse bezüglich des Leibes und Blutes meines Sohnes? Du
sollst das nicht untersuchen, sondern es nur in großer Furcht
und Ehrfurcht annehmen und sorgsam bewahren. Und zweifle nicht länger
an diesem Geheimnis. Denn du darfst mich nicht so verwegen versuchen.
Und was geht dich das an? Suche mich vielmehr in entschiedenem
Glauben. Ich schaue nämlich auf deinen ganzen Glauben und
befrage dich nicht, woraus der Leib und das Blut meines Sohnes
bestehen, oder wie dieses Sakrament auf dem Altar konsekriert wird.
Und wer sucht dich, o Mensch, im Feuer und erfährt nicht die
Glut des Feuers? Keiner. So suche auch mich nicht verwegen in meinen
Geheimnissen, damit du dich nicht daran verletzt. Doch willst du sie
mit ergebener Seele erforschen, dann erforsche sie sorgsam in Gebet,
Weinen und Fasten. So haben sie gewiss auch unsere Väter
erforscht und so und so oft sind sie ihnen enthüllt worden. Wenn
du sie auf diese Weise gesucht und gefunden hast, dann wirst du das
übrige dem Heiligen Geist überlassen.
[Hildegard von Bingen: Scivias, hrsg. von W. Storch, Augsburg 1990, S. 260f]
2. Eucharistie als Opfer
Häufig wird die Eucharistie auch als Opfer bezeichnet: z. B. Justinus „der Märtyrer” (BKV 189f); Irenäus von Lyon (BKV II 375, 379 - 381); Cyprian von Karthago (BKV II 257f, 267f); Eusebius von Cäsarea (BKV I 173); Cyrill von Jerusalem (BKV 385 - 287, 390)
Nach Gregor von Nazianz
(BKV I 101) ist die Eucharistiefeier das unblutige
Opfer, durch das wir an Christus, seinen Leiden und seiner Gottheit
Anteil haben
Nach Augustinus von Hippo
(BKV IX 78; IX 403) ist sie das einmalige persönliche Opfer Christi und
seine tägliche Opferung im Sakrament
.
3. Eucharistie als Sakrament
Bei Tertullian, Cyprian von Karthago, Ambrosius von Mailand, Augustinus von Hippo wird die Eucharistie als Sakrament bezeichnet:
Augustinus von Hippo (†
354): Diese Dinge, meine Brüder, heißen
deshalb Sakramente, weil wir etwas an ihnen sehen, aber etwas anderes
an ihnen einsehen. Was wir sehen, hat körperliche Gestalt. Was
wir einsehen, birgt in sich geistliche Frucht.
4. Ritus der Eucharistie
Justinus „dem Märtyrer”
(† um 165) verdanken wir eine detaillierte
Schilderung des frühchristlichen Sonntagsgottesdienstes:
An dem Tage, den
man Sonntag nennt, findet eine Zusammenkunft aller statt, die in
Städten oder auf dem Lande wohnen; dabei werden die
Aufzeichnungen der Apostel oder die Schriften der Propheten
vorgelesen, solange es angeht. Hat der Vorleser aufgehört, so
gibt der Vorsteher in einer Ansprache eine Ermahnung und Aufforderung
zur Nachahmung all dieses Guten. Darauf erheben wir uns alle zusammen
und senden Gebete empor. Und … wenn wir mit dem Gebet zu Ende
sind, werden Brot, Wein und Wasser herbeigebracht, der Vorsteher
spricht gleichermaßen Gebete und Danksagungen mit aller Kraft,
und das Volk stimmt ein, indem es das Amen sagt. Darauf findet die
Ausspendung statt, jeder erhält seinen Teil von dem
Konsekrierten; den Abwesenden aber wird er durch die Diakone
gebracht. Wer aber die Mittel und guten Willen hat, gibt nach seinem
Ermessen, was er will, und das, was da zusammenkommt, wird bei dem
Vorsteher hinterlegt; dieser kommt damit Waisen und Witwen zu Hilfe,
solchen, die wegen Krankheit oder aus sonst einem Grunde bedürftig
sind, den Gefangenen und den anwesenden Fremden, kurz, er ist allen,
die in der Stadt sind, ein Fürsorger. Am Sonntag aber halten wir
alle gemeinsam die Zusammenkunft, weil er der erste Tag ist, an
welchem Gott durch Umwandlung der Finsternis und des Urstoffes die
Welt schuf und weil Jesus Christus, unser Erlöser, an diesem Tag
von den Toten auferstanden ist. Denn am Tag vor dem Kronostag [d. h.
am Freitag] kreuzigte man ihn und am Tag nach dem Kronostag, d. h. am
Sonntag, erschien er seinen Aposteln und Jüngern und lehrte sie
das, was wir auch euch zur Erwägung vorgelegt haben.
[1 Apol 67: MPG 6, Sp. 430 - 432; BKV II 12, S. 82f]
Cyrill von Jerusalem († 386/387) äußert sich
über den rechten Empfang der hl. Kommunion:
Trittst du vor,
dann darfst du nicht die Hände flach ausstrecken und nicht die
Finger spreizen, Da die rechte Hand den König in Empfang nehmen
soll, so mache die linke Hand zum Throne für denselben! Nimm den
Leib Christi mit hohler Hand entgegen und erwidere: Amen! Berühre
behutsam mit dem heiligen Leib deine Augen, um sie zu heiligen! Dann
genieße ihn, doch habe Acht, dass dir nichts davon auf den
Boden falle Was du davon fallen ließest, wäre natürlich
so viel als Verlust eines deiner eigenen Glieder. Sage mir doch:
Würdest du nicht, wenn dir jemand Goldstaub gäbe, denselben
recht sorgfältig aufheben, damit ja nichts verloren gehe und du
keinen Schaden erleidest! Solltest du also nicht viel mehr darauf
bedacht sein, dass dir kein Brosamen von dem verloren gehe, was
kostbarer ist als Gold und Edelstein? Nach der Kommunion des Leibes
Christi gehe auch zum Kelche des Blutes, nicht jedoch mit
ausgestreckten Händen! Verbeuge dich, sprich zur Anbetung und
Verehrung das Amen und genieße, um dich zu heiligen, auch vom
Blute Christi! Solange noch Feuchtigkeit auf deinen Lippen ist,
berühre sie mit den Fingern und heilige (mit jener Feuchtigkeit)
Augen, Stirne und die übrigen Sinne Alsdann warte das Gebet ab,
um Gott zu danken, da er dich solcher Geheimnisse gewürdigt
hat!
[Myst. Kat. 21-23)
Pirmin (†
753) gibt in der Frühzeit des alemannischen
Christentums Anweisungen, die Einblick geben in das damalige
christliche Leben:
Bringt zur
heiligen Kirche als Opfer Kerzen, Öl und Weihrauch, die
Erstlinge und den Zehnten, Almosen und alle eure guten Versprechen.
Dorthin sollt ihr kommen an den hohen Festen und sonntags, an den
Festen heiliger Märtyrer und Bekenner; kommt zu den Vigilien und
Tagzeiten, zum Hören der heiligen Messe und zum Empfang des
Opfers, wie es die Heilige Schrift lehrt.
Keiner soll wagen, in
der Kirche selbst oder wo sonst die heilige Lesung vorgetragen wird,
zu schwatzen, vielmehr sollt ihr gern die heiligen Lesungen hören.
Sagt doch der Herr durch Moses: Höre, Israel, und
schweige
(5. Mose 27, 9).
Verachtet nicht den
Herrentag, haltet ihn mit Ehrfurcht. Knechtliches Werk, wie das
Arbeiten auf dem Acker, auf der Wiese, im Weinberg oder was sonst
schwere Arbeiten sind, sollt ihr nicht verrichten. Auch sollt ihr an
den Herrentagen keine Rechtshändel oder Anklagen untereinander
verhandeln außer der Arbeit, die zum Kochen einer Speise für
die Erquickung des Leibes notwendig ist. Denn der Herrentag wurde als
erster geschaffen, an ihm wurde die Finsternis vertrieben, es
erschien das Licht, an ihm sind die Grundfesten der Welt gebildet und
die Engel geschaffen worden. An diesem Tag wurde das Volk aus Ägypten
durch das Rote Meer befreit so, wie durch das Wasser der Taufe aus
dem Dunkel der Sünde. Am gleichen Tag wurde den Menschen als
himmlische Speise das Manna erstmals gegeben. Zu diesem Tag befahl
Moses dem Volk : Den Tag sollt ihr als den ersten und
wichtigsten halten
[vgl. 2. Mose 12, 14]. Und der Prophet sagt
darüber: Diesen Tag hat der Herr gemacht; an ihm wollen
wir jubeln und fröhlich sein
(Psalm 118, 24).
An diesem Tag ist auch
Christus von den Toten auferstanden; an ihm ist der Heilige Geist vom
Himmel auf die Apostel herabgekommen. Deswegen heißt er
Herrentag, damit wir an ihm nur dem göttlichen Kult dienen und
uns irdischer Arbeiten und weltlicher Vergnügen enthalten. So
bitten wir euch also, diesen Tag nach so großen und heiligen
Zeugnissen, wie oben geschrieben ist, in aller Ehrfurcht und aller
Hingabe, wie es sich für Christen ziemt, zur ewigen Vergeltung
zu halten.
[U.
Engelmann (Übersetzung): Der heilige Pirmin und sein
Pastoralbüchlein. Sigmaringen 1976, S. 53 - 55]
5. Voraussetzung
Die Kirchenväter nennen verschiedene Voraussetzungen für den
Empfang der eucharistischen Gaben:
Nur Getaufte dürfen
sie empfangen: Apostolische Väter, (BKV 12), und zwar in
Nüchternheit Tertullian (BKV I 80);
Augustinus von Hippo
(BKV IX 214 - 216) und in würdiger Disposition
Johannes „Chrysostomus” (BKV IV 146 - 149)
Augustinus von Hippo (BKV VI 133)
Johannes von Damaskus (BKV 213);
mit Furcht und Ehrerbietung
Cyprian von Karthago (BKV I 343).
Vor unwürdigem Empfang wird gewarnt:
Augustinus von Hippo, (BKV V 37).
Rupert von Deutz
(† 1130):
Zu dem, dem der Glaube fehlt,
gelangt [bei der Kommunion] außer den sichtbaren Gestalten des
Brotes und des Weines nichts von dem Opfer, gleichwie der Esel, wenn
er beim Ton der Leier seine unverständigen Ohren spitzt, zwar
diesen hört, aber den Sinn des Liedes nicht erfasst.
Johannes-Baptist Vianney († 1859):
Wenn unser Herr an
unsere Würdigkeit gedacht hätte, hätte er nie das
Sakrament seiner Liebe eingesetzt. Denn niemand in der Welt ist
dessen würdig. Aber er dachte an unsere Bedürftigkeit und
wir haben ihn alle nötig.
6. Wirkung und Sinn
Franz Reinisch († 1942):
Das heilige
[Mess-]Opfer ist eine weltumspannende Tat, die uns fähig macht,
über uns selbst hinauszuwachsen und alle Menschen aller Länder
ins heilige Geheimnis hineinzuziehen.
Pio da Pietrelcina († 1968):
Eher könnte
die Welt ohne Sonne bestehen als ohne das heilige Messopfer.
6.1 Die Eucharistie hat verschiedene Wirkungen:
Aus Paschasius Radbertus' († um 859)
bekanntestem Werk Über Leib und Blut des Herrn
stammt folgende Frage: Warum muss das einmal vollbrachte Opfer
Christi täglich dargebracht werden? Welchen Nutzen bringen diese
Mysterien denen, die sie würdig empfangen?
Seine Antwort
lautet:
Christus hat zwar
einmal im Fleisch gelitten und durch sein einmaliges Todesleiden die
Welt ein für allemal erlöst. Er ist aus dem Tod wieder zum
Leben
erstanden
[Hebräerbrief 9, 12], und der Tod hat
über ihn keine Gewalt mehr
[Römerbrief 6, 9]. Trotzdem wird
dieses Opfer täglich erneuert, weil die Weisheit Gottes des
Vaters dies aus vielen Gründen für uns als notwendig
erachtet hat:
Erstens deswegen, weil
wir täglich Sünden begehen, wenigstens solche, die der
schwache Mensch nicht vermeiden kann. Zwar wird in der Taufe alle
Schuld nachgelassen, aber es bleibt im Fleische die Neigung zur
Sünde. Daher sagt der Psalmist [Psalm 102, 1.3]: Preise meine
Seele den Herrn, der alle deine Sünden vergibt, der alle deine
Gebrechen heilt
. Weil wir also täglich fallen, wird auch
täglich Christus sakramental für uns geopfert und das
Leiden Christi im Mysterium überliefert, damit er, der einmal
durch sein Sterben den Tod besiegt hat, täglich durch diese
Geheimnisse seines Leibes und Blutes die Rückfälle in die
Sünde wiedergutmache …
Zweitens wird es
gefeiert, damit wie im Paradies der Baum des Lebens
stand, so die heilige Kirche Gottes, die im Hohenlied [4, 13] das
Paradies der Wonne
genannt wird, in sich das Mysterium
des Lebens besitze, das dieser Baum vorbildete. Wer davon isst und
die Gebote des Lebens hält, kann auf ewig nicht sterben.
Der dritte Grund ist,
dass alle Wiedergeborenen, die würdig dieses Leben empfangen,
eins werden, wenn Christus, den sie schon in der Taufe angezogen
haben, durch dieses Sakrament in ihnen leibhaft bleibt, so dass sie
als Gläubige in Christus eins sind und er in ihnen verharrt. So
soll jenes Wort in Erfüllung gehen, das er selber zum Vater
betet: Doch nicht für sie allein bitte ich, sondern auch
für jene, die auf ihr Wort hin an mich glauben werden, auf dass
sie alle eins seien wie Du, Vater, in mir und ich in Dir, auf dass
auch sie in uns eins seien.
[Johannesevangelium 17, 20f] …
Das also sind die
Wirkungen der beiden Sakramente. Durch die Taufe werden wir in
Christus wiedergeboren, und durch das Sakrament des Leibes und Blutes
bleibt Christus nicht nur durch den Glauben, sondern auch durch die
Einheit des Fleisches und Blutes unleugbar in uns. So sind wir
nunmehr Glieder Christi und nähren uns von seinem Fleisch, so
dass wir nichts anderes sind als sein Fleisch und Blut, wovon wir
leben.
Nichts Größeres
hat nämlich Christus seiner Kirche im Mysterium hinterlassen als
dieses Sakrament [der Eucharistie] und die Taufe und die Heiligen
Schriften. In allen dreien wirkt der Heilige Geist, das Unterpfand
der ganzen Kirche, unter der äußeren Hülle
geheimnisvoll unser Heil im Hinblick auf das unsterbliche Leben.
Dazu also ist
das Wort Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt
[Johannesevangelium 1, 14], damit durch das fleischgewordene göttliche Wort das
Fleisch zum göttlichen Wort aufsteige, da ja das Fleisch des
Wortes in diesem Mysterium Nahrung und Speise der Gläubigen
wird.
Dieses
Sakrament … wird deshalb mit Brot gefeiert, weil Christus das
Brot ist, das vom Himmel herabkam
[Johannesevangelium 6, 51]. Doch wie Brot
hier etwas ganz anderes bedeutet als unser Brot, so ist sein Fleisch
von unserem jetzigen sterblichen Fleisch gar sehr verschieden. Sein
Fleisch vollbringt durch Leiden die Erlösung der Menschheit, und
zwar als wirkliches Fleisch, als Brot aber gewährt es den für
die Ewigkeit Wiedergeborenen die Nahrung der Unsterblichkeit. Daher
ist es nicht zu verwundern, wenn schon das (irdische) Fleisch Christi
Brot genannt wird, da auch das Fleisch, das unter der sichtbaren
Gestalt von Brot dargereicht wird, nichts anderes ist als sein
Fleisch, und zwar jenes, von dem der Glaube bekennt, dass Christus
wahrhaft im gleichen Fleisch gelitten hat, und zugleich Brot ist,
weil das Weizenkorn in die Erde gefallen ist und uns aus sich durch
den Glauben als reinen Weizen erzeugt hat. So schenkte er sich selbst
seinen aus ihm geborenen Gliedern als das Leben und war damit für
uns nichts anderes als das ewige Brot.
[Paschasius
Radbert: Vom Leib und Blut des Herrn. = Christliche Meister 34. Trier
1988, S. 42 - 45, 16f, 48]
Aus einem Brief von
Dorothea von Montau († 1394) an
ihre Tochter Gertrud, die Benediktinerin geworden ist:
Wenn du die
Kommunion empfangen hast, bitte Gott um Kräfte für dich,
damit du den Willen Gottes erfüllen kannst: Der Herr möge
dich die göttlichen Ermahnungen und Einsprechungen hören
lasse. Er lasse dir sein Licht leuchten, damit du den Herrn in deiner
eigenen Seele schauen kannst. Dazu verleihe er dir die göttlichen
Tugenden von Glaube, Hoffnung und Liebe, dazu die Kardinaltugenden
von Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Er
schenke dir die sieben Gaben des Hl. Geistes, er würdige dich
der acht Seligkeiten. Er gebe dir den Sinn des Geruchs, damit du
Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Tugend und Untugend unterscheiden
lernst, er gebe dir auch den Sinn des Geschmacks, damit du die
geistlichen und heiligen Güter verschmecken kannst, und er
schenke dir den Sinn des Fühlens, damit du Ungemach und Schaden
für deine Seele erkennen kannst.
[Petra
Hörner: Dorothea von Montau / Überlieferung -
Interpretation / Dorothea und die osteuropäische Mystik
(Information und Interpretation Bd. 7). Peter Lang, Frankfurt
a. M. - Berlin - New York - Wien 1993, S. 264f, 320f]
6.2 geistig-geistliche Nahrung:
Eucharistie als himmlische
Speise und geistige Nahrung:
Athanasios von Alexandria
(BKV I 491f)
Gaudentius von Brescia († nach 406) schreibt über
den Sinn der Eucharistie:
Das himmlische,
von Christus eingesetzte Opfer ist in Wahrheit Erbgut des Neuen
Bundes, das er uns in der Nacht, als er zur Kreuzigung ausgeliefert
wurde, als Pfand seiner Gegenwart hinterließ. Es ist unsere
Wegzehrung, mit der wir uns auf diesem Lebensweg ernähren, bis
wir beim Scheiden aus dieser Welt zu ihm aufbrechen. Darum sagt der
Herr:
Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und
sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch.
[Johannesevangelium 6, 53]
Er wollte, dass seine Wohltaten bei uns bleiben und
dass die durch sein Blut Erlösten allzeit nach dem Vorbild
seines eigenen Leidens geheiligt werden. Darum gibt er seinen treuen
Jüngern, die er als erste Priester seiner Kirche einsetzte, den
Auftrag, ohne Unterlass dieses Mysterium des ewigen Lebens zu feiern.
Es soll von allen Priestern in den einzelnen Kirchen des ganzen
Erdkreises begangen werden, bis Christus vom Himmel wiederkommt.
Dadurch sollen wir Priester und das ganze Volk der Gläubigen das
Bild des Leidens Christi täglich vor Augen haben. Wir sollen es
in den Händen halten und mit Mund und Herz empfangen, um so die
Erinnerung an unsere Erlösung unauslöschlich in uns zu
tragen.
Das Brot muss aus vielen Weizenkörnern hergestellt
werden. Sie werden zu feinem Mehl gemahlen, mit Wasser vermischt und
schließlich durch das Feuer fertig gebacken. Deswegen sehen wir
zurecht darin ein Bild des mystischen Leibes Christi, von dem wir
wissen, dass er aus den vielen Gliedern des ganzen
Menschengeschlechtes zu e i n e m Leib gefügt und durch das
Feuer des Heiligen Geistes vollendet wird.
Ähnlich wird auch
der Wein für sein Blut aus vielen Beeren oder Trauben des von
ihm gepflanzten Weinbergs gewonnen und in der Kelter des Kreuzes
ausgepresst. Aus vollen Kelchen trinkt ihn das gläubige Herz und
erglüht in der diesem Wein eigenen Kraft. Ihr alle, die ihr aus
der Gewalt Ägyptens und des Pharao, das heißt des Teufels,
auszieht, empfangt Opferspeise und Trank des heilbringenden Pascha
zusammen mit uns in einem starken Verlangen des liebenden Herzens.
Unser Herr Jesus Christus, an dessen Gegenwart im Ewigkeit.
[aus: Gaudentius: sermo 2, MPL
20, Sp. 858 - 861; eigene Übersetzung]
Johannes-Baptist Vianney († 1859):
Es ist ein großes
Unglück, wenn man durch die Wüste dieses Lebens geht, ohne
zu dieser göttlichen Speise zu eilen. Das ist so, als wenn einer
vor Hunger stirbt neben einem wohl gedeckten Tisch.
Damian de Veuster
(† 1889):
Ohne das
heiligste Sakrament wäre die Lage, in der ich mich befinde,
nicht zu ertragen.
6.3 Quelle des Lebens:
Nach Columba Marmion († 1923)
ist die Eucharistie Quelle des Lebens
:
Die Hauptquellen
unseres geistigen Wachstums sind die Sakramente. Sie wirken in uns
durch die ihnen innewohnende Kraft, ex opere operato, ähnlich
wie die Sonne von selbst Licht und Wärme spendet; nur dürfen
wir ihrer Wirksamkeit kein Hindernis entgegenstellen. Vor allen
anderen Sakramenten ist es die hl. Eucharistie, die in besonderer
Weise das göttliche Leben in uns fördert. Wir empfangen ja
Christus selbst und trinken an der Quelle lebendigen Wassers.
Ähnlich Ivan Merz († 1928):
Die
beiden Sakramente der Hl. Kommunion und der Hl. Beichte sind die
Quellen einer beständigen und erfolgreichen Reform des inneren
Lebens eines jeden Katholiken.
6.4 Überwindung der Leidenschaften:
Johannes „Chrysostomus” (BKV I 76)
6.5 Verwandlung in das, was wir empfangen:
Die Eucharistie ist Teilhabe an Christus: Armenische Väter (BKV II 239f).
Papst Leo I. „der Große”
(† 461): Die Teilnahme am Leibe und Blute Christi
will nichts anderes, als dass wir uns in das verwandeln, was wir
empfangen.
6.6 Freundschaft mit Christus / Zeichen der Liebe:
Fleisch und Blut genießen heißt in Christus bleiben: Augustinus von Hippo (BKV V 431).
Laut Thomas von Aquin († 1274) ist die Eucharistie
Zeichen der Freundschaft Christi:
Der Freundschaft
ist es im höchsten Maße eigen, mit den Freunden zu leben
…, aus diesem Grunde hat Christus uns seine körperliche
Anwesenheit als Lohn versprochen. Damit uns aber in der Zwischenzeit
während der Pilgerschaft seine körperliche Anwesenheit
nicht fehlt, verbindet er sich mit uns durch die Wahrheit des Körpers
und des Blutes in diesem Sakrament. Deswegen ist dieses Sakrament
Zeichen der größten Liebe und Stärkung unserer
Hoffnung aufgrund dieser derart innigen Verbindung mit Christus.
[ST
IIIa q.75 a. 1: zitiert nach: J. - P. Torrell, Magister Thomas /
Leben und Werk des Thomas von Aquin, Freiburg - Basel - Wien 1995, S.
130]
Bernhardin von Siena († 1444):
Freunde hinterlassen ein
Zeichen, vielleicht einen Ring, aber Christus hinterlässt uns
Seinen Leib und Sein Blut, Seine Seele und Seine Gottheit, sich
Selbst, ohne etwas zurückzubehalten.
Nach Franziskus Antonius Fasani († 1742)
ist die Eucharistie
ein Geschenk der göttlichen Liebe:
Das
transsubstanzielle Brot, Mensch, ist das Sakrament der Eucharistie,
in der unter der Gestalt des Brotes wirklich der Leib unseres Herrn
Jesus Christus gegenwärtig ist, dies kraft des Sakraments, durch
das zugleich auch das Blut, die Seele und die Gottheit des
Eingeborenen Sohnes Gottes gegenwärtig sind. Unter des Gestalt
des Weines ist, kraft des Sakramentes gegenwärtig das Blut, aber
gleichzeitig ist real gegenwärtig auch Leib und Seele, d. h.
dasselbe Mensch gewordene Wort des Vaters. Aus diesem Grund wird es
in Wirklichkeit transsubstanzielles Brot genannt: insofern es
himmlisches Brot, göttliches Brot, Gottesbrot genannt wird. Er
wollte sich aufgrund der unermesslichen Liebe, mit der er uns geliebt
hat, sich selbst darbringen: mit der Menschwerdung zur Unterstützung
unserer Menschheit; mit seinem Leiden als Preis für unsere
Erlösung; und mit diesem außerordentlichen Sakrament zu
unserer Nahrung.
[San
Francesco Antonio Fasani apostolo francescano e cultore dell'
Immacolata. Atti del Convegno Nazionale. Lucera
15 - 16 dicembre 2006, a cura di E. Galignano, Città del
Vaticano 2007; eigene Übersetzung]
Blandina Merten
(† 1918):
Die heilige Eucharistie ist das
Sakrament der Liebe. Wenn irgendwo, dann dürstet hier der
Heiland nach unserer Liebe. Wer verstände das besser und fühlte
es tiefer als die Ihm geweihte Seele! Mit elementarer Gewalt zieht es
sie hin zu seinen Füßen. Sie will lieben, wieder lieben,
lieben ohne Maß, lieben wie die Heiligen, lieben für und
statt der Menschen, die Ihn nicht lieben.
[Dienerin
Gottes Schwester Blandina Merten OSU / Ursuline von Calvarienberg,
Aus ihren Schriften. Ahrweiler 41985, S. 30f]
6.7 Heilmittel zur Unsterblichkeit:
Apostolische Väter (BKV 125)
6.8 Im Gedenken an die Verstorbenen:
Armenische Väter (BKV 125); Syrische Didache (BKV 305 - 15)
7. Häufigkeit
Apostolische Väter (BKV 122): Mahnung zur häufigen Feier;
Cyprian von Karthago (BKV II 20) empfiehlt die tägliche Feier, ähnlich: Gaudentius von Brescia († 410); Paschasius Ratbertus von Corbie († 859); Papst Gregor VII. (†1085); Franz von Sales (†1622); Marcel Callo († 1945).
Nach Augustinus von Hippo (BKV V 41) wird die Eucharistie mancherorts täglich, anderswo nur an bestimmten Tagen gefeiert (BKV IX 209f).
Ignatius von Antiochia († vor 117):
Befleißigt
euch, dass ihr häufiger zusammenkommt zur Eucharistie Gottes und
zum Lobe: Denn wenn ihr euch oft versammelt, wird die Macht des
Satans gebrochen.
8. Eucharistische Anbetung
Petrus Julian Eymard († 1868)
empfiehlt mit Nachdruck die
eucharistische Anbetung:
Anbeten heißt:
die Gottheit Jesu Christi, seine Erhabenheit und Macht in der hl.
Hostie anerkennen. Die Anbetung ist ein Glaubensbekenntnis.
Anbetung ist die
Erweckung eines Aktes der Unterwerfung unter das Wort Jesu Christi
und unter die Abhängigkeit von seiner Autorität.
Anbetung ist ein Akt
der Danksagung für seine Güte, ein Akt der Liebe für
seine Liebe, des Lobes und Preises für seine unendliche
Barmherzigkeit.
Die Anbetung ist die
erhabenste Tätigkeit des Christen; sie schließt alles in
sich ein. So warf sich der Blindgeborene, als er Jesus Christus
erkannte, ihm zu Füßen und betete ihn an; es wird nicht
erwähnt, dass er dabei etwas gesprochen oder etwas anderes getan
hätte.
Wer ist zur Anbetung
berufen?
Gegenstand der
eucharistischen Anbetung ist die göttliche Person unseres Herrn
Jesus Christus, der im Altarsakrament gegenwärtig ist. Dort lebt
er und will, dass wir mit ihm sprechen, und er wird zu uns sprechen.
Jeder kann mit unserem Herrn sprechen. Ist er nicht da für alle?
Ruft er uns nicht zu:
Kommt alle zu mir
(Matthäusevangelium 11, 28)?
Diese Zwiesprache, welche sich zwischen dem Menschen und unserem
Herrn abwickelt, das ist die wahre Betrachtung und Anbetung. Jeder
hat dafür seine Gnade.
Was gilt es, bei der
Anbetung zu beachten?
Geht daher zu
unserem Herrn so, wie ihr seid: pflegt eine natürliche
Betrachtung; schöpft zuerst eure eigenen Mittel der Frömmigkeit
und Liebe aus, bevor ihr zu Büchern greift; liebt das
unausschöpfbare Buch der bescheidenen Liebe!
Ihr könnt aber
dann, wenn sich der Geist verirrt oder die Sinne ermüden, ein
Andachtsbuch zur Hand nehmen, um euch wieder zu sammeln und auf den
rechten Weg zu eurem guten Meister zurückzuführen; ihr
sollt aber wissen, dass er die Armut unseres Herzens den erhabensten
Gedanken und Erwägungen anderer vorzieht. Wisset wohl, dass Gott
unser Herz und nicht jenes der anderen, sowie den Gedanken und das
Gebet eures Herzens als natürlichen Ausdruck unserer Liebe zu
ihm wünscht.
Nicht selten sind
Eigenliebe, Ungeduld und Trägheit die Ursache, dass sich der
Mensch weigert, mit seiner eigenen Gebrechlichkeit und gedemütigten
Armseligkeit zu Gott zu gehen. Aber gerade diese zieht unser Herr
allem anderen vor; diese liebt und segnet er.
Ihr befindet euch in
einem Zustand geistiger Trockenheit? Preist dennoch die Gnade Gottes,
ohne die ihr nichts tun könnt. Erhebt euer Herz zum Himmel, wie
die Blume am Morgen ihren Kelch öffnet, um den wohltuenden Tau
zu empfangen.
Ihr befindet euch
vielleicht in einer vollständigen Ohnmacht, euer Geist ist
umnachtet, eure Seelenstimmung ist niedergeschlagen und euer Körper
leidend? Dann macht eine Anbetung der Armen, geht heraus aus eurer
Bedürftigkeit, um bei unserem Herrn zu verweilen; oder opfert
ihm eure Armut auf, damit er euch bereichere: das ist ein Meisterwerk
und seiner Ehre würdig.
Oder ihr befindet euch
im Zustand der Versuchung: alles widersetzt sich in euch, alles
drängt euch, die Anbetung aufzugeben unter dem Vorwand, dass ihr
in dieser Weise Gott beleidigt oder dass ihr ihn mehr entehrt als ihm
dient. Hört nicht auf diese trügerische Versuchung: das ist
eine Anbetung des Kampfes und der Treue zu Jesus gegen euch selbst.
Nein, nein: ihr missfallt ihm nicht! Ihr erfreut vielmehr euren
Meister, der euch ansieht und dem Satan erlaubt hat, euch zu
verwirren. Er erwartet von euch die huldigende Ausdauer bis zur
letzten Minute der Zeit, die ihr ihm schenken sollt.
Erinnert euch zu eurem
Trost und für euer inneres Verhalten, dass der Seelenzustand
beim Gebet nicht von euch, sondern von Gott abhängt. Er
verändert ihn, um in den Akten der Liebe Abwechslung
hineinzubringen und euch teilnehmen zu lassen an einer der
Befindlichkeiten seines sterblichen Lebens, damit ihr ihn anbetet und
ihm dient, wie er seinen himmlischen Vater angebetet und ihm gedient
hat. …
Beginnt alle eure
Anbetungen mit einem Akt der Liebe und so öffnet ihr behutsam
eure Seele für sein göttliches Werk. Wenn ihr mit euch
selber anfangt, bleibt ihr am Weg stehen. Wenn ihr aber mit einer
anderen Tugend als jener der Liebe beginnt, so steht ihr erst in der
Vorbereitung: umarmt nicht zuerst das Kind seine Mutter, bevor es ihr
gehorcht? Die Liebe ist die einzige Tür zum Herzen.
[P.-J.
Eymard, Die Heilige Eucharistie, 1. Bd., Die reale Gegenwart, La
Sainte Eucharistie - La Présence Réelle,
Paris - Montreal - Brüssel 1950, übersetzt von P. W. Marzari. Bozen
1990; zitiert nach: http://www.eucharistie.cz/deutsch/Eucharist/eeuch
1_1.html - abgerufen am 12.05.2010]
Weitere Zitate zur Eucharistie von Petrus Julian Eymard
:
Ein Jahrhundert
schreitet voran oder geht zurück in dem Maß, in welchem
das allerheiligste Sakrament verehrt wird.
Ich habe oft
darüber nachgedacht, was die weltweite Abgestumpftheit der
Katholiken heilen könnte, und ich finde nur ein einziges
Heilmittel: die Eucharistie, die Liebe zum eucharistischen Jesus. Der
Verlust des Glaubens kommt vom Verlust der Liebe.
Jetzt muss man
an die Arbeit gehen, durch die göttliche Eucharistie
Seelen retten und Frankreich und ganz Europa
aufwecken, die sich in einem Schlaf der Gleichgültigkeit
befinden, weil sie Jesus nicht kennen. Er ist das Geschenk Gottes,
der eucharistische Emmanuel. Die Fackel der Liebe muss zu den
lauwarmen Seelen getragen werden, die von sich denken, dass sie fromm
sind. Sie sind es aber nicht, weil sie ihr Leben nicht auf den
eucharistischen Jesus ausgerichtet haben.
[http://kathpedia.com/index.php/Pierre-Julien_Eymard
- abgerufen am 23.11.2019]
9. Teilnahme aus der Ferne
Mechthild von Hackeborn († 1299) gibt indirekt auch
eine Antwort auf die Frage, ob eine Teilnahme am Gottesdienst über
Radio oder Fernsehen sinnvoll ist:
Vom Kreuzgang aus
anhörte, seufzte sie, von Gott soweit entfernt zu sein. Der Herr
erwiderte ihr sogleich: 'Wo immer du bist, da bin ich auch.' Da
fragte sie, ob es von Schaden sei, wenn die Menschen die Messe aus
der Entfernung anhörten. Der Herr darauf: 'Gut ist es, wenn der
Mensch anwesend ist; kann er es in keiner Weise, so sei er doch so
nah, dass er wenigstens die Worte vernehmen kann; denn der Apostel
sagt ja: Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und durchdringend.
Ist aber jemand durch Krankheit oder Gehorsam oder sonst einem
vernünftigen Grund verhindert, so mag er sich aufhalten wo er
will, ich bin dort und ihm gegenwärtig.
[https://www.marienstern.de/de/zisterzienser/spiritualitaet
- abgerufen am 03.12.2019]
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktual30.08.2025->->->->->
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.