Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn
Das Kreuz Jesu und unser Kreuz
Der synoptische Jesus betont, dass seine Nachfolge Kreuzesnachfolge bedeutet (vgl. Markusevangelium 8, 34 und Parallelen; Matthäusevangelium 10, 38)
1. Christi Wille für uns
2. Nachfolge des leidenden Christus
3. Kreuz tragen
1. Christi Wille für uns
Gertrud von Helfta († 1302) erklärt, wie das Kreuz
angemessen verehrt werden kann:
In der Messe
sodann wurde sie vom Herrn durch folgende Worte belehrt: ‚Betrachte,
welches Beispiel ich meinen Auserwählten durch diese
Verherrlichung des Kreuzes gebe. Denn den Gegenständen, welche
mir zu körperlichen Erquickungen dienten, wie z. B. dem Gefäß,
worin ich in meiner Kindheit gebadet wurde, und ähnlichem, habe
ich keine so hohe Ehre erteilt wie meinem Kreuze, der Dornenkrone,
der Lanze und den Nägeln, welche dazu dienten, mir Leiden zu
bereiten. Deshalb wünsche ich, dass auch meine Freunde mich
hierin nachahmen, und zwar dadurch, dass sie meiner Ehre und ihres
eigenen Heiles wegen eine größere Liebe ihren Feinden als
ihren Wohltätern erweisen, weil sie hieraus einen
unvergleichlich größeren Gewinn ziehen können.
Unterlassen sie es aber aus menschlicher Schwachheit, die erlittenen
Unbilden sogleich durch Wohltaten zu vergelten, so würde es mir
hierbei doch ein angenehmes Opfer sein, wenn sie wenigstens eine
Weile nachher sich bemühten, den Unbilden durch Wohltaten zu
entsprechen, gleichwie das Kreuz meines Leidens eine Zeitlang in der
Erde verborgen lag und nachher erhöht wurde.
… Hierauf
begehrte sie sehnsüchtig, eine Partikel von dem Herrn so teuren
Holz zu erwerben, um durch die Verehrung für dieselbe vom Herrn
umso gnädiger angesehen zu werden. Er antwortete ihr: Willst
du Reliquien haben, die mein Herz zu dem Besitzer wirksam hinziehen
können, dann lies den Text meiner Leidensgeschichte und erwäge
dabei sorgfältig, welche Worte ich mit größerer Liebe
gesprochen habe. Diese schreibe ab, bewahre sie, überdenke sie
oftmals und sei versichert, dass du hierdurch meine Gnade mehr als
durch andere Reliquien verdienen wirst.
[Gertrud von Helfta, Gesandter der göttlichen Liebe, 4. Buch, 50.
Kap., übersetzt von J. Weißbrot, Freiburg-Basel-Wien 2001, S.
384f.]
Katharina von Siena († 1380)
empfiehlt: Ergreife
die
Waffen des heiligsten Kreuzes!
Jesus ist ein
süßer Meister, der uns in seiner Lehre unterrichtet, indem
er den Lehrstuhl des heiligsten Kreuzes besteigt.
Um allen
Versuchungen zu widerstehen, nehmt mutvoll die Waffen des heiligsten
Kreuzes.
[Wenn der Geist
mit] dem Blute des gekreuzigten Jesus [erfüllt ist, sieht die
Seele, was es] um das Feuer der göttlichen Liebe ist, um diese
unaussprechliche, mit dem Blute ganz und gar durchtränkte Liebe.
Dann ertränkt sich die Seele in dem Blute, d. h., sie ertränkt
jeden schlechten und sinnlichen Willen; … sie bekleidet sich mit
dem ewigen Willen Gottes, den sie in dem Blute findet und verkostet …
Deshalb habe ich euch gesagt, ich wünschte euch in dem Blute
des gekreuzigten Jesus gebadet und ertränkt zu sehen.
Ich will, dass
der Baum des Kreuzes in deinem Herzen gepflanzt sei und du dem
gekreuzigten Jesus ähnlich werdest. Verbirg dich in den Wunden
des gekreuzigten Jesus; bade dich in dem Blute des gekreuzigten
Jesus; berausche dich in dem gekreuzigten Jesus und bekleide dich mit
ihm; sättige dich mit Schmach, mit Schmähungen und
Beschimpfungen, indem du sie aus Liebe zum gekreuzigten Jesus
erduldest; hefte deine Liebe an das Kreuz Jesu; es ist die Barke, es
ist der Hafen, der zum Heile führt.
Der Herr
selbst sagte zu seiner Dienerin:
Damit die Frucht eurer
Handlungen reichlicher und köstlicher sei, bearbeite ich euch
durch zahllose Trübsale, Beschimpfungen, Beleidigungen, Schmach,
Verachtung und Vorwürfe, durch Worte und Handlungen, durch
Hunger und Durst, so wie es meiner Güte gefällt und nach
Maßgabe dessen, was jeder zu tragen fähig ist. Das Leiden
ist die Probe, nach der sich die Vollkommenheit oder Unvollkommenheit
der Seele beurteilen lässt.
[J.
Leclercq u. A. Kaufmann (übers.), Die Mystikerin des Apostolates
St. Katharina v. Siena, Vechta i. O. 1929, S. 220-23]
Rosa von Lima (†
1617):
Der Herr und
Heiland erhob seine Stimme und sprach mit unvergleichlicher Hoheit:
‚Alle sollen wissen, dass auf die Anfechtung die Gnade folgt;
sie sollen einsehen, dass die Größe der Gnadengaben in dem
gleichen Maß wächst, wie die Mühsale zunehmen; sie
sollen erkennen, dass wir ohne die Last der Bedrängnis nicht zum
Gipfel der Gnade gelangen können. Die Menschen sollen sich vor
Spiritualität der Heiligen - Die theologischen TugendenIrrtum und Selbsttäuschung hüten. Das ist die einzige
Leiter zum Paradies, ohne Kreuz findet niemand den Aufstieg zum
Himmel.
[Epistula
ad medicum Castillio: La patrona de America, Madrid 1928, S. 54f.;
zit. nach: Monastisches Lektionar zum 23.8.]
Jesus
zu Columba Schonath (†
1787):
Wer in meiner
Liebe leben will, der muss am Kreuz leben; wer da sagt, er liebe mich
und hasst das Kreuz und Leiden, der sagt es mit dem Mund, aber das
Herz ist kalt.
Der mich lieben
will, der muss auch mit mir leiden.
Auf dem Weg des
Kreuzes ist die reine Liebe zu finden.
Mein Herz ist
verwundet mit Liebe und Schmerz. Willst du mir gleichförmig
werden, so musst du auch diesem gleich werden.
Sei getrost in
deinen Schmerzen! Wann du mir folgst in Leiden, wirst du mir auch
folgen in den Freuden.
[Markus
Huck, Die Passionsmystik der Schwester Columba Schonath OP
(11.12.1730 - 3.3.1787), o. O., o. J., S. 16. 60. 30. 36f.]
Maria Bernhardine Soubirous († 1879) über den Trost, den Jesus
spendet:
Mut, meine
Tochter, das Kreuz ist das Erbteil meiner nächsten Freunde
Auf Erden das Leid, im
Himmel das wahre Glück.
Liebe heißt
allein: leiden, in Verbindung mit Jesus und Maria.
Sie müssen das Tun
zur Sühne, zuerst für Ihre Sünden und dann für so
viele andere!
Wo ist ein Freund
zu finden, der mitzuleiden und zugleich unsere Schmerzen zu lindern
versteht wie Jesus. Es [das Kreuz] gehört nur Jesus und Jesus
allein.
Lieben wir ihn und
halten wir uns an ihm fest von ganzem Herzen!
Gebet einer
armen Bettlerin zu Jesus:
O Jesus, gib mir, ich
bitte dich, das Brot der Demut, das Brot des Gehorsams, das Brot der
Liebe, das Brot der Kraft, meinen Willen zu brechen und ihn mit
deinem zu vereinen, das Brot der inneren Abtötung, das Brot der
Loslösung von den Kreaturen, das Brot der Geduld, die Schmerzen
zu ertragen, die mein Herz erleidet; o Jesus, du willst, dass ich
gekreuzigt sei, fiat, das Brot der Kraft, gut zu leiden, das Brot,
nur dich allein in allem und immer Jesus, Maria, das Kreuz zu sehen,
ich will keine anderen Freunde als diese.
[Bernadette
von Lourdes / Ich habe das Glück, zur Grotte zu gehen / Briefe
und Bekenntnisse, hrsg. v. André Ravier. Herder,
Freiburg/Basel/Wien 1979, S. 102-104. 124]
Nach Ulrika Nisch († 1913)
bewährt sich Liebe vor
allem in der Annahme des Leids:
Würden wir
den Wert des Leidens erkennen, dann würde unser Herz aufgehen
vor Verlangen nach Kreuz und Leiden.
Unser größter
Trost wird es sein, für Gott und seine Ehre zu leiden. Wenn wir
ruhig und still, ergeben in Gottes heiligen Willen, die kleinen
Leiden tragen, dann werden wir bald die Wirkung der Gnade fühlen,
die uns zu größeren Opfern bereit macht. Ja, mag kommen,
was kommen will, es ist der Seele zu wenig: Sie dürstet und
schmachtet nach Arbeit, Opfer und Leiden.
[Benedikt
Baur, Erzabt von Beuron 1938-1955, Kein Maß kennt die Liebe /
Das Leben der Dienerin Gottes Schwester Ulrika Nisch von Hegne, hrsg.
v. P. Maternuns Eckardt OSB, Vicepostulator im Selig- und
Heiligsprechungsprozess der Dienerin Gottes. Konstanz/ Bodensee 1965]
Franziska Xaviera Cabrini († 1917):
Eine große
Gnade ist das Kreuz. Wir wollen nicht schauen, aus welchem Holz es
verfertigt ist, es genügt uns zu wissen, dass es uns von Jesus
her zukommt.
(19. Oktober 1889)
2. Nachfolge des leidenden Christus
In einer Predigt
erklärt Cäsarius von Arles († 542),
was es heißt, Christus nachzufolgen:
Durch den
Sündenfall hatte der Mensch auf seinem Weg eine Menge
Hindernisse aufgebaut. Sie wurden aber abgebaut, als Christus
auferstand, seinen Fuß auf den Weg setzte und aus einem
schmalen Pfad eine Straße machte, die eines Königs würdig
war. Demut und Nächstenliebe sind die beiden Beine, auf denen
wir uns rasch fortbewegen können. Alle werden von der
Erhabenheit der Nächstenliebe angezogen, aber Demut ist die
erste Stufe, die es zu erklimmen gilt. Warum hebst du deinen Fuß
höher als du selber stehst? Willst du denn fallen anstatt zu
steigen? Beginne mit der ersten Stufe, also mit der Demut; sie bringt
dich schon voran.
Deshalb hat unser Herr
und Retter sich nicht damit begnügt zu sagen: Er
verleugne sich selbst
, sondern hinzugefügt: Er
nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach
. Was bedeutet: er
nehme sein Kreuz auf sich? Es bedeutet, dass er alles erträgt,
was für ihn mühsam ist; dadurch geht er an meiner Seite.
Sobald er beginnt mir nachzufolgen und sein Leben nach meinem Leben
und meinen Geboten auszurichten, begegnet er auf seinem Weg vielen
Menschen, die ihm widersprechen, die versuchen, ihn von diesem Weg
abzubringen, die sich nicht nur über ihn lustig machen, sondern
ihn verfolgen. Solche Leute finden sich nicht ausschließlich
unter den Heiden, die der Kirche fern sind; es gibt sie sogar unter
denen, die, von außen betrachtet, innerhalb der Kirche zu sein
scheinen.
Wenn du also Christus
nachfolgen willst, dann nimm sein Kreuz unverzüglich auf dich
und ertrage die Bösartigen, ohne dich entmutigen zu lassen …
Wer mein Jünger sein will, der nehme sein Kreuz auf sich
und folge mir nach.
Wenn wir dieses Wort in die Tat umsetzen
wollen, dann müssen wir uns darum bemühen, uns, mit Gottes
Hilfe, das Wort des Apostels Paulus zu eigen zu machen: Wenn
wir Nahrung und Kleidung haben, so soll uns das genügen.
Eines steht zu befürchten: Wenn wir mehr irdische Güter
haben wollen als wir brauchen und reich werden wollen, geraten
wir in Versuchungen und verfallen in sinnlose und schädliche
Begierden, die den Menschen ins Verderben und in den Untergang
stürzen
(1. Timotheusbrief 6,8-9). Der Herr möge uns seinen
Schutz zuteil werden lassen und uns von dieser Versuchung befreien.
[Predigt 159: CCL 104, 650: Er
folge mir nach
]
Petrus Damiani (†
1072): Wer das Kreuz Christi nicht liebt, liebt
Christus nicht.
Bernhard von Clairvaux († 1153):
Es wäre eine
Schande, ein wehleidiges Glied zu sein unter einem dornengekrönten
Haupt.
Der Kaufmann und geistliche Schriftsteller im Umfeld der Mystik des 14. Jahrhunderts Rulmann Merswin
(† 1382):
Ich weiß
sehr wohl von der Gnade Gottes, dass es keinen Christenmenschen geben
soll, der ihrer begehrt und der ohne Leiden befunden würde: Er
soll freiwillig und gern sein Kreuz tragen wollen bis zu seinem Tod,
wenn Gott es so von ihm haben will.
;
Heinrich Egher
(† 1408):
LERNE ZU STERBEN!
Schau aufmerksam auf
das Verhalten eines Toten, wie schweigsam, wie geduldig, wie einsam
[er ist]! Wenn über einen Toten gesagt wird: Er ist unzüchtig,
er ist stolz, er war ein Bösewicht
, und alle übrigen
Schmähungen [über ihn ausgestoßen werden], so hört
man von ihm keinen Laut. So sollst auch du sein, wenn man zu dir
sagt: Ach, die Brüder nehmen ärgernis an deinen
Versuchungen und Demütigungen!
[Dann] denk an Christus, der
gelitten hat und mehr als alle gedemütigt wurde! Wer war denn
über seinen überaus schmählichen Tod erbaut? Es weinte
seine Mutter, es flohen im Glauben zweifelnd seine Jünger, die
Juden verspotteten ihn. Und siehe, welchen Ruhm er [nun] nach einer
so großen Demütigung und Schmach besitzt! Du sollst dich
also selbst verleugnen und Christus nachfolgen bei jedweder Art von
Demütigung und Schmach!
Lasst uns [also] in
Geduld in dem für uns bestimmten Wettkampf laufen und dabei
Jesus, den Urheber und Vollender des Glaubens vor Augen haben, ihn,
der angesichts der ihm in Aussicht gestellten Freude die Schmach
verachtete und das Kreuz auf sich nahm. Ahme also den Herrn Jesus
nach! Kümmere dich nicht darum, wenn andere dir schmeicheln und
dich loben oder wenn sie etwa an dir deine Anmut bewundern. Sei immer
bereit und mit gottergebenem Glauben gerüstet gegenüber
Schmähungen, Widerwärtigkeiten, Vorwürfen, Spott,
Anfechtungen, Versuchungen, Krankheiten und anderem mehr.
[A.
P. Orbán (Hrsg.), Die Korrespondenz und der Liber
exhortationis des Heinrich von Kalkar (Analecta Cartusiana, hrsg. v.
James Hogg, Bd. 3), Universität Salzburg 1984, VV. 394-420, S.
262f.]
Vinzenz Ferrer (†
1419): Trage den Gekreuzigten immer in deinem
Herzen, damit er dich in seine ewige Herrlichkeit einführe!
Thomas von Kempen
(† 1471): Viele folgen Jesus nach bis
zum Brotbrechen beim Abendmahle, aber wenige bis zum Trinken aus dem
Leidenskelche.
Petrus Canisius (†
1597) über sein Selbstverständnis als Jesuit in
einem Brief vom 5. Februar 1545 an Fürst Oswald Graf von
S'Heerenbergh:
Wir halten treu
an unseren Ordenssatzungen fest, die wir als Gefolgsleute Christi
erwählt haben; allerdings verfolgen uns manche mit Hass und
Feindschaft, und dies hat uns den Namen
Jesuiten
eingetragen. Wir denken jedoch nicht daran, jenen heiligsten Namen
für uns allein in Beschlag zu nehmen, die wir ja kaum seine
Jünger, sondern höchstens seine Knechte sind, dem
Kriegsdienst des Kreuzes verschrieben. Mit Verachtung aller anderen
Dinge haben wir uns das Kreuz als einziges Ziel vor Augen gestellt;
und wir haben es überall aufzurichten versucht, sicher nicht
ganz ohne Erfolg. Dass wir arbeiten für das Seelenheil der
anderen Menschen, ist unser Gewinn und Nutzen. Das ist das Ziel, auf
das hin unsere Studien ausgerichtet sind, darauf verwenden wir unsere
Kraft und danach streben wir. Wir bezweifeln nicht, dass uns der
allmächtige Gott seinen Schutz leihen wird, der uns zu dieser
Art des Dienstes berufen hat und der die sichere Verheißung
gab, dass denen, die das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen,
nichts fehlen wird, sondern alles ihnen dazu gegeben wird (vgl. Matthäusevangelium
6, 33), was zu Nutzen des irdischen Leibs und der für den Himmel
bestimmten Seele ist, was sie stärkt, schützt und vor
Gefahren bewahrt. Wir wissen wohl, ja, wir haben es selbst schon
erfahren, dass wir im Dienst des Kreuzes Christi wie alle seine
Getreuen Gefahren, Unannehmlichkeiten und Unglück zu ertragen
haben, besonders in diesem verwilderten Jahrhundert, das alle
Frömmigkeit verachtet, voll Aberglauben ist und die Ehre des
Kreuzes Christi als Schande verschmäht. Aber um so fester ist
unser Entschluss, und wir wappnen uns gegen alle Gefahren dieses
Lebens, damit der Herr des Weinbergs, wenn er einmal Arbeiter zur
Lese senden will, geeignete Arbeiter an uns finde (vgl. Matthäusevangelium 9, 38).
Und nach dem Wort des heiligen Paulus wollen wir uns als Vorbild
erweisen im rechten Tun, in der Lehre, Lauterkeit und Würde,
damit der Widersacher beschämt werde, wenn er uns nichts Böses
vorwerfen kann (Titusbrief 2, 8 f.). Ich sehe zwar nicht ein, was einem
Christen hart oder schwer erscheinen könnte, da doch das Kreuz
seine Freude sein muss; er weiß ja, dass der Siegespreis seines
Dienstes nicht mit Prunk, sondern durch Leiden errungen wird. Nichts
anderes war ja das Leben der Heiligen als ein ständiger Kreuzweg
und tägliche Abtötung. Deshalb liefen sie darbend,
geängstigt und misshandelt voller Ausdauer in dem Wettkampf, der
ihnen aufgegeben war; sie blickten auf zum Begründer und
Vollender ihres Glaubens, zu Jesus; Freude war vor ihn hingestellt,
er aber erduldete das Kreuz und achtete nicht der Schmach (vgl. Hebräerbrief
12, 1 f.). Wir aber haben noch nicht bis aufs Blut widerstanden (ebd.
V. 4). Wir sollen nach diesem höchsten Glück streben, das
man zwar in diesem Leben schmerzlich empfindet, um so in den
Schwierigkeiten, die der Herr uns schickt, zu beweisen, dass wir
nicht ganz unechte Kinder Gottes sind. Denn durch beständige
Trübsal hindurch müssen wir uns um die Nachfolge des
gekreuzigten Christus bemühen, in dem schließlich und
endlich alle Ehre zu gründen ist. Wir schulden denen großen
Dank, die uns offen oder im verborgenen verfolgen und verleumden;
denn sie nützen ja unserer Sache - gegen ihren Willen - mehr,
als sie schaden, sie beschleunigen eher unseren Lauf, als dass sie
ihn aufzuhalten vermöchten.
[Briefe
des hl. Petrus Canisius, ausgew. u. bearb. v. Siegfried Seifert,
Leipzig 1983, S. 97 - 99, zitiert nach
https://www.ingolstadt.de/stadtmuseum/scheuerer/ausstell/cani5.htm
- abgerufen am 14.04.2018)
Veronika Giuliani
(† 1727):
Aber vor allem
sollen wir uns beständig der Heiligsten Passion widmen; dort
werden wir die Regelungen für unser Leben in der Nachfolge Jesu
finden. Er wird uns gut belehren, aber es kommt alles darauf an, dass
wir von ihm lernen wollen; seien wir ihm treu, weil [auch] er uns
gegenüber überaus treu ist. Unser ganzes Tun und Leiden sei
vereint mit dem Wirken Jesu, mit den Leiden Jesu. Ich lasse euch im
Herzen Jesu und grüße euch alle,
Eure unwürdige
Schwester Veronica.
Der wahre Meister
ist der gekreuzigte Jesus und das genügt; wenn wir dabei
bleiben, beständig sein Leben zu betrachten, dann werden wir
sicher eine neue Lebensweise aneignen.
[Lettere
di Santa Veronika Giuliani, Monastero delle Cappuccine, Città
di Castello 1965, S. 20; eigene Übersetzung]
In inneren
Ansprachen sprach Jesus
zu Gemma Galgani († 1903):
Jesus versicherte
mir, dass ich nicht Liebe, sondern Hass und Verachtung zu erwarten
habe. Um das Maß zu vollenden, würde sogar Er selbst mich
verlassen. Das sei dann aber noch nicht das Ende von allem. Vielmehr
stünden mir dann noch weitere Kreuze bevor, die ich mutig tragen
soll. So sprach Jesus zu mir:
Meine Tochter, weißt du, warum
ich gerade jenen Seelen, die mir besonders lieb sind, viele Kreuze
schicke? - Ich möchte ihr Herz besitzen. Aber ich will es ganz
und ungeteilt haben. Darum werden jene von Kreuzen gleichsam umgeben.
Ich schließe sie in Bedrängnisse ein und hindere sie so
daran, meinen Händen zu entkommen. Ich bestreue ihren Weg mit
Dornen, damit sie ohne jede menschliche Stütze, allein in MIR
ihren ganzen Trost findet. Mein Kind, würdest du das Kreuz nicht
fühlen, dann könnte doch wirklich nicht von einem Kreuz die
Rede sein! Sei jedoch gewiss, unter dem Kreuz kannst du dich niemals
verirren. Satan hat keinerlei Macht über jene, die es tragen um
meiner Liebe willen. Meine Tochter, wie viele Menschen hätten
mich längst verlassen, wenn ich sie nicht gekreuzigt hätte!
Deswegen ist mein Kreuz wirklich eine kostbare Gabe, es ist die
Schule vieler Tugenden.
[Jean-François
Villepelée, Die Torheit des Kreuzes / Die heilige Gemma Galgani 1878 - 1903, Bd. III, überströmende Liebe,
Parvis-Verlag, Hautville 1994, S. 11. 29f.]
In seinem Brief auf
diesem Gefängnis vom 30. März 1941 sieht Alois Andritzki
(† 1943) sich in der Rolle des Simon von Cyrene:
Passionszeit!
Christus ruft uns auf, ihm zu folgen …
Nicht mehr Knechte
nenne ich euch, sondern Freunde!
Dem Freunde gebührt es
aber, mit dem Freund Freud und Leid zu teilen. Christus trägt
das Kreuz für die Kirche, da können wir als seine Freunde
nicht müßig zusehen - sondern mittragen. Simon von Cyrene
durfte damals wirklich handgreiflich das Kreuz dem Herrn tragen
helfen, ihm wurde es ungefragt aufgebürdet - da half kein
Sträuben - und er trug es! Nun, mir ist es ähnlich
ergangen. Die Natur, der Freiheitsdrang will [sich] aufbäumen,
aber schon lastet die Schwere des Kreuzes auf der Schulter. So will
ich es tragen, da ich doch sehe, dass ich nur Freundschaftsdienst
erfüllen darf. So wird es mir leichter, ja man wird froh. Man
trägt es ja nicht allein - Christus trägt es ja mit. Da
braucht man nicht zu verzagen. Ich habe Mut, es zu tragen bis auf
Golgotha - alles mit Christus auskosten. Dann aber wird desto größer
der Friede die Unruhe des Herzens beseligen, und das Kreuz wird einen
zur Herrlichkeit der Auferstehung führen. So erweist sich die
Bejahung des Willens Gottes als das Beste; gerade das Schlimmste, was
die Welt fürchtet - das Leid, das Kreuz führt zur ewigen
Herrlichkeit.
[Benno
Schäffel (Hg.), Alojs Andritzki. Ein Lebensbild, Leipzig 2010;
Alojs Andritzki, Briefe, Ratibor 2011]
Klemens Maria Hofbauer († 1820):
Wer nicht mit
Christus leiden will, kann nicht mit ihm im Himmel sich freuen.
Wilhelm-Joseph Chaminade († 1850):
Als Christen sind
wir alle dem Kreuz geweiht. Der Name
Christen
verpflichtet uns wesentlich, nicht nur das Kreuz Christi zu tragen,
sondern sogar es mit Freude zu umfassen. Denn von einem Christen zu
sprechen heißt von einem Wesen zu sprechen, dessen Berufung es
ist, dem Haupt zu folgen, das Jesus Christus ist, und zwar auf seinem
schmerzvollen Weg der Leiden und Demütigungen. Und das wird für
ihn nicht nur eine Pflicht, sondern eine Ehre und Ruhm.
[Thomas
Stanley, S. M., The mystical body of Christ according to the writings
of father William Joseph Chaminade. A study of his spiritual
doctrine, St. Paul's Press, Fribourg, Switzerland 1952, S.232 - 238;
eigene Übersetzung]
Philippina Duchesne († 1852):
Der gütige Herr hat uns
die Gnade geschenkt, Anteil an seinem Kreuz zu haben. Das größte
und zweifellos härteste Kreuz, das es zu tragen gilt, ist der
Mangel an Erfolg bei unserer Arbeit.
Johannes Eudes (†
1680):
Die geringsten
Schwierigkeiten schlagen uns nieder, die kleinsten Schmerzen
entmutigen uns, die schwächste Versuchung überwältigt
uns, Mücken werden zu Elefanten; wir sind traurig, wo wir uns
freuen sollten, wir zittern, wo gar kein Grund zur Angst gegeben ist!
Wir wollen uns sehr wohl der Vorteile der heiligen Religion erfreuen,
aber wir wollen nicht die Kreuze! Wollt ihr, dass man ein neues
Evangelium für euch schafft? Oder wünscht ihr, dass Gott
einen anderen Messias für euch sendet, einen Messias aus Zucker
und Rosen?
[Die
mystische Gegenwart Christi beim Unterricht
; zit. nach:
Walther Tritsch (Hrsg.), Einführung in die Mystik. In Quellen
und Zeugnissen, Pattloch Verlag 1990, S. 314]
Maria Kreszentia Höß
(† 1744): in einem Brief an Franz Ahorner in Venedig, der
ein schweres Leid durchzustehen hatte:
Hochwürdiger
in Gott geistlicher in Christo hoch geehrter Herr!
Des Herrn an mich
erlassenes Schreiben habe ich recht erhalten und daraus mitleidig
ersehen, wie Sie mit so vielem Kreuz und Trübsal beladen sind.
Aber in diesem Zeichen können Sie sehen, dass der liebe Gott Sie
lieb hat; denn er gibt nur seinen Geliebten Kreuz und Leiden, und
ohne seinen Willen wird uns kein Haar auf dem Haupte gekrümmt
werden.
Ich werde in meinem
armen Gebet fleißig für Sie beten, dass Gott, der
Allmächtige, Ihr Kreuz mindern wolle nach seinem allerheiligsten
Willen und wie es Ihrem Seelenheil nützlich ist. Wenn es aber zu
seiner göttlichen Ehre und Glorie gereicht, so wolle er Ihnen
Kraft und Stärke verleihen, alles mit Geduld und Gott zuliebe zu
leiden.
Wenn wir bedenken, was
für schreckliche Marter der liebe Gott wegen uns gelitten hat,
so werden unsere Kreuze recht leicht zu tragen, sie kommen uns jetzt
zwar ganz bitter und sauer vor, aber wir werden einst eine rechte
Süßigkeit darin finden und nur wünschen, viel
gelitten zu haben; denn wer hier viel zu leiden hat, der hat eine
große Glorie im Himmel zu erwarten. Hier ist kurz, aber dort
…!
[J. Gatz
(Hrsg.), Briefe von, an und über Crescentia von Kaufbeuren / aus
der Zeit 1714 - 1750, Kaufbeuren 1961, S. 167: Brief an Franz Ahorner]
Nach Paul vom Kreuz († 1775) drängt die Liebe zu Jesus
Christus, dem Gekreuzigten, auch uns, in unserem Inneren ein Fest
des Kreuzes zu feiern
:
Es ist gut und
heilig, an das Leiden des Herrn zu denken und es zu betrachten; denn
so gelangen wir zur Vereinigung mit Gott. In dieser heiligen Schule
lernen wir die wahre Weisheit, dort haben alle Heiligen sie gelernt.
Wenn das Kreuz Jesu seine Wurzeln tiefer in eure Herzen senkt, werdet
ihr rufen:
Leiden, nicht sterben!
oder: Entweder
leiden oder sterben!
oder noch besser: Weder leiden
noch sterben, sondern volle Bekehrung zum Willen Gottes!
Die Liebe ist eine
einigende Kraft, sie macht sich die Qualen des Geliebten zu eigen.
Dieses Feuer dringt bis ins Mark, es verwandelt den Liebenden in den
Geliebten. Auf erhabene Weise mischt sich die Liebe mit dem Schmerz
und der Schmerz mit der Liebe. Es entsteht eine Verbindung von Liebe
und Schmerz, die so eng ist, dass man die Liebe nicht mehr vom
Schmerz und den Schmerz nicht mehr von der Liebe trennen kann. Darum
freut sich die liebende Seele in ihrem Schmerz und jubelt in ihrer
schmerzenden Liebe.
Seid standhaft in der
übung aller Tugenden, besonders darin, dass ihr Jesus in seinem
Leiden nachahmt; denn das ist der Höhepunkt der Liebe. Euer
Handeln lasse alle erkennen, dass ihr nicht nur innerlich, sondern
auch äußerlich ein Abbild des gekreuzigten Christus seid,
des Beispiels aller Güte und Sanftmut. Wer nämlich in
seinem Innern mit dem Sohn Gottes vereint ist, der ist auch äußerlich
sein Abbild durch die dauernde übung heroischer Tugend,
besonders durch kraftvolle Geduld, die weder geheim noch öffentlich
klagt. Bergt euch also in dem gekreuzigten Jesus und wünscht
nichts anderes, als dass sich alle Menschen in allen Dingen zu seinem
Willen bekehren.
Wenn ihr den
Gekreuzigten wirklich liebt, dann werdet ihr im Tempel eures Innern
stets das Fest des Kreuzes feiern, indem ihr schweigend duldet und
euch keinem Geschöpf anvertraut. Weil Feste aber in Freude
gefeiert werden, müssen alle, die den Gekreuzigten lieben, das
Fest des Kreuzes in schweigendem Dulden begehen, mit heiterer und
froher Miene, so dass das Leiden den Menschen verborgen und nur dem
Höchsten bekannt ist. Bei diesem Fest werden Gastmähler
gehalten, bei denen der Wille Gottes die Speise ist nach dem Beispiel
unserer gekreuzigten Liebe.
Ich möchte
der ganzen Welt sagen, dass man doch erkenne, welch große Gnade
Gott in seinem Erbarmen erweist, wenn er Leiden schickt, vor allem,
wenn das Leiden ohne Trost ist. Denn dadurch wird die Seele wie Gold
im Feuer gereinigt. Sie wird schön und leicht, um so den
Höhenflug zu ihrem Höchsten Gut anzutreten, das heißt,
zur seligen Umformung zu gelangen, ohne es jedoch wahrzunehmen. Sie
trägt das Kreuz zusammen mit Jesus und weiß es nicht.
;Man muss sich
davor hüten, zu solchen Zeiten des Leidens das Gebet zu
unterbrechen; denn dadurch würde das Leiden nicht geringer
werden, ja die Seele würde sogar - ohne jeglichen Nutzen - noch
mehr betrübt sein; denn sie würde sehen, dass sie der
Lauheit zum Opfer gefallen ist. Indes weiß ich, dass Gott mir
diese Erkenntnis gibt: Wen Gott durch das Gebet zu einer hohen
Einheit mit Ihm führen will, der muss auf der Straße des
Leidens im Gebet gehen; ich sage: Leiden ohne jeglichen erfahrbaren
Trost, sodass die Seele sozusagen nicht mehr weiß, wo sie
steht.
[Lettere
di Paolo della Croce, Hg. Amedea della Madre del Buon Pastore, Rom
1924, Bd. 1, S. 43; Bd. 2, S. 440. 825,
zitiert nach Monastisches Lektionar zum 19.10]
Peter Friedhofen
(† 1860):
Es ist nötig, dass Eure
Augen immer geheftet sind auf das Leben, Leiden und Sterben Jesu …
denn in der Betrachtung des Gekreuzigten wächst die Liebe und
wird groß.
(Brief 24)
Johannes Bosco (†
1888):
Wer sich mit
Christus freuen will, muss mit ihm gekreuzigt werden.
(XI,
513)
Anna Schäffer
(† 1925):Niemals können wir unser
eigenes Leiden verstehen, wenn wir nicht Jesu Leiden zu betrachten
und zu verstehen gelernt haben.
Aus eigener
beglückender Erfahrung heraus wirbt Maria von der
heiligen Cäcilia von Rom Belanger (†
1929) für die Bereitschaft, mit Jesus Christus
mitzuleiden:
Wert des Kreuzes!
Oh, ich möcht ihn doch allen, besonders den gottgeweihten Seelen
erklären! Seelischer oder körperlicher Schmerz ist eine
ewige Goldmine; er ist ein Glutpfeil, den die Liebe aus dem Herzen
des Unendlichen schnellen lässt, um das Menschenherz zu
verzehren und in das göttliche Leben einzutauchen … Wüssten
wir, welch göttliche Liebeslast ein jedes unserer Kreuze in sich
schließt, wir würden diesen unendlichen Schatz so sehr
hochschätzen, dass wir nicht aufhören könnten, weder
bei Tag noch bei Nacht, Gott glühenden Herzens anzuflehen, damit
wir ihn erlangten, und voller Begeisterung dafür zu danken.
Verstünden wir den Wert unserer Kreuze, wir wären starr vor
Freude und Glück bei ihrem Empfang. Prüfungen, Trübsale,
ängste aller Art würden uns ein Lied des Jubels und
Entzückens entlocken und unwillkürlich stimmten wir das Te
Deum
an.
Der Herr wird nicht
verstanden! Nein, das Herz des anbetungswürdigen Bräutigams,
so zart, so gut, wird nicht erkannt! Jesus hat sich das Kreuz erwählt
als heiliges Gut, er hat es mit Leidenschaft umfangen, es bis zur
Torheit geliebt - und das für uns! Und wenn er uns ein Teilchen
dieses mystischen Reichtums anbietet, dann zögern wir, ihm …
die Hand zu reichen. Ach, die gefallene Menschennatur ist ein Abgrund
von Finsternis! Gott weiß es. Deshalb hat Seine Barmherzigkeit
stets Mitleid mit unserer Blindheit, und trotz unseres natürlichen
Widerstrebens bietet Er uns die unschätzbaren Wohltaten des
Kreuzes an, ja nötigt uns sogar, sie anzunehmen. Oh, wie freut
es den göttlichen Meister, ein erkenntliches Dankeswort zu
hören, wenn er uns einen Dorn aus seiner Krone oder einen
Tropfen aus seinem bitteren Kelch reicht! Oh, wie frohlockt sein
heiligstes Herz, wenn die verwundete und gekreuzigte Seele in Liebe
die Geißeln, die Lanze und die kostbaren Nägel küsst!
Oh, dass die Gabe Gottes doch verstanden würde! Alle Leiden,
alle Qualen, alle Martern zusammengenommen erscheinen meiner Seele
süß, wenn ich damit der milden göttlichen Vorsehung
auch nur für die geringste Trübsal danken könnte. Oh,
dass doch das Herz des Bräutigams wahrhaft erkannt würde!
Geist der Wahrheit, oh, ich flehe dich durch Jesu Verdienste an,
schenke den Seelen Licht, lehre sie, die wahren Güter zu werten
und der unendlichen Güte zu danken für Stunden der Prüfung
und Verdemütigung.
[Das
Lied der Liebe / Autobiographie der Seligen Dina Bélanger,
Mutter Maria von der heiligen Cäcilia von Rom RJM (1897-1929),
übersetzt von M. Raphaela Schlichtner OSB. Theresia Verlag,
Lauerz 1998, S. 218f.]
Franz Jägerstätter († 1943):
Wer nicht mit
Christus leiden will, wird auch nicht mit Christus auferstehen.
Der Priester und Widerstandskämpfer Alfons Maria
Wachsmann († 1944):
Nur in der Schule
des Kreuzes, erfahren im selbstdurchlittenen Leid und nur in der
übung heißen Gebetes, wird die Erkenntnis Christi
gewonnen, die kein Studium erschließt.
Mein Leben liegt
in Gottes Hand. Meine Existenz ist: geborgen in der Gnade dessen, der
am Kreuz hingerichtet worden ist. Die Form meines Lebens: zu hoffen
auf die Barmherzigkeit und Treue Gottes. Die Passion ist die Weise,
wie der Mensch von der geistigen Einsicht zur Realisierung Christi
gnadenvoll geführt wird: ein schmerzlicher, aber doch süßer
Weg.
[Franz
Herberhold, A. M. Wachsmann. Ein Opfer des Faschismus. Leben und Tod
des Greifswalder Pfarrers, hingerichtet am 21. Februar 1944, St.
Benno-Verlag Leipzig 1963, S. 139]
Eustachius Kugler
(† 1946):
Das Kreuz und das
Leiden Christi sind der sicherste Weg zum Himmel.
Der Priester und als Einsiedler in Marokko lebende Albert Peyriguère
(† 1959):
Suchen Sie den
Erleuchtungen nicht allzu sehr entgegenzugehen durch anstrengendes
Nachdenken. Sprechen Sie mit sich nicht viel von all dem. überlassen
Sie sich still und großmütig Christus, damit er es Ihnen
selbst sage und vor allem in Ihnen lebe. Wie gut war Christus doch,
Sie bis zum Eingang des großen Mysteriums seines Leidens zu
führen! Wie viel schneller kommt die Seele voran, wenn sie von
ihm weggetragen wird, als wenn sie auf den armen Krücken ihrer
großen Gedanken und Worte geht!
Leiden und
Schweigen, das ist die ganze Lehre des heiligen Johannes vom Kreuz,
im Grunde die Lehre des Evangeliums. Christus wollte nicht
eine Menge von Worten, er wollte den Verzicht. Schweigen und Entsagen
schaffen die Leere in uns und von uns, und anstelle dieser Leere ist
Gott in uns. Man verliert dabei nichts.
[Albert
Peyriguère, in: Quellen geistlichen Lebens, Bd. 5, hrsg. v.
Gisbert Greshake u. Josef Weismayer. Matthias Grünewald
Verlag, Ostfildern 2008, S. 55-63]
Pio da Pietrelcina († 1968) über seine Bereitschaft
zum Mitleiden mit Jesus:
Ja, ich liebe
das Kreuz, das reine Kreuz. Ich liebe es, weil ich es immer auf Jesu
Schultern sehe. Nunmehr sieht Jesus bestens, dass mein ganzes Leben,
mein ganzes Herz seinen Leiden geweiht ist.
Jesus allein kann es
begreifen, welch ein Leid es für mich ist, wenn sich in mir die
schmerzvolle Szene des Kalvarienbergs abspielt. In gleicher Weise ist
es unbegreiflich, welchen Trost man Jesus schenkt, wenn man ihn nicht
in seinen Schmerzen bemitleidet, sondern wenn er eine Seele findet,
die aus Liebe zu ihm nicht nur Tröstungen erbittet, sondern eher
darum, dass sie an seinen Schmerzen Anteil bekommt.
Wenn Jesus mir zu
verstehen geben will, dass er mich liebt, lässt er mich seine
Passion verkosten, die Wunden, die Dornen, die ängste. Wenn er
will, dass ich mich freue, füllt er mir das Herz mit jenem Geist
aus, der ganz Feuer ist und spricht mir von seinen Freuden. Aber wenn
er selbst erfreut sein will, spricht er mir von seinen Leiden und
lädt mich dazu ein mit einer Stimme, die zugleich Bitte und
Befehl ist, meinen Körper stellvertretend darzubieten, ihm die
Leiden zu erleichtern. Wer wird ihm widerstehen?
[Ferdinand
Ritzel, Pater Pio / Sein Leben, Lieben und Leiden, Gröbenzell
1976, Brief 335, S. 80]
3. Kreuz tragen
Johannes-Baptist Vianney († 1859):
Man braucht nie darüber nachzudenken, woher die Kreuze kommen. Sie kommen von Gott. Immer ist es Gott, der
uns dieses Mittel gibt, unsere Liebe zu prüfen.
Man muss um Liebe
zum Kreuz bitten, dann wird es süß. Ich habe Erfahrung
darin. Vier oder fünf Jahre wurde ich verleumdet, man hat viel
gegen mich geredet und Verwirrung angestiftet. Das war ein Kreuz! Es
war fast mehr, als ich ertragen konnte. Dann fing ich an, um die
Liebe zum Kreuz zu beten, und ich war glücklich. Ich sage das im
Ernst: Da findet man das Glück und sonst nirgends.
Wenn man das
Kreuz liebt, hat man keins, wenn man es nicht will, wird man von ihm
erdrückt.
[G. Rossé,
Der Pfarrer von Ars / Lebensweg - Gedanken - Predigten, übersetzt von H. Beyrink, München-Zürich-Wien 91999,
S. 56-95. 121-25]
Konrad von Parzham († 1894):
Das Mittel, das
ich gebrauche, mich in der Demut und Sanftmut zu üben, ist kein
anderes als das Kreuz. Dieses ist mein Buch. Nur ein Blick auf das
Kreuz lehrt mich in jeder Gelegenheit, wie ich mich zu verhalten
habe. Da lerne ich Geduld und Demut, Sanftmut und jedes Kreuz mit
Geduld zu ertragen. Ja, es wird mir süß und leicht.
[Brief
vom 28.4.1872: G. Bergmann, Bruder zwischen gestern und morgen /
Konrad von Parzham, Passau 1974, S. 212]
Franz Reinisch (†
1942):
Das Kreuz steht, ob die Menschen es
wollen oder nicht, als Zeichen der Scheidung der Geister bis ans Ende
der Zeiten.
Wer freiwillig
sein Kreuz trägt, den trägt das Kreuz, wer es aber flieht,
den drückt das Kreuz.
Bernhard Lichtenberg († 1943):
Eine
Religiosität, die keine Opfer bringt, ist keinen Pfennig wert.
P. Rupert Mayer
(† 1945):
Am Kreuz kommt niemand vorbei,
sei es nun groß oder klein, und die es nicht tragen wollen,
sind unglückliche Menschen.
Sr. Maria Restituta Kafka († 1943):
Das Kreuz ist
wohl der beste Lehrmeister.
(29. August 1942)
Joseph Müller († 1944):
Das Kreuz! -
Das Kreuz, das mich als Knabe schon so tief beeindruckt hat, wenn es
daheim am Karfreitag hoch oben im Scheine der roten Lampen
aufleuchtete. Das Kreuz, das ich auf dem Gipfel der Berge vorfand.
Wenn nach ganz mühe- und gefahrvollem Aufstieg endlich das Ziel
in die Nähe gerückt war, dann rücktest Du mit Deinem
heiligen Zeichen an mich heran und entlocktest mir den Jubelruf: Ave
Crux! Das Kreuz, unter dessen Zeichen ich Gottes Kind, Streiter
Christi, Priester Christi geworden war. Das Kreuz, das den mir
gelassenen Winkel der Welt, meine Wohnung, mit Inhalt erfüllte.
Das Kreuz, das als Opferzeichen am Altare mich Priester an den
opfernden Hohenpriester heranführte. Das Kreuz, von dem Du
gesagt hast:
Wenn ich erhöht sein werde, will ich alle an
mich ziehen.
Das Kreuz, in dessen Schutz ich arbeitete am Tage
und ruhte in der Nacht und am Morgen wieder neuen Mut schöpfte!
Das hattest Du mir nun auf meinen vielseitigen Wunsch hin gebracht.
Zum Kreuz gehört - wie bei Jesus- auch die Erfahrung der Gottverlassenheit:
Ewiger Gott, Du
bist doch wirklich in der Seele Deines Kindes, wohnst dort: Vater,
Sohn und Geist. Aber selbst mein innigstes Abba-Rufen dringt nicht zu
Dir. O komm doch! Ich klage, Ewiger, über Deine Ferne. Vater,
ich möchte nach Deiner Hand greifen in meiner Angst,
Hilflosigkeit und Liebebedürftigkeit, aber nicht einmal die Hand
eines Deiner Menschenkinder schenkst Du mir. Ewiger, vergiss doch
Deines Kindes nicht!
Vater, ich bin in
blutender Angst; in ganz verzweifelter Not schreie ich aus übervollem
Herzen zu Dir. Bist Du denn überhaupt je dagewesen: Ich schaue
so fest zu Dir hin, aber ich sehe Dich nicht. Ich laufe zu Dir hin,
aber Du gehst zurück. Ich schaue fest hin, aber Du
verschwindest. Ich strecke meine Hand aus, Dich zu fassen, aber ich
greife ins Leere. Bist Du denn niemals da, wenn man Dich braucht?
Vater, nun hast Du mir auch noch den Liebenden am Kreuze ausgelöscht:
Er hat Dir selbst seine Verlassenheit zugeschrien. Jetzt ist er bei
Dir und bittet für mich. Sieh: Du hängst Dich schon an
mich!
[Oskar
Müller, Ein Priesterleben in und für Christus. Leben,
Wirken, Leiden und Opfertod des Pfarrers Joseph Müller,
Groß-Düngen, Celle 1948, S. 98. 58]
Pio da Pietrelcina († 1968):
Die Liebe ist
gekreuzigt und man findet sie nur am Kreuz.
Das Kreuz wird
euch nicht zermalmen. Wenn es auch lastet, so gibt es Kraft und hält aufrecht.
Die deutsche Schriftstellerin Gertrud von le
Fort († 1971):
Es sind nicht die
Gottlosen, es sind die Frommen seiner Zeit gewesen, die Christus ans
Kreuz schlugen.
Der Gekreuzigte, der
Verlassene, ist für die Gründerin der Fokolarbewegung Chiara Lubich († 2008) der
Weg der Einheit zwischen Gott und den Menschen (Brief 1948):
Jesus der
Verlassene ist nicht nur der Schlüssel zur Einheit unserer Seele
mit Gott, er ist auch der Schlüssel zur Einheit mit den Brüdern.
Er zeigt uns die richtige Art und Weise, die Menschen zu lieben und
einander wie Brüder zu begegnen. …
Das Zweite Vatikanisches Konzil
erklärt das Gebot der Liebe zum Gesetz für das neue
GottesvoLukasevangelium . Die Liebe enthält nicht einfach ein Gesetz Jesu,
sondern sein ganzes Gesetz. Wer den anderen liebt
,
erklärt die Schrift, hat das Gesetz erfüllt
(Römerbrief 13, 8). Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort
zusammengefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich
selbst
(Galaterbrief 5, 14). Die Liebe, die christliche Liebe, ist ein
Teilhaben an der Agape, am Leben Gottes (Gott ist Liebe
[Agape]: 1. Johannesbrief 4,8). Sie ist das besondere Kennzeichen des
Christentums, ja in ihr besteht unser ganzer Glaube. …
Die Liebe zu den
Brüdern, die Jesus will, der Dienst, den er verlangt, besteht
nicht in einer Abfolge von einzelnen Handlungen, sondern ein Christ
muss danach streben, Liebe zu sein; so erreicht er seine
Vollkommenheit. …
Das ist mein
Gebot: Liebt einander!
Jesus hat diese Worte nicht nur
gesprochen, er hat uns auch ein Vorbild für diese Liebe gegeben;
denn er fügt hinzu: wie ich euch geliebt habe
. Und
er hat dazu erläutert: Es gibt keine größere
Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt
(Johannesevangelium 15, 12). Im gekreuzigten und verlassenen Jesus finden wir den
Weg, um unsere Brüder zu lieben. In seinem Sterben am Kreuz, in
der Verlassenheit, zeigt uns Jesus auf seine einzigartige und
göttliche Weise, was Liebe ist. …
Lieben bedeutet dienen;
es gibt keine bessere Art zu dienen, als sich mit den Mitmenschen
eins zu machen. Da sich niemand mit den Menschen so eins gemacht hat
wie Jesus der Verlassene, ist er das Vorbild eines jeden Menschen,
der liebt; er ist der Weg, der Schlüssel zur Einheit mit den
Nächsten. …
Sich einsmachen
setzt voraus, dass wir innerlich arm sind, arm im Geist. Das
Evangelium sagt, dass diese Armut das Reich Gottes schafft, das Reich
der Liebe, dass sie die Seele mit Liebe erfüllt. Nur so wird
Einheit möglich. Und auf wen schauen wir, von wem können
wir die große Kunst der Armut im Geist lernen? Keiner ist ärmer
als Jesus, der Verlassene. Nachdem er fast alle seine Jünger
verloren und nachdem er uns die Mutter geschenkt hat, gibt er das
Leben für uns und gewinnt den schrecklichen Eindruck, dass
selbst der Vater ihn verlässt. Wenn wir auf ihn schauen,
verstehen wir, dass wir aus Liebe zu den Brüdern alles
hintanstellen, auf alles verzichten müssen. …
Der verlassene Jesus
ist auch auf eine andere Weise Weg zur Einheit mit den Brüdern:
Ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in
der Einheit
(Johannesevangelium 17, 23). Jesus, der in jedem Christen
gegenwärtig ist, macht uns vollkommen in der Einheit. Wie Jesus
dieses ich in ihnen
verwirklichen wird, sehen wir in
Jesus dem Verlassenen, dem Schlüssel zur Einheit des Menschen
mit Gott. Wir müssen ihn immer großzügig und ohne
Zögern umarmen, wenn er auf uns zukommt in den Schmerzen eines
jeden Tages, in den Entsagungen, die das christliche Leben und das
Leben nach den Tugenden mit sich bringen. Der Auferstandene, von dem
wir hoffen, dass er durch die Gnade bereits in uns lebt, schenkt uns
dann seinen ganzen Reichtum, die Gaben des Geistes erfüllen
unsere Seele; jedes Mal neu ist Ostern. …
Schließlich ist
der verlassene Jesus Ursache der Einheit mit den Brüdern, weil
wir in allen Leidenden ihn, seine Züge, entdecken … Wir
finden ihn in den Betrübten, den Trauernden, in den Verlassenen,
in den Gescheiterten, Verratenen, Ausgestoßenen, in den
Erfolglosen und in denen, die sich in ausweglosen Situationen
befinden, in den Orientierungslosen, den Schutzlosen, Verzweifelten
und in denen, die Angst haben … Wir entdecken ihn auch in denen,
die Schuld auf sich geladen haben, denn er ist für uns zur
Sünde, zum Fluch geworden (vgl. Galaterbrief 3, 13) … Wenn diese
Menschen sich geliebt fühlen, beginnen auch sie zu lieben, und
neue Einheit entsteht.
[Chiara
Lubich und die Fokolar-Bewegung, in: Quellen geistlichen Lebens, Bd.
4, hrsg. v. Gisbert Greshake u. Josef Weismayer. Matthias
Grünewald Verlag, Ostfildern 2008, S. 259-65]
P. Rupert Mayer (†
1945):
Am Kreuz kommt niemand vorbei, sei es
nun groß oder klein, und die es nicht tragen wollen, sind
unglückliche Menschen.
Edith Stein - Teresia Benedicta vom Kreuz (†
1942):
Eine scientia
crucis [Kreuzeswissenschaft] kann man nur gewinnen, wenn man das
Kreuz gründlich zu spüren bekommt. Davon war ich vom ersten
Augenblick an überzeugt und habe von Herzen:
Ave, Crux,
spes unica!
[Sei gegrüßt, Kreuz, einzige Hoffnung]
gesagt.Wirksamer als
die Abtötung, die man nach eigener Wahl übt, ist das Kreuz,
das Gott einem auflegt, äußerlich und innerlich.
Die Predigt vom
Kreuz wäre eitel, wenn sie nicht Ausdruck eines Lebens in
Vereinigung mit dem Gekreuzigten wäre.
(Zit.
nach Emmeram Kränkl, Worte der Heiligen, Sankt Ulrich Verlag,
Augsburg 2011, S. 263]
Pio da Pietrelcina († 1968):
Die Liebe ist keine
wahre Liebe, wenn sie nicht gekreuzigt ist.
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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 09.08.2025
korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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