Ökumenisches Heiligenlexikon

Spiritualität der Heiligen - Eine Quellensammlung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn

Vorbemerkungen

Sünde und Schuld

Sünde ist mehr als eine moralische oder soziale Verfehlung, sie bedeutet auch Abkehr von Gott. Die Schwere der Sünde ist dabei sehr unterschiedlich und hängt ab von objektiven und subjektiven Faktoren.

1. Ursprung und Wesen der Sünde 2. Arten der S. 3. Unvermeidlichkeit der (Alltags-)Sünden 4. Wirkungen der S. 5. Mittel der Abhilfe 6. Warnung vor Verzweiflung 7. Hauptsünden und Laster 8. S. gegen den Hl. Geist

1. S. ist, was Gott der Gute verbietet: Tertullian (BKV I 228).

Entscheidend ist der böse Wille: Tertullian (BKV I 229f.) bzw. der freie Wille: Cyrill von Jerusalem (BKV 34-7).

Sünde und Teufel: Johannes „Chrysostomus” (BKV V 230); Johannes von Damaskus (BKV 246f.)

S. ist ein Teufel, den man sich selbst schafft: Johannes „Chrysostomus” (BKV VI 239).

S. ist Undank gegenüber Gott: Tertullian (BKV I 232f.); Johannes „Chrysostomus” (BKV II 89f.; III 268f.)

Thomas von Aquin († 1274): Sünde ist die Abwendung von Gott und die Hinwendung zur Schöpfung (aversio a Deo et conversio ad creaturam)

2. Verschiedene Schwere der Schuld: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV 50f.), dafür biblische Beispiele (ders., BKV VI 284f.)

Der tiefe Fall beginnt mit kleinen S.: Johannes „Chrysostomus” (BKV IV 190-92), diese töten, wenn sie vernachlässigt werden: Augustinus von Hippo (BKV IV 216).

Tägliche und schwere Sünden: Augustinus von Hippo (BKV III 420. 423-27; VIII 451f.)

Unterschiedliche Zungensünden: Johannes „Chrysostomus” (BKV III 122-24)

Flagitia (S. gegen sich selbst) u. facinora (gegenüber anderen): Augustinus von Hippo (BKV VIII 122f.)

Zeno von Verona († um 380.): "Das ist die wahre Größe des Glaubens, dass der Mensch Gott treu dient; dass er auf ihn allein sein Vertrauen setzt; dass er erkennt, dass er seine Bezeichnung Fidelis (der Gläubige) von Fidelitas (Glaubenswilligkeit) und Fiducia (gläubiges Vertrauen) trägt; dass er ein schuldloses Leben führt; dass er nur mit einem guten Gewissen, aber nicht mit Geschwätzigkeit, die in Wirklichkeit die Mutter von Sünde ist, Gott zu erkennen wagt; dass er die eine Fülle der Macht der Dreifaltigkeit, die als eine im Geist, als eine im Glauben erfasst wird, nicht verletzt, sondern verehrt."

"Mit Recht hasst Gott … die Habsucht. Sie ist ein unergründliches Verlangen, eine blinde Begierde, eine wahnsinnige Leidenschaft, eine Raubsucht, die keine Grenze hat, eine Spannung, die keine Ruhe findet, die nie zum Ziel ihrer Wünsche kommt, weil sie kein Genügen kennt, Sie bricht die Treue; sie vernachlässigt die Liebe; sie verleugnet die Gerechtigkeit; sie erkennt keine Gefühle an; sie setzt sich über die göttlichen Rechte hinweg; sie macht die menschlichen durch spitzfindige Beweisführungen zunichte, um, wenn möglich, die ganze Welt an sich zu reißen, Wollt ihr wissen, was für eine Art des Unheils sie ist? Sicherlich richtet sie ihre Wut gegen denjenigen, der sie liebt, noch mehr als gegen andere. Doch wer sie überwindet, der wird das ewige Leben haben." [Des heiligen Bischofs Zeno von Verona Traktate. übersetzt von Andreas Bigelmair, BKV, 2. R. Bd. 10, München 1934, S. 65f. 144]

Andreas von Kreta († 767 ?) :

"Der Anfang des Stolzes ist der Hochmut. Denn wer die anderen verachtet und sie für nichts hält, sondern die einen für arm, die anderen für unedel, wieder andere für ungebildet und unverständig, andere für ungerecht und sündig, wird von diesem Hochmut eingenommen und glaubt, nur er selbst sei weise, verständig, wohlgeboren, reich, fähig und besser als alle Menschen und so ist der Hochmut der Anfang des Stolzes und der Stolz ein übel, das mit dem Hochmut verwandt ist. Deswegen wird der bekannte Tag des Herrn über jeden Hochmütigen und Stolzen die Strafe bringen; denn die verwandten Sünden werden in gleicher Weise bestraft." [S. Andreae Cretensis oratio XX: In argumento Publicani et Pharisaei, MPG 97, Sp. 1259f.; eigene Übersetzung]


3. Es gibt keinen Menschen, der nie gesündigt hat (außer Jesus): Origenes (BKV II 275f. 284); Augustinus von Hippo (BKV VI 135 u. ö.).

Es ist angebracht, täglich für seine S. zu beten, da wir täglich sündigen: Cyprian (BKV I 184; vgl. I 276).

Hochmütig oder töricht ist, wer sich für schuldlos erklärt: Cyprian (BKV I 262).

Sündelosigkeit übersteigt die Kraft des Menschen: Gregor von Nazianz (BKV I 335); Gregor von Nyssa (BKV 143-45).

S. ist Ursache aller übel: Makarios (BKV 155f.), sie macht die Seele traurig (BKV 245-47).

S. wird durch Gewohnheit zur zweiten Natur: Makarios (BKV 302).

Albert der Große († 1280):

"Du hast, o Gott, es so eingerichtet, dass jeder ungeordnete Geist sich selbst zur Strafe wird."

Gregor Sinaites († 1346): "Wenn wir nicht erkennen, als welche uns Gott geschaffen hat,

werden wir nicht erkennen, zu welchen uns die Sünde gemacht hat."

Gertrud von le Fort († 1971): "Zwischen Sündern und Gerechten gibt es eine Gemeinschaft, denn es gibt überhaupt keine Gerechten."

Alfons Maria Wachsmann († 1944:) "Sage jedem, dass es nur ein Unglück gibt: die Sünde."

4. S. ist wahrer Grund zur Trauer: Basilius (BKV II 225);

denn sie macht unglücklich: Johannes „Chrysostomus” (BKV II 325).

Der "zur Gewohnheit gewordenen Aufenthalt im Schatten der fleischlichen Gelüste" macht unfähig zur Erkenntnis Gottes: Augustinus von Hippo (BKV VIII 21).

Merswin († 1382): "Der Eigenwille ist vom Teufel und die Quelle des Unfriedens."

Joseph von Calasanza († 1648): "Hüte dich vor dem ersten Fehltritt; bald folgen mehrere und endlich wird Gewohnheit zur Sünde. Koste ja nie süßes Gift, auch in goldenen Schalen dargereicht, denn der Tod ist die unvermeidliche Folge."

Maria von der Menschwerdung Guyart Martin († 1672): Du musst nicht erstaunt sein, wenn du in deinen Handlungen Fehler entdeckst. Deine Augen werden in diesem Zustand der Einung, wohin der Geist Gottes dich ruft, aufgetan. Je mehr Licht der Geist dir gibt, desto mehr Unvollkommenheiten wirst du entdecken. Du wirst feststellen, dass sie immer feiner werden, aber auch immer vielfältiger. Es handelt sich da nicht mehr um grobe Laster oder solche Unvollkommenheiten, wie man sie früher begangen hat, aus Anhänglichkeit, durch überraschung oder aus Gewohnheit. Jetzt sind deine Fehler viel innerlicher und viel schwerer zu benennen. Der Geist Gottes, der nichts Unreines duldet, lässt der Seele keine Ruhe, dass sie darauf aus ist, das, was schon gereinigt scheint, noch reiner werden zu lassen."

[Henri Bremond, Falsche und echte Mystik (Jeanne des Anges und Marie de l'íncarnation), Regensburg 1955, S. 200f.]

Ivan Merz († 1928): "Die Sünde ist der Grund für die größten Katastrophen der Menschheit."

"Der Weg jedes Apostolats ist der Kampf gegen die Sünde."

5. Besserung nur mit Gottes Gnade: Ambrosius (BKV II 25f.); vgl. Makarios (BKV 12-14)

Mittel zur Vergebung der kleineren täglichen S.: Augustinus von Hippo (BKV VIII 458)

Gebet als Schutz: Gregor von Nyssa (BKV 90-92)

Schutz durch den Gedanken an Gottes Gegenwart: Johannes „Chrysostomus” (BKV VII 121)

Genugtuung durch Almosen u. Fasten: Leo (BKV I 54)

Den Anfängen widerstehen: Gregor von Nyssa (BKV131-33); Johannes „Chrysostomus” (BKV V 233-36)

Befreiung durch Christus: Augustinus von Hippo (BKV V 199-202); vgl. Ambrosius (BKV II 219f.)

Der Sünder soll über sich weinen, um gerecht zu werden: Ambrosius (BKV II 233f.).

Verzeihung durch reuige Selbstanklage: Augustinus von Hippo (BKV IV 214-16)

Gott erhört auch die Sünder: Augustinus von Hippo (BKV V 246).

Methodios von Olympos († 251 ? oder 312): "Dann beseitigt die Umkehr jede Sünde, wenn sie bei einer Versündigung der Seele keinen Aufschub duldet und der [bösen] Begierde keine lange Zeit einräumt; so wird das übel keine Spur in uns hinterlassen können, da es wie frisches [Un-]Kraut, schon bei Beginn ihres Einwurzelns ausgerissen wurde."

Johannes Tauler († 1361):

"Das Pferd macht den Mist im Stall, und obgleich der Mist einen Unflat und Stank an sich hat, so zieht dasselbe Pferd doch den Mist mit großer Mühe auf das Feld, und daraus wächst sodann schöner Weizen und der edle, süße Wein, der niemals wüchse, wäre der Mist nicht da. Also trage deinen Mist - das sind deine Gebrechen, die du nicht abtun, ablegen noch überwinden kannst - mit Mühe und mit Fleiß auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheit deiner selbst. Es wächst ohne allen Zweifel in einer demütigen Gelassenheit köstliche, wohlschmeckende Frucht daraus." [Aphorismen.de]

Aloisius von Gonzaga († 1591:) Wer auch in kleineren Dingen in Schuld fällt, gehe sogleich zu Gott, erflehe von ihm Verzeihung und bitte ihn um die Gnade, ihn nicht mehr zu beleidigen, und stehe so unverweilt wieder auf."

Joseph von Copertino († 1663): "Eine Kerze, die vorher ausgelöscht wurde, wird schnell wieder angezündet. So ergeht es dem Sünder, der versagt hat, aber es gleich bereut."

Jean Joseph Lataste († 1869): "Es ist doch wahr, dass die größten Sünder, die größten Sünderinnen etwas an sich haben, was sie zu den größten Heiligen macht; wer weiß, ob sie es nicht eines Tages werden!"

"Gott betrachtet nicht das, was wir einmal gewesen sind, ihn kümmert nur, was wir [jetzt] sind."

Lucie Christine († 1908): "Sooft ich an den andren etwas Unrechtes sehe, will ich immer daran denken, wie schwach ich selber bin und wie sehr ich an den anderen etwas Unrechtes sehe, will ich immer daran denken, wie schwach ich selber bin und wie sehr ich hinter meinen guten Absichte zurückbleibe." [Tagebuch 1872]

Franziska Xaviera Cabrini († 1917): "Um nicht in Sünde zu fallen, müssen wir uns beständig selbst und auch den Tugenden misstrauen, an deren Besitz uns unsere Eigenliebe glauben lässt, und rein auf die Hilfe Gottes vertrauen." [15.8.1884]

Alfred Delp († 1945): "Mit der Schuld ist es wie mit einer Fessel: Sie kann nur lösen, wer den Schlüssel hat. Und den hat auch die stärkste Sehnsucht meines Herzens nicht. Mit der Schuld ist es wie mit meiner Zellentür. Da hilft mir selbst der Schlüssel nichts, den ich hätte. Sie hat innen kein Schlüsselloch. Sie kann nur von außen geöffnet werden. Gegen die Schuld steht Gott: als Kläger und Richter, so der Mensch auf ihr beharrt; als Befreier und Retter, so der Mensch sich zu Gott wendet, sich mit ihm gegen sein Unheil verbündet." [Alfred Delp, Mit gefesselten Händen. Aufzeichnungen aus dem Gefängnis, Frankfurt a. M. 2007, S. 72]

6. Auch bei unzähligen schweren S. nicht verzweifeln: Johannes „Chrysostomus” (BKV III 359-65; VI 88f.); vgl. Augustinus von Hippo (BKV V 112-14)

Benedikt von Nursia († 547 oder um 560): "An Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln!"

Gregor „der Große” († 604): "Vor der Sünde fürchte Gottes Gerechtigkeit! Nach der Sünde hoffe auf Gottes Barmherzigkeit!"

Isaak der Syrer († um 700): "Wenn du durch Versuchungen zu Fall kommst, gib deine Hoffnung nicht auf. Denn jeder Kaufmann, der die Meere und Länder bereist, macht auch einmal einen Verlust; und kein Bauer erntet alles, was er gesät hat."

7. Basilius „der Große” († 379): "Neid schadet am meisten dem, der ihn hegt, anderen gar wenig. Gleich wie der Rost das Eisen frisst, so frisst der Neid den Neider."

Zeno von Verona († um 380):

"Mit Recht hasst Gott … die Habsucht. Sie ist ein unergründliches Verlangen, eine blinde Begierde, eine wahnsinnige Leidenschaft, eine Raubsucht, die keine Grenze hat, eine Spannung, die keine Ruhe findet, die nie zum Ziel ihrer Wünsche kommt, weil sie kein Genügen kennt, Sie bricht die Treue; sie vernachlässigt die Liebe; sie verleugnet die Gerechtigkeit; sie erkennt keine Gefühle an; sie setzt sich über die göttlichen Rechte hinweg; sie macht die menschlichen durch spitzfindige Beweisführungen zunichte, um, wenn möglich, die ganze Welt an sich zu reißen, Wollt ihr wissen, was für eine Art des Unheils sie ist? Sicherlich richtet sie ihre Wut gegen denjenigen, der sie liebt, noch mehr als gegen andere. Doch wer sie überwindet, der wird das ewige Leben haben."

[Des heiligen Bischofs Zeno von Verona Traktate. aus d. Lat. übersetzt von Andreas Bigelmair, BKV 2. R. Bd. 10, München 1934, S. 144]

Sara († 4./5. Jhdt.):

Die folgenden Sünden treiben von der Seele das Gedenken an Gott aus: die Redseligkeit, die Gefallsucht, das Lachen, der Aufenthalt außerhalb der Zelle, der Umgang mit einem Mann, der Zorn, die Vernachlässigung der Lesung und der Betrachtung der Heiligen Schrift, die irdischen Sorgen, das Vergessen des Todes. All diese treiben das Andenken an Gott aus. Die weise Nonne aber, die in sich etwas von diesen übeln bemerkt, beeilt sich, wie eine eifrige Dienerin Gottes, sich zu bessern; dadurch entgeht sie allen Netzen des Dämons."

Wie man erst mit dem Rauch die Bienen abwehrt und dann den Honig ihrer Mühe nimmt, so vertreibt die Bequemlichkeit des Leibes die Gottesfurcht von der Seele und zerstört alles, was die Seele an Gutem getan hat."

Solange du noch im Leibe bist, sei nicht eitel, auch dann nicht, wenn du etwas Gutes getan hast, damit nicht dadurch der Feind einen Zugang zu dir finde und dich nicht ins Verderben stürzen kann." [Meterikon. Die Weisheit der Wüstenmütter, hrsg. u. übersetzt von Martirij Bagin u. Andreas-Abraham Thiermeyer, Sankt Ulrich Verl. © Augsburg 2004, Nr. 71.72]

Hieronymus († 420 ?):

"Nichts beleidigt Gott mehr, als wenn man am Schlimmen hängenbleibt, weil man an der Besserung verzweifelt. Denn gerade die Verzweiflung ist ein Zeichen des Unglaubens."

Johannes Cassian († um 433):

"Mit Gottes Hilfe wollen wir jetzt das Fünfte Buch in Angriff nehmen … Machen wir uns nunmehr bereit - Gott gebe uns die dazu erforderliche Kraft auf Eure Fürbitte hin! - uns ganz dem Kampf gegen die Acht Hauptlaster (vitia principalia) zu widmen, nämlich dem Kampf:

erstens gegen das vitium gastrimargiae (Gier beim Essen und Trinken)

zweitens gegen das vitium fornicationis (sexuelle Zügellosigkeit)

drittens gegen das vitium filargyriae (Geldliebe, Geldgier, Versessenheit auf materielle Güter, Habsucht, Geiz)

viertens gegen das vitium irae (Zorn)

fünftens gegen das vitium tristitiae (Trübsinn, resignative Verstimmtheit)

sechstens gegen das vitium acediae (überdruss, geistliche Lustlosigkeit und Trägheit, Herzenslahmheit, verdrossene Gleichgültigkeit)

siebtens gegen das vitium cenodoxiae (eitle Ruhmsucht, Geltungssucht, gespreiztes Wesen)

achtens gegen das vitium superbiae (Hochmut, Stolz, überheblichkeit."

[Johannes Cassian, Spannkaft der Seele. Einweisung in das christliche Leben I, ausgew … v. Gertrude u. Thomas Sartory, Herderbücherei 1981, S. 47]

Theodor von Canterbury († 690)benennt "die Hauptsünden und die ihnen untergeordneten Sünden:

Nun will ich dir die acht Hauptsünden vorstellen … Aus ihnen entspringen alle übrigen Laster:

Aus dem Hochmut, der Ursprung jeder Sünde und König aller übel ist, entspringen Ungehorsam, Anmaßung, Hartnäckigkeit, Streitereien, Häresien, Stolz.

Aus Neid und Missgunst entspringen Hass, Ohrenbläserei, Herabsetzung, Freude, wenn dem Nächsten etwas Schlimmes zustößt, Betrübnis, wenn es ihm gut geht.

Aus eitler Ruhmsucht kommen Prahlerei, Anmaßung, Entrüstung, Zwietracht, eitle Ruhmgier und Heuchelei.

Zorn ist die Quelle von Händel, Aufgeblasenheit, Schmähungen, Geschrei, Entrüstung, Vermessenheit, Lästerungen, Blutvergießen, Totschlag, Rachsucht, Nachträglichkeit.

In der Traurigkeit wurzeln Bosheit, innerer Groll, Kleinmut, Bitterkeit, Verzweiflung, Betäubung, innere Unstetigkeit, oft auch höchster Lebensgenuss.

Aus der Habsucht entspringen Missgunst, Diebstahl, Raub, Mord, Lüge, Meineide, Raubzüge, innere Unruhe, Gewalttätigkeiten, ungerechtes Urteil, Verachtung der Wahrheit, Vergessen des künftigen Glückseligkeit, Verhärtung des Herzens.

Aus der Völlerei kommen unpassende Fröhlichkeit, Possenreißerei, Leichtsinn, Geschwätzigkeit, körperliche Unreinheit, geistige Instabilität, Trunksucht, Wollust, sinnliche Stumpfheit.

Aus der Verschwendungssucht erwächst geistige Blindheit, Unüberlegtheit, Unbeständigkeit, Unbeherrschtheit der Augen und des ganzen Körpers, Hass auf die Gebote Gottes, Weltverfallenheit, Zukunftsangst und Verzweiflung."

[Aus dem Bußbuch c. 12:MPL 99, Sp. 940f.; eigene Übersetzung]

Andreas von Kreta († 767 ?):

"Der Anfang des Stolzes ist der Hochmut. Denn wer die anderen verachtet und sie für nichts hält, sondern die einen für arm, die anderen für unedel, wieder andere für ungebildet und unverständig, andere für ungerecht und sündig, wird von diesem Hochmut eingenommen und glaubt, nur er selbst sei weise, verständig, wohlgeboren, reich, fähig und besser als alle Menschen und so ist der Hochmut der Anfang des Stolzes und der Stolz ein übel, das mit dem Hochmut verwandt ist. Deswegen wird der bekannte Tag des Herrn über jeden Hochmütigen und Stolzen die Strafe bringen; denn die verwandten Sünden werden in gleicher Weise bestraft." [S. Andreae Cretensis oratio XX: In argumento Publicani et Pharisaei, MPG 97, Sp. 1260; eigene Übersetzung]

Mechthild von Magdeburg († 1282 oder 1285 oder 1294) stellt Tugenden und Untugenden einander gegenüber:

"Der Reichtum vergänglicher Dinge ist ein untreuer Gast, die heilige Armut fördert zu Gott eine kostbare Last.

Die Eitelkeit bedenkt nicht ihren Schaden, die Stetigkeit ist mit allen Tugenden voll beladen.

Die Dummheit findet an sich selber Behagen, die Weisheit kann nie genug erfragen.

Der Zorn bringt die Seele in große Finsternis, die heilige Sanftmut ist aller Gnaden gewiss.

Die Hoffart will stets die erste sein. Die Demut kann anders nicht ruhen, als allen Kreaturen zu Diensten zu sein.

Die eitle Ehre ist vor Gott taub und blind, unverschuldete Schmach heiligt das Gotteskind.

Die Gier hat immer einen schreienden Mund, das glückliche Maß hat stets einen süßen Grund.

Die Trägheit lässt reichen Gewinn außer acht, heiliger Fleiß ist nicht auf sein Glück bedacht.

Die Untreue gibt immer falschen Rat. vollkommene Treue versäumt nie gute Tat.

Wahre Geistlichkeit kann sich an niemandem rächen, das unruhige Herz will immer den Frieden brechen.

Die heilige Andacht kann nichts Böses begehen, der böse Wille mag niemandem unterstehen.

Die Bosheit hat von Natur einen hässlichen Grund, die göttliche Gnade ein liebes Gesicht und einen süßen Mund.

Die versteckte Grausamkeit hat einen glatten Mund, die offene Freundlichkeit birgt den Gottesfund.

Die falsche Aufmerksamkeit wohnt sehr nahe dem Hass, die heilige Barmherzigkeit will allein sein mit Gott.

Der Hass wütet ohne Unterlass, immerdar, die Minne brennt ohne Schmerzen, ist aller Leiden bar.

Die böse Missgunst hasst Gottes Freigebigkeit, das reine Herz freut sich liebevoll aller Seligkeit.

Die Nachrede schämt sich vor Menschen, vor Gott fühlt sie sich nicht gestört, der doch alle Dinge sieht und hört.

Die Verzweiflung ist ein furchtbarer Fall, wahre Hoffnung erhält ihre Güter all."

[Mechthild von Magdeburg, "Ich tanze, wenn du mich führst" / Ein Höhepunkt deutscher Mystik, ausgew. u. übersetzt von Margot Schmidt. Verlag Herder, Freiburg i. B. 2001]

Thomas Morus († 1535):

"Da die Menschen in ihrem Tun sich ungern nach der Vorschrift Christi ausrichten ließen, haben sie seine Lehre wie einen Messstab aus weichem Blei nach ihren Sitten gestreckt, damit eben beides noch einigermaßen übereinstimme. Ich weiß nicht, was sie damit erreichen, außer dass man mit besserem Gewissen Böses tun darf."

Bartholomäus Holzhauser († 1658):

"Nichts ist im Leib des Menschen verführerischer als die Begierlichkeit des Fleisches und nichts ist im Herzen des Menschen verführerischer als der Hochmut des Geistes. Die Wurzel, aus der alle Eitelkeit im Verborgenen aufkeimt, ist nichts anderes als dein Verstand, dein Licht und dein Urteil."

Ingbert (Karl) Naab († 1935)benennt als moderne Sünde den Rassismus:

"Das Christentum verwirft die Ungleichheit der Menschen in ihren Rechten und Pflichten. Der Heiland ist für alle gestorben und alle sind für den Himmel bestimmt, auch die Neger, die Hitler als Halbaffen erklärt. Es hat kein Mensch von vornherein auf Grund seiner Rasse das Recht, über andere zu herrschen … Wir sind vielmehr alle bestimmt zu Kindern Gottes und zu Brüdern … Hitlers Rassenlehre ist vom wissenschaftlich biologischen Standpunkt aus eine pure Einbildung, von der Geschichte her gesehen eine willkürlich Konstruktion, bei der der Wunsch der Vater des Gedankens ist, und vom christlichen Glauben aus volles Heidentum."

[Helmut Witetschek, Pater Ingbert (Karl) Naab O.F.M. Cap. (1885-1935) / Ein Prophet wider den Zeitgeist. Verlag Schnell & Steiner, München / Zürich 1985, S. 55]

Johann Maier († 1945): "Der Zorn ist eine gute Gabe Gottes. Den Zorn nicht dort einsetzen, wo er zerstörend ist, sondern als aufbauend." [1. Fastenpredigt, 22.2.1945]

8. Erklärung des Wortes Jesu von der Sünde wider den Hl. Geist: Athanasios von Alexandria (BKV I 479); vgl. Johannes „Chrysostomus” (BKV II 356f.)

Beharrlich gewollter Unglaube als S. gegen den Hl. Geist: Augustinus von Hippo (BKV VIII 359)

Diese begeht, wer nicht an Sündennachlass durch die Kirche glaubt und nicht Buße tut: Augustinus von Hippo (BKV VIII 470).

Franz Jägerstätter († 1943):

"Die Sünde wider den Hl. Geist: der erkannten Wahrheit widerstreben."


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Autor: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB - zuletzt aktualisiert am 06.08.2025

korrekt zitieren: Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB: Artikel
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